Protocol of the Session on February 20, 2003

Meine sehr verehrten Damen und Herren, so ist.

(Jullien, CDU: Schlimm!)

Ich kann Ihnen Beispiele aus dem Bereich der Lehrerschaft in Rheinland-Pfalz nennen, und ich kann Ihnen Beispiele aus dem Bereich der Polizei in Rheinland-Pfalz nennen.

(Beifall der CDU – Dr. Weiland, CDU: So ist es!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn sich jemand mit seinem Namen dazu bekennt, dann erfährt er über 33 Ecken, dass vom Staatssekretär im Innenministerium die Prüfung eines Disziplinarverfahrens und eine staatsanwaltschaftliche Prüfung gegen ihn in Gang gesetzt wurde.

(Dr. Weiland, CDU: Pfui! Pfui!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich finde, das ist ungeheuerlich.

(Starker Beifall der CDU)

Die Art und Weise, wie Sie seit Jahren Leuten einen Maulkorb umhängen und mit ganz offenen Drohungen arbeiten – das habe ich erlebt, als die Bezirksregierungen abgeschafft wurden, das habe ich mehrfach erlebt in der Lehrerschaft in Rheinland-Pfalz, das habe ich mehrfach erlebt bei Polizeibeamten –, ist einer demokratischen Partei unwürdig, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das ist wirklich unwürdig.

(Starker Beifall der CDU – Dr. Weiland, CDU: Pfui!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich finde, dieser Nachtrag ist ein Zeichen der Hilflosigkeit im Umgang mit diesen Problemen.

(Zuruf des Abg. Dr. Weiland, CDU)

Er bietet keine Perspektive für die finanzpolitische Gesundung dieses Landes. Er ist am allerwenigsten eine finanzpolitische Wende, wie uns das gern weisgemacht wird. Er bietet kein vernünftiges Sparprogramm, sondern schlägt stattdessen den Verkauf von Vermögen und Rücklagen vor sowie die Belastung von Landesbetrieben und natürlich die Belastung der Kommunen.

(Zuruf der Abg. Frau Morsblech, FDP)

Frau Morsblech. Ich begrüße die neue finanzpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, jetzt wird zu Recht die Frage gestellt, wo sich die Verantwortung der Opposition niederschlägt.

(Mertes, SPD: Das haben wir eben gehört!)

Herr Kollege Mertes, nein, noch nicht. Das kommt jetzt erst. Das war ein Missverständnis.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Frage ist eine Frage, die uns nicht nur deswegen interessiert, weil Kommentatoren und Sie diese Frage stellen, sondern weil es auch für uns selbst eine wichtige Frage ist. Wo ist Verantwortung der Opposition? Ich denke, die Frage wird zu Recht gestellt.

Ich will daran erinnern, dass wir vor Jahresfrist eine Zusammenarbeit in einer zu verabredenden Zahl bei einer Reihe von Projekten und haushaltspolitischen Problemen angeboten haben. Diese Zusammenarbeit ist damals zurückgewiesen worden. Herr Kollege Joachim Mertes sprach, wenn ich mich recht erinnere, von einem vergifteten Blumensträußchen.

Herr Mertes, das war nicht vergiftet.

(Dr. Weiland, CDU: Der wollte ihn wahrscheinlich essen!)

Wissen Sie, wir hatten gerade eine Wahl ziemlich hoch verloren. Da kann man solche Angebote ernsthaft machen. Es stand auch keine andere Wahl vor der Tür, die

uns hätte sozusagen der Profilierung willen verleiten können, irgendeine andere Strategie einzuschlagen. Das war schon ernst gemeint. Das ist damals zurückgewiesen worden. Nun gut. Es wäre jetzt einfach, unsererseits zu sagen, ihr habt euch die Suppe selbst eingebrockt, jetzt müsst ihr sie auch selbst auslöffeln.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sagen das nicht, sondern ich will den letzten Satz aufgreifen, auch aus der Rede des Finanzministers gestern, wir bieten erneut eine Zusammenarbeit an, allerdings zu fairen Bedingungen. Zu fairen Bedingungen heißt – das will ich klar sagen –: Wir bieten eine Zusammenarbeit um den Preis der Mitwirkung der Opposition an.

Es kann nicht sein, dass Sie die Dinge vorschlagen und dann sagen, jetzt ist es eure Verantwortung, die Hand zu heben und zuzustimmen. Wenn wir mitmachen sollen – wir wollen in einer Reihe von Fragen mitmachen, sicher nicht bei allen; ich habe eben drei genannt, wo wir nicht mitmachen werden, aber es gibt genügend andere Bereiche, wo wir Ihrer Meinung nach mitmachen sollen und wo wir mitmachen wollen –, aber dann um den Preis der Mitgestaltung und nicht nach der Methode „Friss oder stirb!“. (Beifall der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt sage ich das einmal mit Blick auf zwei Projekte, die uns außerhalb der Haushaltsberatung intensiv beschäftigen, vor allem in den Kreisen: Forstreform und Agrarverwaltungsreform.

Herr Kollege Schmitz, übrigens habe ich nicht erkennen können, dass wir uns in Rheinland-Pfalz an die Spitze der Kritik in diesen beiden Punkten gesetzt haben. Angesichts der allgemeinen politischen Stimmungslage wäre es für uns gelegentlich eine Verführung zu sagen, jetzt hauen wir einfach einmal blind drauf. Im Moment sind immer alle dafür, wenn man die SPD prügelt. Aber das kann übermorgen schon wieder anders sein. Schon aus diesem Selbstschutzgrund tun wir es nicht.

Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind bereit. Aber wir müssen uns dann zu einem Teil auch mit unseren Vorschlägen wiederfinden. Es kann nicht sein, dass diese Bereitschaft sich darin erschöpft, dass wir einfach Ihrem Paket zustimmen, sondern dann ist der Preis dieser Bereitschaft, dass Sie auf unsere Vorschläge eingehen; denn eins geht nicht: Das Land ist pleite, der Rechnungshof mahnt kostengünstigere Lösungen an, und die Landesregierung schlägt das alles in den Wind und schert sich um nichts. – Ich denke beispielsweise an das eine oder andere Thema im Bereich der Agrarverwaltungsreform. Das ist nicht unser Verständnis von Zusammenarbeit.

(Beifall bei der CDU)

Unser Verständnis von Zusammenarbeit bedeutet, die Koalition muss die Mitwirkung wollen. Unser Verständnis von Zusammenarbeit bedeutet nicht, die Rolle eines Claqueurs für eine irgendwie geartete „Basta-Politik“ einzunehmen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das werden wir nicht tun. So einfach ist das.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt müssen Sie entscheiden. Sie kommen in schweres Wasser. Das ist nun kein Geheimnis. Jeder, der sich in Deutschland mit Finanzen beschäftigt, weiß das. Wenn Sie uns als Helfer im Maschinenraum brauchen wollen, dann kann ich nur sagen, vergessen Sie es. Daraus wird nichts.

(Mertes, SPD: Das glaube ich! Da wird geschwitzt!)

Herr Kollege Mertes, es ist schon einmal gut, dass wenigstens diese eine Botschaft geglaubt wird.

(Zurufe aus dem Hause)

Ach, Sie meinen, weil wir die Arbeit scheuen? Ich in Einzelfällen vielleicht schon, obwohl es mir bei meinem Leibesumfang ganz gut täte, einen halben Tag im Maschinenraum Kohlen zu schippen.

Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren, jetzt im übertragenen Bild für die Politik, dann wird daraus nichts. Wenn Sie uns aber in einer Reihe von Fragen, auf die man sich vereinbaren kann, anbieten, über den Kurs mitbestimmen zu können, dann wird es faire und konstruktive Gespräche der Zusammenarbeit geben. Das ist unsere Botschaft heute, am Tag der ersten Generalaussprache zu diesem Nachtragshaushalt. Wir verweigern uns der Zusammenarbeit nicht. Aber der Preis der Zusammenarbeit ist die Chance, die Möglichkeit einer Mitgestaltung der Politik in diesem Land.

(Beifall der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist der Abschied von einer Politik, die wir seit 1991 ausnahmslos erlebt haben, dass am Ende von Haushaltsberatungen es der Opposition noch nicht einmal möglich war, einen Betrag von 10 Euro zu bewegen. Wenn Sie wollen, dass das anders wird, dann sagen Sie es. Wenn Sie es uns sagen und es ernst meinen, dann werden wir uns auf diese Zusammenarbeit einlassen.

Herr Kollege Mertes, ich bin gespannt, wie Sie sich in den nächsten Wochen entscheiden werden.

Vielen Dank.

(Anhaltend Beifall der CDU)

Es spricht Herr Abgeordneter Joachim Mertes.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Eigentlich wundert mich, dass Sie alle noch hier sind. Nach einer solchen Rede über ein verarmtes Land Rheinland-Pfalz müssten Sie raus zu Lidl und Aldi, um Notkäufe zu machen. Tun Sie Ihre Papiere zusammen, und schauen Sie Ihren Keller nach, ob er bunkerfest ist.

Sie können ruhig alle hinausgehen. Wer hinausgeht, der muss auch wieder hereinkommen. Das steht fest.

(Beifall der SPD – Zuruf des Abg. Hörter, CDU)

Nach Ihrem bundespolitischen Ausritt am Wochenanfang war mir klar, dass Berlin für Sie sozusagen die wichtigste Station wäre. Allerdings sind Sie aus diesem bundespolitischen Ausritt, nämlich den Bundeskanzler zu stürzen, ziemlich „abgewatscht“ nach Rheinland-Pfalz gekommen und mussten sich erst einmal wieder in die Herzen Ihrer Leute „einreden“. Deshalb war die Polemik hier am Platz so hart.

(Beifall der SPD und der FDP)