Protocol of the Session on May 28, 2020

Wir – da schließe ich meine Partei ausdrücklich mit ein – sollten uns nicht dem Vorwurf aussetzen, unseren Einfluss auf die Gesetzgebung zu nutzen, um unliebsame Mitbewerber aus den Rathäusern herauszuhalten.

Also schaffen wir vielleicht diese Erfordernisse ab oder sagen, dass alle Parteien Unterschriften sammeln müssen. Das wäre für den einen oder anderen hier im Haus vielleicht ein ganz neues Erlebnis. – In diesem Sinne: schönen Abend.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank. – Für die Fraktion der Grünen hat der Abgeordnete Herr Mostofizadeh das Wort.

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zunächst sagen: Wir freuen uns auf die Kommunalwahl, die am 13. September 2020 stattfinden wird. Wir akzeptieren, dass der Wahltermin festgelegt ist.

Uns war es ein großes Anliegen, dass, egal wie man es abwägt, irgendwann einmal eine sehr klare Entscheidung getroffen werden muss, denn nichts ist schlimmer, als im Vagen zu bleiben. Es müssen Vorbereitungen getroffen und Aufstellungsveranstaltungen organisiert werden wie vieles andere auch.

Auch wir hatten Diskussionen über die Frage, ob man verschieben kann oder nicht; Kollege Kämmerling hat darauf hingewiesen, dass der Innenminister diesbezüglich durchaus einige Hinweise gegeben hat. Irgendwann muss aber eine Entscheidung getroffen werden.

Deswegen war es auch vernünftig, dass sie jetzt gefallen ist und wir auf dieser Basis diese Debatte an diesem Tage führen. – Punkt eins.

Punkt zwei. Wir freuen uns wirklich auf die Kommunalwahl, denn es ist richtig, wie der Kollege Golland eben gesagt hat, dass es sich hierbei um ein Hochfest der Demokratie handelt, wie Sie es in Ihrer Pressemitteilung formuliert haben.

Hierzu muss ich allerdings sagen, dass mir nicht klar ist, unter welchem Einfluss sie geschrieben worden ist. Dass eine Fraktion noch das Recht hat, gewisse Dinge abzuwägen, ist wohl das Mindeste.

Wir werden dem Gesetzentwurf von CDU, SPD und FDP zustimmen, weil wir der Auffassung sind, dass er in die Richtung geht, dass er viele wichtige Punkte aufgreift und die schwierige Situation auch in die richtige Richtung bringt.

Ich weiß nicht, was Ihr Fraktionsvorsitzender erklärt hat, aber uns geht es um einige Punkte dieses Entschließungsantrags, der im Übrigen, Herr Kollege Kämmerling, auch der SPD, der FDP und der CDU

zur Mitbefassung zugegangen ist. Es ist das normalste demokratische Verfahren überhaupt, dass man gewisse Abwägungsprozesse einbringt.

Ich will nur einen Punkt herausheben, der für uns zumindest bedenkenswert gewesen wäre, der von mehreren Rednerinnen und Rednern angesprochen worden ist, nämlich inwieweit das Land bei Aufstellungsversammlungen noch unterstützend tätig sein und die Kommunen dabei unterstützen kann, die hygienebedingten Mehrkosten – also nicht alle Kosten – für die Aufstellungsversammlung zu übernehmen, damit eine möglichst große Gleichheit bei den Aufstellungsversammlungen möglich ist.

(Beifall von den GRÜNEN – Monika Düker [GRÜNE]: Genau!)

Ich finde es alles andere als ehrenrührig, einen solchen Vorschlag noch einmal in die Debatte einzubringen.

Was die zweitägige Wahl anbetrifft: Vielleicht haben Sie das nicht ganz richtig gelesen. Wir haben angeregt, das zu prüfen. Natürlich geht man auch in Gespräche mit den kommunalen Spitzenverbänden. Wenn die abschlägig sind, lässt man es sein; das ist ja in Ordnung. Aber man kann es machen, und das haben wir mit unserem Antrag begehrt.

Wir werden dem Gesetzentwurf zustimmen. Mich würde es allerdings schon sehr freuen, wenn Sie noch einmal in sich gehen würden – Sie haben eben sehr verwundert geguckt –, um vielleicht noch einmal ernsthaft inhaltlich zu prüfen, was wir hier auf den Tisch gelegt haben, um zu einer noch besseren Abwägung zukommen.

Herr Innenminister, Sie haben eine schwierige Entscheidung zu treffen gehabt. Die Kommunalwahl ist vorzubereiten. Ich möchte betonen: Wir stehen hinter Ihnen, weil wir wollen, dass diese Wahl vernünftig durchgeführt wird, dass sie gültig ist und unter fairen Bedingungen stattfindet, so schwierig das in den jetzigen Zeiten auch ist.

Wir sollten ab jetzt aber nicht die Spielregeln dieser Kommunalwahl noch irgendwie infrage stellen. Diese Kommunalwahl muss wie jede andere Wahl auch mit voller Ernsthaftigkeit, mit voller Auseinandersetzung, mit voller Inbrunst und mit bunten politischen Debatten stattfinden können. Dazu treffen wir hier die Vorbereitungen.

Deswegen haben wir Grüne uns auch die Mühe gemacht, noch einmal den einen oder anderen Punkt in die Waagschale zu werfen, um die Wahl vielleicht noch ein Stück besser zu machen. Das haben wir Ihnen vorgelegt. Deswegen bitten wir auch darum, diesem Entschließungsantrag zuzustimmen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Da ich selbst, wie Sie wissen, einer derjenigen bin, der sich in die Waagschale geworfen hat, will ich

sagen: Von dieser Entscheidung heute soll das Signal ausgehen, dass sich dieses Bundesland trotz der schwierigen Bedingungen, unter denen wir hier arbeiten – das ist auch in allen Beiträgen kundgetan worden –, auf diese Wahl freut, denn Wahlen sind immer das Hochfest der Demokratie.

Wir stimmen darüber ab, wie die nächsten fünf Jahre politisch zu sortieren sind. Natürlich muss auch eine Wahlperiode eine Grenze haben. Deswegen sage ich: Ich freue mich auf diese Wahl.

Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie noch einmal in sich gehen und unserem Entschließungsantrag zustimmen, sodass wir heute eine selbstbewusste und verantwortungsvolle, aber freudvolle Entscheidung für die Kommunalwahl und für die kommunale Demokratie treffen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Landesregierung hat nun der Minister Reul das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte zwei Vorbemerkungen machen:

Erste Vorbemerkung: Es ist ein paar Mal auch angeklungen, dass es gute Gründe für diese starken Regeln gibt, wie man den Termin der Kommunalwahl festlegt. Es darf nämlich niemals sein, dass der Termin einer Wahl aus irgendwelchen parteipolitischen oder willkürlichen Überlegungen festgelegt wird.

Das macht die Entscheidung nicht so einfach. Deswegen bin ich dankbar – das darf ich vorneweg sagen –, dass es eine so breite Zustimmung für diese Grundsatzfrage gibt. Die ist wichtig, denn es ist nicht einfach in diesen schwierigen Zeiten.

Zweite Vorbemerkung: Herr Kämmerling und auch andere, wir haben schon einen Erlass auf den Weg gebracht, um den Kommunen einen deutlichen Hinweis zu geben, was wir erwarten. Aber zwischen Erwarten und Vorschreiben gibt es Unterschiede. Es hat gute Gründe, warum man so formuliert; das will ich jetzt nicht noch länger ausführen.

Es ist richtigerweise gesagt worden: Diese Kommunalwahl findet in einer anderen Situation statt; Corona hat die Lage etwas verändert. Obwohl die Aufstellungsversammlungen von Parteien und Wählergruppen zu keiner Zeit untersagt waren, haben sich die Kontaktbeschränkungen natürlich in der Praxis ausgewirkt. Es wäre blauäugig, das nicht zu sehen.

Das gilt zum Beispiel für die Durchführung solcher Versammlungen, zum Beispiel weil große Versammlungsräume zeitweise nicht zur Verfügung standen,

die Bereitschaft zur Teilnahme an solchen Versammlungen aus Sorge vor Ansteckung sank, oder man vermutete, dass sie sinken würde, was wir gar nicht wissen. Die anschließende Sammlung von Unterstützungsunterschriften wurde sicherlich unter anderem durch die große soziale Distanz auch erschwert.

Abgesehen davon sollte man einkalkulieren, dass während und nach der Coronapandemie die Gewinnung ehrenamtlicher Wahlhelferinnen und Wahlhelfer und die Bereitstellung geeigneter Wahllokale für die Urnenwahl nicht leichter sein wird; das ist eine neue Herausforderung, aber alles, was wir jetzt machen, steht unter besonderen Schwierigkeiten. Es wäre seltsam, wenn das hier nicht der Fall wäre.

Hier setzt der Gesetzentwurf von CDU, SPD und FDP an: Die Verschiebung des Stichtages für die Einreichung der Wahlvorschläge auf den 27. Juli räumt Parteien, Wählergruppen und Einzelbewerbern elf Tage mehr ein, um genau das Problem in den Griff zu bekommen, mehr Zeit für die Vorbereitung ihrer Wahlteilnahme zu haben.

Das macht die Anpassungen weiterer Stichtage für die Zulassung der Wahlvorschläge logischerweise erforderlich. Im Ergebnis wird hier aber eine bis 2019 geltende Rechtslage wiederhergestellt, denn nagelneu ist dieser Vorschlag auch nicht.

Besonders wichtig ist die gleichzeitige Absenkung der für Wahlvorschläge notwendigen Unterstützungsunterschriften auf grundsätzlich 60 % des ansonsten festgelegten Umfangs. Das bedeutet zum Beispiel für Reservelisten in Räten und Kreistagen maximal 60 statt 100 Unterschriften, was der Chancengleichheit aller Bewerber Rechnung trägt.

Der Entwurf der AfD-Fraktion stimmt zwar bei der Verschiebung der Stichtage mit dem Entwurf der anderen Fraktionen überein, aber die Reduzierung auf 35 % halten wir für verkehrt.

Ansonsten will ich darauf nicht näher eingehen, sondern mich noch einmal mit Blick auf die Uhr auf den Gesetzentwurf von CDU, SPD und FDP konzentrieren.

Die Obergrenze für die Einteilung von Stimmbezirken gibt den Gemeinden die Möglichkeit zu handeln, und auch die Chance, die Zahl der Urnenwahlvorstände und die Wahlräume deutlich zu verringern. Damit kann man auch fehlende Kapazitäten in bestimmten früheren Einrichtungen berücksichtigen. Zudem ließe sich ein steigender Bedarf an Briefwahlvorständen decken.

Wenn vor Ort der Weg zum Wahlraum zu weit werden sollte, kann man immer noch auf die Briefwahl ausweichen. Das gilt natürlich auch, wenn am Wahltag Corona immer noch ein Thema sein sollte.

Ich bin übrigens fest davon überzeugt, dass die Gemeinden vor Ort beim Infektionsschutz keinen

Nachhilfeunterricht brauchen; das machen sie jetzt schon in den unterschiedlichsten Situationen. Das wird natürlich auch Aufgabe der Wahlvorstände sein.

SPD, CDU und FDP ermöglichen mit ihrem Vorschlag auch die personelle Verstärkung; das setzt wegen der Mund-Nasen-Bedeckung zusätzlich eine vorsorgliche Ausnahme vom Verhüllungsverbot voraus.

Noch ein paar Anmerkungen zu den Anregungen in dem Antrag der Grünen. Es gibt fünf Punkte, angefangen mit den Kosten für die Kommunalwahl, die von den Gemeinden getragen, übrigens auch in Zeiten von Corona; das ist in § 47 Kommunalwahlgesetz so geregelt.

Zur Barrierefreiheit für die Ausgestaltung der Wahlräume sind laut § 34a Kommunalwahlordnung auch nur ausschließlich die Gemeinden verantwortlich. Ich traue den Kommunen auch zu, dass sie das klug machen. Sie haben es bisher auch klug gemacht. Warum sollten sie es jetzt weniger gut machen können? Übrigens stehen immer Beratungshilfen zur Verfügung.

Sie schlagen vor, eine zweitägige Wahl zu prüfen. Mein Haus hält das für außerordentlich problematisch, weil es auch verfassungsrechtlich problematisch sein kann neben all den Fragen, die es schwieriger machen, ausreichend Menschen für die Wahlvorstände für zwei Tage zu finden. Wir haben eben davon gesprochen, dass es schon bei einem Tag schwierig ist. Auch darüber sollte nachgedacht werden. Man müsste die Wahlurnen nachts sicher verwahren. Es gibt eine ganze Fülle solcher Fragen.

Dann gab es noch die Frage, den gleichzeitigen Versand der Briefwahlunterlagen und der Wahlbenachrichtigungen zu prüfen. Auch das ist rechtlich mit Blick auf § 9 Abs. 2 Kommunalwahlgesetz nicht möglich. Es könnte übrigens auch ein Gefühl von Wahlpflicht auslösen.

Praktiker aus den Kommunen berichten uns für diesen Fall auch von großen Problemen, von logistischem Aufwand, der entsteht, wenn Sie für 100 % der Wahlberechtigten alle Unterlagen drucken und verschicken müssen – wenn das überhaupt technisch möglich ist.