Das ist im Leben so. Das wissen Sie doch genauso gut wie ich. Man kann doch nicht Verträge am Markt aushandeln, wenn der Vertragspartner das nicht gern sieht.
Meine Damen und Herren, die letzte Frage ist sicherlich noch nicht ausdiskutiert, aber die Mündliche Anfrage ist beantwortet. Vielen Dank, Herr Minister.
Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Marlies Kohnle-Gros und Dr. Josef Rosenbauer (CDU) , Rücktritt des Verwaltungsdirektors des Klinikums der Johannes Gutenberg-Universität Mainz – Nummer 2 der Drucksache 14/4718 – betreffend, auf. Das Wort hat Herr Dr. Rosenbauer
Vor wenigen Tagen ist der Verwaltungsdirektor des Klinikums der Johannes Gutenberg-Universität Mainz zurückgetreten.
1. Steht der Rücktritt des Verwaltungsdirektors des Klinikums der Johannes Gutenberg-Universität Mainz in Zusammenhang mit dem Scheitern des Erneuerungskonzeptes?
2. Welche Schritte hat der Aufsichtsratsvorsitzende Professor Dr. Jürgen Zöllner unternommen, um den sich seit Jahren abzeichnenden Defiziten in der Krankenversorgung mit zeitgemäßen Mitteln zu begegnen?
3. Sieht die Landesregierung einen Interessenkonflikt zwischen dem rheinland-pfälzischen Wissenschaftsminister und dem Aufsichtsratsvorsitzenden Zöllner?
4. Trifft es zu, dass mit Forschungsgeldern Defizite aus der Krankenversorgung subventioniert werden?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Verwaltungsdirektor des Klinikums der Johannes GutenbergUniversität Mainz, Herr Dr. Lucas, hat mir gegenüber am 16. November dieses Jahres in einem Gespräch den Willen zur Aufhebung des bestehenden Dienstvertrags aus persönlichen Gründen in beiderseitigem Einvernehmen bekundet.
Nach § 6 der Satzung des Klinikums ist der Aufsichtsrat als Gremium zuständig für Abschluss, Änderung oder Aufhebung von Verträgen mit den Mitgliedern des Klinikvorstands. Daher hat sich der Aufsichtsrat am 25. November dieses Jahres auf meinen Vorschlag hin damit beschäftigt und beschlossen, den bestehenden Dienstvertrag zwischen dem Klinikum der Johannes Gutenberg-Universität und Herrn Dr. Lucas als Verwaltungsdirektor des Klinikums zum 31. Dezember 2005 aufzulösen. Dies ist zwischenzeitlich geschehen.
In dieser Sitzung wurde ich auch vom Aufsichtsrat beauftragt, Herrn Norbert Finke als kommissarischen Verwaltungsdirektor vom 1. Januar 2006 bis Ende 2006 mit der Wahrnehmung der Geschäfte zu beauftragen. Damit wird die Möglichkeit geschaffen, in Ruhe und ohne Zeitdruck einen neuen Verwaltungsdirektor zu suchen. Eine kompetente Leitung im wirtschaftlichen Bereich des Klinikums ist auf diese Art und Weise nahtlos gewährleistet.
Zu Frage 1: Herr Dr. Lucas ist nicht zurückgetreten, sondern hat mich um die einvernehmliche Auflösung seines Dienstvertrags ersucht. Dies ist ein Unterschied. Das Erneuerungskonzept ist nicht gescheitert. Daher kann es logischerweise auch keine Zusammenhänge geben.
Zu Frage 2: Nach dem Universitätsklinikumgesetz haben wir Organe mit klaren Zuständigkeiten. Für das operative Geschäft, auch für die Erarbeitung konzeptioneller Vorschläge, ist der Klinikvorstand zuständig. Der Aufsichts
rat des Klinikums und damit auch der Aufsichtsratsvorsitzende legt die betrieblichen Ziele des Klinikums fest und entscheidet in grundsätzlichen Angelegenheiten, er berät den Klinikvorstand und überwacht dessen Geschäftsführung.
Vorab: Große wirtschaftliche Probleme haben heute alle Universitätsklinika in Deutschland. Dies hängt unter anderem mit der Umsetzung der notwendigen – ich betone notwendigen – Reformen des Gesundheitssystems zusammen. Die DRGs nenne ich in diesem Zusammenhang nur als ein Stichwort. Ich will aus verständlichen Gründen seine Auswirkungen nicht näher ausführen.
2004 hat der Klinikvorstand für den Zeitraum von 2004 bis 2010 Jahresergebnisse prognostiziert, die ohne Gegensteuerung kumuliert minus 262 Millionen Euro betragen hätten. Für das Jahr 2010 war allein ein operatives Minus von 62 Millionen Euro prognostiziert.
Der Aufsichtsrat hat den Vorstand des Klinikums daher aufgefordert, ein umfassendes Erneuerungskonzept zu entwickeln, das dieser Entwicklung gegensteuert. Dieses Konzept wurde vom Aufsichtsrat im September 2004 einstimmig verabschiedet und hat zum Inhalt, diesen sich abzeichnenden Defiziten mit zeitgemäßen Methoden zu begegnen.
Meine Damen und Herren, das sind Maßnahmen, die logischerweise im Wesentlichen nur langfristig eine wirtschaftlich tragfähige Basis zum Ziel haben. Komplexe Vorhaben brauchen Zeit, und es ist in diesem Zusammenhang naiv, zu übersehen, dass solche Maßnahmen am Anfang sogar möglicherweise etwas zusätzliches Geld kosten.
Über die wirtschaftliche Situation – daran darf ich Sie erinnern – und über dieses Erneuerungskonzept im Einzelnen mit der Möglichkeit zur ausführlichen Diskussion habe ich den Landtag bzw. den zuständigen Ausschuss sowohl im Herbst 2004 als auch im Herbst dieses Jahres – also vor kurzem – informiert.
Ein Beispiel für Ansätze in diesem Erneuerungskonzept, die Wirkung zeigen, ist das OP-Management. Hier geht es darum, den Personalaufwand langfristig zu reduzieren und die OP-Saal-Auslastung zu verbessern. Es sind darüber hinaus die Energieoptimierung und die Standardisierung des medizinischen Sachbedarfs zu nennen.
Das operative Ergebnis des Jahres 2004 betrug ungefähr 10 Millionen Euro. Der Wirtschaftsplan 2005 geht von einem Minus von 7 Millionen Euro aus. Die Quartalsberichte lassen mit allen zwangsläufigen Unsicherheiten in einem solchen Zusammenhang ein Ergebnis erwarten, das etwas stärker negativ ist. Ich habe das im Einzelnen in der von mir erwähnten Ausschusssitzung dargelegt.
Ohne Erneuerungskonzept – zu Ihrer Erinnerung – hätte 2004 von einem Defizit von 11 Millionen Euro und 2005 von einem Defizit von 18 Millionen Euro ausgegangen werden müssen.
Zu Frage 3: Nein. Übrigens sind meines Wissens Regierungsvertreter in allen Aufsichtsräten von Universitätsklinika in der Bundesrepublik als Mitglied oder Vorsitzende vertreten.
Zu Frage 4: Das Klinikum erzielt Erträge im Wesentlichen aus der Krankenversorgung und dem Zuschuss des Landes für Forschung und Lehre. Das Klinikum wirtschaftet mit einem Gesamtbudget von ca. 470 Millionen Euro. Davon beträgt der Landeszuschuss für Forschung und Lehre im Jahr 2005 ca. 55 Millionen Euro. Hinzu kommen noch mehr als 5 Millionen Euro als Zuschuss für Investitionen und aus dem Programm „Wissenschaft – Zukunft für Lehre und Forschung“.
Meine Damen und Herren, die genauere Zuordnung der Mittel im Bereich der Krankenversorgung bzw. Forschung und Lehre war schon immer und ist heute noch bei allen Universitätsklinika ein Problem. Der Aufsichtsrat hat im Rahmen des Erneuerungskonzepts die Realisierung einer Kosten- und Leistungsrechnung vom Klinikvorstand aus diesem Grund gefordert. Dieses Projekt ist Bestandteil des Erneuerungsprogramms. An seiner Einführung wird gearbeitet. Diese Kosten- und Leistungsrechnung ist Voraussetzung dafür, um in diesem Problembereich Transparenz herzustellen.
Immer schon geht die Wissenschaft in diesem Bereich davon aus, dass der Landeszuschuss für Forschung und Lehre die Krankenversorgung subventioniert. Umgekehrt vermuten – das ist vorsichtig formuliert – die Kostenträger der Krankenversorgung schon seit Jahren, dass der Bereich Forschung und Lehre von ihnen subventioniert wird. Dies wird nicht nur beim Universitätsklinikum Mainz vermutet, sondern – wie nachvollziehbar – insgesamt in dieser Republik.
In diesen Vermutungen und der Tatsache, dass die Kosten- und Leistungsrechnung noch nicht vorliegt, die im Übrigen noch in keinem Universitätsklinikum in der Bundesrepublik Deutschland existiert, liegt ein prinzipielles Problem. Es ist außerordentlich schwierig, die Kosten für Krankenversorgung sowie für Forschung und Lehre in einem Universitätsklinikum in der Praxis wirklich zu trennen. Dieses Vorhaben – auch wenn es in einigen Bereichen nur annähernd gelingen wird – ist dennoch wichtig, um die angesprochene und notwendige Transparenz herzustellen.
Der Aufsichtsrat hat und er wird weiter mit allen gebotenen Möglichkeiten auf eine korrekte Mittelverwendung in diesem Zusammenhang achten.
Herr Minister Zöllner, erinnere ich mich richtig, dass auch der Vorgänger von Herrn Dr. Lucas für die Öffent
lichkeit etwas überraschend das Klinikum verlassen hat? Sie selbst haben in einem Schreiben, das Sie an den Ausschuss gerichtet haben, in dem es um die Novelle des Universitätsklinikumgesetzes ging, darauf hingewiesen, dass die Leitungsstrukturen bei Aufsichtsrat und Vorstand nicht mehr optimal sind. Würden Sie bitte einmal darstellen, was wirklich dahinter steckt, dass zwei Verwaltungsdirektoren die Klinik verlassen haben?
Ihre Darstellung gibt eine Interpretation, die einen völlig falschen Eindruck erweckt. Ich bin aus dem Stand nicht in der Lage zu sagen, wie lang Herr Müller-Bellingroth Verwaltungsdirektor des Klinikums war. Nach meiner Erinnerung muss es sich um einen Zeitraum von weit mehr als fünf Jahren handeln, sodass man in diesem Fall ohne Zweifel nicht von einem überraschenden Abgang oder Wechsel reden kann.
In Führungspositionen im Bereich der Wirtschaft – das ist letzten Endes eine solche – ist es ein normales und übliches Vorgehen, die Verantwortung in diesen Positionen nach gewissen Zeiten zu wechseln, sodass ich hier keine Besonderheit für das Universitätsklinikum erkennen kann. Der Wechsel von Herrn Lucas mag überraschend gekommen sein, aber auch dieses ist nicht so ungewöhnlich, dass es Trennungen gibt, die im gegenseitigen Einvernehmen erfolgen.
Ich komme zu Ihrem zweiten Fragenkomplex. Sie wissen, dass die Landesregierung eine Novelle des Universitätsklinikumgesetzes geplant hat, in der auch Veränderungen der Leitungsstrukturen vorhanden sind. Wir wollen aus anderen Gründen wegen noch zu klärender Fragen im Bereich der Umsatzsteuer und davon abhängig an der Rechtskonstruktion, in der eine solche Anstalt geführt werden muss, abwarten, um eine sinnvolle Novelle zu machen.
Ganz allgemein habe ich keinerlei Scheu und Bedenken klarzumachen, dass bei der zunehmenden Konkurrenz zwischen Krankenanstalten in Deutschland, die sich auch zunehmend im wirtschaftlichen Bereich auf die Universitätsklinika erstreckt und zum Beispiel darin äußert, dass von der hessischen Landesregierung sehr zielstrebig die Privatisierung von Universitätsklinika angestrebt wird, verstärkt ein Management des Krankenversorgungsbereichs erforderlich wird, das nach wirtschaftlichen Effektivitätsgesichtspunkten einen möglichst großen Erfolg verspricht. Dies stimmt logischerweise nicht mit der Struktur überein, nach der Leitungspersonal an Universitäten rekrutiert wird, sondern entspricht letzten Endes der Möglichkeit, über die wirtschaftliche Lebensfähigkeit einer solchen Einrichtung zu entscheiden.
Das heißt, der Ansatz, den wir in unserer diskutierten Novelle gehen, ist sicher notwendig, um die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Klinikums auch in Zukunft zu gewährleisten.
Herr Professor Zöllner, ist das Gutachten das zum Erneuerungskonzept erstellt worden ist, öffentlich ausgeschrieben worden?
Meines Wissens ist für das Erneuerungskonzept kein Gutachten ausgeschrieben und erstellt worden, sondern das Erneuerungskonzept ist das Produkt der Diskussion zwischen dem Klinikvorstand und dem Aufsichtsrat mit dem entsprechenden Beschluss. Es gibt eine Vielzahl von Gutachten oder entsprechenden Beratungen, die durch wirtschaftliche Institutionen im Lauf der normalen Tätigkeit einer wirtschaftlichen Einheit, die das Klinikum darstellt, durchgeführt werden. Das ist aber nicht das Erneuerungskonzept gewesen. Selbstverständlich gehe ich davon aus, dass alles den Vorschriften entsprechend, soweit sie in diesem Bereich existieren, abgelaufen ist.
Herr Minister Zöllner, wenn Sie aus der Sicht von heute das Erneuerungskonzept und die Situation in Deutschland reflektieren – Sie haben Hessen, Marburg und Gießen angesprochen; ich nenne als anderes Beispiel Aachen, die durchaus mit Erfolg sei einigen Jahren arbeiten und sogar Überschüsse erwirtschaften –, kommen Sie dann zu dem Schluss, dass wir in RheinlandPfalz mit diesem Konzept zu einem zu späten Zeitpunkt dran sind und die Perspektive, dass sich etwas ändert, zu lang gezogen ist? Ich frage deutlich: Werden wir mit diesem Konzept wirklich zukunftsfähig sein?
Erstens bin ich der festen Überzeugung, dass wir schon jetzt zukunftsfähig sind, und, wenn wir es umsetzen, noch verstärkt zukunftsfähig sein werden.