Protocol of the Session on April 25, 2002

3. An wie vielen Studiengängen an rheinlandpfälzischen Hochschulen ist ein Studienbeginn im Sommersemester möglich und an wie vielen dieser Studiengänge haben sich diesjährige Abiturientinnen und Abiturienten eingeschrieben?

4. Plant die Landesregierung, die derzeitige Struktur des 13. Schuljahres zu verändern? Diese Frage stellen wir vor dem Hintergrund, dass mit der Verkürzung der Schulzeit zum Abitur bis Ende März für die ganz überwiegende Mehrheit der Abiturientinnen und Abiturienten nicht die prognostizierte Verkürzung, sondern eher eine deutliche Verlängerung der Wartezeiten verbunden ist, und zwar sowohl bei denjenigen, die eine weitere berufliche Ausbildung anstreben, als auch bei denjenigen, die den Beginn des Studiums oder auch den Beginn des Wehroder Zivildienstes oder weiterer freiwilliger Dienste anstreben.

(Schweitzer, SPD: Wie heißen diese Dienste?)

Es antwortet Frau Bildungsministerin Ahnen.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Mündliche Anfrage beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Im Jahr 2000 haben genau 10.000 Schülerinnen und Schüler an Gymnasien und Integrierten Gesamtschulen die allgemeine Hochschulreife erworben, davon 5.592 Mädchen und 4.408 Jungen. Für die Schuljahre 2000/2001 und 2001/2002 liegen uns zwar die Schülerzahlen in der Jahrgangsstufe 13 vor – im Schuljahr 2000/2001 10.583 und im Schuljahr

2001/2002 10.528 –, es liegt uns aber noch nicht die Zahl derjenigen vor, die die allgemeine Hochschulreife erworben haben.

Die Auswertung der Daten von den Schulen durch das Statistische Landesamt ist noch nicht abgeschlossen, sodass für die Abiturprüfung 2001 erst im Juli oder August dieses Jahres die entsprechende Auswertung vorliegen wird. Für die Abiturprüfung 2002 liegen die Daten von den Schulen noch nicht vor, da die Abiturprüfung erst Ende März beendet wurde.

Zu Frage 2: Im Sommersemester 2000 waren an den rheinland-pfälzischen Hochschulen insgesamt 2.644 Studienanfängerinnen und Studienanfänger, das heißt, Studierende im ersten Hochschulsemester, eingeschrieben, davon 1.451 Frauen und 1.193 Männer. Im Sommersemester 2001 erhöhte sich diese Zahl auf 3.331, davon 1.883 Frauen und 1.448 Männer.

Für das Sommersemester 2002 haben wir anlässlich dieser Anfrage in einer Eilabfrage an allen rheinlandpfälzischen Hochschulen eine Erstsemesterzahl von rund 5.400 ermittelt. Dies ist allerdings noch vorläufig und mit den Zahlen für die Sommersemester 2000 und 2001 nicht unmittelbar vergleichbar, da sie neben Studierenden im ersten Hochschulsemester auch solche im ersten Fachsemester enthält. Dennoch zeigt sie bereits den Trend zu weiter gestiegenen Studienanfängerzahlen.

Ganz besonders erfreulich ist für mich die Tatsache, dass sich unter den 5.400 Studierenden im ersten Semester rund 650 mit vorgezogenem Abitur befinden. Wir können also selbst bei Beschränkung auf die rheinlandpfälzischen Hochschulen feststellen, dass auf jeden Fall 650 junge Leute die Chance genutzt haben, ihre Ausbildung nach dem Abitur ohne Verzögerung fortzusetzen.

Wenn man darüber hinaus berücksichtigt, dass nicht alle Abiturientinnen und Abiturienten ein Studium aufnehmen

(Frau Spurzem, SPD: So ist es!)

und hinzu nimmt, dass viele Abiturienten zunächst Wehr- oder Zivildienst absolvieren und andere aus den unterschiedlichsten Gründen auch bisher nicht zum erstmöglichen Termin mit dem Studium begonnen haben, ist diese Zahl von 650 nicht nur absolut, sondern auch anteilmäßig erheblich. Ich sehe dies als Erfolg und Bestätigung unseres Systems.

Zu Frage 3: Von insgesamt 382 Studiengängen bzw. Studienfächern in den rheinland-pfälzischen Hochschulen kann in 338, das heißt in mehr als 88 %, das Studium im Sommersemester begonnen werden. Auch das ist eine erfreuliche Zahl; denn sie zeigt, dass die Hochschulen ihre Zusage, einen Studienbeginn im Sommersemester zu ermöglichen, eingelöst haben.

Von diesen Möglichkeiten wurde auch in erfreulichem Umfang Gebrauch gemacht. Unsere Abfrage hat ergeben, dass sich in 193 der 338 Studiengänge bzw. -fächer Abiturientinnen und Abiturienten des vorgezogenen Abiturs eingeschrieben haben. Das bedeutet, dass

in 57 % der Studiengänge das Angebot des Beginns zum Sommersemester schon genutzt wurde.

Zu Frage 4: Die Landesregierung plant keine grundsätzliche Veränderung in der Struktur des 13. Schuljahres, da das Vorziehen des Abiturs einer nicht unerheblichen Zahl von jungen Leuten eine schnellere Fortsetzung ihrer Ausbildung ermöglicht. Wie ich bereits zu Frage 3 ausgeführt habe, ist derzeit in mehr als 88 % der Studiengängen bzw. -fächern an rheinland-pfälzischen Hochschulen ein Studienbeginn im Sommersemester möglich. Darüber hinaus können auch in anderen Bundesländern Studiengänge, insbesondere aus dem geisteswissenschaftlichen Bereich, im Sommersemester begonnen werden.

Auch was den Wehr- und Zivildienst betrifft, sind die Voraussetzungen günstig. Die Wehrbereichsverwaltung hat zugesagt, dass Jugendliche nach dem vorgezogenen Abitur zum 1. April oder zum 1. Mai einberufen werden können, und auch an den Schulen entsprechend informiert. Auch die Zivildienststellen haben sehr positiv reagiert und zugesagt, dass sie ein großes Interesse daran haben, Jugendliche bereits zu einem früheren Termin als bisher aufzunehmen. Wir werden auch in diesem Bereich durch Anfragen bei den entsprechenden Stellen ermitteln, in welchem Umfang von diesen Möglichkeiten im Jahr 2002 Gebrauch gemacht wurde.

So weit die Antwort der Landesregierung.

Gibt es Zusatzfragen? – Herr Wiechmann, bitte.

Frau Ministerin, können Sie aus Ihrer Einschätzung heraus noch einmal dezidiert sagen, ob sich von Ihrer Warte aus die Wartezeiten für die Mehrheit der diesjährigen Abiturientinnen und Abiturienten verlängert haben oder nicht?

(Zurufe von der SPD – Frau Spurzem, SPD: Das darf doch nicht wahr sein!)

Herr Abgeordneter Wiechmann, ich kann dies aus meiner Sicht sehr dezidiert beantworten. Für eine große Zahl der Abiturientinnen und Abiturienten, die dies wünschen – ich akzeptiere durchaus auch diejenigen, die eine andere Lebensplanung haben –, eine Möglichkeit besteht, ihre Ausbildung insbesondere im Bereich der Studiengänge zu einem früheren Zeitpunkt fortzusetzen.

Die Fragesteller zunächst. Frau Thomas, bitte.

Frau Staatsministerin, mich interessiert, ob Sie beabsichtigen, eine Evaluation dieser Verkürzung der Schulzeit bis zum Abitur zu machen.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Nein, nicht beim ersten Mal, Herr Pörksen, sondern mit einem Weitblick, um zu prüfen, ob sich zum Beispiel die Hochschulreife bzw. das, was auch subjektiv als Befähigung erlebt wird, durch die Verkürzung des 13. Schuljahres verändert.

Frau Abgeordnete Thomas, zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass es dafür einen Probelauf gab. Bereits im letzten Jahr ist an 17 Schulen das Abitur vorzeitig abgelegt worden. Wir haben den Probelauf bewusst vorausgeschaltet.

Sie kennen meinen grundsätzlichen Ansatzpunkt. Ich bin der Meinung, dass man Maßnahmen, die man ergriffen hat, immer wieder hinterfragen muss. Deswegen werden wir selbstverständlich systembegleitend auch immer wieder evaluieren. Ich bitte aber auch um Verständnis, dass dies am 25. April 2002, nachdem das Abitur am 31. März 2002 abgelegt worden ist, ein noch etwas schwieriges Unterfangen ist. Deswegen möchte ich darauf hinweisen, dass dieses Thema Gegenstand der Ausschussberatungen war und der Ausschuss uns durchaus die Möglichkeit eingeräumt hat, zumindest einmal bis Juni die ersten Zahlen zu erheben und auf dieser Grundlage das Thema ausführlicher zu diskutieren. Das ist natürlich jetzt etwas sehr kurzfristig.

Sie haben aber natürlich Recht, man muss es immer wieder hinterfragen.

Zu einer Zusatzfrage hat Herr Abgeordneter Mertes das Wort.

Frau Ministerin, die Fragen, die gestellt worden sind, legen bei mir nahe, an Sie folgende Frage zu richten: Beabsichtigen Sie, die Entscheidungsfreiheit wahlberechtigter und volljähriger Männer und Frauen, ob sie direkt studieren oder einen anderen Lebensplan wählen, durch Maßnahmen einschränken zu wollen, und wenn ja, welche Maßnahmen planen Sie?

(Heiterkeit und Beifall bei SPD und FDP – Dr. Gölter, CDU: Was sagen Sie jetzt zu dieser Frage? Jetzt sind wir gespannt!)

Ich sage bei Herrn Mertes immer gern: Ich stimme Ihnen zu. – Aber jetzt hat er wirklich eine Frage gestellt, also muss ich sie beantworten.

Herr Abgeordneter Mertes, ich halte es für die Aufgabe von Politik, entsprechende Angebote zu unterbreiten und auf die Überzeugungskraft von Politik zu setzen. Letztlich kann ich aber die individuelle Verantwortung und Entscheidung niemandem abnehmen und möchte dies auch nicht.

(Beifall bei SPD und FDP)

Ich erteile Frau Abgeordneter Thomas zu einer Zusatzfrage das Wort.

Zum Glück geht es in der Schule nicht so zu wie bei der Bundeswehr.

(Heiterkeit im Hause)

Ich wollte noch nach etwas anderem fragen. Bei den Wahlen in Sachsen-Anhalt haben wir hören können, dass vor allen Dingen von der FDP Initiativen gestartet werden sollen, die Schulzeit bis zum Abitur auf zwölf Jahre zu verkürzen. Wir haben bewusst gefragt, ob es entsprechende Überlegungen gibt. Werden solche Überlegungen auch in Ihrem Hause angestellt, oder gibt es entsprechende Wünsche, die an Sie herangetragen werden?

Sie wissen, dass es in Rheinland-Pfalz für besonders befähigte Schülerinnen und Schüler das Angebot gibt, das Abitur nicht erst nach zwölf Jahren, sondern nach 11 ½ oder nach 11 ¾ Jahren abzulegen. Dies passiert im Rahmen von BEGYS, Begabtenförderung am Gymnas ium.

Ich habe bereits öffentlich erklärt, dass ich ein massives Interesse daran habe, dass diese Möglichkeiten noch ausgeweitet werden. Ich meine aber, dass es richtig ist, ein solches Angebot zielgerichtet für die Gruppe zu machen, die besondere Befähigungen mitbringt. In dem anderen Fall hat sich die jetzt gewählte Konstruktion für das 13. Schuljahr bewährt.

(Beifall bei SPD und FDP)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Wiechmann zu einer Zusatzfrage das Wort.

Frau Ministerin, in den letzten Wochen ist Kritik an der Einführung des verkürzten 13. Schuljahrs deutlich geworden, unter anderem auch, weil die Vorbereitung auf die schriftliche Abiturprüfung mit dem Suchen eines individuellen Studiengangs, des Hochschulstandorts, des Wohnheimplatzes usw. in einen Zeitraum fällt. Wie wollen Sie auf diese Kritikpunkte, die in der Öffentlichkeit sowohl von Lehrerinnen und Lehrern als auch von Schülerinnen und Schülern geäußert worden sind, reagieren und versuchen, dem entgegenzusteuern?

Herr Abgeordneter Wiechmann, wir haben natürlich ein großes Interesse daran, dort, wo es noch Probleme gibt, diese zu beseitigen und die Sorgen und Nöte aufzunehmen.

Ich sage aber auch, mir kommt es ein bisschen so vor, als wird in Sonntagsreden der Reformstau angeprangert, um montags festzustellen: Ach Gott, sie haben tatsächlich etwas verändert. – Ich meine, so kann man das Thema nicht behandeln.

Wenn man etwas verändert, was wir gut und solide vorbereitet haben, wird es trotzdem im ersten Jahr der Einführung immer wieder im Einzelfall zu Problemen kommen, weil eine Vielzahl von Menschen, von Beschäftigten in dem System, aber auch von Schülerinnen und Schülern betroffen ist. Es ist versucht worden, jeden Einzelfall, der uns zugetragen worden ist, zu bearbeiten. In der Summe glaube ich, dass es nach wie vor ein nachhaltiges Informationsbedürfnis gibt, so dass wir uns auch vorgenommen haben, für das kommende Schuljahr die Informationen noch zu verstärken.

Ich sage aber auch dazu, wenn Sie sich die Broschüre über das vorgezogene Abitur anschauen, dann sehen Sie, dass dort alle Fragen beantwortet worden sind. Offensichtlich ist dies noch nicht so angekommen.