Protocol of the Session on February 11, 2004

Gerade bei eilbedürftigen Schriftsätzen, wenn ein Fristversäumnis droht, bringt die Übersendung per E-Mail beachtliche Vorteile. Zwischen dem Eingang bei Gericht und der Zustellung bei dem Beklagten oder der Behörde liegen nur wenige Stunden. Diese Geschwindigkeit ist selbst mit einem Kurierdienst nicht zu erreichen, ganz zu schweigen von der Beförderung auf dem herkömmlichen Postweg. Mit der elektronischen Übersendung von Schriftsätzen sind auch finanzielle Vorteile verbunden. Die einfache Sendung per Brief ist um ein Vielfaches teurer und erfordert mit Eintüten, Frankieren und Aufgeben bei der Post wesentlich mehr Arbeitsaufwand als das Versenden einer E-Mail mit einem Mausklick.

Mit dem Pilotprojekt „Elektronischer Rechtsverkehr“ wird nicht nur die Möglichkeit eröffnet, Schriftsätze per E-Mail bei Gericht einzureichen, es wird darüber hinaus auch die umfassende elektronische Kommunikation und Information in einem gerichtlichen Verfahren ermöglicht.

(Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nicht die Signatur vergessen!)

Da sind wir noch dran. Sie wissen, das sind Pilotprojekte. Frau Kollegin Grützmacher, das ist aber ein gutes Stichwort.

Autorisierte Personen und Stellen mit Signatur können sich künftig rund um die Uhr über das Internet über den Stand des Verfahrens informieren und Einsicht in die elektronische Gerichtsakte nehmen. Die telefonische Anfrage bei Gericht wird sich dadurch genauso erübrigen wie das zeitaufwändige schriftliche Ersuchen um Akteneinsicht.

Meine Damen und Herren, unabhängig von den Öffnungszeiten der Gerichte und der telefonischen Erreichbarkeit der Beteiligten können Informationen über das Internet abgefragt werden. Damit wird den Anwälten, Behörden und Unternehmen im Vergleich zum bisherigen Verfahren ein wesentlicher Mehrwert geboten. Aufwändige technische Maßnahmen – dies ist wichtig; die Frau Kollegin hat es im Zwischenruf gesagt – mit der Signatur stellen sicher, dass Dritte nicht unbefugt vom Akteninhalt Kenntnis erlangen können.

Meine Damen und Herren, die FDP-Fraktion erwartet, dass nach Abschluss der Pilotphase der elektronische Rechtsverkehr bei allen Gerichtszweigen landesweit eingeführt wird.

(Glocke des Präsidenten)

Sofern nicht bereits realisiert, muss spätestens dann gewährleistet sein, dass alle Verfahrensbeteiligten und die Gerichte auf der Grundlage verlässlicher, einheitlicher, transparenter und möglichst produktunabhängiger Standards elektronisch kommunizieren können.

Ich mache in der zweiten Runde hierzu noch ein paar Ausführungen.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP und der SPD – Dr. Weiland, CDU: Das ist eine Drohung!)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Baldauf das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Justizminister spricht von einem Meilenstein. Herr Kollege Creutzmann hat es in seiner vorbereiteten Rede sogar noch getoppt. Jetzt könnte man dieser ganzen „Geschichte“ eigentlich nur euphorisch

zustimmen. Das wollen wir auch tun. Aber wir reden über eine Sache in einer Aktuellen Stunde. Hört, hört, wir haben sonst keine Probleme in Rheinland-Pfalz, also reden wir über den elektronischen Rechtsverkehr, den es in Hamburg im Übrigen schon seit fünf Jahren als Pilotprojekt gibt.

Da wird ein Minister endlich einmal seiner Aufgabe gerecht und macht seinen Job, wofür er auch noch Geld bekommt. Das ist wunderbar und fantastisch.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Herr Pörksen, dafür brauche ich aber keine Aktuelle Stunde.

(Beifall der CDU und der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sind immer wieder froh, wenn so tolle, neue, innovative Ideen der FDP,

(Schmitt, CDU: Zukunftsweisend!)

die sonst in der Bundesrepublik noch kein Mensch erfunden hat, vorgetragen werden. Ich verstehe es auch. Man ist der kleine Koalitionspartner. Da muss man auch einmal irgendwann etwas sagen dürfen.

Herr Minister, deshalb vielen herzlichen Dank.

(Beifall der CDU und bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dumm ist natürlich dabei, wenn man sich dann Frau Zypries anhört, die nicht zu Ihrer Partei gehört, und wenn man weiß, dass Frau Zypries und deren Vorgängerin eine Bund-Länder-Kommission zu diesem Thema eingerichtet haben, die übrigens auch nicht erst seit gestern tagt und auch nicht Idee der FDP gewesen ist.

Sie merken, ich mache es etwas moderater, weil ich eigentlich gar nichts gegen die FDP habe. Das Problem ist aber, es passt irgendwie nicht so richtig in den Rahmen.

Es wird noch weiterhin interessant. Wo macht man das Pilotprojekt? Natürlich an dem Gericht, das über sämtliche PCs verfügt und ein Aushängeschild unserer Gerichtsbarkeiten ist, nämlich beim Oberverwaltungsgericht in Koblenz. Das ist alles wunderbar.

Herr Minister, mich hätte interessiert, wenn dieses Projekt in der ordentlichen Gerichtsbarkeit begonnen worden wäre, wo die Computer fehlen und die Software noch nicht vorhanden ist, weil sie noch warten wollen, bis sich Bayern entschlossen hat, wie sie es machen. Aber die machen dann wenigstens etwas. Dann wollen wir es sehen. Wenn sie nicht in die „Pötte“ kommen, dann haben wir nach Ihrer Planung frühestens im Jahr 2009 ein weiteres Pilotprojekt in der ordentlichen Gerichtsbarkeit.

Ich freue mich schon darauf. Ich habe mir sogar schon überlegt, ob ich nicht noch eine Pressemitteilung in Frankenthal schalten soll, dass auch wir in unserer An

waltskanzlei schon Computer haben und damit arbeiten. Aber das ist hier nicht so interessant, sondern wir haben eine Aktuelle Stunde.

(Beifall bei der CDU – Licht, CDU: Das musste mal wieder gesagt werden!)

Herr Minister, wir werden Sie natürlich daran messen. Ich finde es eine tolle Sache. Vielleicht haben Sie auch versucht, mit der Faust durch das Auge dazu zu kommen, die Landesregierung und die Mehrheit zu bewegen, jetzt doch einmal für die Computerausstattung der Gerichte zu sorgen. Da haben Sie sich gedacht, da machen wir ein Pilotprojekt, und dann werden wir das alles komplett machen.

Gehen Sie davon aus, Sie bekommen von uns sofort Lob. Wir werden das mitmachen. Wir werden das mit unterstützen. Sollten Fehler in der Software auftauchen, ich denke, da haben wir auch noch Experten, die Ihnen gern helfen. Deshalb, vielen Dank. Machen Sie weiter so, am besten gleich morgen bei den Oberverwaltungsgerichten und übermorgen bei den Finanzgerichten, wo es im Übrigen schon seit 1999 so ist.

Wenn man sich noch die gesetzlichen Rahmenbedingungen anschaut – – –

Ich lese von Frau Kollegin Reich „zügige Umsetzung“. Meine Güte, da haben wir im Bund schon seit dem Sommer 2002 die Rechtsgrundlage, die im Jahr 3003, 2003 umgesetzt worden ist. Das Jahr 3003 wäre ein bisschen weit. Vielleicht haben sie bis dahin alles vernetzt. Aber wir gehen jetzt von diesem Datum aus. Das heißt, Sie haben den Meilenstein geschafft, binnen eines Jahres zunächst nichts zu machen und es dann zum Oberverwaltungsgericht zu bringen. Dies nur als kleiner Kritikpunkt.

Herr Minister, Sie wissen, dass wir das unterstützen.

Fazit: Spät, aber besser als nie und – wie üblich – verwalten statt gestalten. Das sollten Sie bitte dringend ändern.

Vielen Dank. (Beifall der CDU)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Reich.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich konnte letzten Donnerstag beim Startschuss des Pilotprojekts „Elektronischer Rechtsverkehr“ beim Oberverwaltungsgericht in Koblenz dabei sein. Wer dabei war, konnte aus der Veranstaltung heraus merken, wie einmalig dieser neue Schritt zur Modernisierung der Justiz ist.

(Schmitt, CDU: Meilenstein!)

Ein Meilenstein. In der Tat. Vielleicht hören Sie mir zu, dann wissen Sie nachher auch, warum.

Es kann nämlich wieder festgestellt werden, dass Rheinland-Pfalz bei dieser Entwicklung ganz vorn mit dabei ist.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und FDP – Zurufe von der CDU)

Es ist so.

Die Vorteile hat Herr Kollege Creutzmann beschrieben. Ich sehe von einer Wiederholung ab.

(Dr. Weiland, CDU: Ich würde sie gern noch einmal hören!)

Aber ich möchte ausdrücklich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Justiz danken, die sich persönlich bei diesem Projekt mit Mehrarbeit engagiert haben. Diese Arbeit war nicht nur reine Mehrarbeit, sondern es war vor allen Dingen auch fachfremde Mehrarbeit; denn es wurde beispielsweise aus dem Richter ein EDVFachmann und sogar ein sehr guter.

Herzlichen Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

(Beifall der SPD und der FDP)

Der elektronische Rechtsverkehr ist nicht das einzige Projekt, mit dem wir in Rheinland-Pfalz im EDV-Bereich vorne liegen. Herr Kollege Creutzmann hat die Stichworte schon genannt. Elektronisches Grundbuch, Insolvenzen im Internet, das gesamte Landesrecht im Internet, barrierefreier Internetzugang und die Rechtsprechungsübersicht sind die weiteren Stichworte. Für all diese Bereiche gilt, sobald die bundesgesetzliche Ermächtigung vorhanden war, haben wir in RheinlandPfalz die Umsetzung im Land angegangen.