Warum ist denn Wahlfreiheit für diese kurze Zeitspanne ein Rückfall in die 50er-Jahre? Es ist mir ein absolutes Rätsel, wie man zu dieser Schlussfolgerung kommen kann. Es ist doch eigentlich das Normalste von der Welt, dass ein Kind im Alter von einem Jahr, das vielleicht noch nicht mal laufen kann, das nicht eigenständig essen kann, zu Hause gut aufgehoben ist.
Unsere Erwerbsbiographie wird immer länger. Wir arbeiten teilweise voraussichtlich vom 20. bis zum 67. Lebensjahr. Was ist denn daran absurd oder ideologisch verblendet oder rückwärtsgewandt, wenn ich von diesen 47 Jahren gottverdammt als Mutter oder Vater drei Jahre meinem Kind widme?
Das können aber viele Eltern nicht. Herr Dr. Maelzer hat recht, die Betreuungsquoten und Bedarfe steigen kontinuierlich an. Das ist aber nicht Ausdruck einer freien Entscheidung, sondern vor allen Dingen eines Sachzwanges. Wer kann denn heute in einer Stadt wie Köln noch von einem Einkommen seine vierköpfige Familie durchbringen? Sie brauchen ja
schon 1.500 Euro für die Miete und so weiter. Da ist spätestens, wenn das Elterngeld nach einem Jahr ausläuft, Ende im Gelände. Dann wird händeringend ein Betreuungsplatz gesucht, weil man es sich anders nicht leisten kann.
Da möchten wir gerne, dass die Eltern wieder die Chance haben, das frei zu entscheiden. Da sind wir im Übrigen nicht alleine. Die letzte Bundesfamilienministerin, die diesen Namen überhaupt verdient hat, Frau Kristina Schröder, fordert mittlerweile genau das Gleiche. Und das ist immer so bei Ihnen in der CDU: Da kann man konservative Positionen nur vertreten, wenn man sich aus dem aktiven Politikbetrieb zurückzieht. Dann kann man wieder mit diesen Forderungen um die Ecke kommen.
Sie hier alle wissen – teilweise mit Sicherheit –, dass unsere Forderung nicht absurd und nicht rückwärtsgewandt ist. Sie blenden das einfach aus und gehen stur diesen Ihren Weg weiter.
Dass das natürlich eine Zweiwegestrategie sein muss, dass man auch die Arbeitsbedingungen für Erzieherinnen verbessern muss, das ist uns völlig klar. Im Übrigen haben Sie auch recht: Erzieherinnen sind keine „Basteltanten“ oder „Kaffeetanten“ oder sonst was, aber Mütter, die zu Hause bleiben, im Übrigen auch nicht. Das vergessen Sie immer, glaube ich.
Wir respektieren die Arbeit, die Erzieherinnen und Erzieher leisten, absolut. Auch ich habe wirklich immer nur Glück gehabt und kann aus eigener Erfahrung sagen, was sie für eine tolle Arbeit machen. Aber ich sehe auch die Fluktuation. Frau Gebauer, Sie haben selber geschildert, dass Sie in mehreren Kitas beschäftigt waren.
Wissen Sie, wie häufig wir schon erlebt haben, dass nach drei, vier Monaten wieder die Erzieherinnen wechseln, und die Kinder sitzen da und weinen, weil sie gerade eine Bindung aufgebaut haben. Gerade kleine Kinder, die zwei, drei Jahre alt sind, haben irgendwann keine Lust mehr, in die Kita zu gehen, weil sie das fünfte Mal innerhalb von zwei Jahren eine neue Bezugserzieherin vor die Nase gesetzt bekommen. Das ist schädlich, und das ist nicht schön. Das wird den Erzieherinnen nicht gerecht, das wird den Kindern nicht gerecht, das wird den Familien nicht gerecht.
Deshalb bitte ich Sie noch einmal, Ihre ideologische Verblendung abzulegen und einfach auch einmal andere Wege zu gehen und es so Eltern, wenn sie es denn wollen, zu ermöglichen – wir reden über einen Zeitraum bis zum dritten Lebensjahr –, ihr Kind zu Hause zu betreuen. Das hat nichts damit zu tun, dass wir zurückfallen wollen in die 50er-Jahre. Das ist Wahlfreiheit, das ist Freiheit. Mich wundert, dass die selbsternannten Freien Demokraten damit nichts anfangen können. – Danke.
Vielen Dank, Frau Dworeck-Danielowski. – Als letzter Redner in der zweiten Runde hat sich für die FDP-Fraktion noch einmal Marcel Hafke gemeldet. Er hat jetzt auch das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte SPD und Grüne in dieser Debatte nicht aus der Verantwortung entlassen.
Es hat fast zweieinhalb Jahre gedauert, den Scherbenhaufen, den Hannelore Kraft hinterlassen hat, aufzuräumen. Das ist das Problem, was wir hier hatten.
Das Verhältnis zu den Kommunen war völlig zerstört. Eine KiBiz-Reform ohne die Kommunen ist nicht möglich. Es hat nun aber etwas Zeit gedauert, das in den Griff zu bekommen.
Es wäre schön gewesen, wenn Sie damals wenigstens bei der Personalsituation entsprechende Reformen eingeleitet hätten. Dann hätten wir uns die Debatte sparen können.
Ich bin wenigstens dankbar, dass die Grünen sich die Mühe machen, Ideen einzubringen. Interessanterweise setzen wir die auch noch um, auch wenn Sie das so in dieser Form nicht sehen. Die SPD hat diesen Anspruch komplett aufgegeben.
Sie sagt einfach nur: Schüttet mal mehrere Milliarden Euro einfach irgendwohin aus! Aber die Idee, was man tun kann, finden wir hier einfach nicht vor. So sollte Oppositionspolitik nicht aussehen. Unterbreiten Sie konkrete Vorschläge
und lassen Sie uns sachbezogen darüber diskutieren! Ich habe von Dennis Maelzer und der SPD in dieser Debatte nicht einen Vorschlag gehört, was wir besser machen können, um die Personalsituation in den Kitas zu lösen.
Ich will einmal sagen, warum die KiBiz-Reform so zentral ist, damit das, was gerade diskutiert wurde, nicht noch einmal passiert.
Wir haben die von Ihnen hinterlassene Situation vorgefunden, dass die Kita strukturell unterfinanziert war. Dann ist es doch nicht verwunderlich, dass
erstens zu wenig Personal eingestellt wurde und dass das Personal auch noch sehr oft gewechselt hat, weil die Kitas es sich nicht leisten konnten, ausreichend Personal einzustellen.
Deswegen ist es so wichtig, dass wir mit den Kommunen die strukturelle Unterfinanzierung beseitigt haben und 750 Millionen Euro pro Jahr mehr investieren.
Das gibt Planungssicherheit. Davon kann Personal eingestellt werden. Das verbessert die Situation in den Kitas ab dem 1. August.
Es wäre vernünftig, anzuerkennen, dass sich die Lage damit zentral verbessert, anstatt hier nicht irgendwelche Scheindebatten zu führen.
Aber das ist ja nicht alles – ich will es noch einmal sagen –: Wir müssen einen Dreiklang in diesem Land schaffen, wenn es um das Thema „Personal“ geht.
Als Erstes müssen wir in Ausbildung investieren. Das findet jetzt auch entsprechend statt. Wir investieren in die pi-Ausbildung. Wir geben Anreize, damit etwas passiert, damit sich die Träger auf den Weg machen.
Lieber Kollege Dennis Maelzer, wir im Land bilden ja nicht aus. Wir müssen von daher aber doch die Träger dazu in die Lage versetzen. Dafür brauchen sie ausreichend finanzielle Mittel, und sie brauchen den Anreiz. Das machen wir jetzt. Deswegen können sie sich jetzt auf den Weg begeben, auch vielleicht einmal über den Bedarf in ihrer Einrichtung hinaus auszubilden,
Das Zweite, was wichtig ist: Wir müssen die Fachkräfte binden. Das heißt, die Arbeitsbedingungen in den Kitas müssen besser werden. Das hängt mit der Finanzierung der Kitas zusammen. Die Arbeitsbedingungen werden doch nur besser, wenn ausreichend Personal vorhanden ist. Ausreichend Personal kann ich nur vorhalten, wenn ich genügend Geld in Einrichtungen habe.
Die Ministerin hat es eben auch schon vorgestellt: Die begleitenden Maßnahmen haben wir ins Gesetz geschrieben, das, was gefordert wurde. Eine Leitungsfreistellung ist vorgesehen. Wir bringen das Thema „Weiterqualifizierung von Kinderpflegern“ voran, damit sie entsprechend auch Aufstiegskarrieren wahrnehmen können, damit sie sich an die Kita
Die dritte Aufgabe wird es sein, diejenigen, die sich nicht mehr in dem Beruf zuhause gefühlt haben, wieder zurückzuholen. Das geht auch nur, wenn man ein vernünftiges Image hat und die Menschen dort gerne arbeiten. Die ersten beiden Punkte müssen erfüllt sein, damit Menschen, die sich von dem Beruf abgewandt haben, wieder zurückkommen.
Dazu könnte die SPD einen großen Teil beitragen, nämlich indem sie diesen Berufszweig, diesen Job und die Situation nicht schlechtredet, sondern sagt: Wir machen uns gemeinsam als Parlament auf den Weg, die Situation in den Kindertageseinrichtungen zu verbessern. Machen Sie konkrete Vorschläge!
Sorgen Sie dafür, dass Frau Giffey entsprechend finanzielle Mittel auf den Weg bringt! Dann bekommen wir die Situation in Nordrhein-Westfalen gemeinsam auch in den Griff. Da bin ich ganz bei Ihnen: Die Menschen interessiert das, was wir hier diskutieren, reichlich wenig. Die wollen Ergebnisse sehen. Und das ist auch unser Credo.
Deswegen handeln wir entsprechend und haben die Maßnahmen eingeleitet. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.