Protocol of the Session on September 10, 2003

Herr Staatsminister, es ist ein Problem, dass die Ansätze bei der Entfernungspauschale nicht in der Höhe geltend gemacht werden können, die den tatsächlichen Kosten eines PKW entspricht. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass jeder Selbstständige seine Kosten als Betriebsausgaben in voller Höhe absetzen kann, in Zukunft jede Ich-AG, und man bei den Arbeitnehmern eingrenzt. Frau Thomas, dann treffen wir uns sicher dort – da habe ich kein Problem –, wo man den Betrag irgendwann kappt, dass man sagt, wenn jemand 1.000 Kilometer fahren will – ich übertreibe einmal – ist es sein Vergnügen. Im Moment haben wir keine Kappung. Wir haben 5.112 – – –

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es gibt doch zahlenmäßige Kappung!)

Aber nicht für Fahrten mit dem PKW. Das kann auch darüber hinaus gehen.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das muss man vorlegen!)

Deswegen sagen wir, wenn gespart werden muss, kann man an die Dinge herangehen. Da gibt es keinen Dissens, aber man sollte auch ein bisschen darauf achten – das war unsere Bitte –, dass man auch ordnungspolitisch stringent dabei denkt, und dann wird es eine runde Sache.

Vielen Dank.

(Vereinzelt Beifall bei der FDP)

Es spricht Herr Ministerpräsident Beck.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin sehr dankbar für diese Debatte, weil die Landesregierung zu einem Gesetzgebungsverfahren des Bundes, das erst begonnen hat, natürlich noch keine abschließende Position hat. Insoweit können die unterschiedlichen Argumente, die ausgetauscht werden, auch in unsere Überlegungen einbezogen werden. Ich sage Ihnen gern zu, Sie werden in unsere Überlegungen einbezogen werden.

Weil Herr Kollege Böhr vom Grundsatz her gesagt hat, wenn man den ganz großen Wurf machen könnte, dann müsste man auch, was die Kompensation angeht, anders urteilen, als wenn nur ein Teilschritt gegangen wird. Aus seiner Sicht möchte ich daran erinnern, dass dieser Teilschritt immerhin ein Volumen von insgesamt in allen Stufen dieser Steuerreform rund 45 Millionen Euro umfasst. Das ist alles andere als ein marginaler Betrag. Der Betrag, der an Entlastung für die Bürgerinnen und Bürger jetzt zum 1. Januar 2004 vorgesehen wird, beläuft sich auf – glaube ich – 21,3 Milliarden Euro, wenn ich jetzt die Stellen hinter dem Komma richtig in Erinnerung habe. Allein für die Bürgerinnen und Bürger in Rheinland-Pfalz bedeutet dies eine Entlastung im Jahr 2004 von rund einer Milliarde Euro. Von kleinen Beträgen kann also nicht die Rede sein.

Ich erinnere daran, dass es hinsichtlich der Positionierung von Ländern – gar nicht einmal nur nach Parteikriterien unterscheidbar – auch die Position gegeben hat zu sagen, wir gehen diesen Schritt, Vorziehen der Steuerreform 1. Januar 2005 auf 1. Januar 2004, nur mit, wenn ihr zumindest den größten Teil dessen, was hier vorzeitig gegeben wird, durch Einsparungen an anderer Stelle kompensiert. Das war eine Position, die Nordrhein-Westfalen genauso eingenommen hat wie beispielsweise Hessen. Wir haben uns nach Prüfung als Landesregierung zu einem relativ frühen Zeitpunkt so positioniert, dass wir gesagt haben, die Konjunktur ist in einer so kritischen Lage, dass sie zum Positiven oder zum Negativen hinkippen könnte, dass wir uns trotz des Haushaltsrisikos, dessen wir uns auch für unser Land bewusst waren, für ein Vorziehen der Steuerreform ausgesprochen haben.

Wir haben daran die Erwartung, aber nicht die Bedingung geknüpft, dass möglichst viel kompensiert werden kann, damit wir nicht dauerhaft um diesen Betrag die Neuverschuldung erhöhen und von diesem Basiseffekt dann dauerhaft ausgehen müssen.

Ich war eigentlich froh darüber, dass man auch in der Union, auch in sozialdemokratisch geführten Ländern, sich eher unserer Position im Verlauf der Diskussion angenähert hat. Ich erinnere an den bayerischen Ministerpräsidenten, der zunächst auch ein recht stringentes „Nein ohne“ am Anfang – wenn ich mich recht erinnere, hat er gesagt „volle Kompensation“ – ausgesprochen hat und zwischenzeitlich, sicher auch beeindruckt von den

wirtschaftlichen Daten, sagt: Wir müssen das mit dem Vorziehen der Steuerreform hinbekommen.

Ich will nur deutlich machen, dass die Positionen hier im Fluss sind und man sich insoweit nicht auf den Standpunkt stellen kann, es wäre nicht davon auszugehen gewesen, dass das Bemühen in jedem Fall um eine Kompensation über Subventionsabbau nicht eigentlich ein sehr breites wäre.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich möchte das unterstreichen dürfen, was der Finanzminister deutlich gemacht hat. Darüber haben wir uns als Landesregierung ausdrücklich verständigt. Es macht keinen Sinn, wenn in jedem Land, in dem es besondere Interessenlagen gibt – bei uns ist es sicher die Fernpendlerproblematik –, immer aus dieser Interessenlage heraus von vornherein ein striktes Nein wegen der Betroffenheit zu diesem Teil eines möglichen Subventionsabbaus kommt.

(Beifall bei SPD und FDP)

Das kann am Ende nicht mehr vermittelt werden. Das kann nicht zu einem handlungsfähigen Ganzen werden, auch wenn aufgrund der Mehrheitsverhältnisse in Bundestag und Bundesrat klar ist, dass man sich aufeinander zubewegen muss.

Wir dürfen das nicht sagen. Die einen sagen, die Steinkohle ist sakrosankt. Die anderen sagen, die Landwirtschaft ist sakrosankt oder die Werftenzuschüsse sind sakrosankt, und wir sagen dann, die Pendlerpauschale ist sakrosankt. Man kann noch ein paar andere Beispiele hinzufügen. Das ist das Ende der Debatte.

Diesen Weg, das Ende der Debatte sozusagen schon am Anfang politisch heraufzubeschwören, gehen wir als Landesregierung nicht mit. Wir wollen vernünftige Argumente aufnehmen und sie dann an der besonderen Interessenlage, die in diesem Land Rheinland-Pfalz für viele Menschen gegeben ist, messen.

Ich unterstreiche ausdrücklich, eine dieser Interessenlagen muss sein, dass wir dem Auftrag, den uns die Verfassung vorgibt, auch gerecht werden. Da steht, dass wir den Auftrag haben, möglichst gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land herbeizuführen.

Natürlich stoßen sich unterschiedliche Ziele im Raum. Das ist gar keine Frage. Wer weit pendelt, verbraucht Energie. Wer weit pendelt, belastet auch die Umwelt. Man kann noch fragen, je nachdem, welches Verkehrsmittel und wie unterschiedlich intensiv. Aber wir wissen auch, dass es immer so sein wird, dass es Dörfer in der Eifel oder im Westerwald gibt – um ein Beispiel zu nennen –, wo die Menschen in den Raum Köln oder Bonn pendeln, um ihre Arbeit zu finden, wo wir es nicht hinbekommen werden, weil es auch sinnlos wäre zu meinen, einen so dichten ÖPNV konstruieren zu können, dass die Leute, die beispielsweise bei Höchst oder Bayer Schicht arbeiten, dies in Anspruch nehmen könnten. Dies wird nicht machbar sein. Also müssen wir mit Kom

promissen leben und versuchen, die Interessen der Ballungsgebiete und der ländlichen Räume auszubalancieren.

Wir wissen alle, unsere Nachbarn und Freunde in Frankreich haben leidvoll erlebt, wie es kommen kann, wenn man seine Politik zu sehr auf die Ballungsgebiete konzentriert. Die Situation sterbender Dörfer usw. ist bekannt, gegen die man seit einer Reihe von Jahren wieder angeht.

(Beifall bei SPD und FDP)

Das war eine Folge einer solchen Politik. Wir lernen daraus, und wir wollen exakt dem entgegenhalten und die Balance finden zwischen der Belastung der Menschen in Ballungsräumen und der Belastung der Menschen in diesen ländlichen Regionen.

Ich glaube insoweit, dass wir, unabhängig welchen Weg man am Ende findet, die Vorschläge, die jeweils auf den Tisch kommen, daraufhin abklopfen müssen, ob sie übergroße Belastungen für die eine oder andere Gruppe mit sich bringen würden. Man muss im Vergleich der Länder sehen, gerade im Bereich von über 20 Kilometer pendeln in Rheinland-Pfalz überdurchschnittlich viele Menschen. Wir haben übrigens überdurchschnittlich viele, die sehr weit pendeln, die über den zweiten Kreis von 30 Kilometer/40 Kilometer hinaus pendeln. Das muss man im Auge behalten.

Unter diesem Gesichtspunkt war der Ansatzpunkt zu sagen – wie immer man dies ordnungspolitisch einordnet –, wir suchen eine von unten her gerechnete Kilometerbegrenzung, weil ohnehin ein Teil über die Pauschale eingerechnet ist. Zumindest für die Mehrheit derjenigen, die weit pendeln, suchen wir einen günstigeren Ansatz als den, der jetzt mit den 15 Cent diskutiert wird.

Wir alle machen Politik in unseren Ämtern und Funktionen, aber auch in unseren parteilichen Aufgaben. Ich denke, wenn es zusammenpasst, dann darf und muss man diese unterschiedlichen Möglichkeiten auch nutzen.

Wir haben nach einer Diskussion innerhalb der sozialdemokratischen Gremien die Entscheidung getroffen – ein entsprechender Brief ist in Vorbereitung und auf dem Weg –, den Parteivorsitzenden meiner Partei, den Bundeskanzler, ausdrücklich zu bitten, diesen 15-CentWeg – ich nenne dies jetzt einmal so – nicht zu gehen, weil er für so viele Leute einen Nachteil bedeuten würde und wir dies im Vergleich von Rheinland-Pfalz mit anderen Ländern zu einem deutlichen Gesamtnachteil verdichtet sehen.

Ich habe Zweifel, was die Werbungskostenpauschaleveränderung bzw. -reduktion anbelangt. Wir haben versucht, dies überschlägig zu rechnen. Ich glaube, es ist ein Vorschlag, der von Teilen der Fraktion der GRÜNEN aus dem Deutschen Bundestag gekommen ist. Ich sage nicht, darüber darf man nicht reden, nicht urteilen. Verstehen Sie es nicht falsch. Ich will eine vernünftige, ruhige und sachliche Debatte. Ich glaube nur, dass dort der überwiegende Nachteilsbegriff für eine große Zahl von Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzern

greifen würde. Deshalb müssen wir versuchen, uns in diesen Diskussionsprozess einzuschalten – es ist nichts gesagt worden, was unvernünftig wäre – und im Sinne dieser Überlegungen einen Kompromiss mit unterstützen und tragen, der letztendlich nicht sagt, bei uns nicht, bei uns darf nichts angegriffen werden, was Menschen in unserem Land angeht. Wer das sagt, ist aus der Diskussion heraus. Die Interessen sind so zur Geltung zu bringen, dass wir einen vernünftigen Kompromiss finden können. Die Landesregierung hat sich vorgenommen, so mitzuarbeiten.

Die Positionierung für das, was auch immer letztendlich im Bundesrat als Vorschlag zur Entscheidung ansteht, wird getroffen, wenn wir diesen Gesetzesvorschlag in dieser Ausprägung ausreichend kennen und geprüft haben. Dann werden wir uns auf eine Haltung der Landesregierung verständigen.

(Beifall der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, nach der Geschäftsordnung stehen den Fraktionen noch fünf Minuten Redezeit zur Verfügung. Wird das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann kann ich die Aussprache zu diesem Antrag schließen.

Ich rufe nun das zweite Thema der

AKTUELLEN STUNDE

auf:

„Verbesserung des Schienenverkehrs in Rheinland-Pfalz“ auf Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 14/2478 –

Für die Antrag stellende Fraktion spricht Herr Abgeordneter Schwarz.

Her Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben uns in der Vergangenheit im Rahmen des Bundesverkehrswegeplans sehr ausführlich mit dem beschäftigt, was Verkehrsinfrastruktur in Rheinland-Pfalz betrifft. Wir haben aber in der Vergangenheit bei allen Diskussionen, die wir geführt haben, einen besonderen Schwerpunkt gehabt. Wir haben im Wesentlichen die Straße in den Vordergrund gestellt. Wir sind der Überzeugung, dass gerade die Schiene für Rheinland-Pfalz ein ganz besonderes Highlight ist, das wir immer wieder am Rheinland-Pfalz-Takt festmachen. Das zeigen die Beispiele, auf die ich gleich eingehen werde.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Creutzmann, FDP)

Es kommt daher dem Schienenverkehr in der heutigen Diskussion eine besondere Priorität zu; denn derzeit wird im Bundestag darüber geredet, wie erstens der

Haushalt für das Jahr 2004 aussehen soll und wie zweitens der Bundesverkehrswegeplan aussehen soll. Da wird im Einzelnen das Schienenwegeausbaugesetz für die Zukunft konzipiert und festgelegt, wie dies finanziell ausgestattet werden soll.

Wenn Sie sich die Ansätze, die wir für Rheinland-Pfalz aus dem Bundesverkehrswegeplan ersehen, anschauen, dann werden Sie feststellen, dass wir allein bei den derzeit verabredeten Maßnahmen für rund 200 Millionen Euro die Schienen ausbauen wollen. Wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass darüber hinaus neue Maßnahmen, wie zum Beispiel die Strecke von Mainz bis Luxemburg, mit rund 40 Millionen Euro in Ansatz gebracht wurden. Das bedeutet, dass wir im Zusammenhang mit dem, was an finanziellen Ressourcen aus dem Bundesverkehrswegeplan kommt, sehr verantwortungsvoll umgehen müssen; dies allein vor dem Hintergrund, dass wir in der vergangenen Woche eine sehr eindrucksvolle Bereisung auf der neuen SBahn-Linie von Mannheim zum Beispiel bis Ludwigshafen hinter uns gebracht haben.

Wir mussten feststellen, dass allein – – –

(Zurufe aus dem Hause)

Sehr verehrte Frau Thomas, meine sehr verehrten Damen und Herren, für mich war die Strecke von Mannheim bis Ludwigshafen so beeindruckend, weil ich dieses Stück zu Fuß gehen musste.

Deshalb habe ich das hervorgehoben. Wer sich dieses Stück ansieht, muss feststellen, dass mit rund 350 Millionen Euro nicht nur eine ganz hervorragende Infrastruktur und eine Verknüpfung für das geschaffen wurde, was in Zukunft an diesem neuen Bahnhof möglich ist, sondern auch Beispiele geschaffen wurden, wie man in Zukunft S-Bahnen organisieren kann, wie in Zukunft Bahnhöfe für S-Bahnen aussehen können und wie man innerstädtisch einen Lärmschutz konzipieren kann, der es auch den Anliegern in der Stadt ermöglicht, mit dem Lärmschutz leben zu können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wissen, dass mit der Fortführung der S-Bahn-Linie über Kaiserslautern hinaus für die Rheinland-Pfälzer ein wichtiges Anliegen durchgesetzt werden muss. Wir erwarten also, dass wir im Rahmen der derzeitigen Finanzierungsgespräche auch den Haltepunkt Homburg einbeziehen, also die Fortführung von Kaiserslautern nach Homburg offensiv angehen.