Vielen Dank, Herr Kollege Hafke. – Wir gehen jetzt in die dritte Runde in der Aktuellen Stunde. Die eröffnet Frank Müller für die SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Hafke, gut behauptet ist noch lange nicht richtig.
Wir haben einige Vorschläge des Kollegen Maelzer im Plenum gehört, wie man die Situation verbessern könnte. Ein Vorschlag unter anderen war, endlich damit anzufangen, die schulische Ausbildung zu vergüten. Das wäre beispielsweise ein guter Punkt, den wir miteinander diskutieren könnten, um die Ausbildung attraktiver zu machen,
damit junge Menschen nicht noch Geld mitbringen müssen, um Erzieherinnen oder Erzieher zu werden. Das zum einen.
Was mich aber wirklich um den Verstand bringt, ist, dass Sie nicht müde werden, zu betonen, was für ein warmer Geldsegen ab dem 01.08. dieses Jahres auf die Träger bzw. Kitas herabregnen wird, mit dem
Sie werden sehen, dass das Gegenteil der Fall sein wird. Die Träger haben erste Modellrechnungen gemacht, um zu schauen, was am Ende bei ihnen hängenbleibt. Es wird genau das passieren, was Ihnen alle – nicht nur wir, sondern auch viele in der Anhörung – prophezeit haben: Es wird den Status quo erhalten, es wird Druck aus dem System nehmen, es wird dazu führen, dass Qualität sich nicht zusätzlich verschlechtert, aber es wird eben nicht dazu führen, dass sich die Qualität verbessert – um kein einziges Jota. Wenn Sie nämlich das Mehr auf jede einzelne Einrichtung herunterbrechen, bleibt noch nicht mal eine volle Personalstelle übrig, die Sie besetzen könnten.
Zig Träger in diesem Land haben sich in den vergangenen Jahren gemeinsam mit Erzieherinnen und Erziehern, auch mit vielen Eltern, auf den Weg begeben, um viel mehr in den Kitas zu tun als das, was ihnen dieses Land – egal unter welcher Farbe – jemals refinanziert hat. Sie haben immer mehr gemacht als das, wofür der Gesetzgeber Geld zur Verfügung gestellt hat.
Das können Sie jetzt absichern. Sie werden ihre Arbeit nicht ausweiten können, es werden nicht mehr Fachkräfte ankommen. Das werden Sie sehen. Da können Sie mit dem Kopf schütteln, aber am Ende wird die Geschichte zeigen, wer recht hat. Ich sage Ihnen: Wir werden dieses große Plus am Ende nicht sehen.
Zu den vielen anderen warmen Worten: Davon können sich die Menschen, die vor Ort arbeiten, wirklich nicht viel kaufen.
Wertschätzung gelingt nicht mit warmen Worten allein. Erzieherinnen und Erzieher brauchen Geld. Sie brauchen Zeit, um ihre Arbeit zu machen, und sie müssen Sicherheit haben. Noch immer ist es an der Tagesordnung, dass sie in befristeten Beschäftigungsverhältnissen stecken, weil die Träger nicht wissen, wie es weitergeht.
Ein weiterer Hinweis – auch wenn es keinen unmittelbaren, sondern nur einen mittelbaren Zusammenhang gibt – war, dass Kitas mit dem antiquierten und überholten System der Kindpauschalen einfach nicht planbar zu betreiben sind.
Wenn Sie nicht bereit sind, über einen Systemwechsel zu reden, werden wir nie dahin kommen, dass wir über einen Quantensprung in der Qualität sprechen können. Das ist die schlichte Wahrheit, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ja, ja. – Was das Thema „Wertschätzung“ angeht, hätte Kollege Kamieth den Apfelschäler mitbringen können, den ihm Erzieherinnen und Erzieher im Hinblick auf die Hinweise, die die CDUFraktion in ihre Richtung ausgesprochen hat, geschenkt haben.
Gleichwohl zeigen die Berechnungen sehr deutlich, dass bezogen auf die Auskömmlichkeit teilweise eine Reduzierung des Fachkräfteschlüssels zu erwarten ist. Wie gesagt, werden wir zu Beginn des neuen Kita-Jahres einen Strich darunter machen können. Dann werden wir sicherlich nochmals eine Aktuelle Stunde abhalten und sehen, wer am Ende recht behalten haben wird.
Vielleicht noch ein Wort zu Ihnen, Frau DworeckDanielowski: Ich habe das Gefühl, dass Sie, wenn Sie von ideologischer Verblendung reden, während der gesamten Redezeit eigentlich nur sich selber gemeint haben können.
Wenn Sie die Ergebnisse all dieser Untersuchungen zitieren, mögen Sie ja vielleicht in der Analyse noch richtigliegen. Aber keine einzige dieser Studien kommt zu dem Schluss, zu dem Sie kommen, dass am Ende das System der Kinderbetreuung rückabzuwickeln ist.
Auch an einem anderen Punkt haben Sie sich entlarvt. Sie reden nämlich immer von Müttern; von Müttern, die zu Hause erziehen können; von Müttern, die deutlich mehr machen. – Alleine das entlarvt, wohin Sie eigentlich wollen.
Die eigentlichen Geisterfahrer, das sind nicht wir alle, die wir hier sitzen, oder die Eltern oder die Mütter oder die Kinder oder die Erzieherinnen und Erzieher. Vielmehr sind das am Ende Sie. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Müller. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. – Das bleibt so. Dann schließe ich die Aussprache zu Tagesordnungspunkt 1, der Aktuellen Stunde.
Ich eröffne die Aussprache, und als erster Redner hat für die antragstellende Fraktion der SPD Herr Kollege Kutschaty das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren, in diesem Jahr jährt sich das Ende des Zweiten Weltkriegs und der Naziherrschaft zum 75. Mal. Wir werden uns an die Opfer von Krieg und Vernichtung erinnern, an den Terror der Gestapo und an die Morde von SA und SS. Wir werden uns auch daran erinnern, dass das Morden der Nazis schon in der Weimarer Republik begann und dass die Machtergreifung eine Vorgeschichte hatte, die uns heute immer noch eine Warnung sein muss.
Wir werden uns in diesem Landtag in die Hand versprechen, dass wir alle – Christdemokraten, Sozialdemokraten, Liberale und Grüne – dieses Land nie wieder Faschisten, Rassisten und Nationalisten ausliefern werden. „!Nie wieder“. Und so muss es auch sein.
Das versprechen wir uns aber nicht zum ersten Mal. In diesem Jahr wird es anders sein, denn diesmal werden uns nicht nur die Toten der Vergangenheit mahnen, sondern auch die Toten der Gegenwart. Zehn Menschen sind in Hanau von einem Rechtsterroristen ermordet worden. Die Losung „!Nie wieder“ ist längst keine Floskel mehr; !Nie wieder“ ist jetzt ein Versprechen – konkret, bedingungslos und unerlässlich. Es ist das Versprechen, zu handeln und zu beschützen, meine Damen und Herren.
In nicht einmal neun Monaten gab es drei Terroranschläge von Rechtsextremisten in Deutschland. Immer wieder antwortet die Zivilgesellschaft mit Demonstrationen, Appellen, Solidaritätsbekundungen. Das ist gut. Das ist wichtig, und das ist richtig. Aber dabei darf es nicht bleiben, meine Damen und Herren. Auf die Appelle unserer Bürgerinnen und Bürger
Als in den 70er-Jahren die RAF mordete, da handelte der Staat unter Bundeskanzler Helmut Schmidt entschlossen und kompromisslos.
Heute werden wieder Menschen ermordet, junge Frauen und Männer, Juden und Muslime, Sinti und Roma, Einwohner unseres Landes, Bürgerinnen und Bürger unseres Landes.
Aber heute muss sich der Staat fragen lassen, ob er wirklich in der Lage ist, alle Bewohnerinnen und Bewohner zu schützen, egal, was sie glauben, wo ihre Großeltern geboren wurden oder welche Hautfarbe sie haben.
Zeigen wir gemeinsam die Entschlossenheit des Staates, Rechtsterroristen zu stellen, meine Damen und Herren.