Protocol of the Session on January 23, 2002

.................................................................................................................................942 Abg. Bracht, CDU:...............................................................................................................................956 Abg. Creutzmann, FDP:.................................................................................................931, 937, 953, 968 Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:................................................................................ 973, 978 Abg. Dr. Geisen, FDP:.................................................................................................................. 943, 948 Abg. Dr. Gölter, CDU:...........................................................................................................................937 Abg. Frau Ebli, SPD:.................................................................................................................... 941, 947 Abg. Frau Fink, SPD:...........................................................................................................................972 Abg. Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:............................................................................952 Abg. Frau Kiltz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:..................................................................934, 939, 940, 946 Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU:....................................................................................................... 949, 955 Abg. Frau Schneider, CDU:..................................................................................................................970 Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:........................................................................... 956, 959 Abg. Hohn, FDP:..................................................................................................................................974 Abg. Kuhn, FDP:..................................................................................................................................961 Abg. Marz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:...............................................................................................966 Abg. Ramsauer, SPD:..........................................................................................................................958 Abg. Redmer, SPD:..................................................................................................................... 950, 955 Abg. Schmitt, CDU:...................................................................................................................... 947, 977 Abg. Schnabel, CDU:................................................................................................................... 963, 969 Abg. Schwarz, SPD:.................................................................................................................... 933, 938 Abg. Schweitzer, SPD:.........................................................................................................................964 Abg. Wirz, CDU:..................................................................................................................................932 Bauckhage, Minister für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau:...................................... 935, 944 Hering, Staatssekretär:.........................................................................................................................975 Mertin, Minister der Justiz:....................................................................................................................954 Präsident Grimm:............................................... 931, 932, 933, 934, 935, 937, 938, 939, 940, 941, 942, 944 946, 947, 948, 949, 950, 952, 953, 954, 955, 956 Vizepräsidentin Frau Hammer:............................ 958, 959, 961, 962, 963, 964, 966, 968, 969, 970, 972, 973 974, 975, 977, 978 Zuber, Minister des Innern und für Sport:...............................................................................................962

16. Plenarsitzung des Landtags Rheinland-Pfalz am 23. Januar 2002

Die Sitzung wird um 14:00 Uhr vom Präsidenten des Landtags eröffnet.

Guten Tag, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 16. Plenarsitzung des Landtags Rheinland-Pfalz.

Zu schriftführenden Abgeordneten berufe ich Beate Reich und Gerd Schreiner. Frau Reich führt die Rednerliste.

Entschuldigt sind für heute Staatsministerin Frau Margit Conrad und Herr Staatsminister Florian Gerster.

Zur Tagesordnung möchte ich einige Hinweise geben. Die Fraktionen sind übereingekommen, dass die ursprünglich von der Fraktion der CDU für Mittwoch beantragte Aktuelle Stunde, „Möglichkeiten und Grenzen des Kombilohns“, in der 17. Plenarsitzung, also am Donnerstag, behandelt wird.

In die Tagesordnung aufgenommen werden soll ein Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD, CDU und FDP, „Landesgesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes Rheinland-Pfalz und des Fraktionsgesetzes Rheinland-Pfalz“. Gibt es Widerspruch zu der Tagesordnung mit dieser Maßgabe? – Das ist nicht der Fall. Dann wird die Tagesordnung so festgestellt.

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung mit dem ersten Thema auf:

AKTUELLE STUNDE

„Auswirkungen der geplanten Lkw-Maut auf das Speditionsgewerbe und die Verkehrsinfrastruktur in Rheinland-Pfalz“ auf Antrag der Fraktion der FDP – Drucksache 14/654 –

Für die Antrag stellende Fraktion spricht Herr Abgeordneter Creutzmann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir zu Beginn meiner Ausführungen eine grundsätzliche Anmerkung. Verkehrspolitisch ist die Einführung einer entfernungsabhängigen Lkw-Maut aus liberaler Sicht der richtige Weg im Hinblick auf die zukünftige Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur.

Zum ersten Mal werden Verkehrsteilnehmer zu einer Gebühr herangezogen, deren Grundlage die Belastung der Straße ist. Zudem gelingt es erstmals, auch Ausländer an den Kosten für das deutsche Straßennetz zu beteiligen. Von einer Steuerfinanzierung hin zu einer Nutzerfinanzierung ist ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Somit könnten bei konsequenter Anwendung dieses Grundgedankens zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden. Die Umstellung der bisherigen zeitabhängigen Autobahnbenutzungsgebühr, nämlich der Eurovignette, auf eine streckenbezogene Gebühr ist grundsätzlich ein geeigneter Weg, um eine verursachergerechte Auslastung der Wegekosten im Bereich des Schwerlastverkehrs, also eine Umsteuerung von der Steuer- zur Nutzerfinanzierung, zu erreichen sowie die Wettbewerbssituation der deutschen Spediteure gegenüber ihren ausländischen Konkurrenten zu verbessern.

Diese beiden Hauptzielrichtungen lassen sich jedoch mit dem derzeit noch vorliegenden Gesetzentwurf nicht realisieren. Soll die Wettbewerbssituation des rheinlandpfälzischen Speditionsgewerbes verbessert werden, muss vor In-Kraft-Treten des Lkw-Maut-Gesetzes die Kompensation der durch die Lkw-Maut entstehenden Zusatzkosten für die heimischen Transportunternehmen EU-konform und aufkommensneutral geregelt werden. In diesem Zusammenhang sei angemerkt, dass ein Pfennig Maut in etwa 3 Pfennig Mineralölsteuer entspricht.

Die FDP-Landtagsfraktion spricht sich eindeutig für eine aufkommensneutrale Einführung des Verursacherprinzips bei der Finanzierung der Wegekosten aus. Aus diesem Grund müssen die einheimischen Fuhrunternehmer durch eine Senkung der Mineralölsteuer und der Kfz-Steuer vom Fiskus entlastet werden.

Vor dem Hintergrund der geplanten Einführung der LkwMaut hat Bundesverkehrsminister Bodewig vor Jahresfrist dem Speditionsgewerbe auch zugesagt, die KfzSteuer für schwere Lkws auf EU-Mindestniveau herabsenken zu wollen.

Es ist doch wirklich mit den Prinzipien des gemeinsamen EU-Binnenmarkts unvereinbar, dass ein italienischer Fuhrunternehmer nur 755 DM Kfz-Steuer für seinen 40Tonner zahlt, während ein Spediteur in Deutschland knapp 3.000 DM berappen muss, um es einmal so salopp zu sagen.

Jedoch muss an dieser Stelle auch für unser Bundesland Rheinland-Pfalz festgehalten werden, dass die Einnahmenverluste des Landes aufgrund verminderter Kfz-Steuereinnahmen einen vollen Ausgleich durch den Bund erfahren müssen. Meine Damen und Herren, dieses Petitum findet auch ausdrücklich Erwähnung im Koalitionsvertrag für die laufende Legislaturperiode zwischen SPD und FDP.

Geschieht dies nicht, dann wird genau das Gegenteil erreicht. Dann wird die Wettbewerbssituation des rheinland-pfälzischen Transportgewerbes innerhalb Europas nur noch weiter verschlechtert; denn die Maut würde dann nur noch auf die bestehenden Kosten draufgeschlagen werden.

Ein Rechenbeispiel mag dies veranschaulichen. Meine Damen und Herren, die Jahresabgabenbelastung eines deutschen 40-Tonnen-Lastzugs im Inland bei einer durchschnittlichen Jahresfahrleistung von 135.000 km und einem Spritverbrauch von 35 Litern je 100 km war schon Ende letzten Jahres nach Informationen der IHK Rheinhessen in Deutschland mit einer Gesamtbelastung

von damals noch 43.000 DM, also knapp 22.000 Euro, um rund 30 % teurer als in Belgien, rund 21 % teurer als in Frankreich, rund 26 % teurer als in Italien und rund 27 % teurer als in den Niederlanden.

Meine Damen und Herren, wie die Beispiele zeigen, ist das die reale Situation unserer westlichen bzw. südlichen Nachbarländer in der EU und nicht – ich betone dies ausdrücklich – die der Beitrittsstaaten Mittel- und Osteuropas. Hieraus leitet sich nach Auffassung der FDP-Landtagsfraktion dringender Handlungsbedarf hinsichtlich einer EU-weiten Harmonisierung der Gesam tbelastung der Lkw-Transporte in der Europäischen Union auch und gerade vor dem Hintergrund der bestehenden EU-Osterweiterung ab.

Diesem Ziel trägt die Koalitionsvereinbarung zwischen SPD und FDP für die laufende Legislaturperiode, wie bereits erwähnt, ausdrücklich Rechnung.

(Beifall der FDP und bei der SPD)

Soll der angestrebte Systemwechsel von der Steuer- zu einer Nutzerfinanzierung erreicht werden, dann müssen die Erlöse aus der geplanten Lkw-Maut nach Abzug der Erhebungskosten und den Kompensationsmaßnahmen für das Speditionsgewerbe ausschließlich – ich betone ausschließlich – für den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur bereitgestellt werden.

Im Gesetz muss klipp und klar geregelt werden, wofür die zusätzlichen Einnahmen Verwendung finden sollen. Es kann nicht sein, dass diese Einnahmen im Bundeshaushalt teilweise versickern. Gerade ein Flächen- und Transitland wie Rheinland-Pfalz, für das eine gute Verkehrsinfrastruktur unabdingbar ist,

(Glocke des Präsidenten)

hat in den letzten Jahren neue, innovative Wege zur Finanzierung seines Straßennetzes beschritten, meine Damen und Herren. Dort wollen wir fortfahren.

Ich darf mich für Ihre Aufmerksamkeit bedanken.

(Beifall der FDP und der SPD)

Meine Damen und Herren, ich darf Frau Kollegin Kiltz zu ihrem runden Geburtstag ganz herzlich die guten Wünsche des ganzen Hauses übermitteln. Er war am 20. Januar.

(Beifall im Hause)

Sie hat mich autorisiert zu sagen, sie sei 50 Jahre alt geworden.

(Mertes, SPD: Nein! – Creutzmann, FDP: Was!)

Herzlichen Glückwunsch noch einmal!

Herr Wirz, ich erteile Ihnen das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir begrüßen es, dass dieser Sachbereich heute im Rahmen einer Aktuellen Stunde thematisiert wird, obwohl die ganze Diskussion so aktuell nicht mehr ist, vielleicht mit der einzigen Ausnahme der bisher nicht sichergestellten Kompensation der Mehrbelastung des Verkehrsgewerbes über steuerliche Entlastungen, Herr Kollege Creutzmann.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Position der CDU zu dem Thema „Lkw-Maut“ war von Anfang an klar:

1. Grundsätzlich sind wir der Auffassung, dass eine entfernungsabhängige Maut der richtige Weg zur Finanzierung der Verkehrswege ist. Sie stellt ein transparentes und gerechtes Verhältnis von Nutzung und Kosten her. Sie kann darüber hinaus ein taugliches Instrument sein, um sicherzustellen, dass jeder Autobahn benutzende Lkw gerecht und angemessen an den sich daraus ergebenden Kosten beteiligt wird, also das Verursacherprinzip greift.

2. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das kann die Maut aber nur leisten, wenn die Einnahmen daraus auch ausschließlich für den Bau von Bundesfernstraßen verwendet werden. Ich darf hinzufügen, in diesem Punkt trauen wir der jetzigen Bundesregierung nicht eine Sekunde über den Weg.

(Beifall der CDU)

Die Einführung der Maut kann und darf nicht dazu führen, Haushaltslöcher zu stopfen. Sie kann und darf auch nicht der untaugliche Versuch sein, durch eine künstliche Verteuerung den Güterverkehr von der Straße auf die Schiene zu bringen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wissen alle, dass die Transportkapazitäten der Schiene für den nationalen, europäischen und internationalen Bedarf bei weitem nicht ausreichen.

3. Die Situation des deutschen Speditionsgewerbes, hervorgerufen durch verschiedene Faktoren, ist im internationalen Wettbewerb betrachtet Existenz bedrohend. Deshalb muss durch Entlastungen bei den Steuern die Mehrbelastung durch die Maut kompensiert werden. Meine Damen und Herren, wir dürfen es nicht zulassen, dass eine ganze Branche der deutschen Wirtschaft, besonders die mittelständischen Unternehmen, einer falschen Politik zum Opfer fällt.

Die CDU unterstützt daher nachdrücklich die Vorschläge und Forderungen des Verkehrsgewerbes in Bezug auf eine Kompensation der zusätzlichen Belastungen durch die Maut bei den Steuern. Das kann ein Ausgleich über die Mineralölsteuer, zum Teil aber auch über die KfzSteuer sein.

4. Herr Kollege Creutzmann, für uns ist es schon bemerkenswert, dass die FDP-Fraktion zu diesem Zeitpunkt diese Aktuelle Stunde beantragt hat; denn – Sie schnitten dies in Ihrem Beitrag auch an – längst hat der Bundesverkehrsminister nach Forderungen aus der Wirtschaft seine Bereitschaft bekundet, eine finanzielle Ent

lastung der Unternehmen ins Auge zu fassen. Meine Damen und Herren, ich darf nun etwas salopp sagen, jetzt springt die FDP und damit auch unser Wirtschaftsminister, Herr Bauckhage, auf einen fahrenden Zug auf und verkündet, er sei der Lokführer. Wenn die Berliner Vortänzer die Bühne frei gegeben haben, dann darf auch Hans-Artur von der Kette.

(Beifall der CDU – Mertes, SPD: Mein Gott! – Ministerpräsident Beck: Das ist kriminell, was Sie m achen!)

Meine Damen und Herren, mit diesem Manöver machen Sie aber die schwache Rolle nicht wett, die diese Koalition in Mainz gegenüber Rotgrün in Berlin bisher gespielt hat. Sie können mit dieser Show auch nicht vergessen machen, dass es mit dem Bau der Bundesfernstraßen in Rheinland-Pfalz in den vergangenen Jahren nicht allzu gut gegangen ist. Der Lückenschluss der A 1, die B 10, die Autobahn nach Belgien usw. drohen allmählich zu einem Endlosthema zu werden, ohne dass sich dort sichtbar etwas bewegt.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Herr Wirz, das war doch bei Ihnen auch schon so! – Glocke des Präsidenten)