Protocol of the Session on January 23, 2002

Ich erteile Herrn Staatsminister Bauckhage das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir zunächst ein Wort zu Ihnen, Herr Walter Wirz. Ich habe nicht die Angewohnheit, nur die Vornamen zu nennen, sondern ich benutze deswegen den ganzen Namen.

(Wirz, CDU: Salopp werden Sie noch vertragen!)

Salopp kann ich vertragen, aber es ist die Frage, wie man miteinander umgeht und was man in einer Debatte macht. Aber gut, ich kann es sehr gut vertragen. Wenn man hier aber argumentiert, muss man schon ein Stück auf dem Pfad der s eriösen Argumentation bleiben.

Ich möchte eingangs erwähnen, dieses Land RheinlandPfalz hat noch nie so viel Bundesmittel für Straßen zur Verfügung gehabt wie jetzt, ganz gleich, wie die Farbenlehre war; denn Sie wissen, bis 1998 war meine Partei an der letzten Bundesregierung beteiligt. Das ist einfach so.

Man kann jetzt streiten und gleichzeitig die Bundesfernstraßen erwähnen, beispielsweise den Lückenschluss für die A 1 oder den Hochmoselübergang. Das waren alles Projekte, die im Gang waren und jetzt Realität sind. Der Seriosität halber muss man einfach einmal darauf hinweisen.

Wenn man seriös argumentiert, muss man auch sagen dürfen, dass die Steuersenkungen, die im Sommer 2000 erfolgt sind, reine Einkommensteuersenkungen waren. Es ging also nicht um indirekte Steuern, sondern um Einkommensteuern. Da ist nach wie vor insgesamt in Europa ein Gefälle vorhanden, insbesondere im Vergleich zu Osteuropa. Frau Kiltz, das muss man wissen. Man darf jetzt dort nicht Äpfel und Birnen miteinander vergleichen. Man sollte schon bei der seriösen Argumentation bleiben.

Meine Damen und Herren, der Deutsche Bundestag hat das Gesetz zur Einführung der streckenbezogenen Gebühren von Bundesautobahnen mit schweren Nutzfahrzeugen richtigerweise beschlossen. Die zahlreichen Änderungsbegehren, die der Bundesrat in seiner Stellungnahme vom 27. September 2001 im Rahmen des ersten Durchgangs des Gesetzes dargelegt hatte, haben sich im Gesetzgebungsbeschluss bisher nur in wenigen Randbereichen niedergeschlagen. Das Gesetz bedarf der Zustimmung der Länder. Der Bundesrat muss daher in seiner Sitzung am 1. Februar 2002 im zweiten Durchgang entscheiden, ob er dem Gesetz seine Zustimmung erteilt, es ablehnt oder aber die Anrufung des Vermittlungsausschusses verlangt, was die dritte Variante wäre.

Lassen Sie mich zunächst einmal feststellen, dass die angestrebte Einführung von streckenbezogenen Gebühren für schwere Lkw auf Autobahnen aus der Sicht der Landesregierung verkehrspolitisch längst überfällig ist. Schon jetzt belastet der Güterverkehr in starkem Maß unsere Verkehrsinfrastruktur. Führen Sie sich dazu nur unsere Haupttransitstrecke, nämlich die A 61, vor Augen. Sie wird wegen des hohen Anteils westeuropäischer Lkw scherzhaft schon als gelbes Band bezeichnet.

So haben wir auf der Mosteltalbrücke mit derzeit rund 11.000 Lkw einen Schwerverkehrsanteil von 25 % des Gesamtverkehrs. Bei den Lkw ist der Anteil ausländischer Fahrzeuge mit fast 40 % extrem hoch.

Gleichzeitig ist mit einem weiteren Anstieg des Güterverkehrs zu rechnen, vorrangig auf der Straße. Dies wird so werden. Vor dem Hintergrund, dass man die Kapazitäten der Straße um 10 % entlasten wollte, würde das eine Verdopplung der Bundesbahnkapazitäten bedeuten, was wiederum heißen würde, dass man nicht nur die Verkehrsinfrastruktur verbessern müsste, sondern darüber hinaus bei der Bundesbahn noch mehr unternehmen müsste.

Die aktuelle Prognose des Bundes geht von einem Zuwachs von 60 % bis zum Jahre 2015 aus. Nachdem ein 40-Tonnen-Lkw wegen der hohen Achslasten die Fahrbahndecken erheblich stärker verschleißt als der Pkw – Experten sprechen von einem Verhältnis Lkw/Pkw von 60.000 zu 1 –, muss der Lkw zukünftig stärker zur Finanzierung der Infrastrukturkosten herangezogen werden können. Das gilt in besonderem Maß für die Transitverkehre, also für die Lkw ausländischer Beflaggung. Ich sage ganz offen, diese sind gegenwärtig, wenn man so will, die Zechpreller auf unseren Straßen, was die Beteiligung an den Bau- und Unterhaltungskosten angeht. So tanken rund 90 % der niederländischen Lkw staatlich subventionierten Diesel in ihrem Heimatland. Die Reichweite eines modernen Lkw mit einer Tankgröße von 900

Litern und einem Verbrauch von 35 Litern auf 100 km liegt bei rund 2.500 km. Von Rotterdam aus lassen sich also Touren bis nach Norditalien oder Osteuropa und retour durchführen. Daran erkennt man sehr leicht, wo das Problem liegt.

Für die gesamte Transitstrecke durch Deutschland fließt nicht viel mehr als ein Anerkennungspfennig in die Staatskasse ein, der gegenwärtig bei der Jahresvignette im Schwerverkehr entrichtet werden muss.

Meine Damen und Herren, es geht nicht um eine gerechte Anlastung der Infrastrukturkosten an die Nutzer. Nein, die derzeitige Situation schadet auch dem deutschen Güterkraftverkehrsgewerbe, das aufgrund der hohen Dieselpreise in Deutschland einen erheblichen Wettbewerbsnachteil gegenüber der ausländischen Konkurrenz hat.

Weiterhin geht es darum, die Wettbewerbsbedingungen unter den verschiedenen Verkehrsträgern gerechter zu machen. So sollen durch eine relative Verteuerung des Straßengüterverkehrs Bahnen und Binnenschiffe eine echte Chance erhalten, mehr Güterverkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Letztlich brauchen wir im Bereich der Bundesverkehrswege zusätzliche Einnahmen, um eine Vielzahl strukturpolitisch wichtiger Verkehrsprojekte voranbringen zu können.

Nehmen Sie allein in Rheinland-Pfalz die Vorhaben, die entscheidende Bedeutung für die wirtschaftliche Zukunft unseres Landes haben, den Weiterbau der A 1 bis zur Landesgrenze nach Nordrhein-Westfalen, den vierspurigen Ausbau der B 50 durch den Hunsrück, den sechsspurigen Ausbau des Mainzer Rings. Das sind alles notwendige Projekte, die auf der Strecke zwischendrin unterschiedlich beurteilt wurden. Zu den Maßnahmen gehören auch der sechsspurige Ausbau der A 61 oder regionale Erschließungen wie bei der B 10 und der B 41.

Ich sage es noch einmal ganz deutlich: Die Landesregierung tritt für die Einführung einer streckenbezogenen Maut für schwere Lkw auf deutschen Autobahnen ein. Der Gesetzentwurf, den die Bundesregierung vorgelegt und den der Bundestag im Dezember im Wesentlichen beschlossen hat, entspricht in einigen Punkten nicht den Vorstellungen mehrerer Länder. Insbesondere die Verkehrsressorts sehen in den nachfolgenden Bereichen des Gesetzentwurfs noch Nachbesserungsbedarf:

1. Das Aufkommen aus der Maut soll nach Abzug der Verwaltungskosten für den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur eingesetzt werden. Vor allem gilt das für die Bundesfernstraßen. Es soll nicht im allgemeinen Bundeshaushalt veranschlagt werden.

2. Es kann nicht hingenommen werden, dass das deutsche Gütertransportgewerbe die Maut ohne jede Kompensation tragen muss, diese also auf die anderen Belastungen draufgesattelt wird. Zutreffend ist zwar, dass alle Unternehmen in gleicher Höhe mit der Maut belastet werden – so weit besteht also Wettbewerbsneutralität –, andererseits sind aber die deutschen Transporteure schon durch die Einführung spezifischer Steuern mit erheblichen Kosten belastet, die wegen der

gegenwärtigen Marktgegebenheiten nicht an die Verlader weitergegeben werden können. Das ist ein System des Wettbewerbs. Dies ist auch angesichts der derzeitigen Wirtschaftslage eine echte existenzielle Bedrohung für unser gesamtes mittelständisch geprägtes Transportgewerbe. Hier muss der Bund angemessene Entlastungen, beispielsweise eine Teilbefreiung von der Mineralölsteuer, bereits im Mautgesetz festschreiben, damit klare Verhältnisse herrschen.

Soweit es um Entlastungen bei der Kfz-Steuer geht, die man auf das europäische Mindestmaß von rund 900 Euro halbieren könnte, sage ich an die Adresse des Bundes gerichtet, dass die Länder auf diese Einnahmen nicht verzichten können. Eine derartige Lösung wäre nur denkbar, wenn der Bund, dem die Maut zufällt, den Ländern einen Ausgleich zufließen ließe.

3. Der Gesetzentwurf ist viel zu starr bezüglich der Möglichkeit, auf ungewollte Verkehrsverlagerungen in das nachgeordnete Netz zu reagieren. Das könnte Probleme bei der Verkehrssicherheit und Emissionsbelastungen bei parallelen Landes- oder Kreisstraßen mit sich bringen. Um hier rasch gegensteuern zu können, hatte Rheinland-Pfalz über den Bundesrat die Forderung eingebracht, dass eine Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen in das Gesetz eingebaut wird, damit einzelne Autobahnabschnitte flexibel aus der Bemautung herausgenommen werden können, soweit dies aufgrund von Verlagerungen von Schwerverkehrsanteilen in das nachgeordnete Netz erforderlich ist. Herr Kollege Schwarz sprach davon.

Sie wissen beispielsweise, dass in Frankreich die Stadtautobahnen aus diesem Grund mautfrei sind.

4. Es geht uns darum, dass neben den Fahrzeugen der Gebietskörperschaften, die im Straßenunterhaltungsund Betriebsdienst eingesetzt werden, auch private Fahrzeuge, die zu diesem Zweck verkehren, von der Maut entlastet werden können. Es ist nicht einsehbar, dass diese grundlos diskriminiert werden und sich ihre Leistungen zulasten der öffentlichen Auftraggeber unnötig verteuern.

5. Es muss über die Befreiung bei bestimmten nicht gewerblichen Transporten in krisengeschüttelten Branchen wie der Landwirtschaft, der Forstwirtschaft und des Baugewerbes nachgedacht werden. Dies ist auch bei der derzeitigen Jahresvignette gegeben.

Meine Damen und Herren, der Bundesrat wird am 1. Februar über dieses Gesetz zur Einführung der streckenbezogenen Gebühr für die Benutzung von Bundesautobahnen mit schweren Nutzfahrzeugen entscheiden. Aus der derzeitigen Sicht könnte es zu einer Anrufung des Vermittlungsausschusses kommen.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung wird sich im weiteren Verfahren grundsätzlich dafür einsetzen, dass die Maut für schwere Lkw auf deutschen Autobahnen möglichst ab dem Jahr 2003 eingeführt werden kann, soweit die entsprechenden Rahmenbedingungen stimmig sind. Bundestag und Bundesregierung sind bei den zwei vorgenannten Punkten gefordert,

gemeinsam mit den Ländern einen vernünftigen Konsens zu finden.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall der FDP und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, den Fraktionen stehen jeweils noch drei Minuten Redezeit zur Verfügung. Ich erteile Herrn Abgeordneten Creutzmann das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Normalerweise bräuchte man keine zweite Runde zu machen. Herr Kollege Wirz, ich finde die Art und Weise nicht angebracht, wie Sie mit dem Thema umgehen. Mit billiger Polemik – – –

(Billen, CDU: Es waren schon Sachargumente drin! – Weitere Zurufe von der CDU)

Das war wirklich billig, wie Sie den Herrn Wirtschaftsminister in der Art und Weise angegangen sind. Dass muss hier mit aller Entschiedenheit zurückgewiesen werden.

(Beifall der FDP und vereinzelt bei der SPD)

An den Ausführungen haben Sie gemerkt, wie das Land Rheinland-Pfalz sich darum bemüht – – –

(Böhr, CDU: Zwei von Ihnen haben geklatscht!)

Herr Böhr, man kann über ein Thema kontrovers diskutieren. Wenn man nicht weiterweiß, persönliche Angriffe zu starten, finde ich nicht angebracht.

Der Wirtschafts- und Verkehrsminister hat aufgezeigt, wie sich das Land Rheinland-Pfalz bemüht, noch Änderungen im Interesse des Landes Rheinland-Pfalz und im Interesse unseres mittelständischen Speditionsgewerbes herbeizuführen. Er hat angedeutet, dass unter Umständen der Bundesrat den Vermittlungsausschuss anrufen wird. Es ist deshalb richtig, dass wir heute diese Aktuelle Stunde machen; denn vorhin wurde gefragt, warum wir diese Aktuelle Stunde machen bzw. gemacht haben.

Ich kann verstehen, dass der CDU-Landtagsfraktion die Initiativen des Landes nicht gefallen. Trotzdem ist es richtig, diese zu starten. Sie haben Erfolg gezeitigt. Der Wirtschaftsminister hat darauf hingewiesen, dass noch nie so viele Mittel vom Bund für das Land RheinlandPfalz für den Straßenverkehr bereitgestanden haben.

Frau Kollegin Kiltz, der Wunsch, mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen, ist sicher richtig. Ob er mit dieser

Maut erreicht werden kann, dahinter steht ein großes Fragezeichen.

(Zuruf der Abg. Frau Kiltz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist ein großes Problem, dass die Bahn überhaupt nicht in der Lage ist, mehr Verkehr auf die Schiene aufzunehmen.

(Frau Kiltz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ein Baustein!)

Meine Damen und Herren, wenn man sich das EUWeißbuch zum Verkehr in Europa anschaut, stellt man fest, dass wir europäisch denken müssen, nämlich wie man es über größere und weitere Strecken erreichen kann, dass mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagert wird.

Meine Damen und Herren, die FDP-Fraktion begrüßt ausdrücklich die bisherigen Initiativen der rheinlandpfälzischen Landesregierung im Bundesrat hinsichtlich der Verbesserung der Wettbewerbssituation des deutschen Güterkraftverkehrsgewerbes und der Erlösverwendung vom vergangenen Jahr. Wir hoffen und erwarten, dass sie auch im Bundesrat im Februar erfolgreich sein werden.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Gölter das Wort.