Protocol of the Session on June 21, 2001

Meine Damen und Herren, Sie sehen eine Reihe von wichtigen Fragen, die offen sind und auf die die Öffentlichkeit Antworten erwartet.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, ich darf Gäste im Landtag begrüßen, und zwar Schülerinnen und Schüler der 12. Klasse der Berufsbildenden Schule Neustadt, der 12. Klasse des Leistungskurses Sozialkunde am GoetheGymnasium Germersheim sowie der 12. Klasse des Leistungskurses Sozialkunde am Gymnasium St. Katharinen Oppenheim. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Ich erteile der Abgeordneten Frau Brede-Hoffmann das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Lelle, die wichtigste Frage haben Sie nicht gestellt. Diese stellen sich Eltern und Schulen im Moment bestimmt brennend aktuell: Wird der Nachmittag in der Ganztagsschule durch ein Glockenläuten, Klingeln oder ein anderes Geräusch eingeläutet?

(Beifall und Heiterkeit bei der SPD – Beifall der Abg. Frau Morsblech, FDP – Zurufe von der CDU)

Ich denke, wir sollten auch diese und andere entscheidende Fragen, die Sie aufgrund des Zeitmangels jetzt nicht stellen konnten, auf die Agenda unseres nächsten Ausschusses setzen, damit die Schulen, die offensichtlich im Moment überhaupt nicht mehr wissen, wie Schule geht und wie Kinder Bedürfnisse formulieren, diese wichtigen Antworten bekommen.

(Zuruf der Abg. Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lieber Kollege Lelle, wir haben an dieser Stelle schon sehr häufig darüber diskutiert, wer Schulen was zutraut und was nicht. Ich habe an dieser Stelle immer wieder formuliert, dass wir wissen und nicht nur ahnen oder fürchten, dass Schulen, Schulleitungen, Lehrkräfte und im Besonderen im Zusammenwirken mit den Eltern in diesem Land ein ungeheuer hohes und auch kreatives Potenzial haben und fast alle Fragen, die Sie gestellt haben, aus ihrer eigenen Verantwortung beantworten können und, Herr Kollege, beantworten wollen.

(Beifall bei der SPD)

Ich fürchte, Sie sind an den Pressedienst der SPDLandtagsfraktion nicht angeschlossen; denn sonst wüssten Sie einen großen Teil der Antworten. Sie würden die Rahmendaten für das kennen, was an Ganztagsangeboten in diesem Land diskutiert wird, Sie wüssten, dass wir über Ganztagsschule sprechen und das Wort „Betreuung“ für das, was wir vorhaben, das falsche Wort ist. Es geht darum, Kindern pädagogische Angebote zu machen, Förderung und Unterstützung anzubieten, pädagogisch gestaltete Freizeitangebote zu unterbreiten, Schulen dabei zu helfen, ihr Profil noch viel deutlicher und klarer entwickeln zu können, sich in der Region platzieren, Angebote aus der Region mit Kooperationspartnern wie Sportvereinen, Musikschulen, aber auch Firmen, Verbänden der Jugendhilfe und Ähnlichen aufnehmen und zusammenarbeiten zu können und jeweils das, was in der Schule aufgrund der besonderen Gegebenheiten der Schule oder des besonderen Schulprofils der Schule gegeben ist, genau das in den Nachmittag hineinzunehmen, neben so selbstverständlichen Dingen wie Sprachförderung für ausländische Kinder, Integrationshilfen für solche Kinder, Hausaufgabenbetreuung und Ähnliches. All dies ist nicht nur einmal, sondern bereits – ich will dies nicht zählen – mindestens zehnmal veröffentlicht worden.

(Beifall der SPD und bei der FDP)

Herr Kollege, Sie wüssten auch, dass die regierungstragenden Fraktionen sich in ihrer Koalitionsvereinbarung darüber verständigt haben, im kommenden Jahr 30 Millionen DM, im Jahr darauf 70 Millionen DM, dann 100 Millionen DM und 120 Millionen DM aus dem Haushalt für diese Angebote zur Verfügung zu stellen. Sie haben sich darauf verständigt, keinerlei – in Anführungszeichen – ehrenamtliche Betreuung am Nachmittag zu veranstalten, sondern Sie haben vereinbart, pädagogisch arbeitende Personen in diesen Schulen auch entsprechend zu honorieren und selbstverständlich Übungsleiter, Trainer und ähnliche Personen zu der ganz normalen und ihrer Arbeit entsprechenden Besoldung beschäftigen zu wollen.

Herr Kollege, Sie wüssten auch, dass die Veranstaltung am kommenden Samstag ein Hearing der Landtagsfraktion und nicht der Landesregierung ist und wir damit eine Tradition fortsetzen, die, wenn wir diese nicht vornehmen würden, hier heute von uns eingefordert würde, dass wir uns nämlich öffnen und mit denjenigen, die schon durch ihr tägliches Arbeiten in Ganztagsschulen, die es in diesem Land schon gibt, Erfahrungen sammeln können, in den Diskurs darüber kommen wollen, was an Ganztagsschulen geschehen kann, was zurzeit geschieht, was man sich noch anderes vorstellt, welche Planungen Schulen für die Zukunft haben, die heute schon Ganztagsschulen sind. Dies geschieht mit den eingeladenen Personen, und das sind die Schulen, die Eltern, die Verbände, die Jugendhilfe und die kommunalen Träger im Land. Mit denen wird darüber geredet, was diese sich von dem „Ganztagsangebot Schule“ erhoffen, wohin sich das pädagogisch weiterentwickeln soll. So ist die Frage gestellt. Wir wollen am Samstag nicht die Antworten geben, die wir mit den Beteiligten erarbeiten wollen, sondern wir wollen hören – die Ohren

ganz weit aufmachen – und uns für das öffnen, was Schulen in Eigenverantwortung bereits entwickelt haben.

(Beifall der SPD und der Abg. Frau Morsblech, FDP)

Ich glaube, das ist zum jetzigen Zeitpunkt unsere vornehmste Aufgabe.

Danke schön.

(Beifall der SPD und der Abg. Frau Morsblech, FDP)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Wiechmann das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Kollege Lelle hat schon viele Fragen aufgeworfen, die auch wir uns als Fraktion in der letzten Zeit sehr intensiv gestellt haben. Auch ich möchte zu Beginn noch einmal an das Wahlversprechen der SPD und insbesondere des Herrn Ministerpräsidenten im Januar 2001 erinnern: Das flächendeckende Angebot echter Ganztagsschulen für alle, die es möchten, ist ein Quantensprung ins neue Jahrtausend deutscher Bildungspolitik. – So unser Herr Ministerpräsident.

(Beifall der SPD und der FDP)

Dieses Versprechen wird jetzt eingesammelt und auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt.

(Zuruf des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Lelle, CDU)

Auch das sind keine 500 Millionen DM in den nächsten fünf Jahren, sondern nur 440 Millionen DM. Es sind keine 300 zusätzlichen Angebote, sondern lediglich 240 zusätzliche Ganztagsangebote; denn es bestehen bereits 60 Ganztagsangebote in Rheinland-Pfalz.

(Unruhe im Hause)

Diese 60 bereits bestehenden Ganztagsangebote sollen doch in die Finanzierung mit eingebunden werden, oder nicht?

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Woher haben Sie das denn? Das steht doch in keinem Kaffeesatz!)

Das Wahlversprechen, mit dem Sie die allergrößten Erwartungen bei Eltern und Schülerinnen und Schülern in Rheinland-Pfalz erweckt haben, wurde damit in keiner Weise erfüllt.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Heiterkeit bei der SPD)

Das versprochene flächendeckende Angebot bedeutet, dass für alle Schülerinnen und Schüler, die es wollen, ein Ganztagsangebot in zumutbarer Entfernung bereitgestellt würde. Davon kann bei der vorgesehenen Verteilung der Ganztagsangebote auf die einzelnen Landkreise und auf die einzelnen Schularten überhaupt keine Rede sein.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben Ihre Wählerinnen und Wähler in größtem Ausmaß getäuscht.

(Mertes, SPD: Jetzt ist aber gut!)

Ich mache das an einem Beispiel deutlich: In jedem Landkreis sollen zwei weiterführende Schulen Ganztagsangebote anbieten können. In unserem Schulgesetz sind vier weiterführende Schularten verankert. Das heisst, in jedem Landkreis können bzw. müssen zwei weiterführende Schulen leer ausgehen und können kein Ganztagsangebot anbieten. Nach welchem Prinzip oder nach welchen Kriterien soll denn bestimmt werden, welche Schule ein Angebot machen kann und welche Schule kein Angebot machen kann?

(Mertes, SPD: Wir würfeln!)

Das glaube ich auch.

Kann es sein, dass es zum Beispiel die integrierten Schularten betrifft? Wie soll das denn funktionieren?

Am Beispiel des Landkreises Mayen-Koblenz wird exemplarisch der ganze Unsinn und die Konfliktträchtigkeit dieser Regelung für den Schulträger deutlich. In diesem Landkreis gibt es fünf Realschulen in der Verantwortung von drei verschiedenen Schulträgern.

(Lewentz, SPD: Wie viele Anträge?)

Es gibt fünf Gymnasien und vier Regionale Schulen mit vier verschiedenen Schulträgern. Die Verantwortung für diese vierzehn weiterführenden Schulen liegt in den Händen von sieben verschiedenen Schulträgern. Mancher Landkreis hat zusätzlich das Problem, über weitere weiterführende Schularten zu verfügen, wie die Integrierte Gesamtschule oder die Duale Oberstufe. Wer soll denn bestimmen, welche Schule ein Angebot unterbreiten darf und welche nicht?

(Mertes, SPD: Das ist die Politik! Entscheiden sollen!)

Wollen Sie das entscheiden? Soll die Bildungsadministration das entscheiden?

(Mertes, SPD: Wir werden mit den Schulträgern entscheiden!)

Aus meiner Sicht bleibt es zurzeit noch ein großes Geheimnis, wie sich die Landesregierung dieses flächendeckende Angebot vorstellt und es umsetzen will.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Lelle, CDU)

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat bereits im Wahlkampf ein sehr schlüssiges Gegenkonzept für den Start eines flächendeckenden Ganztagsangebots vorgestellt.

(Pörksen, SPD: Das wäre das erste Mal!)

Während die Landesregierung durchschnittlich ganze drei Grundschulen für einen Landkreis vorsieht,