Protocol of the Session on May 28, 2020

Schon allein die Forderung nach einer Wahl an zwei Tagen begründet eine Ablehnung. Das wäre für die Kommunen nach unserer festen Überzeugung ein zusätzlicher und nicht zu stemmender Kraftakt.

Abschließend darf ich Herrn Reul noch einmal darauf hinweisen, dass er sich jetzt gemeinsam mit dem Kabinett auf den Wahltermin festgelegt hat, und komme auch nicht umhin festzustellen, dass Sie jetzt auch an der ordnungsgemäßen Umsetzung dieser Wahl gemessen werden. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die FDP spricht Herr Abgeordneter Höne.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Gesetz

entwurf wird das Hohe Haus eine Entscheidung treffen, die im Gesetzestext explizit gar nicht enthalten ist: Es geht um die finale Entscheidung darüber, dass die Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen wie geplant am 13. September 2020 stattfinden werden.

Wir wissen, dass es Diskussionen und Forderungen gab und gibt, die Wahl zu verschieben. Wir wissen auch – der Rechtsausschuss hat sich heute Morgen damit beschäftigt –, dass es Klagen vor dem Verfassungsgerichtshof gibt.

Darum will ich gleich zu Beginn der Debatte für die Freien Demokraten ganz deutlich sagen: Eine Verschiebung des Wahltermins lehnen wir ab.

Dabei geht es nicht um kleine Verschiebungen um wenige Tage oder Wochen innerhalb der bestehenden Wahlperiode, die Ende Oktober ausläuft, sondern es geht in der Diskussion immer um die Frage von Verschiebungen über die Wahlperiode hinaus; das ist ein wichtiger Unterschied.

Inhaltlich spricht gegen eine Verschiebung zunächst einmal, dass wir gar nicht wissen, wohin wir verschieben sollen, denn ob wir um ein halbes Jahr verschieben oder um ein Jahr: Niemand weiß, ob es bis dahin einen Impfstoff gibt. Niemand weiß, ob bis dahin wirklich ein Leben – in Anführungsstrichen – wie früher möglich ist.

Darum kann eine Verschiebung nur eine Hoffnung auf eine Problemlösung sein und keine Garantie. Das ist deutlich zu wenig, um mit Wahlterminen herumzuspielen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Eine Verschiebung über den Oktober hinaus wäre eine nachträgliche Verlängerung der kommunalen Wahlperiode. Ich warne auch diejenigen im politischen Raum, die das immer noch fordern, sehr davor, eine solche Verlängerung auf die leichte Schulter zu nehmen.

Die Vereinigung Liberaler Kommunalpolitiker hat bei Professor Dr. Janbernd Oebbecke, der hier im Hause, insbesondere im Kommunalausschuss, gut bekannt ist, ein Kurzgutachten zu Rechtsfragen im Zusammenhang mit der für den 13. September 2020 vorgesehenen Kommunalwahl in Auftrag gegeben. Ich möchte gern auf einige Hinweise aus dem Gutachten eingehen.

Das Bundesverfassungsgericht hat 1951 ganz klar festgestellt: Die Verlängerung einer Wahlperiode stellt eine Beeinträchtigung des Wahlrechts und damit eines grundlegenden Rechtes in unserer Demokratie dar.

Auch ich möchte noch einmal auf das Urteil aus Karlsruhe aus dem Jahr 1964 verweisen. Darin ist nämlich klar gesagt worden, dass es „zu den grundlegenden Prinzipien des Rechtsstaates …“ gehört, in

„im Voraus bestimmten Abständen“ Wahlen durchzuführen und Volksvertretungen neu zu legitimieren.

Der entscheidende Satz des Urteils des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs aus dem Jahr 1958 ist folgender: Bei einer nachträglichen Verlängerung der Wahl beruhe das Mandat der Gewählten für die Zeit der Verlängerung nicht auf dem Willen der Wähler. – Das muss uns Demokraten doch nun wirklich hellwach machen.

Ich fasse zusammen: Eine Verlängerung der Wahlperiode böte keine Sicherheit auf ein Verfahren wie früher und in absoluter Sicherheit. Eine nachträgliche Verlängerung der Wahlperiode wäre juristisch und demokratisch enorm fragwürdig.

Es ist somit richtig, am Wahltermin festzuhalten. Es ist aber auch richtig, auf die Umstände einzugehen, die wir hier im Moment vorfinden, denn wir alle wissen: Wesentlich Ungleiches sollte nicht gleich behandelt werden.

Auf die einzelnen Aspekte sind meine Vorredner bereits eingegangen; ich kann es darum kurz machen:

Mehr Zeit für die Einreichung der Wahlvorschläge hilft allen Vorschlagsträgern. Größere Stimmbezirke erleichtern die Organisation, und zwar nicht nur wegen der Wahlvorstände, sondern auch, weil wir alle wissen, dass sich viele Wahllokale in Altenheimen befinden, die im Moment denkbar ungeeignet für eine Kommunalwahl wären. Zudem senken wir die Quoren für die beizubringenden Unterstützungsunterschriften.

In diesem Zusammenhang möchte ich noch kurz das Gutachten von Herrn Professor Dr. Oebbecke erwähnen: Er weist darauf hin, dass die Hürden durch diese Unterstützungsunterschriften ohnehin immer wieder von Verfassungsgerichten als sehr moderat eingestuft wurden. Insofern ist das Absenken ein weiteres, deutliches Entgegenkommen für die hier Betroffenen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vieles wird bei den Aufstellungsversammlungen, die zum Teil noch andauern, anders sein. Vieles wird auch im Wahlkampf anders sein. Aber abschließend möchte ich ganz deutlich sagen: Der politische Wettstreit um die beste Idee wird möglich sein, wenn auch möglicherweise nicht in einer klassischen Großveranstaltung, wie man sie sich vielleicht wünscht.

Das Plakatieren, der Onlinewahlkampf, die Diskussionen am Infostand, der Haustürwahlkampf, Mailings – all diese Dinge sind ganz normal möglich, wie es sonst auch der Fall war. Insofern steht einem intensiven und fairen politischen Wettstreit nichts im Wege.

Herr Kollege Kämmerling, man muss sich in der Tat wundern: Man macht einen gemeinsamen Gesetz

entwurf, und Sie können trotzdem nicht aus Ihrer Haut,

(Zuruf von Gregor Golland [CDU])

werden sogar polemisch. Das sagt sehr viel über Charakter und Stil aus – deutlich mehr, als es Ihnen lieb sein dürfte.

(Beifall von der FDP und der CDU – Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Fraktion der AfD hat nun Herr Abgeordneter Tritschler das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Kommunalwahl im September wirft im Zusammenhang mit der Coronapandemie und den damit verbundenen Lockdownmaßnahmen eine Reihe von Fragen auf.

Genau in dem Zeitfenster seit Festlegung der Wahlbezirke und Ausschreibung der Wahlen wurden Versammlungen bisher quasi unmöglich gemacht. Zwar hatte der Landeswahlleiter mit Schreiben vom 19. März 2020 mitgeteilt, dass davon ausgegangen werden könne – Zitat –,

„dass Aufstellungsversammlungen unter Berücksichtigung ihrer verfassungsrechtlichen Bedeutung von den aufgrund der o.g. Erlasse des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales bislang verfügten Veranstaltungsverboten ausgenommen sind.“

Allerdings war das eher ein akademischer Hinweis. Über längere Strecken war die Gastronomie komplett geschlossen. Auch die Kommunen wussten von dem Schreiben oft nichts und stellten, selbst wenn sie darauf hingewiesen wurden, häufig keine Säle zur Verfügung.

Das mag für die hier im Haus vertretenen Parteien eine Unannehmlichkeit sein, bei kleinen Wählergruppen gefährdet das aber den Wahlantritt, denn sie müssen im Gegensatz zu den hier im Haus vertretenen Parteien nicht nur Kandidaten aufstellen, sondern für jeden Kandidaten, für jede Liste eine Vielzahl von Unterstützungsunterschriften sammeln.

Ich hatte das Vergnügen mit meiner Partei im Jahr 2014 auch, und ich weiß, dass das schon unter normalen Bedingungen ein mühsames Geschäft ist. Nun befinden wir uns in der Pandemie. Den Menschen ist wochenlang – ob nun zu Recht oder zu Unrecht – eingeimpft worden, dass sie Abstand voneinander halten und zwischenmenschliche Kontakte auf ein absolutes Minimum reduzieren sollen.

Außerdem sollen sie, so wurde es Ihnen gesagt, im öffentlichen Raum eine Schutzmaske tragen,

(Regina Kopp-Herr [SPD]: Zu Recht!)

die die verbale Kommunikation zumindest nach meiner Erfahrung zusätzlich erschwert.

Unter solchen Umständen sind die Unterschriftenerfordernisse für kleine Wählergruppen, die nicht über den professionellen Apparat großer Parteien verfügen, und damit die Bedingungen, bei der Kommunalwahl anzutreten, fast schon unmöglich.

Sie haben schon Schwierigkeiten, geeignete und bezahlbare Räume für Aufstellungsversammlungen zu finden, wenn für eine Versammlung pro Teilnehmer eine Fläche von 10 m² vorgeschrieben wird. Dann müssen sie eben noch diese Unterschriften sammeln, und in den großen Städten des Landes sind das schnell über 1.000, um dann ihre Kandidaten auf den Wahlzettel zu hieven.

Wir haben daher einen Gesetzentwurf eingebracht, der zumindest diese Erfordernisse auf ein erträgliches Maß absenkt, denn schon jetzt sind viele Fragen mit der Wahl verbunden.

Die Forderungen mehren sich, den Wahltermin zu verschieben; Klagen sind bereits auf dem Weg. Wir halten das angesichts der ohnehin schon überlangen Wahlperiode unserer Kommunalparlamente nicht unbedingt für eine gute Idee, aber wir müssen sicherstellen, dass nicht nur etablierte Parteien eine Chance haben, sondern auch die Kleingruppen und Wählergemeinschaften, denn sie bereichern die kommunale Demokratie erheblich.

Nun werden Sie unseren Antrag vermutlich ablehnen, haben aber immerhin einen eigenen eingebracht, der in die gleiche Richtung geht.

(Stefan Kämmerling [SPD]: Bei uns ist es ein Gesetzentwurf!)

Nur eine Sache haben Sie übersehen: Wenn für die Unterschriftensammler weiterhin die Regeln der Coronaschutzverordnung gelten, wird das Unterschriftensammeln nahezu unmöglich. Dann hilft es auch nicht, nur die Zahl der Unterschriften zu kürzen.

Wir wollen diese Vorschrift mit unserem Gesetzentwurf für Unterschriftensammlungen aussetzen und hoffen, dass das wenigstens noch auf dem Erlasswege kommt, Herr Minister. Andernfalls geben Sie den Klägern gegen den Wahltermin schon jetzt zusätzliche Argumente und schaffen weitere Rechtsunsicherheit.

Schließlich sollten wir uns bei nächster Gelegenheit mal darüber unterhalten, ob und inwieweit diese Unterschriftenerfordernisse überhaupt in eine Demokratie passen. Die etablierten Parteien haben gegenüber anderen Wahlbewerbern in puncto Finanzierung und Organisation schon so viele Vorteile, dass nicht ersichtlich ist, warum man den kleinen noch weitere Steine in den Weg legen sollte.

Wir – da schließe ich meine Partei ausdrücklich mit ein – sollten uns nicht dem Vorwurf aussetzen, unseren Einfluss auf die Gesetzgebung zu nutzen, um unliebsame Mitbewerber aus den Rathäusern herauszuhalten.