Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn das so weitergeht, dann würde es mich nicht überraschen, wenn Sie die ersten hundert Tage der Ganztagsschulen, dann das erste Jahr und wer weiß was nicht noch alles immer wieder zum Anlass nehmen werden, Ihre unzureichenden Maßnahmen für Ganztagsschulen immer wieder abzufeiern.
Meine Damen und Herren, aber auch jetzt, wo glücklicherweise nach PISA die Bildungspolitik zu Recht wieder Konjunktur hat, werden wir GRÜNEN es nicht zulassen, dass verschleiert wird, wo der eigentliche Schwerpunkt der Politik dieser Landesregierung liegt.
Wer 500 Millionen Euro zusätzlich in Asphalt und Beton in dieser Legislaturperiode investiert, – – –
Hören Sie mir einmal zu, Sie sagen immer, Bildungspolitik ist unser Schwerpunkt. Nur, die Hälfte der zusätzlichen Investitionen, die Sie in Straßen und Beton machen, stecken Sie in die Bildung. Das zeigt doch ganz deutlich, wo der Schwerpunkt dieser Landesregierung liegt.
Wenn schon nicht mit den eingesetzten Finanzen, dann muss man wenigstens mit seiner Wortwahl das zusätzliche Ganztagsangebot an den rheinland-pfälzischen Schulen aufbauschen. Die Vokabel „flächendeckend“ habe ich Gott sei Dank seit ungefähr drei, vier, fünf Monaten nicht mehr aus Ihrem Mund gehört, weil es nicht wahr wäre. Sie nutzen jetzt den Begriff der „neuen“ Ganztagsschule, und Sie benutzen ihn, weil er durchaus Sinn macht, wenn man die eigenen Leistungen in diesem Bereich übermäßig betonen will. Nach der Wortwahl der Landesregierung starteten zum Schuljahresbeginn 81 neue Ganztagsschulen.
Das bedeutet vor dem Hintergrund der Schullandschaft der allgemein bildenden Schulen, dass neben den ganz wenigen wirklichen Ganztagsschulen und den bisherigen Schulen mit einem Ganztagsangebot – dies waren rund 2 % bis 3 % der Schulen – weitere 4,6 % der allgemein bildenden Schulen ein Ganztagsangebot vorhalten können. Aber selbst dieser geringe Prozentsatz von 4,6 % verschleiert immer noch das Ganztagsangebot an den Schulen in Rheinland-Pfalz. An diesen neuen Ganztagsschulen, wie Sie diese nennen – das hat Frau Ministerin Ahnen eben gesagt –, haben sich durchschnittlich 36 % oder etwas mehr als 9.000 Schülerinnen und Schüler angemeldet und nehmen ein Ganztagsangebot wahr. Das sind nur ganze 1,8 % der Schülerinnen und Schüler in Rheinland-Pfalz. Das sind die Zahlen. Das entspricht der Realität.
Ich denke, es wird sehr deutlich, warum Sie diese Schulen, an denen in der Regel die Mehrheit der Schülerinnen und Schüler weiterhin halbtags ist, jetzt neue Ganztagsschulen nennen. Ich würde Sie eher alte Halbtagsschulen mit partiellem Nachmittagsangebot nennen. Ich glaube, das würde dem eher entsprechen, was Sie aufgebaut haben.
Liebe Frau Ministerin, auch der Hinweis auf die Ganztagsangebote in den anderen Bundesländern hilft Ihnen nicht weiter; denn wenn am Ende dieser Legislaturperiode die 300 alten Halbtagsschulen mit partiellem Nachmittagsangebot erreicht sein werden, dann wird ein Angebot für höchstens 10 % aller rheinland-pfälzischen Schülerinnen und Schüler zur Verfügung stehen.
Zu Beginn der 90-er Jahre hat die ehemalige Kultusministerin, Frau Dr. Rose Götte gesagt, 40 % der Schülerinnen und Schüler, nicht 40 % der Schulen, benötigen ein Ganztagsangebot. Sie sind weit davon entfernt. Sie lassen sich immer wieder für Ihre geringen Zahlen „abfeiern“. Das ist etwas, was ich nicht für richtig halte. Ich muss Ihnen ausdrücklich sagen, es ist deutlich geworden und nötig, dass wir GRÜNEN uns weiterhin immer wieder dafür einsetzen werden, dass der wirkliche Bedarf an Ganztagsschulen für Rheinland-Pfalz ermittelt wird
und eine entsprechende mittel- und langfristige Bildungs- und Finanzplanung zur Deckung dieses Gesamtbedarfs aufgestellt wird.
Meine Damen und Herren, ich darf Gäste im Landtag begrüßen, und zwar den Freundeskreis Rodeneck aus Südtirol, sowie Schülerinnen und Schüler der Klasse 10 d der IGS Mainz-Bretzenheim. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst freue ich mich über die Gelegenheit, doch noch etwas ausführlicher über den Start unserer 81 neuen Ganztagsschulen diskutieren zu können. Ich denke, dass es dieses große und wichtige Projekt und vor allen Dingen diejenigen, die sich in den Schulen hierfür so sehr engagiert haben, verdient haben, dass von dieser Stelle ein herzlicher Dank ausgeht und wir uns im Rahmen unserer parlamentarischen Beratung hierfür auch ein bisschen Zeit nehmen.
Dass die Opposition nun sagt, was die Debatte eigentlich soll, und die Regierung sich freut, dass diese Debatte stattfindet, liegt bei solchen Themen in der Natur der Dinge. Ich sage schon, es geht um ein Projekt von einer Dimension, über die wir nicht so häufig diskutieren. Ich glaube auch deswegen, dass es wichtig ist, dass dies heute im Landtag noch einmal zum Thema gemacht worden ist.
Ich habe mich gefreut, dass den Ganztagsschulen parteiübergreifend ein guter Start gewünscht wurde. Ich fand es auch für die Schulen zu Schuljahresbeginn ein überzeugendes Angebot, Ihnen deutlich zu machen, dass wir das gemeinsam wollen.
Herr Abgeordneter Wiechmann, man muss dann nur aufpassen. Ich glaube, mit solchen Ausdrücken wie „alte Halbtagsschulen mit partiellem Ganztagsangebot“, treffen Sie nicht mich, sondern Sie treffen 81 Schulen im Land.
Sie haben kritisiert, wir würden die Schulträger nie erwähnen und das sei unzureichend, weil diese sich auch sehr engagiert hätten. Ich kann nur sagen, seitens des Ministeriums gibt es keine Presseerklärung, in der nicht ausdrücklich auf das Engagement der Schulträger hingewiesen wird. Die Schulträger haben diese Chance erkannt.
Ich bitte zitieren zu dürfen: „Das Motto unserer Regionalen Schule lautet ‚Fordern und fördern‘. Beides ist in dem erweiterten Zeitrahmen der Ganztagsschule effektiver möglich. Deshalb haben wir uns ideell und finanziell bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt dafür eingesetzt, dass die Einrichtung eines Ganztagsschulangebots schon zum ersten Antragstermin möglich war.“
Das ist kein Zitat des Ministeriums, sondern von Herrn Bürgermeister Koppke, Verbandsgemeinde Kirchberg, der offensichtlich gerade auch die bildungspolitischen Chancen dieses Ganztagsschulangebots erkannt hat.
Da sind die Schulträger vielleicht ein Stück weiter, als das manchmal in der Debatte den Eindruck gemacht hat.
Der gelungene Start, die gute Unterrichtsversorgung, das breit gefächerte interessante Angebot an unseren neuen Ganztagsschulen hat in der Tat viel Vorbereitung vorausgesetzt, und für viele waren es arbeitsreiche Sommerferien, gerade auch für die Schulen selbst.
Die Ganztagsschule trifft offensichtlich bei den Schulleitungen sowie bei den Lehrerinnen und Lehrern, bei den Schulträgern, bei den Schülerinnen und Schülern und bei den Eltern auf hohe Resonanz. Die Landesregierung hat einen eindeutigen, auch finanziellen Schwerpunkt gesetzt. Das war bei angespannter Haushaltslage nicht immer einfach. Aber es war wichtig; es war aus meiner Sicht notwendig.
Die Ganztagsschule ist aus familien- und frauenpolitischen Gründen, arbeitsmarktpolitischen Gründen, sozialpolitischen Gründen, vor allem aber aus bildungspolitischen Gründen wichtig und notwendig. Sie ist eben nicht primär ein Betreuungsangebot, sondern sie ist primär
Wenn als schärfste Waffe gegen die Ganztagsschule ins Feld geführt wird, sie sei kein Allheilmittel nach PISA, dann nennen Sie mir ein Allheilmittel nach PISA.
Aber sie ist eine probate Antwort auf viele Fragen, die PISA zu Recht aufwirft, und eine, die nach PISA nicht nur im Land Rheinland-Pfalz, sondern inzwischen weit darüber hinaus als eine geeignete Antwort anerkannt wird.
Ich sage noch einmal, wenn selbst Schülerinnen und Schüler ihre Ansprüche an die Ganztagsschule primär bildungspolitisch begründen, Schulträger dies erkennen, dann bin ich der festen Überzeugung, es wird höchste Zeit, dass dies auch im Parlament für uns alle gilt und die bildungspolitischen Chancen dieser Schulart parteiübergreifend anerkannt werden.
Die Schulen sind personell gut abgesichert. Jetzt wird gesagt, auch wenn die Zahlen so sind, dann muss es ganz viele geben, wo das vielleicht doch anders ist. Ich fand es schon auffällig, dass Sie in dieser ganzen Debatte nicht eine einzige Schule nennen konnten, wo es von der Schule formuliert ein Problem gibt.