Protocol of the Session on November 7, 2002

(Franzmann, SPD: Sie wollen immer noch mehr ausgeben!)

Aber Sie und die SPD handeln nach einem anderen Prinzip. Herr Kollege Mertes macht uns das bei jeder Gelegenheit in den letzten Jahren auch immer deutlich, was sparen für die SPD heißt, nämlich das Geld nur mit einer Hand zum Fenster hinauszuwerfen. Das ist Ihre Politik. Genau die rächt sich jetzt heute in der Situation, in der wir sind.

(Beifall der CDU)

Sie haben das ganze Jahr über hinweg das Geld weiter mit einer Hand zum Fenster hinausgeworfen. Das ist das Problem, das wir haben.

(Ramsauer, SPD: Wo waren denn Ihre Sparvorschläge? Welche Sparvorschläge haben Sie gemacht?)

Wenn der Herr Minister sagt, dass das Parlament bei der Terminlage, die er vorgegeben hat – Einbringung des Nachtrags im April –, in keiner Weise eingeschränkt wird, frage ich Sie: Lieber Herr Minister, können Sie mir sagen, wie dieses Parlament im Sommer 2003 noch Beschlüsse für das ganze Jahr 2003 fassen soll? Können Sie mir erklären, wie das gehen soll? – Da behaupten Sie, wir würden nicht eingeschränkt. Das kann doch nicht sein. Das ist völlig unlogisch, was Sie uns da zum Ausdruck bringen.

Meine Damen und Herren, Sie sagen dann des Weiteren, dass Sie einen grundlegend neuen Haushalt machen müssen. Dafür seien vier Monate notwendig. Dann frage ich Sie: Was haben Sie in den letzten Monaten gemacht? – Wohl gar nichts. Sie könnten längst mindestens drei Monate an diesem Nachtragshaushalt arbeiten und wären in der Lage, in der nächsten oder übernächsten Woche, wenn die aktuelle Steuerschätzung

vorliegt, den regierungsinternen Entwurf zu aktualisieren und wären dann in der Lage, ihn im Dezember hier vorzulegen, wenn Sie ordentlich gearbeitet hätten. Aber das haben Sie offensichtlich nicht. Diesen Vorwurf können Sie sich nicht ersparen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, es geht bei weitem nicht nur um dieses Parlament. Wir sind nicht das Wichtigste in der Welt. Das Problem ist, dass sich kein Mensch im ganzen Land mehr auf diese Haushaltspolitik verlassen kann. Das ist das Problem. Weder die Unternehmen, weder die Kommunen noch sonst irgendjemand, die Verbände, die Organisationen, die institutionelle Förderung bekommen, kein Mensch kann sich mehr auf die Haushaltspolitik verlassen. Kein Mensch weiß, woran er mit dieser Regierung ist. Dann verfügen Sie im Nachhinein ohne Parlament usw., dass Einschränkungen gemacht werden müssen. Das geschieht dann zum großen Teil auch noch im Nachhinein. Die Leute, die Institutionen, die Verbände sitzen auf ihrem Personal. Wie sollen die denn dann den Einschränkungen noch folgen können? Das geht doch überhaupt nicht.

Ein anderes Problem sind die Kommunen. Sie sind das ganz große Problem. Ich habe in meiner 25- oder 26jährigen kommunalpolitischen Tätigkeit noch nie eine Situation in den Kommunen erlebt, wie wir sie derzeit im Vorfeld der Haushaltsberatungen haben. Da weiß kein Bürgermeister oder kein Landrat, woran er zur Zeit ist. Er weiß nicht, was er machen soll. Im Grunde ist es völlig unmöglich, irgendwo in einer Gemeinde oder in einem Kreis derzeit einen Haushalt für das kommende Jahr aufzustellen, weil sich das Land weigert, irgendwelche Grundlagen herauszugeben, auf der Basis derer die Kommunen zumindest halbwegs verlässlich schon einmal einen ersten Entwurf erarbeiten können. Es gibt kein Haushaltsrundschreiben. Gar nichts liegt vor. Herr Minister, das geht so nicht. Sie muten den Kommunen damit im Grunde zu, rechtswidrige Haushalte zu erarbeiten. Das kann doch nicht wahr sein. Sie müssen ihnen einen gewissen Anhaltspunkt geben.

(Hartloff, SPD: Es ist möglicherweise sinnvoller, sie auf festen Daten aufzustellen als im Nebel!)

Es kann durchaus sein, dass man den irgendwann noch einmal korrigieren muss. Das kann durchaus sein, aber es gibt doch schon heute eine ganze Menge von festen Punkten, die Sie sagen können. Zumindest die sollten Sie denen mitteilen, damit sie auf dieser Basis schon einmal arbeiten können; denn jede Kommune ist von dem abhängig, was über den Steuerverbund oder den kommunalen Finanzausgleich an die Kommunen fließt. Das tun Sie nicht. Das ist so nicht in Ordnung.

(Beifall der CDU)

Es gibt auch eine ganze Reihe von Vorschlägen, was man innerhalb der Landesregierung tun kann.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Präsident, ich komme zum Schluss.

Zum Standardöffnungsgesetz liegen die Vorschläge mindestens seit einem halben Jahr auf dem Tisch. Jetzt sagt der Ministerpräsident: Ich setze jetzt einmal eine Arbeitsgruppe ein, die kann einmal daran arbeiten. – Mein Gott nochmal, wann wollen Sie denn endlich wirklich anfangen zu arbeiten, etwas zu entscheiden und etwas zu tun, damit Verlässlichkeit in die Bude hineinkommt? Nein, so kann es nicht weitergehen. Machen Sie endlich eine ordentliche Arbeit.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, gibt es weitere Wortmeldungen? – Bitte schön, Frau Thomas.

Meine Damen und Herren, ich habe noch eine letzte Anmerkung, weil sich die Regierungsfraktionen offensichtlich von dieser Diskussion abgemeldet haben. Das wundert uns auch nicht weiter.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Mertes, SPD: Nein, wir reden aber nicht gern dreimal über das Gleiche wie Sie! – Lelle, CDU: Herr Mertes, das ist schon schwach!)

Herr Mertes, Sie können sich wieder einklinken. Vielleicht wird es dann noch einmal ein bisschen lebendig. Ich will noch etwas zu Herrn Mittler und seinen Äußerungen, die er eben gemacht hat, sagen, es würde uns nicht gelingen, einen Keil zwischen ihn und den Ministerpräsidenten zu treiben. Ich will daran erinnern, dass noch im September dieses Jahres, relativ kurz nach der Bundestagswahl, der Ministerpräsident dieses Landes gemeinsam mit dem Ministerpräsidenten von Niedersachsen eine vielbeachtete Pressekonferenz in Berlin oder auf Bundesebene gegeben hat, wo er sich für die Veränderung der Erbschaftssteuer stark gemacht hat, insbesondere, was die Bewertung von Immobilien angeht, und für eine Revitalisierung oder Wiedereinführung der Vermögenssteuer. Da möchte ich kurz aus der Pressekonferenzvorlage zitieren. Da heißt es: „Deshalb fordern wir daher folgende Änderungen des Steuerrechts:

1. Vermögensteuer.

(Zuruf des Abg. Hartloff, SPD)

Nach dem Vorbild anderer europäischer Staaten, wie Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden, Spanien, Norwegen, Schweden und wie auch die Schweiz sollen zukünftig in verstärktem Maße wieder große Vermögen zu einem Beitrag für die Sicherung der Zukunft unserer Gesellschaft herangezogen werden.“

Ich muss sagen, das ist ein vernünftiger Vorschlag, auch wenn man an die Verwendung denkt, nämlich dass damit notwendige und wichtige Investitionen in der Bildung finanziert werden sollen. Da nehme ich nicht nur

schulische Bildung, sondern ich nehme den ganzen Hochschulbereich mit dazu.

Am 5. November ist Herr Mittler in der „Rheinzeitung“ zitiert: „Die auch vom Ministerpräsidenten Kurt Beck angestoßene Vermögenssteuerdebatte hält er dagegen für pure Zeitverschwendung, weil eine Bundesratsmehrheit fehlt.“

(Hartloff, SPD: Das haben Sie doch vorhin schon einmal erzählt!)

An anderer Stelle wird er zitiert – das kann ich Ihnen jetzt nicht im Originalton vorlesen –, dass die Vermögenssteuerrevitalisierung auch gar keinen Sinn hätte, weil die Erhebungskosten zu teuer wären. Jetzt frage ich mich: Wer treibt hier einen Keil zwischen wen?

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Herr Mittler, das machen Sie doch höchstpersönlich, und Herr Brüderle hat sie doch dafür schon gelobt und gesagt: Weiter so, wir stehen an Ihrer Seite, wir kämpfen mit Ihnen gegen die Revitalisierung der Vermögenssteuer. – Das ist der Fakt, der nicht von uns konstruiert wurde. Dann brauchen Sie hier nicht zu sagen: Lassen wir doch einmal alle Tassen im Schrank. – Wenn man mit einem solchen Zitat keine Tassen mehr im Schrank hat, dann braucht man auch keine mehr hineinzustellen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Ich erteile Herrn Finanzminister Mittler das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Letzte kann ich nicht stehen lassen. Frau Thomas, Sie zitieren hier etwas, zwar nicht wörtlich, aber aus Ihrem Kopf, was gegen die Wahrheit ist. Zu keinem Zeitpunkt habe ich mich im Hinblick auf die Vermögenssteuer zu den Erhebungskosten geäußert. Was Sie hier sagen, ist falsch. Ich muss es Ihnen sagen: Was Sie hier sagen, ist falsch. Zu keinem Zeitpunkt habe ich mich dazu geäußert.

Im Übrigen muss ich zur Vermögenssteuer auch nichts anderes mehr sagen, auch was die grundsätzliche Position des Ministerpräsidenten, die ich teile, und was das Vorgehen in der aktuellen Situation angeht, betrifft.

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nur Zeitverschwendung!)

Das muss ich nicht vertiefen. Das habe ich vorhin ausgiebig dargelegt, wie ich denke.

Ich will aber noch eine Anmerkung machen, bevor ich zu Ihnen komme, Herr Bracht, weil mir daran liegt, dass das klargestellt wird.

Das, was Sie aus der „Rhein-Zeitung“ vorgelesen haben, war ebenfalls kein wörtliches Zitat.

(Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich lege Wert darauf, dass ich das in dem Zusammenhang, wie ich es Ihnen eben beschrieben habe, auch in dem Gespräch mit der „Rhein-Zeitung“ dargestellt habe. Das, was da steht, ist nicht falsch, ich sage nur, es ist in einem größeren Zusammenhang gesagt worden.

Herr Bracht, noch eine Anmerkung zu Ihnen, was die Planungssicherheit für die Kommunen angeht. Natürlich muss diese gegeben sein.

(Bracht, CDU: So ist es zurzeit aber nicht!)

Ja. Das war eigentlich der Grund, weshalb ich hierher gegangen bin, nämlich um deutlich zu machen: Am 18. November 2002 findet eine Sitzung der Finanzkommission statt, also der drei Spitzenverbände mit der Landesregierung. Wir gehen mit einer sehr konkreten Überlegung hinein, von der wir denken, dass sie das Hauptanliegen der Kommunen, in den nächsten Jahren mit verstetigten Zuweisungen rechnen zu können, aufnimmt und legen auch einen entsprechenden Vorschlag auf den Tisch. Aber das wird zunächst dort zu erörtern sein. Es ist geplant, dass das Innenministerium, das hierfür zuständig ist, im unmittelbaren Anschluss an diese Beratung in der Finanzkommission ein entsprechendes Haushaltsrundschreiben, wie dies jedes Jahr im Oktober/November an die Kommunen gegeben wird, herausgeben wird, sodass die Kommunen eine sichere Planungsgrundlage haben werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und FDP)

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Herr Böhr, bitte schön.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte drei Bemerkungen machen, obwohl die Ratlosigkeit der Koalitionsfraktionen, die zum Ausruck gebracht wurde, für sich spricht.

(Beifall der CDU)