Protocol of the Session on November 7, 2002

3. Umfassen gegebenenfalls erfolgende Untersuchungen Rot-, Reh- und Niederwild aus allen Waldbesitzarten?

Es antwortet Staatssekretär Hering.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! In den Tagen des gravierenden Kernkraftwerksunfalls in Tschernobyl kam es in Rheinland-Pfalz in bestimmten Gebieten zu Niederschlägen, die aufgrund der damaligen Wetterlagen mit radioaktivem Material belastet gewesen sind. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um Jod 131, Cäsium 134 und Cäsium 137.

Dies war Veranlassung, von der damals einzigen radioaktiven Messstelle für Lebensmittel ein umfangreiches Untersuchungsprogramm auf den Weg zu bringen, wo Lebensmittel für den allgemeinen Verzehr, aber auch alle für den Verzehr geeigneten Wildarten – Schwarzwild, Rotwild, Rehwild und Niederwild – untersucht wurden.

1986 wurde bei Schwarzwild keine Belastung über dem Grenzwert von 600 Becquerel je Kilogramm festgestellt, auch nicht beim Rot- und Rehwild. Lediglich beim Niederwild wurden bei einigen Proben Überschreitungen festgestellt. Von den 89 Proben, die gemacht wurden, waren bei 22 Überschreitungen teilweise bis zu einem Wert von 1.360 Becquerel festzustellen.

Bereits im Jahr 1987 wurde bei keiner Wildart mehr eine Überschreitung der Grenzwerte festgestellt. In den folgenden zehn Jahren ist es bei allen Wildarten zu einer Reduzierung der Belastung mit Radioaktivität gekommen und zu keinen Überschreitungen der Grenzwerte.

1997 mussten wir bei dem Schwarzwild einen deutlichen Anstieg der radioaktiven Kontamination feststellen.

Dies hat uns veranlasst – wie Sie zitiert haben –, ein lückenloses Untersuchungsprogramm in den betroffenen Gebieten des Jahres 1986 durchzuführen. Deswegen können wir in Rheinland-Pfalz die solide Aussage machen, dass in Rheinland-Pfalz kein Stück Wild zum Verzehr kommt, bei dem eine Überschreitung der Grenzwerte besteht.

Dies vorausgeschickt beantworte ich die Mündliche Anfrage des Herrn Abgeordneten Hohn namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Auch in den Schwerpunktgebieten der Schwarzwilduntersuchung sind keine nennenswerten Radioaktivitätskontaminationen bei Rot-, Reh- oder Niederwild festzustellen und auch nicht zu erwarten. Der Grund hierfür liegt in den unterschiedlichen Ernährungsgewohnheiten des Wildes. Während Schwarzwild das in der Humusschicht liegende Radium und Cäsium beim Bebrechen des Waldbodens mit der Nahrung aufnimmt, ernährt sich das übrige Wild vornehmlich von den oberirdischen Trieben und nimmt somit keine Belastung aus dem Waldboden auf.

(Hartloff, SPD: Wir lernen richtig dazu!)

Zu Frage 2: Auch das Reh-, Rot- und Niederwild wird in den belasteten Gebieten stichprobenartig durch die beiden Untersuchungsämter in Trier und Speyer untersucht. Die gemessenen Werte sind so niedrig, dass es nicht notwendig ist, ein flächendeckendes Untersuchungsprogramm durchzuführen. Deshalb ist es logisch und nachvollziehbar, weshalb in den selben Gebieten lediglich das Schwarzwild stärker belastet ist und die anderen Wildarten nicht.

Zu Frage 3: Die Untersuchungen betrafen in der Regel den Staatswald, weil die stichprobenartigen Untersuchungen dort aus logistischen Gründen einfacher und kostengünstiger durchgeführt werden konnten.

So weit die Beantwortung der Mündlichen Anfrage.

Gibt es Zusatzfragen? – Keine Zusatzfragen. Damit ist die Mündliche Anfrage beantwortet.

(Beifall bei SPD und FDP)

Meine Damen und Herren, ich freue mich, im Landtag Mitglieder des Post-Seniorenbeirats Speyer, Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Mainzer Landtagsseminars sowie Teilnehmerinnen und Teilnehmer des AzubiSeminars als Gäste begrüßen zu können. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Ich rufe die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Nils Wiechmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), Geplante Änderung des Schulgesetzes – Nummer 6 der Drucksache 14/1581 – betreffend, auf.

Herr Wiechmann, bitte!

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wie aus Presseartikeln der letzten Woche hervorgeht, plant die Landesregierung, das rheinland-pfälzische Schulgesetz zu ändern. So sollen in Zukunft auch Eltern volljähriger Schülerinnen und Schüler informiert werden, falls „schwer wiegende Probleme“ in der Schule auftreten. Damit würde das Recht auf informationelle Selbstbestimmung erwachsener Menschen eingeschränkt.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Aus welchen Gründen sieht die Landesregierung eine Einschränkung der informationellen Selbstbestimmung für volljährige Schülerinnen und Schüler als einen berechtigten Eingriff in die verfassungsmäßigen Grundrechte an, und inwieweit begründet sie diese Ungleichbehandlung von Schülerinnen und Schülern mit anderen volljährigen Bürgerinnen und Bürgern?

2. Wie begründet die Landesregierung die Notwendigkeit einer solchen Maßnahme, und welche Effekte erhofft sie sich damit?

3. Hält die Landesregierung es für realistisch, dass der schon jetzt überlastete Schulpsychologische Dienst in diesem Zusammenhang tatsächlich eine zeitnahe, effektive und an den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler orientierte Hilfeleistung erbringen kann?

4. Kennt die Landesregierung die kritischen Stellungnahmen von Verbänden wie beispielsweise der Landesschülervertretung und der GEW, und inwieweit wird sie diese Stellungnahmen bei der geplanten Schulgesetzänderung berücksichtigen?

Es antwortet Frau Bildungsministerin Ahnen.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich beantworte die Mündliche Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Mit der geplanten Erweiterung der Informationsmöglichkeiten der Eltern von volljährigen Schülerinnen und Schülern will die Landesregierung eine engere Zusammenarbeit aller Beteiligten bei massiven Problemen von Jugendlichen in der Schule fördern. Die Landesregierung beabsichtigt deshalb, das Schulgesetz entsprechend zu ergänzen.

Vor der Entscheidung des Ministerrats hat ein Gespräch mit dem Vorstand des Landeselternbeirats stattgefunden, der die geplante Neuregelung begrüßte. In einem Gespräch mit der Vorstandssprecherin der Landesschülerinnenvertretung wurden von dieser Bedenken gegen die Neuregelung vorgetragen. Der Landesbeauftragte für den Datenschutz hat mit Schreiben vom 25. September 2002 eine Stellungnahme abgegeben, die wir bei der Fassung der schulgesetzlichen Bestimmungen berücksichtigt haben.

Der Ministerrat hat in seiner Sitzung am 15. Oktober 2002 den Gesetzentwurf grundsätzlich gebilligt. Das schriftliche Anhörverfahren ist eingeleitet, aber noch nicht abgeschlossen. Es endet am 8. November 2002.

Zu den Fragen im Einzelnen:

Zu Frage 1: Nach dem tragischen Geschehen in einem Erfurter Gymnasium hat die Landesregierung geprüft, welche Konsequenzen gezogen werden können, um solche schrecklichen Ereignisse möglichst zu verhindern. Wir wissen, dass es absolute Sicherheit nicht gibt, aber wir wollen präventiv alle Möglichkeiten ergreifen.

Das tragische Geschehen in einem Erfurter Gymnasium hat unter anderem gezeigt, dass Eltern nicht immer über die notwendigen Informationen aus dem schulischen Umfeld verfügen, um rechtzeitig gemeinsam mit der Schule und der Schülerin bzw. dem Schüler Problemlösungsstrategien zu entwickeln. Nach der geltenden rheinland-pfälzischen Rechtslage gibt es zwar einen regen Austausch von Informationen zwischen Schule und Elternhaus, solange das Kind minderjährig ist, mit Eintritt der Volljährigkeit darf die Schule den Eltern Auskünfte über den Leistungsstand der volljährigen Schülerin oder des volljährigen Schülers nur erteilen, wenn dem seitens der volljährigen Schülerin oder des volljährigen Schülers nicht widersprochen wurde.

Dieses Instrument hat sich im Grundsatz im Schulalltag in der Vergangenheit bewährt. Dennoch weist diese Regelung aus meiner Sicht Defizite auf. Auskünfte über den Leistungsstand decken nicht die Palette der möglichen Problemfälle ab. Eine Auskunft setzt zudem begrifflich ein Auskunftsbegehren der Eltern voraus. Letzt

lich entfällt jede Informationsmöglichkeit bei einem Widerspruch der Schülerin oder des Schülers.

Durch die nun beabsichtigte Regelung, einen Informationsaustausch auch zwischen Schule und Eltern volljähriger Schülerinnen und Schüler zu ermöglichen, wird in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen. Diese Rechte dürfen nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes eingeschränkt werden, soweit überwiegende Interessen der Allgemeinheit dies erfordern.

Bei einem Abwägen der Interessen der volljährigen Schülerinnen und Schüler, über die Verwendung ihrer persönlichen Daten zu bestimmen, gegen die Rechte insbesondere der Lehrkräfte und der Schülerinnen und Schüler auf Schutz vor Gefahren für Leib und Leben überwiegen die öffentlichen Belange. Im Übrigen sieht der Gesetzentwurf nur bei bestimmten schulischen Maßnahmen eine Information seitens der Schule an die Eltern vor. Die Schülerinnen und Schüler werden über die Information der Eltern unterrichtet.

Die geplante Neuregelung stellt zwar einen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht dar, ist aber zugleich im Rahmen des Gebots der Verhältnismäßigkeit als erforderliche, geeignete und zumutbare Maßnahme zu bewerten. Eine verfassungsrechtlich zu beanstandende Ungleichbehandlung läge nur dann vor, wenn Gleiches ungleich behandelt würde. Das ist aber hier nicht der Fall.

Zu Frage 2: Es besteht Einvernehmen, dass letztlich ein so tragisches Geschehen wie das in Erfurt nicht mit Sicherheit zu verhindern ist. Wir wollen aber mit der Gesetzesänderung dazu beitragen, die Zusammenarbeit zwischen Schule, Elternhaus sowie Schülerin und Schüler, auch wenn diese volljährig sind, zu intensivieren. Es geht letztlich darum, Hilfe und Unterstützung rechtzeitig leisten zu können.

Zu Frage 3: Die Unterstützung von Schülerinnen und Schülern in Krisensituationen jeglicher Art war schon immer eine Aufgabe des Schulpsychologischen Dienstes. Der Dienst konnte also auch bisher schon bei einem drohenden Schulausschluss von der Schule bzw. von der betroffenen Schülerin oder dem betroffenen Schüler in Anspruch genommen werden, was auch erfolgt ist. Schon immer hatten solche Kriseninterventionen Vorrang vor anderen Aufgaben.

Neu an der jetzigen Handhabung ist, dass einerseits die Beratungsleistung in einem Team erfolgt und andererseits ein solches Team bei einem drohenden Schulausschluss in jedem Fall eingerichtet werden muss. Die Zahl der Fälle von drohendem Schulausschluss schwankte in der Vergangenheit zwischen 25 und 50 pro Jahr. In einem Teil dieser Fälle wurden Schulpsychologinnen oder Schulpsychologen auch bisher schon aktiv. Die zusätzliche Belastung durch die konkret getroffenen Regelungen hält sich also durchaus in einem überschaubaren Rahmen.

Generell ist allerdings festzustellen, dass die Schulpsychologinnen und Schulpsychologen eine sehr wichtige

Unterstützung für die Schulen leisten und diese Aufgabe mit hohem Engagement bewältigen.

Zu Frage 4: Ja, die Landesregierung kennt sowohl die kritischen als auch die unterstützenden Stellungnahmen. Das umfassende schriftliche Anhörverfahren dauert bis zum 8. November 2002. Alle eingehenden Stellungnahmen werden sorgfältig geprüft und beraten und in die endgültige Entscheidung über die Schulgesetzänderung einbezogen.

So weit die Antwort der Landesregierung.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Wiechmann.

Frau Ministerin, glauben Sie, dass wir über diese Änderung des Schulgesetzes in eine Diskussion hineinrutschen können, in der wieder grundsätzlich über die Volljährigkeit diskutiert und die Volljährigkeit mit 18 Jahren infrage gestellt wird?

Ich glaube nicht, dass wir eine solch grundsätzliche Diskussion bekommen; denn wir haben eine spezifische Situation. Es geht um das Verhältnis Schülerin/Schüler zur Schule und zu den Eltern. Das ist eine spezifische Situation. Auch volljährige Schülerinnen und Schüler sind eben Schülerinnen und Schüler. Sie unterliegen dem Bildungsauftrag der Schule. Dies rechtfertigt aus meiner Sicht, für diesen speziellen Bereich besondere Bestimmungen vorzusehen. Ich sehe nicht, dass daraus eine grundsätzliche Debatte abzuleiten ist.

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Die Mündliche Anfrage ist damit beantwortet. Vielen Dank, Frau Ministerin.