Protocol of the Session on December 5, 2002

(Bischel, CDU: Der Zahnarzt rettet die Arbeitsplätze bei der FDP!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach dieser flammenden Reichsbahn-Rede des Kollegen Schreiner

(Heiterkeit und Beifall bei FDP und SPD)

darf ich doch noch einmal kurz an das offensichtlich etwas verkümmerte ordnungspolitische Gewissen der Christlichen Demokraten appellieren.

(Beifall bei FDP und SPD – Mertes, SPD: Das hat er nicht!)

Ich darf daran erinnern, dass die Privatfirma „DB“ und nicht „SPDB“ heißt, Herr Schreiner, was Sie unterstellen wollen.

Wenn Sie sagen, Mainz habe seinerzeit seine Hausaufgaben gemacht, dann bin ich mit Ihnen stolz darauf, aber die Frage, was Mainz jetzt machen sollte, haben Sie leider auch nicht beantwortet. Leider Gottes fällt mir auch keine Lösung ein, die über das hinaus geht, was uns in der Beantwortung der Mündlichen Anfrage heute Morgen zur Kenntnis gebracht wurde.

Herr Kollege Schreiner, ein Satz hat mir besonders gut gefallen, nämlich der, dass Rheinland-Pfalz ein besonderes Interesse an diesen Arbeitsplätzen hat. Das finde ich bemerkenswert. Ich glaube, Berlin hat dies auch, Herr Schreiner. Dort liegt wahrscheinlich das Problem bei einer Firma, die inzwischen – dies sage ich ausdrücklich – Gott sei Dank vom staatlichen Bändel ist. Die Bahn, die wir in der jetzigen Haushaltssituation hätten, wenn die Firma nicht privatisiert worden wäre, möchte ich nicht kennenlernen. Da ist es mir so schon sehr viel lieber. Ich schlage vor, dass gerade die betroffenen Abgeordneten, nämlich wir Mainzer Abgeordneten, noch einmal ohne großen Resonanzboden das Gespräch mit unserem Wirtschafts- und Verkehrsminister suchen, um auszuloten, ob wir nicht doch kompensatorische Maßnahmen in der einen oder anderen Form für Mainz erreichen können.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei FDP und SPD)

Ich erteile Frau Abgeordneter Kiltz das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir können in diesem Hause sicherlich sehr schnell Einigkeit darüber erzielen, dass wir es alle sehr bedauern, dass die DB Cargo diese Entscheidung getroffen hat bzw. umsetzen möchte. Wir können auch alle bedauern, dass damit ein Verlust an Arbeitsplätzen verbunden ist, ein Verlust an Kaufkraft, den Herr Hammer eben gerade sehr eindrücklich festgestellt hat. Vor allem können wir die Folgen für die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bedauern, die hier ihren Lebensmittelpunkt gefunden haben. Natürlich ist es immer schmerzlich, wenn solche Entscheidungen anstehen. Ich erinnere an die Debatte Berlin/Bonn und daran, welche Emotionen damals zu Recht hochgegangen sind.

Herr Hammer, wir wissen aber doch alle, wir haben es nicht mehr mit einem Staatsunternehmen zu tun. In diesem Fall hat Herr Dr. Schmitz, mit dem ich sonst nicht so oft einer Meinung bin, in dieser Frage Recht gehabt. Die DB AG ist seit der Bahnreform ein Privatunternehmen. DB Cargo ist in diesem Gebilde auch noch einmal ein eigenes Unternehmen. In diesem Fall ist es recht naiv, sich vorzustellen, dass man von Staats wegen großen Einfluss ausüben könnte.

(Itzek, SPD: Es sei denn, man bezahlt es!)

Herrn Bauckhage muss ich auch in dem Fall Recht geben. Er hat gesagt, es handelt sich um eine unternehmerische Entscheidung. Der Einfluss der Öffentlichkeit und des Staates ist insofern nicht so groß, wie man ihn gern hätte.

Herr Bauckhage, ich war aber sehr erstaunt, dass Sie sich so sehr darüber aufgeregt haben, dass Sie erst einen Tag vor der Pressekonferenz über diese Entscheidung informiert wurden. Es ist noch gar nicht so lang her, als Sie erst der Presse und dann erst dem zuständigen Ausschuss mitgeteilt haben, was Sie mit der Agrarverwaltungsreform vorhaben, die auch Auswirkungen auf die Regionen haben wird, in denen die Standorte sind. Sie wird auch Folgen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben, die dort beschäftigt sind.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Bauckhage, ich würde Sie doch sehr bitten, dort mit gleichem Maß zu messen und nicht der DB AG etwas vorzuwerfen, was Sie selbst gemacht haben, wobei die DB AG im Vergleich zu Ihnen noch frühzeitig informiert hat. So viel zu Ihnen, Herr Bauckhage.

Ich komme nun zu Herrn Hammer. Wir können alle Resolutionen und Briefe an Herrn Mehdorn und an den oberen Herrn der DB Cargo schreiben und uns alle für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und für den Standort Mainz einsetzen, ich sage Ihnen aber, wir laufen Gefahr, dass dies zu reinem Populismus verkommt, denn wir werden in die unternehmerischen Entscheidungen nicht wesentlich eingreifen können.

Es stellt sich natürlich die Frage, ob die Stadt Mainz und die Landesregierung alles getan haben, was sie tun konnten, oder ob sie zu spät reagiert haben. Vielleicht hätten sie vorher noch einmal an den Rahmenbedingungen drehen müssen. Dazu müsste der Minister noch einmal etwas sagen. Ich finde aber, wir sollten uns an dieser Frage nicht so hochziehen, als ob wir wirklich richtigen Einfluss hätten, als ob ein Beschluss von uns im Parlament dazu wirklich viel bewirken könnte.

Ich erinnere nur daran, wir haben, als die DB Cargo das MORA-C-Konzept umgesetzt hat, einstimmig gefordert, die DB Cargo solle ihren Termin zur Schließung bestimmter Güterstandorte verlegen, um den Regionen Zeit zu lassen, noch einmal Ersatzverkehre von Privaten zuzulassen und zu suchen. Es hat überhaupt nichts genutzt. DB Cargo hat sich nicht beirren lassen. Deswegen kann ich nur denjenigen, die an verantwortlicher Stelle stehen – wir sind nur die Opposition im Landtag –, Hartnäckigkeit wünschen. Ich glaube, es kann aber auch zu reinem Populismus verkommen, wenn man noch lange nachlegt.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Minister Bauckhage hat das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor ich zur eigentlichen Problematik komme, möchte ich auf zwei Dinge eingehen, nämlich einmal auf Sie, Frau Kiltz,

(Frau Kiltz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das wußte ich, schön!)

und einmal auf Sie, Herr Schreiner. Ich will Ihnen sagen, warum ich das mache. Daran erkennt man das Problem und die große Sorge des Herrn Hammer und der Mainzer Abgeordneten um diese Arbeitsplätze. Wenn wir eine Agrarverwaltungsreform machen, reden wir darüber, ob man sich von Simmern bis nach Bad Kreuznach bewegen muss. Wenn DB Cargo in Mainz 230 oder 250 Arbeitsplätze abbaut, dann heißt die Alternative, dass die Leute von Mainz nach Berlin gehen, oder sie haben zur Zeit keinen Arbeitsplatz. Das ist der große Unterschied zwischen der Agrarverwaltungsreform und der Umstrukturierung bei DB Cargo.

Ich meine, es ist in Ordnung, dass man sich da politisch bemüht und politisch darüber diskutiert und unter Umständen auslotet, wie man gemeinsam mit dem Unternehmen diese Strukturveränderung entweder anders absichern kann oder wie man von dem großen Unternehmen, das deutschlandweit weit mehr als 300 Beschäftigte hat, eine andere Kompensation an den Standort Mainz bekommt. Das muss man diskutieren dürfen.

Man kann die DB Cargo auch nicht aus ihrer Vorgängerfirma entlassen. Das Vorgängerunternehmen hat seinerzeit durch die Schließung der Direktion eine Kompens ation für Mainz bzw. Rheinland-Pfalz angeboten. Es muss möglich sein, mit dem Nachfolgeunternehmen darüber zu sprechen. Das muss das Mindeste sein. Man hat eine Verpflichtung dafür, was die Vorgängerin bzw. der Vorgänger gemacht hat. Ich bin an Ihrer Seite, wenn man sagt, das Unternehmen ist betriebswirtschaftlich selbständig und trifft seine Entscheidungen völlig souverän. Gleichzeitig muss es möglich sein, mit dem Unternehmen zu reden.

Herr Schreiner, eine solche Denkart, eine solche mentale Einstellung zum Staat hat mich betroffen gemacht. Wenn man sagt, Staat und Parteien sind gleichförmig, dann hätten wir einen armen Staat, meine Damen und Herren.

(Beifall bei FDP und SPD)

Ich erachte mich nicht als Minister einer Partei, sondern als Staatsminister. So heißt es auch in der Sprachregelung. So erachte ich mich auch. Wer schon so denkt, kann auch anders herum so denken. Das muss man sagen dürfen.

(Beifall bei FDP und SPD – Schweitzer, SPD: So ist es!)

Herr Schreiner, ich sage es deshalb, weil Sie ein sehr junger Mann sind und ich Sie sehr schätze, diese Denk

art sollten Sie noch einmal überprüfen. Ich weiß nicht, wo Herr Mehdorn steht. Man kann nicht sofort sagen, das muss alles eine Partei sein, und weil das alles eine Partei ist, haben wir gefälligst das zu tun, was der Partei gut tut. Nein, wir haben das zu tun, wofür uns die Wählerinnen und Wähler gewählt haben, nämlich ihre Probleme zu lösen und die Probleme der Parteien zu lösen. Die Probleme der Parteien werden anderswo gelöst.

(Beifall bei FDP und SPD)

Ich komme noch einmal zur Sache selbst. Wenn man DB Cargo und die Problematik sieht, bleibt es dabei, dass man es öffentlich diskutieren muss. Das Unternehmen kommt aus einem Staatsunternehmen heraus. Es muss auch möglich sein, über Kompensationen zu reden. Ich glaube, dass diese öffentliche Debatte Entscheidungen eines Unternehmens beeinflussen kann. Das Unternehmen sagt, sie sitzen nicht nur in Mainz und machen nichts, sondern sie bemühen sich darum. Das hat etwas mit dem Klima zu tun. Aus diesem Grund ist die heutige Debatte wichtig.

Es macht mich nachdenklich, dass der Vorstandsvorsitzende eines solchen Unternehmens den zuständigen Fachminister einen Tag vor der Pressekonferenz unterrichtet. Ich bin nicht beleidigt, aber es macht mich nachdenklich. So kann man nicht miteinander umgehen.

Im Übrigen sage ich Ihnen, wir kümmern uns in Rheinland-Pfalz um jeden Arbeitsplatz in anderen Bereichen und Unternehmen. Es ist eine Verpflichtung der Landesregierung, mit den Unternehmen zumindest in den Dialog zu treten, warum die Entscheidung getroffen wurde. Wenn sie nachvollziehbar ist, ist alles in Ordnung.

Ich sage noch etwas zur Infrastruktur. Ich sage nichts zu den allgemeinen Rahmenbedingungen. Etwas zur Infrastruktur muss man sagen dürfen. Man muss festhalten, dass wir bezüglich des Arbeitsmarkts im Vergleich mit den anderen Bundesländern relativ gut dastehen. Interessanterweise liegen wir beim Wachstum über dem Bundesdurchschnitt. Die Rahmenbedingungen im Land können nicht so schlecht sein, sondern sie müssen gut sein, sonst wäre es anders.

Ich komme zu den allgemeinen Rahmenbedingungen. Ich kann Ihnen sagen, sie bleiben in Deutschland. Sie ziehen nur aus betriebswirtschaftlichen Gründen nach Berlin um. Es hat eine andere Unternehmenstruktur gegeben, weil Stinnes eingestiegen ist und Stinnes jetzt in dem Unternehmen drin ist. Man muss daher die Unternehmensentscheidung respektieren. Man muss darüber debattieren und mit ihnen darüber reden dürfen, wo man kompensieren und die zukünftigen Unternehmensentscheidungen so konstruieren kann, dass die entsprechende Sensibilität für Rheinland-Pfalz und den Standort Mainz Berücksichtigung findet. Das mache ich.

(Beifall bei FDP und SPD)

Es spricht noch einmal Herr Abgeordneter Hammer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wie es der jugendliche Elan des Herrn Kollegen Schreiner manchmal zulässt, hat er vergessen, dass wir den Vorspann einer Mündlichen Anfrage nicht mehr vorlesen müssen, wie wir das im Parlament vereinbart haben. Sie hätten andernfalls nicht behaupten können, dass ich mir nicht um die Arbeitsplätze Sorgen gemacht hätte. Als Mainzer Kollege wissen Sie, dass es bei meiner Arbeit als Mainzer Abgeordneter eine gewisse Kontinuität gegeben hat und gibt, sich um Arbeitsplätze an welcher Stelle auch immer zu sorgen.

(Schreiner, CDU: Die Regierung und die Regierungsfraktionen müssen Antworten geben!)

Sie sollten bezüglich Ihrer Vorwürfe in Richtung Parteien darüber nachdenken, dass Sie immer mit dem ausgestreckten Finger zumindest dreimal in die eigene Richtung zeigen, wenn Sie solche Vorwürfe in Richtung auf eine demokratische Partei erheben. Herr Minister Bauckhage hat Ihnen schon ein Stück die Leviten gelesen.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Ich sage es Ihnen, damit Sie es vielleicht in Ihren Kopf hineinbekommen. Ein gewisser Herr Dr. Kremper, aktiver Christdemokrat und Vorstandsmitglied von DB Cargo, hätte durchaus auch mit Ihnen Aktivitäten arrangieren können. Was haben Sie außer billiger Polemik gemacht? – Nichts.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Natürlich haben Sie es jetzt zurückgenommen, weil Sie Ihren Parteivorsitzenden als Stellvertreter beerben wollen, nachdem Sie vor zwei Jahren aus dem Vorstand der Kreis-CDU herausgejagt wurden.

(Widerspruch bei der CDU)

Herr Schüler hat mit der Landesregierung gemeinsam mit dem Stadtvorstand die schnellen Regelungen für die DB Cargo in Mainz und deren Ansiedlung gefunden. Das sollten Sie vielleicht auch bedenken.