Protocol of the Session on December 6, 2002

Herr Abgeordneter Keller, wir haben, was den strukturellen Unterrichtsausfall in den Grundschulen angeht, in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte erzielen können. Wir haben gerade im Grundschulbereich seit der Einführung der Vollen Halbtagsschule eine nahezu 100 %-Versorgung. Bei dem mir zur Verfügung stehenden Stellenbudget lege ich natürlich auch Wert darauf, dass es eine gerechte Aufteilung auf alle Schularten gibt und alle Schularten entsprechend bedacht werden. Das war unsere Zielvorstellung in der Vergangenheit und wird sie auch für die Zukunft bleiben.

Ich sehe keine weiteren Fragen. Die Mündliche Anfrage ist beantwortet.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich rufe die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Gerd Itzek (SPD), Steuerbegünstigte Tätigkeiten kommunaler und staatlicher Einrichtungen – Nummer 8 der Drucksache 14/1698 – betreffend, auf.

Das Wort hat Herr Abgeordneter Itzek.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Folgen hat die in § 58 Nr. 1 Abgabenordnung durch das Investitionszulagengesetz vorgenommene Änderung, wonach die Beschaffung von Mitteln für eine unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft nur noch dann steuerbegünstigt ist, wenn die zu fördernde Einrichtung selbst die Voraussetzungen der Steuerbegünstigung erfüllt, für staatliche bzw. kommunale Einrichtungen mit grundsätzlich steuerbegünstigter Betätigung?

2. Welche Einrichtungen sind von dieser Neuregelung im Einzelnen betroffen?

3. Hält sie die vorgenommene Änderung der Abgabenordnung für zweckmäßig?

4. Welche Maßnahmen will sie gegebenenfalls ergreifen, um zu einer zweckmäßigeren gesetzgeberischen Lösung beizutragen?

Es antwortet Herr Staatssekretär Dr. Deubel.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Mündliche Anfrage beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:

Seit der Neuregelung des § 58 Nr. 1 Abgabenordnung durch das Investitionszulagengesetz im Dezember 2000 kann ein so genannter Förderverein die von ihm beschafften Mittel nur noch dann an solche Körperschaften weitergeben, die selbst förmlich als steuerbegünstigt bzw. gemeinnützig anerkannt sind.

Der Gesetzgeber hat diese Gesetzesänderung mit dem Ziel des Vermeidens von Mißbräuchen beim Umgang mit steuerbegünstigten Spendenmitteln begründet. Solche Mißbrauchsgestaltungen waren zuvor beispielsweise bei Golfclubs anzutreffen, denen wegen hoher Aufnahmegebühren oder Beiträgen die Gemeinnützigkeit versagt wurde, und die sich deshalb zur Abwicklung steuerbegünstigter Spendenzahlungen vorgeschalteter Fördervereine bedient haben.

Dies vorausgeschickt lässt sich zu den Fragen im Einzelnen Folgendes feststellen:

Zu den Fragen 1 und 2: Die gesetzliche Neuregelung ist abstrakt formuliert und erfasst damit grundsätzlich alle gemeinnützigen Fördervereine,

(Glocke des Präsidenten)

das heißt, auch solche, die gemeinnützig tätige Betriebe gewerblicher Art im Bereich der öffentlichen Hand unterstützen. Die Folge ist, dass damit mittelbar auch zum Beispiel Kindertagesstätten, Museen, Theater und Ähnliches, die unbestreitbar allein auf die Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke ausgerichtet sind, betroffen sind. Sie müssten künftig eine der gemeinnützigkeitsrechtlichen Ansprüchen genügende Satzung allein zu dem Zweck errichten, dass ihrem Förderverein der Gemeinnützigkeitsstatus erhalten bleibt.

Zu Frage 3: Die Landesregierung hält die Gesetzesänderung in ihrer Zielsetzung – das ist die Vermeidung von Mißbräuchen durch Vorschaltung so genannter Fördervereine – für durchaus richtig. Die konkrete Regelung schießt jedoch unbestritten dort über diese Vorgabe hinaus, wo eine Einrichtung ausschließlich steuerbegünstigte Zwecke verfolgt und deren Trägerkörperschaft die öffentliche Hand ist. In diesen Fällen ist bereits durch haushaltsrechtliche oder sonstige Vorgaben eine zweckmäßige Mittelverwendung ausreichend sichergestellt. Die Errichtung einer zusätzlichen Satzung begründet hier einen formalistischen Aufwand, der sich kaum vermitteln lässt.

Zu Frage 4: Die derzeitige Rechtslage ist eindeutig und lässt eine Ausnahme vom Satzungsgebot bei gemeinnützigen Einrichtungen der öffentlichen Hand nicht zu. Die Landesregierung hat deshalb nach Bekanntwerden der Probleme in diesem Bereich veranlasst, dass die betroffenen rheinland-pfälzischen Einrichtungen unmittelbar von den zuständigen Finanzämtern alle einzeln und schriftlich und zudem auch mittelbar über die Ressorts und die kommunalen Spitzenverbände von der

gesetzlichen Neuregelung und den drohenden Kons equenzen in Kenntnis gesetzt wurden. Das Finanzministerium hat zudem ein entsprechendes Merkblatt nebst einer Mustersatzung herausgegeben.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD – Mertes, SPD: Das ist gut!)

Ungeachtet dessen hat Finanzminister Mittler zeitgleich die Angelegenheit mit den Finanzministerinnen und Finanzministern des Bundes und der Länder thematisiert. Auf seinen Vorschlag hin wurde die bisherige Übergangsfrist zur Satzungserrichtung vom 31. Dezember dieses Jahres auf den 30. Juni 2003 verlängert und den zuständigen Fachreferaten des Bundes und der Länder der Auftrag erteilt, bis Ende Januar 2003 den Rahmen für eine mögliche Gesetzesänderung aufzuzeigen.

Die Landesregierung wird nunmehr die weitere Entwicklung in diesem Verfahren abwarten. Sollte es dabei allerdings nicht zu einer Lösung im Sinn der betroffenen Einrichtung der öffentlichen Hand kommen, erwägt die Landesregierung, eine entsprechende Bundesratsinitiative zu initiieren.

So weit die Beantwortung.

(Beifall der SPD und der FDP)

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Jullien.

Herr Staatssekretär, die Gemeinnützigkeit wird in der Regel im Voraus für einen Zeitraum von drei Jahren erteilt, in dem seitens der Finanzbehörden die Überprüfung erfolgt, ob die Voraussetzungen dieser Gemeinnützigkeit gegeben sind. Kann es aufgrund der geänderten Rechtslage dazu kommen, dass rückwirkend die Gemeinnützigkeit aberkannt wird und sich daraus Probleme sowohl im steuerlichen Bereich als auch im Spendenbereich bei diesen ehemals anerkannten gemeinnützigen Institutionen ergeben?

Herr Jullien, das sind zwei völlig unterschiedliche Paar Schuhe. (Itzek, SPD: So ist es! Der hat es gar nicht verstanden!)

Es geht nicht um die Regelung bei Vereinen, dass die Gemeinnützigkeit gegeben sein muss, sondern insbesondere um Einrichtungen der öffentlichen Hand. Die Einrichtungen der öffentlichen Hand waren in der Vergangenheit selbstverständlich als im Prinzip gemeinnützig angesehen worden.

(Itzek, SPD: Die waren auch nicht anerkannt!)

Sie waren aber prinzipiell Betriebe gewerblicher Art. Daher hat es keine steuerrechtliche Anerkennung in dem Sinn gegeben. Es war nach der alten Rechtslage möglich, in Fördervereine einzuzahlen, die dann wiederum kommunale Kindertagesstätten, Museen und Ähnliches bezuschussten. Die Neuregelung gilt übrigens nur für den nicht hoheitlichen Bereich und nicht etwa für Schulen, Hochschulen, Feuerwehren und andere, bei denen das nach wie vor unproblematisch ist. Es geht nur um den nicht hoheitlichen Bereich. Durch die Übergangsregelung ist sichergestellt, dass zur Zeit überhaupt nichts anbrennt.

Wenn es so kommt, wie dies die Landesregierung initiiert hat, wird der Spuk – der Spuk ist bürokratischer Art – bis Mitte nächsten Jahres vorbei sein. Das heißt, es wird nicht mehr notwendig sein, dass überall Satzungen beschlossen werden, die lediglich das noch einmal festschreiben, was sowieso in den Kindertagesstätten, den Museen usw. stattfindet. Im Übrigen gibt es einen großen Bereich, bei dem das alles selbstverständlich unterstellt wird, nämlich alle kirchlichen Einrichtungen.

Bei den kirchlichen Einrichtungen gilt generell die Vermutung, dass kirchliche Kindertagesstätten und andere Einrichtungen gemeinnützig sind, weil sie mit dem allgemeinen Glaubensauftrag unterlegt sind. Die Frage der Gemeinnützigkeit stellt sich nicht.

Bei den kommunalen Einrichtungen wird diese Vermutung nicht ohne weiteres bisher unterstellt, deswegen muss das Gesetz so angepasst werden, dass dieser Bereich, in dem nur Aufwand und Ärger verursacht werden, wenn überall Satzungen erlassen werden, wieder so behandelt wird, wie es dem vernünftigen Menschenverstand entspricht.

(Beifall der SPD – Zuruf von der CDU: Richtig!)

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Itzek.

Herr Staatssekretär, man hat aufgrund Ihrer Darstellung gesehen, wie kompliziert das Ganze ist. Wären Sie bereit, zum besseren Verständnis dem Kollegen Jullien dieses Merkblatt zur Verfügung zu stellen?

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das will ich auch haben! – Jullien, CDU: Darüber gibt es doch kein Merkblatt!)

Geben Sie dem Herrn Staatssekretär doch die Chance zu antworten.

Bitten auf Nachhilfeunterricht nehme ich nur vom Betreffenden persönlich entgegen und nicht über Dritte.

Wir wollen hoffen, dass damit nicht Abgeordnete erster und zweiter Klasse geschaffen werden.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Jullien, bitte schön.

Herr Staatssekretär, können Sie derzeit etwa überblikken, wie viele solcher kommunaler Einrichtungen von der jetzt geltenden Übergangsregelung betroffen sind?

(Itzek, SPD: Tausende, Abertausende!)

Ich frage den Herrn Staatssekretär, nicht Sie.

Sie nehmen den Anteil der kommunalen Kindertagesstätten an den Kindertagesstätten insgesamt. Dann haben Sie den größten Teil. Dann nehmen Sie bitte alle kommunalen Museen, Theater und ähnliche Einrichtungen wie Volkshochschulen usw. dazu.

Dann kommen Sie durchaus auf vierstellige Zahlen allein in diesem Land. Deswegen ist es auch notwendig gewesen, dies an entsprechender Stelle, nämlich in der Finanzministerkonferenz und beim Bundesfinanzminister vorzutragen, um zu einer schnellen Lösung zu kommen. Es ging diesmal nicht über die Referenten, wie das üblicherweise der Fall ist.

(Jullien, CDU: Chefsache!)

Genau.

Ich sehe keine weiteren Fragen. Damit ist die Mündliche Anfrage beantwortet.