Protocol of the Session on February 15, 2006

Die Grenzziehung, die Bagatellgrenze, war erforderlich gewesen, um ein neues Ausufern, ein neues Erwachsen von bürokratischen Berechnungssystemen, die doch irgendwo ziemlich weit unten angesiedelt sind, zu vermeiden. (Beifall des Abg. Schweitzer, SPD)

Bei der Übertragung von Aufgaben aufgrund bundes- oder europarechtlicher Regelungen findet das Konnexitätsprinzip nur Anwendung, wenn das Land zur Umsetzung der Regelung einen eigenen Gestaltungsspielraum innehat und diesen dann auch nutzt. Das Land kann keine Garantenstellung für Politik, die in Berlin oder Brüssel gemacht wird, übernehmen.

(Beifall der SPD)

Nicht ohne Grund hat daher der Landtag bei der Verabschiedung des Konnexitätsgesetzes seinerzeit entsprechende Schritte beim Bund angemahnt.

Durch das Ausführungsgesetz wird die Konnexität in Rheinland-Pfalz mit Leben erfüllt. Das Gesetz leistet nach Meinung der SPD-Fraktion einen wichtigen Beitrag zu einer geordneten und fairen Finanzbeziehung zwischen dem Land und den Kommunen.

(Beifall der SPD)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Marz das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Man könnte fast den Eindruck haben, heute Abend würde noch einmal ein Meilenstein für die Kommunen gelegt. Ich will es einmal ein bisschen herunterhängen.

(Schweitzer, SPD: Das habe ich mir fast gedacht!)

Herr Schweitzer, vielleicht beruhigen Sie sich, wenn ich Ihnen sage, dass wir dem Gesetzentwurf in aller Gelassenheit zustimmen.

(Beifall des Abg. Hohn, FDP)

Danke.

Herr Schweitzer regen Sie sich nicht auf: Die Mehrheit ist damit gesichert.

Deshalb können wir das in aller Ruhe in den verbleibenden Minuten diskutieren.

Dieser Gesetzentwurf muss und sollte heute verabschiedet werden, am Ende einer Wahlperiode, in der fünf Jahre benötigt wurden, um in Rheinland-Pfalz etwas neu zu erfinden, was in anderen Bundesländern längst Praxis ist, nämlich die Konnexität. Dass wir so lange dafür benötigt haben, liegt nicht an der Trägheit dieses Parlaments, sondern an der Trägheit der Koalitionsfraktionen und der Landesregierung. Ich erinnere mich noch, dass das Wort „Konnexität“ zu Beginn dieser Wahlperiode im Landtag ein Tabuwort war. Heute steht es in der Verfassung, und das ist auch gut so.

Was heute auf den Weg gebracht wird, ist lediglich die Ausführung der Konnexität. Dies ist notwendig. Deshalb werden wir dem Gesetzentwurf zustimmen. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob die Mechanismen, die eingeführt werden, um zu überprüfen, ob die Konnexität im Einzelfall eingehalten wird, sich in der Praxis bewähren werden. Ich bin mir auch nicht sicher, ob die Regelungen für so genannte Bagatellfälle tatsächlich nur dazu führen, dass es nur bei Bagatellen bleibt. Das wird die Praxis aber zeigen. Dann kann man gegebenenfalls nachbessern. Das heißt für heute, dass wir dem Gesetzentwurf zustimmen, Herr Schweitzer.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Hohn.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Über die Bedeutung und Bewertung der Aufnahme des strikten Konnexitätsprinzips hat das Parlament in der vergangenen Plenarsitzung debattiert. Artikel 49 Abs. 5 Satz 3 der Landesverfassung ermächtigt und verpflichtet den Landesgesetzgeber, ein Ausführungsgesetz zu erlassen. Dadurch erhalten die Kommunen den angesichts der schwierigen Haushaltssituation notwendigen Schutz vor weiteren Aufgabenübertragungen oder -ausweitungen durch das Land ohne Ausgleich der zusätzlichen finanziellen Belastung.

Das Gesetz leistet einen Beitrag für geordnete Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen. Das ist wichtig, weil das Grundgesetz bekanntlich keine Regelungen über einen Belastungsausgleich zugunsten der Kommunen bei Aufgabenübertragungen durch die Europäische Union oder den Bund vorsieht. Herr Kollege Marz, ich bin in dieser Hinsicht nicht so pessimistisch wie Sie. Ich denke, es ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Das sollte man lobend erwähnen.

Meine Damen und Herren, weisen die Europäische Union oder der Bund den Kommunen eine mit Kosten verbundene Aufgabe zu, so ist das Konnexitätsprinzip der Landesverfassung nicht anwendbar, soweit das Land seinerseits keinen Einfluss auf den Inhalt der Aufgabe nimmt. Nimmt das Land dagegen Einfluss, so wirkt das Konnexitätsprinzip im Verhältnis der vom Land verursachten Belastungen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Entschließung des Landtags vom 27. Mai 2004.

Meine Damen und Herren, der Landtag hat auf die unter Umständen erheblichen Kostenfolgen für die Kommunen durch Entscheidungen der Europäischen Union und des Bundes hingewiesen. Eine weitere wichtige Voraussetzung für die Anwendung des Konnexitätsprinzips besteht darin, dass die Gesamtheit der betroffenen Kommunen eine unabweisbare und wesentliche Mehrbelastung erfährt. „Wesentlich“ bedeutet landesweit bei 25 Cent je Einwohner eine jährliche Mehrbelastung von ca. 1 Million Euro.

Meine Damen und Herren, abschließend will ich auf zwei wichtige Regelungen des Ausführungsgesetzes hinweisen: Zum einen auf die zweistufige Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände, die ein Konsensgespräch mit einschließt, zum anderen weise ich darauf hin, dass die Haushaltsmittel des Landes für den Mehrbelastungsausgleich nicht dem kommunalen Finanzausgleich entnommen werden dürfen. Der Mehrbelastungsausgleich ist also insofern eine unabhängige und eigenständige finanzielle Ausgleichsregelung.

Meine Damen und Herren, die FDP-Fraktion hält das Ergebnis der Enquete-Kommission „Kommunen“, nämlich die Aufnahme des Konnexitätsprinzips in die Landesverfassung, für einen großen Erfolg. Herr Kollege

Schnabel, Sie kritisieren, das sei zu wenig gewesen, wir hätten über Standardabbau usw. sprechen und entscheiden müssen. Ich denke, nun hat auch die CDU in Berlin die Möglichkeit, eine Gemeindefinanzreform auf den Weg zu bringen, die diesen Namen verdient, damit wir unsere Kommunen in Zukunft mit einer auskömmlichen Finanzausstattung versehen können.

(Beifall bei FDP und SPD)

Meine Damen und Herren, wir sind der Auffassung, dass der vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung das Konnexitätsprinzip entsprechend umsetzen wird. Die FDP-Fraktion wird dem Gesetzentwurf zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei FDP und SPD)

Das Wort hat Herr Innenminister Bruch.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Konnexitätsausführungsgesetz regelt im Grunde genommen den Schutz der Kommunen vor Beschlüssen und Gesetzesvorhaben anderer.

(Zuruf des Abg. Dr. Weiland, CDU)

Wenn es so einfach wäre, wie Sie es erzählen, dann wäre es wirklich einfach, Herr Dr. Weiland. Dann hätten wir die Beratungen nicht durchführen müssen. Dann hätte sich die CDU vielleicht auch etwas besser einbringen können.

(Dr. Weiland, CDU: Ist klar!)

Der Anwendungsbereich ist umfassend. Was heißt das? Das heißt, damit wird nicht nur die Gesetzgebung durch den Landtag geregelt, sondern das Gesetz regelt auch den Fall, wenn das Volk Gesetzesinitiativen einbringt.

Ich denke, die Bagatellgrenze, die hier beschrieben worden ist, ist letztlich ein Ergebnis von guten Beratungen, Herr Schnabel. Es kann nicht sein, dass man jedes Mal über die Anwendung streitet, wie viel es denn sei.

(Schnabel, CDU: Widerstand!)

Wissen Sie, ich habe die Gesetzesberatungen verfolgt. Ich denke schon, dass am Schluss ein ausgewogener Gesetzentwurf vorgelegt worden ist. Er regelt die Frage des Mehrbelastungsausgleichs. Er regelt auch – soweit es geht – die Frage des Gestaltungsraums des Landes bei der Umsetzung von Bundes- und Europarecht. Das war eine spannende Frage. Wenn das Land Gestaltungsspielraum hat, dann muss es auch dafür eintreten. Das finde ich in Ordnung. Sie wissen aber auch, dass Sie Europarecht und Bundesrecht nicht einfach so dem Land zuordnen können nach dem Motto: Das Land muss das alles ausgleichen.– Das wissen Sie genauso gut wie

ich. Egal, wer dieses schöne Land regieren wird: Es ist so. Wir schaffen auf Bundesebene keine echte Konnexität. Das erwarte ich auch nicht von der großen Koalition. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird sich der Gesetzgeber verpflichten, künftig nicht direkt gesetzliche Folgen auf die Kommunen zu übertragen. Das ist schon viel. Wir werden das auch nicht in Europa hinbekommen.

Daher denke ich, dass wir insgesamt eine ausgewogene Situation geschaffen haben. Ich denke auch, dass die Interpretationsmöglichkeiten so gering wie möglich sind.

Sie haben gesagt, ich hätte gesagt, ich hielte das Gesetz für eine Anwendung im Kriegsfall. Das ist so. Ich habe mich mit in die Diskussion eingebracht bei der Frage, ob sich der Widerstand der Kommunen verfestigt und wie die Situation des Landes aussieht. Ich nehme einmal für das Innenministerium in Anspruch, dass wir vermittelnde Wege vorgeschlagen haben, auch für die Spitzenverbände. Diese Wege sind sie mitgegangen. Daher denke ich, dass der vertrauensvolle Umgang das Wichtigste für uns ist. Wenn wir das nicht schaffen, werden wir mit einem solchen Konnexitätsgesetz keinen Frieden schaffen. Frieden wollen wir aber.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei SPD und FDP)

Damit sind wir am Ende der Debatte und kommen jetzt zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Innenausschusses – Drucksache 14/4953 – zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen! – Damit ist die Beschlussempfehlung einstimmig angenommen worden.

Wir stimmen nun über den Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 14/4675 – ab. Wer dem Gesetzentwurf unter Berücksichtigung der zuvor beschlossenen Änderung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Damit ist der Gesetzentwurf einstimmig angenommen worden.

Wir kommen zur Schlussabstimmung über den Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 14/4675 –. Wer dem Gesetzentwurf unter Berücksichtigung der zuvor beschlossenen Änderung zustimmen möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben! – Damit ist der Gesetzentwurf der Landesregierung einstimmig angenommen worden.

Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:

Landesgesetz zu dem Ersten Vertrag zur Änderung des Vertrages zwischen dem Land Rheinland-Pfalz und dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Rheinland-Pfalz – Körperschaft des öffentlichen Rechts – und des dazugehörenden Schlussprotokolls Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 14/4676 – Zweite Beratung

dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur – Drucksache 14/4954 –

Frau Leppla hat als Berichterstatterin das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Durch Beschluss des Landtags vom 1. Dezember 2005 ist der vorliegende Gesetzentwurf zur Beratung federführend an den Ausschuss für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur und an den Rechtsausschuss überwiesen worden.