Protocol of the Session on November 7, 2002

(Beifall der CDU)

Lieber Herr Kollege Kuhn, das, was Sie gleich sagen werden, wird an diesem Befund nichts ändern können.

Es ist deswegen ganz verführerisch, dies auf sich beruhen zu lassen. Das Thema wird uns in den nächsten Monaten immer wieder beschäftigen. Ich will gleichwohl drei knappe Bemerkungen machen, weil ich die große Verführungskraft sehr wohl verstehen kann, die sich für eine Regierung ergibt, wenn auf der ganzen Welt die

Haushalte zusammenbrechen. Herr Finanzminister, das ist keine Frage. Das ist keine Besonderheit unseres Landes Rheinland-Pfalz. Dass man dann die leise Hoffnung hat, man könne sich hinter all diesen zusammenbrechenden Haushalten verstecken und klammheimlich aus der Verantwortung herausstehlen, ist sehr wohl zum Ausdruck gebracht worden. Aber diese Hoffnung wird sich nicht erfüllen. Das sage ich Ihnen.

(Beifall der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es muss einen Grund geben, warum in Rheinland-Pfalz die Situation besonders schlimm ist. Jetzt erinnere ich an das, was Frau Kollegin Thomas zu Anfang gesagt hat. Ich rede nicht von den absoluten Zahlen, sondern von dem Zuwachs der Verschuldung in den letzten sieben Jahren, acht Jahren, seit Mitte der neunziger Jahre. Wenn man diesem Grund nachspüren will, was wir in den nächsten Wochen und Monaten intensiv tun werden – dies verspreche ich Ihnen –, dann muss man nicht lange suchen, sondern da muss man nur die Jahresberichte des Rechnungshofs lesen. Es reicht schon die Vorbemerkung. Da steht jedes Jahr, Jahr für Jahr, drin, dass es kein anderes Flächenland in Deutschland gibt, das so bedenkenlos den Galopp in die Neuverschuldung unternimmt wie dieses Land Rheinland-Pfalz.

(Beifall der CDU)

Das ist nun einmal die Wahrheit. Wir haben oft darüber diskutiert und gestritten. Das Ergebnis ist doch, dass in den letzten sieben, acht Jahren in diesem Land Rheinland-Pfalz Finanzpolitik überhaupt nicht stattgefunden hat. Man hat von der Hand in den Mund gelebt, und jetzt ist die Sache völlig aus dem Ruder gelaufen. Finanzpolitisch stehen wir mit dem Rücken zur Wand. Da ist kein Millimeter Spielraum mehr. Deswegen wird das für uns eine sehr spannende Diskussion, vor allen Dingen dann, wenn der Ministerpräsident sich irgendwann noch einmal zu seinem Versprechen äußern wird, den ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Wann war das? 2006?

(Jullien, CDU: 2004!)

Ja, zunächst 2004. Das wäre in zwei Jahren. Dann hat er es korrigiert auf 2006.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, jetzt fehlen uns schon 1,2 Milliarden Euro im Doppelhaushalt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit 180 Kilometer die Stunde gegen die Betonwand zu fahren, ist eine Leichtigkeit gegenüber dem, was diese Landesregierung finanzpolitisch bis zur Stunde zu verantworten hat.

(Beifall der CDU)

Herr Minister, wenn ich dann Ihre – – – Ich weiß gar nicht, wie ich es nennen soll. Gelassenheit ist es nicht. Mir fehlen da die Worte,

(Zuruf des Abg. Dr. Altherr, CDU – Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Lethargie!)

wenn Sie sagen, wir haben doch eine Haushaltssperre gemacht. Entschuldigung. Als wenn wir nicht wüssten, was die nächste Steuerschätzung bringt. Wir haben vor der letzten Steuerschätzung miteinander gewußt, dass es eine verheerende Steuerschätzung werden würde. Ich gebe zu, nicht bis hinter die dritte Stelle nach dem Komma. Die nächste wird noch verheerender. Sie haben es doch selbst vor wenigen Tagen gesagt. Da kann ich mich doch nicht herausreden, und sagen, jetzt warten wir erst einmal die Steuerschätzung ab, dann überlegen wir in aller Ruhe, machen eine Klausurtagung hinter verschlossenen Türen, holen die Experten, Wissenschaftler und Gutachter.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, handeln Sie endlich in der Finanzpolitik.

(Beifall der CDU)

Seit sieben Jahren zum ersten Mal eine einzige Entscheidung. Dann wird sich eines zeigen – dies ist meine dritte und letzte Bemerkung –, nämlich dass diejenigen, die in dieser Auseinandersetzung immer gesagt haben, es ist nicht richtig, wenn die Landesregierung behauptet, unser Problem sei ein Einnahmenproblem, diejenigen, die der Landesregierung widersprochen haben, jetzt Recht behalten.

Zu sehen ist im Moment die wirtschaftliche Situation: Konjunkturlage, Arbeitslosigkeit und vieles andere mehr. Was Sie derzeit machen, dieses verkrampfte Drehen an der Steuerschraube – – – Die Arbeitslosigkeit wird weiter steigen, die Konjunktur wird weiter lahmen, die Wirtschaft wird sich weiter auf Talfahrt begeben. Es ist kein Wunder. Die Belastungen sind jetzt schon unerträglich hoch. Sie schrauben diese Belastungen weiter hoch, weil Sie immer noch dieser falschen Meinung zuneigen, es sei über eine Verbesserung der Einnahmensituation zu bewerkstelligen.

(Hartloff, SPD: Und Sie reden sie hoch!)

Herr Kollege Hartloff.

Gehen Sie endlich an den Wildwuchs der Ausgaben heran. Da sind wir sehr gespannt, wenn Sie gezwungen sein werden.

Glauben Sie nicht, dass wir unser Angebot noch einmal erneuern werden, das gemeinsam zu machen.

(Beifall der CDU – Heiterkeit bei der SPD)

Sie werden jetzt von der Entwicklung gezwungen werden, die Karten auf den Tisch zu legen.

(Hartloff, SPD: Wenn es ernst wird, kommt nichts!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dann wird sich nämlich eines zeigen, diese Politik, mit beiden Fenstern

das Geld, mit beiden Händen das Fenster zum Geld hinauszuwerfen – – –

(Mertes, SPD: Mit beiden Fenstern die Hände zum Geld werfen!)

Sehr richtig. Herr Kollege Mertes, das war eine schöne Vorlage. Das gebe ich zu.

Jetzt im Klartext: Mit beiden Händen das Geld zum Fenster hinauswerfen. Das wollte ich eigentlich sagen.

(Beifall der CDU und bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Politik jetzt umzustellen auf eine Politik, wo Sie ein Konzept brauchen, und zu sagen, da wollen wir sparen und da wollen wir nicht sparen – bei den Straßen zum Beispiel nicht, aber wo dann? –, da sind wir außerordentlich gespannt, und auf diese Debatte freue ich mich.

(Beifall der CDU – Zuruf des Abg. Ramsauer, SPD)

Es spricht Herr Abgeordneter Mertes.

Keine Ovationen im Voraus.

Meine Damen und Herren, ich denke, es ist ein interessanter Abschluss, dass wir auf diese Debatte warten. Warum warten? Sie ist schon da.

(Zuruf aus dem Hause)

Aber selbstverständlich.

Gestern hat die Landesregierung einen Gesetzesantrag eingebracht, bei dem es pro Person um 13 Euro bei der Frage der Beihilfe und der Gesundheitsvorsorge mit oder ohne Chefarzt geht. Um 13 Euro. Dies hat Herr Kollege Bischel – beredt natürlich – zurückgewiesen,

(Dr. Weiland, CDU: Völlig zu Recht!)

weil dieser klitzekleine Betrag von 20 Millionen Euro, der uns im Haushalt erspart bliebe, für diese Berufsgruppe vollkommen unerträglich ist.

Meine Damen und Herren, wo denken Sie denn hin? Das ist die Konsequenz, von der Herr Bracht sprach.

(Beifall der SPD und der FDP)

Toll. In Wirklichkeit haben wir eine einzige Schaumschlägerei, und Frau Thomas schlägt kräftig mit.

Liebe Frau Thomas, wissen Sie, wir hätten nur die Hälfte der Probleme, wenn wir in Berlin vielleicht eine andere Koalition hätten. Das sollte auch einmal gesagt werden.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der CDU und von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dieser Satz wird mir um die Ohren geschlagen werden. Aber das gehört zu einer ehrlichen Debatte, wie Sie sie von mir gewöhnt sind.

(Zurufe aus dem Hause)

Glauben Sie bloß nicht, ich hätte Ihre gemeint. Glauben Sie das bloß nicht.