Vielen Dank, Herr Dr. Papke. – Nun spricht für die Piratenfraktion der Fraktionsvorsitzende, Herr Marsching.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer auf der Tribüne und zu Hause! Als Erstes wundere ich mich einmal darüber, dass dieser Tagesordnungspunkt überhaupt so früh am heutigen Tag vorkommt. Ich finde, dass die Wichtigkeit einer solchen Debatte – gerade bei dem Angebot, das von der Bundesministerin gemacht wurde – eher überschaubar ist, zumal wir hier auf der Basis von vielen gemeinsamen Beschlüssen eigentlich einen Standpunkt des Landtags haben.
Vieles wurde schon erwähnt. Ich möchte es noch einmal zusammenfassen und einen kurzen Ausblick geben.
Erstens. Der Landtag Nordrhein-Westfalen bekennt sich grundsätzlich zum bundespolitischen Standort Bonn und auch zum UN-Standort Bonn. Das haben wir in mehreren Beschlüssen hier festgehalten. Ganz groß möchte ich den Antrag aller Fraktionen Drucksache 16/1957 mit dem Titel „Berlin/BonnGesetz respektieren – Bewährte Aufgabenverteilung zwischen Bonn und Berlin dauerhaft erhalten“ herausheben. Alle Fraktionen haben ihm zugestimmt. Dieser Landtag steht zu Bonn als Bundestadt.
Das Berlin/Bonn-Gesetz gilt, und es sollte nicht ständig neben der Spur infrage gestellt werden. Immerhin: Es ist gesetzliche Regelung, und die Planungssicherheit für die Menschen – darauf kommt es an – sollte nicht von der Laune eine Bundesministerin abhängig sein, wie jetzt von der Laune von Barbara Hendricks.
Die Aufgabenverteilung zwischen Bonn und Berlin hat sich in der Vergangenheit bewährt. Aber – da müssen wir ehrlich sein – man darf auch über effektivere Mittelverwendungen nachdenken. Denn die Zukunft passiert, und Aufgabe dieses Landtags ist es, die Zukunft zu gestalten.
Bonn als UN- und als Entwicklungszusammenarbeitsstandort muss eine Stärkung erfahren, um für diese Zukunft gewappnet zu sein. Diese Eine-WeltPolitik, dieses Chaos, das Rot-Grün im Moment mit diesen ausgelaufenen und unfokussierten Partnerschaften macht, hilft da leider nicht. Ich sage nur ein paar Stichpunkte: unklare Mittelverwendung, der Verdacht auf private Profitinteressen und keine Ergebnisanalysen, die uns weiterhelfen würden. Das ist die Eine-Welt-Politik Nordrhein-Westfalens im Jahr 2015. Da müssen wir unbedingt nachbessern.
Liebe Landesregierung, stärken Sie Bonn als internationalen Standort, denn die Aufteilung zwischen Berlin und Bonn wird nicht ewig Bestand haben,
Vielen Dank, Herr Marsching. – Nun spricht für die Landesregierung in Vertretung von Herrn Minister Lersch-Mense Herr Minister Duin.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein Beschluss des Deutschen Bundestages zur Vollendung der Einheit Deutschlands, kurz auch Umzugsbeschluss, jährt sich – darauf ist schon hingewiesen worden – im Jahr 2016 zum 25. Mal.
Seit 1991 gibt es in Bonn und in der Region RheinSieg die Sorge um den Rutschbahneffekt. Inzwischen wissen wir: Diese Besorgnis ist berechtigt. Der Rutschbahneffekt ist ein Fakt. Die Region und das Land haben es politisch und juristisch schwer, dem etwas entgegenzustellen.
Waren zum Ende des Jahres 2000 noch fast 61 % aller Stellen in den Bundesministerien in Bonn, so waren es Mitte dieses Jahres nur noch rund 37 %. Mit der Verschiebung von Stellen der Bundesministerien vom Rhein an die Spree erfolgt nach und nach die Verlagerung politischer Funktionen nach Berlin. Denken Sie nur an die Organisationsentscheidungen der Bundesminister für Verteidigung, für Inneres und für Finanzen aus der letzten Zeit.
Und: Der Rückhalt für das Berlin/Bonn-Gesetz lässt außerhalb Nordrhein-Westfalens und der Region Bonn seit Jahren mehr und mehr nach. Das, meine Damen und Herren, ist die Situation, die Frau Bundesministerin Dr. Hendricks vorgefunden hat, als sie das Amt der Beauftragten der Bundesregierung für den Berlin-Umzug und den Bonn-Ausgleich übernommen hat.
In dieser Situation, die von der Region, vom Landtag, von der Landesregierung immer wieder mit gutem Grund als Aushöhlung und als Verstoß gegen das Berlin/Bonn-Gesetz beklagt worden ist, hat sie angekündigt, mit den Beteiligten auf Ebene der Kommunen und des Landes das Gespräch zum weiteren Umgang mit der Aufteilung der Aufgaben auf die Standorte Bonn und Berlin suchen zu wollen. Was das Ziel der Gespräche anbelangt, hat sie sich dabei bislang überhaupt nicht festgelegt und geäußert, es sei an der Zeit, einen geordneten Prozess einzuleiten. Der Rutschbahneffekt müsse aufhören.
Dabei hat sie klargestellt, dass es eben nicht darum gehe, Bonn aufzugeben. Bonn sei Bundesstadt und solle als internationaler Standort weiter ausgebaut
Das Land sieht sich seit dem Umzugsbeschluss von 1991 in einer besonderen Verantwortung für die Region Bonn/Rhein-Sieg. Es hat sich stets zu einer dauerhaften und fairen Zusammenarbeit mit der Bundeshauptstadt Berlin und der Bundesstadt Bonn bekannt. Der Landtag hat das über all die Jahre und zuletzt 2013 immer wieder – auch darauf wurde schon hingewiesen – partei- und fraktionsübergreifend einmütig und mit großem Nachdruck zum Ausdruck gebracht. Ich begrüße das sehr und versichere, dass auch die Landesregierung weiter uneingeschränkt zum Berlin/Bonn-Gesetz steht.
Weil das so ist und weil wir keine Möglichkeit vertun wollen, die Region zu unterstützen, wird sich die Landesregierung einem Gesprächsangebot der Beauftragten der Bundesregierung nicht verschließen. Wir sehen darin ein Signal zum Dialog im Hinblick auf den Rutschbahneffekt und gehen davon aus, dass etwaige Gespräche mit dem Bund selbstverständlich auf der Grundlage der Festschreibung im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD für die 18. Legislaturperiode gelten, die lautet: Wir stehen zum Berlin/Bonn-Gesetz. Bonn bleibt das zweite bundespolitische Zentrum.
Wenn es zu Gesprächen mit der Beauftragten der Bundesregierung kommen soll, wollen wir diese in enger Abstimmung mit den politisch Verantwortlichen vor Ort führen. Darum hat der Minister und Chef der Staatskanzlei, Herr Lersch-Mense, den Bonner Oberbürgermeister, den Landrat des RheinSieg-Kreises, seinen Amtskollegen aus dem rheinland-pfälzischen Kreis Ahrweiler sowie den Chef der Staatskanzlei des Landes Rheinland-Pfalz für den 20. November nach Düsseldorf eingeladen, damit dort für die Gespräche mit der Beauftragten der Bundesregierung eine gemeinsame Vorbereitung auf den Weg gebracht wird. Alle haben auch schon die Einladung angenommen und ihr Kommen für den 20. November zugesagt.
In den Gesprächen mit der Beauftragten der Bundesregierung wird es nicht nur darum gehen, darauf zu drängen, dass das Berlin/Bonn-Gesetz eingehalten wird, sondern es muss auch darum gehen, Bonn als internationales Zentrum zu stärken. UNGeneralsekretär Ban Ki-moon hat bei seinem Besuch 2014 gesagt, die Entwicklung des VN-Standortes Bonn ist eine Erfolgsgeschichte. – Das ist ein schönes Lob und aus berufenem Mund eine Bestätigung der intensiven Bemühungen um den internationalen Standort Bonn. Die Landesregierung hat den VN-Standort Bonn in den letzten Jahren unter anderem durch die Ansiedlung neuer internationaler Einrichtungen und Konferenzformate spürbar nach vorne gebracht.
Meine Damen und Herren, die Beauftragte der Bundesregierung hat recht: Der Rutschbahneffekt ist nicht gestoppt. – Wir müssen leider feststellen, dass immer noch einzelne Bundesminister ihre Organisationskompetenz nutzen, um Stellen und Funktionen entgegen dem Gesetz an die Spree zu verlagern. Das ist der Grund, weshalb es auch für die Zukunft wichtig bleibt, dass der Landtag Nordrhein-Westfalen über die Parteigrenzen hinweg weiter geschlossen zur Region Bonn/Rhein-Sieg steht.
Das Land insgesamt, nicht nur die Region, hat ein massives Interesse daran, dass der Strukturwandel in Bonn nicht gefährdet wird. Wir würden es deshalb sehr begrüßen, wenn es in den weiteren Beratungen gelingen könnte, dass sich alle im Landtag vertretenen Fraktionen im Ergebnis wieder auf eine gemeinsame Linie verständigen. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister Duin. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit sind wir am Ende der Beratung zu diesem Antrag.
Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 16/10068 an den Ausschuss für Europa und Eine Welt – federführend – sowie an den Hauptausschuss; die abschließende Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Stimmt dem jemand nicht zu? – Das ist nicht der Fall. Alle sind dafür. Enthaltungen – gibt es auch nicht. Damit ist einstimmig so überwiesen, und das Thema wird hier im Landtag weiter bearbeitet.
Mehr politische Widersprüchlichkeit geht nicht: CDU und SPD bejubeln erst die Aufkündigung von Safe Harbor und führen dann die anlasslose Vorratsdatenspeicherung
(VDS) wieder ein Antrag der Fraktion der PIRATEN Drucksache 16/10061 Ich eröffne die Aussprache. Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Lürbke das Wort. Marc Lürbke (FDP): Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Bundestag hat den Gesetzentwurf zur Vorratsdatenspeicherung nun trotz massiver Widerstände in einem fragwürdigen Schnellverfahren beschlossen. Dieses Theaterstück namens „Vorratsdatenspeicherung“, diese Inszenierung, dieses beratungsresistente Abnicken der anlasslosen Generalüberwachung unbescholtener Bürger ist im Grunde ja sozusagen eine Wiederaufführung der demokratischen Tragödie, dritter Teil. Es ist vor allen Dingen auch ein Lehrstück von unbelehrbarem Sicherheitsfetischismus und von penetranter Ignoranz gegenüber den Grundrechten aller Bürger unseres Landes.
Meine Damen und Herren, die Vorratsdatenspeicherung ist zudem auch noch ein Rechtsbruch mit Ansage. Der Europäische Gerichtshof hat unmissverständlich erklärt, dass es bei Berufsgeheimnisträgern nicht zu einer Speicherung kommen darf.
Diesen Umstand zu ignorieren, fordert ja nicht nur geradezu eine Klage heraus; nein, es ist vielmehr auch eine Bankrotterklärung der Parlamente, wenn neue Sicherheitsgesetze jedes Mal von Gerichten wieder kassiert werden müssen, um den Grundrechten der Bürger Geltung zu verschaffen.
Deshalb soll insbesondere die SPD gedrängt haben, das für sie ja leidige Thema vor ihrem Parteitag im Dezember abzuräumen. Jeder vierte SPDAbgeordnete ist gegen eine Rückkehr zur Vorratsdatenspeicherung. Im Bundestag stimmten 43 Sozialdemokraten mit Nein, sieben enthielten sich.
Umso mehr war es dann ein Offenbarungseid, dass der Bundesrat im Juni 2015 zu den Plänen der Bundesregierung keine Stellungnahme beschlossen hat und vor allem auch das rot-grüne NRW in der Frage der anlasslosen Massenüberwachung unserer Bürger schlicht jede Haltung verweigerte.
Morgen soll das Gesetz nun durch den Bundesrat gehen. Ich sage Ihnen: Nordrhein-Westfalen muss im Bundesrat endlich Farbe gegen die Vorratsdatenspeicherung bekennen und endlich eine wahrnehmbare Position gegen die anlasslose Erfassung sensibler Daten von Bürgern und Berufsgeheimnisträgern in unserem Land einnehmen.
Denn was bedeutet die Vorratsdatenspeicherung etwa für den Informantenschutz? Ein Journalist machte laut „Süddeutsche Zeitung“ den Selbstversuch. Mehr als 40 Tage lang hat er sich selbst bei der Recherche für einen Beitrag für die Onlinebörsen-Redaktion der ARD überwacht, hat alle Mobilfunk- und alle Internetdaten aufgezeichnet, die auf seinen Geräten angefallen sind. Nach der Ausstrahlung des Beitrags hat er diesen riesigen Datenhaufen, der während der Recherche angefallen ist, als
Das Ziel war, zu überprüfen, ob der Informantenschutz tatsächlich leidet, wenn das Gesetz kommt. Meine Damen und Herren, der Versuch erbrachte ein absolut ernüchterndes Ergebnis. Sein Rechercheweg sei kinderleicht nachvollziehbar gewesen, und die aufgezeichneten Daten hätten auch den Kontakt zu einem Informanten einwandfrei sichtbar gemacht. Und nicht nur das: Nach aktuellen Medienberichten sollen bei SMS-Nachrichten entgegen den datenschutzrechtlichen Vorgaben sogar die Inhalte der Kurznachrichten bei den Telekommunikationsunternehmen gespeichert werden.
Offenbar gelingt es eben nicht ganz so einfach, diese Signalisierungsdaten, die für den Weg durch das Netz erforderlich sind, von den Inhalten zu trennen. So viel zu dem Argument, es würden nur Verbindungs- und Standortdaten erfasst, aber keine Inhalte gespeichert.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer das Abhören des Kanzlerinnenhandys nicht verhindern kann, der braucht den Bürgern in diesem Land auch nicht weiszumachen, diese sensiblen Daten seien vor einem Abgreifen durch Hacker, seien vor einem Abgreifen durch Nachrichtendienste geschützt.