Protocol of the Session on October 10, 2003

Der Verkauf von Tafelsilber bringt uns auch im Bereich der Kommunen nicht weiter. Es kann nur einmal verkauft werden; es gibt wenige positive Beispiele, bei denen das gut funktioniert hat.

Dann kommt der Begriff „Cross-Border-Leasing“, für die einen des Teufels, die anderen sehen das Heil darin. Es handelt sich – das muss festgestellt werden; es ist auch schon gesagt worden – einfach um eine Entscheidung der Selbstverwaltung. Die Verantwortung muss auch bei der Selbstverwaltung, bei den Gebietskörperschaften im kommunalen Bereich bleiben.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Die Gebietskörperschaften haben abzuwägen, ob der ökonomische Vorteil im Verhältnis zu den Pflichten und Risiken steht. Die Städte müssen wissen und müssen sich in die Lage versetzen, im Rahmen ihrer Prüfungsmöglichkeiten, damit sie die Instrumente überblicken und beherrschen lernen. Sie müssen sich einfach eines externen Sachverstands bedienen. Herr Marz, deswegen ist das natürlich auch nicht einfach möglich, dass Kämmerer solche Entscheidungen treffen. Die Kommunen müssen die Risiken abschätzen.

Meines und unseres Erachtens reichen die bisherigen Haushaltsvorschriften im Gemeindehaushaltsrecht aus. Eines muss man, denke ich, auch noch als Überschrift mit hinzufügen dürfen: Cross-border-leasing bietet ohne Zweifel Vorteile für die Kommunen. Es gibt viele Beispiele. Ich will noch einmal darauf zu sprechen kommen.

Ein weiterer Punkt, der uns auch beschäftigt hat, wir können nicht auf der einen Seite von Standardöffnung, von Standardflexibilisierung, von Standardabbau reden und auf der anderen Seite immer wieder neue Reglementierungen einführen, wie das in diesem Gesetzentwurf vorgeschlagen ist. Außerdem gibt es in RheinlandPfalz derzeit nur zwei Fälle, einmal Kaiserslautern und einmal Ludwigshafen, die davon Gebrauch gemacht

haben. Deswegen ist es, denke ich, auch nicht zwingend erforderlich, wegen zwei Fällen – – –

(Creutzmann, FDP: Nur Kaiserslautern; Ludwigshafen will!)

Wie gesagt, wir haben in Rheinland-Pfalz ganz wenige Fälle. Wir haben auf Bundesebene 200 Fälle, die alle derzeit funktionieren, mit 50 Milliarden Euro Volumen, dies alles, ohne dass eine Änderung der Gemeindeordnung in irgendeinem Bundesland vorgenommen worden ist.

Wir haben kein Bedürfnis, gesetzgeberische Maßnahmen durchzuführen.

Meine Damen und Herren, wir haben nichts dagegen, wenn es, wie das in Sachsen geschieht, Richtlinien des Landes gibt, wie sich die Gemeinden bei einem Abschluss eines solchen Vertrags zu verhalten haben. Das ist überhaupt keine Frage

Ich möchte in der Kürze der Zeit nur noch einmal auf drei wesentliche Punkte hinweisen, die im Rahmen des Cross-Border-Leasings Probleme bereiten. Es sind die Fragen der langfristigen Bestandsgarantie, Konkurs bei Banken und die Steuerfalle. Leider habe ich nicht die Zeit, diese drei Punkte noch einmal zu erläutern. Aber Rechtswissenschaftler haben gerade auf diese drei Punkte, die ich genannt habe, hingewiesen, dass im Grunde genommen keine Risiken bestehen, oder sie setzen ein so unrealistisches Szenario voraus, dass sie als verschwindend gering einzuschätzen sind. Das sind Aussagen von Wirtschaftswissenschaftlern, die belegt sind und auch im Grunde genommen noch belegt werden können.

(Glocke der Präsidentin)

Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss.

Cross-Border-Leasing ist ein Finanzierungsinstrument für die Kommunen für die Zukunft. Ich denke, wir sollten uns schon noch einmal im Rahmen einer Beratung im Innenausschuss mit diesem Thema beschäftigen. Aber wir werden in jedem Fall diesem Entwurf nicht zustimmen können.

(Beifall bei der CDU)

Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Creutzmann.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Was haben Joschka Fischer und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im rheinland-pfälzischen Landtag gemeinsam?

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Schon wieder so eine Angstrede von Ihnen, Herr Creutzmann!)

Sie haben etwas gemeinsam. Beide wollen sie das Verhältnis zu unseren amerikanischen Freunden verbessern. Anders kann man den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nicht verstehen, meine Damen und Herren.

Cross-Border-Leasing-Geschäfte sind nichts anderes als die Verpachtung und die Zurückvermietung eines Wirtschaftsgutes, ein reines Finanzierungsinstrument zulasten des amerikanischen Steuerzahlers. Der deutsche Fiskus wird dadurch nicht geschädigt, da Cross-BorderLeasing-Geschäfte in Deutschland keine Steuerausfälle nach sich ziehen. Der Schaden geht allein zulasten des amerikanischen Staates, da durch jedes Cross-BorderLeasing-Geschäft den US-Investoren erhebliche Vorteile entstehen, nämlich eine durchschnittliche jährliche Rendite zwischen 8 % bis 10 %. Die hohen Renditen sind aber nur erzielbar, wenn das amerikanische Unternehmen entsprechende Gewinne steuermindernd abschreiben kann. Das ist die Voraussetzung und das Risiko. Wenn diese nämlich keine Gewinne haben, dann war es das natürlich. Sollte der Investor Verluste machen, geht die Ertragsrechnung für ihn nicht auf.

Da die Cross-Border-Leasing-Verträge vorsehen, dass bei Änderung der Steuergesetze in den USA der Investor weder die Transaktion rückgängig machen noch Ersatz für einen entgangenen Steuervorteil vom deutschen Leasingnehmer verlangen kann, da aus diesem Geschäft keine Währungsrisiken für die deutschen Kommunen entstehen, sind die Risiken aus CrossBorder-Leasing-Geschäften auf anderen Feldern zu suchen:

1. Die Kommunen verpflichten sich in den Verträgen regelmäßig, die verleaste Anlage für die gesamte Rückmietzeit zu betreiben und

2. Die Kommunen garantieren, die Anlagen auf dem Stand der Technik zu halten und darüber dem Trust akribisch Bericht zu erstatten.

Deshalb sollte jede Kommune überlegen, Cross-BorderLeasing nur in den Fällen, wenn überhaupt, abzuschließen, in denen eine Rückmietzeit über die Vertragslaufzeit gesichert ist und in dem gewährleistet ist, dass die Anlagen immer dem neuesten Stand der Technik entsprechen.

Herr Kollege Marz, eigentlich müssten Sie jetzt für Cross-Border-Leasing sein. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erwartet nämlich immer, gerade im Abwasserbereich, wo diese Leasingverträge geschlossen werden, dass die Abwasseranlage immer auf dem aktuellen Stand der Technik ist, und vor allen Dingen, dass sie regelmäßig gewartet wird. Insofern müssen sie sich überlegen, ob sie solche Geschäfte verbieten wollen.

Herr Kollege Schnabel, hören wir doch auf, so zu tun, als ob Cross-Border-Leasing-Geschäfte für jede Kommune ein Thema sind. Cross-Border-Leasing-Geschäfte rechnen sich eigentlich nur im dreistelligen Millionenbereich. Herr Kollege Braun, deshalb wird das in Rheinland-Pfalz nie ein Thema sein. Wir haben das bei der Müllverbrennungsanlage Ludwigshafen überlegt. Sie

waren bei der Veranstaltung anwesend. Wir haben es bleiben lassen. Ich füge das hier ein. Wenn man einen Blick in die Gemeindeordnung wirft – es gibt einen schönen Kommentar dazu –, dann muss man wissen, dass alle diese Geschäfte durch das Innenministerium genehmigungspflichtig sind, das heißt, noch einmal überprüft werden. Wenn die nein sagen, dann geht gar nichts.

Herr Kollege, die in der Presseerklärung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 26. September 2003 aufgezeigten Horrorszenarien zeigen erneut, wie gering die Sachkenntnis Ihrer Fraktion über diese Geschäfte ist. Vom amerikanischen Steuersparmodell profitieren hierzulande vor allem die Bürger.

So hat beispielsweise die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt Düsseldorf Teile ihrer Abwassersparte an die amerikanische Daimler-Tochter Chrysler Capital verleast und rückvermietet. Den Geldsegen aus dieser Transaktion gab der Staat umgehend an die Bürger zurück. Dazu ist er eigentlich auch verpflichtet. Durch diese Transaktion war es der Stadt Düsseldorf möglich, ihre Kanalgebühren für die Bürger stabil zu halten.

Für die FDP-Landtagsfraktion sind Cross-BorderLeasing-Geschäfte sicherlich kein Allheilmittel, um die maroden Finanzen der Kommunen zu sanieren, zumal sich Cross-Border-Leasing-Geschäfte aufgrund der umfangreichen Vertragsdokumente nur dann anbieten, wenn es sich um Transaktionen – ich habe es schon einmal gesagt – im dreistelligen Millionenbereich handelt. (Zuruf des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb werden diese Geschäfte auch vornehmlich von größeren Städten betrieben, die ein umfangreiches Kommunalvermögen besitzen, dessen Volumen sich für Cross-Border-Leasing-Geschäfte eignet.

(Glocke der Präsidentin)

Die FDP-Landtagsfraktion vertritt die Auffassung, dass die Eigenverantwortung der Kommunen nicht durch ein Landesgesetz eingeschränkt werden soll, zumal wir sicher sind, dass die Kommunalaufsicht jeden dieser Verträge akribisch prüft und gegebenenfalls solche Verträge untersagt, wenn das Risiko für eine Kommune nicht mehr tragbar ist.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP und der SPD)

Zu einer Kurzintervention erteile ich Herrn Kollegen Marz das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Creutzmann, wenn Sie in Ihrer normalen Verweige

rungshaltung einfach gegen alles sind, kann ich damit leben. Wenn Sie mit einer solchen ideologischen Vernageltheit und einer solchen Verbohrtheit alles ignorieren, was nur irgendwie an Argumenten im Land ist, ist das wirklich unerträglich.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nehmen Sie doch einmal wahr, dass Kommunalparlamente mit mehr als 1.000-seitigen kompliziertesten Verträgen in englischer Sprache konfrontiert sind, diese aber noch nicht einmal zu sehen bekommen. Wenn sie diese zu sehen bekämen, wären sie nicht in der Lage, diese zu beurteilen.

(Creutzmann, FDP: Falsch!)

Zu behaupten, sie wären auch nur halbwegs zu einer Risikoabschätzung in der Lage, ist absurd. Ich glaube, vom Kollegen Schnabel wurde die Gesamtsumme genannt, die im Moment in Deutschland von Cross-BorderLeasing-Geschäften betroffen ist: 50 Milliarden.

(Schnabel, CDU: Euro!)

Stellen Sie sich vor, es geht etwas schief. Merken Sie eigentlich nicht, dass es sich bei dieser Summe nicht nur um einen Betrag handelt, den nur die eine oder andere Kommune möglicherweise hart trifft? Merken Sie nicht, dass wir in ganz anderen Dimensionen vorangeschritten sind?

Der Kollege Creutzmann spricht von einem Finanzierungsmodell, das nicht der Weisheit letzter Schluss sei und sagt dazu, es ist zunächst einmal nur der amerikanische Steuerzahler betroffen. Abgesehen davon, dass es für den deutschen Steuerzahler erhebliche Risiken gibt – darauf läuft es hinaus –, so war der Kollege Schweitzer wesentlich weiter und hat die moralische und die Vorbilddimension dieser Sache angesprochen.

(Zuruf des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das habe ich nicht gemacht. So etwas ist Ihnen gänzlich fremd, Herr Creutzmann.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich finde es interessant, dass im bisherigen Verlauf der Diskussion die Risiken, die ich beschrieben habe, die nicht von mir allein beschrieben sind, sondern die sozusagen zum wissenschaftlichen Allgemeingut gehören, überhaupt nicht bestritten werden, mit Ausnahme vom Ignoranten Creutzmann.

(Creutzmann, FDP: Haben Sie nicht zugehört? Sie hören nie zu! Sie blenden immer aus, wenn ich rede!)