Protocol of the Session on September 13, 2012

(Beifall von der FDP)

Mit § 175 StGB wurden viel zu lange Vorurteile und Vorbehalte untermauert und befördert. Der Staat hat mit diesem Paragrafen in die Intimsphäre der Bürger eingegriffen.

Mit dem 29. Strafrechtsänderungsgesetz haben wir nicht nur eine Rechtsangleichung von West und Ost geschaffen, sondern vor allen Dingen eine den Jugendschutz geschlechtsunabhängig sicherstellende Regelung getroffen. Wir haben die Diskriminierung und Kriminalisierung von homosexuellen Mitbürgern durch den Staat beendet. Die Liberalen haben sich 1994 gegen diese Diskriminierung stark gemacht und werden es auch heute tun. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Wedel. – Dann darf ich jetzt die nächste Jungfernrednerin am Rednerpult begrüßen. Für die Piratenfraktion spricht Birgit Rydlewski. Viel Erfolg!

(Allgemeiner Beifall)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe es jetzt bei meiner ersten Rede hier relativ leicht, denn es geht um einen Antrag, den ich richtig gut finde.

(Beifall von den PIRATEN, der SPD, den GRÜNEN und der FDP)

Man kann natürlich kritisieren, dass es von 1994 bis zu dieser Initiative sehr lange gedauert hat; aber hier gilt tatsächlich: Besser spät als nie.

Wir müssen allerdings auch deutlich machen, dass ein Ende der Kriminalisierung noch nicht ein Ende der Diskriminierung bedeutet. Ich finde es deshalb sehr gut, was Frau Kraft gestern auch betont hat. Sie hat erklärt, dass sich Politik gegen Homophobie und Transphobie klar positionieren und deutliche Zeichen setzen muss.

Ich denke, wir tun das heute mit diesem Antrag. Dass die Diskussion um solche Themen noch nicht zu Ende ist, das sehen wir, wenn wir zum Beispiel die Diskussion um das Interview eines anonymen Fußballprofis, der homosexuell ist und der sich nicht traut, dies öffentlich zu sagen, im Netz verfolgen.

Das zeigt auch, dass wir mit der Beschäftigung dieses Themas noch nicht am Ende sind.

Ich hoffe, dass ich für alle Piraten sprechen kann, wenn ich sage, dass wir dafür stehen, uns deutlich zu positionieren, alle Lebensmodelle in dieser Gesellschaft zu akzeptieren. – Danke schön.

(Beifall von den PIRATEN, der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Rydlewski, und herzlichen Glückwunsch zur Jungfernrede.

(Allgemeiner Beifall)

Für die Landesregierung hat Minister Kutschaty das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Deutsche Bundesrat wird sich demnächst mit einem Entschließungsantrag der Länder Berlin und Hamburg zur Rehabilitierung verurteilter homosexueller Menschen befassen. Es geht darum, dass der Bundesrat die Bundesregierung auffordert, Maßnahmen zur Rehabilitierung und Unterstützung für die nach 1945 in beiden deutschen Staaten wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen Verurteilten vorzuschlagen.

Gefordert wird mit diesem Antrag der Länder Berlin und Hamburg, sehr geehrter Herr Kamieth, nämlich gerade kein Verfassungsbruch und es entsteht auch keine Rehabilitierungsspirale, sehr geehrter Herr Wedel, wenn man sich diesen Antrag genau anschaut.

Gefordert werden nämlich mit diesem Entschließungsantrag im Bundesrat eine vernünftige gesellschaftliche Rehabilitierung der Betroffenen, eine gesellschaftliche Aufarbeitung durch Erforschung und Dokumentation strafrechtlicher Verfolgung homosexueller Männer und der sich daraus ergebenden Stigmatisierung in der Bevölkerung, die Unterstützung der Betroffenen bei der Folgenbewältigung, insbesondere Begleitung in Fällen von Traumatisierung, und eine ernsthafte Prüfung der formellen Aufhebung der einschlägigen Strafurteile und Gewährung einer daraus resultierenden Entschädigung.

Meine Damen und Herren, der Deutsche Bundestag hatte bereits im Jahre 2000 im Zusammenhang mit der Debatte um die Ergänzung des Gesetzes zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege die Bestrafung einvernehmlicher homosexueller Handlungen als Verstoß gegen die Menschenwürde und das Grundrecht der freien Entfaltung der Persönlichkeit bewertet.

Es ist nunmehr an der Zeit, finde ich, dass die daraus gebotenen Konsequenzen auch gezogen wer

den. Seit nunmehr zehn Jahren leben wir nämlich in dem Widerspruch, dass im Nationalsozialismus nach dem Reichsstrafgesetzbuch Verurteilte infolge des Gesetzes zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege 2002 rehabilitiert worden sind und unter Umständen Anspruch auf Entschädigung haben, dies aber nicht für diejenigen gilt, die nach 1945 wegen identischer Strafvorschriften verurteilt worden sind.

Meine Damen und Herren, für die Landesregierung steht es deshalb außer Frage, dass wir den Antrag aus den Ländern Berlin und Hamburg unterstützen werden.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Lassen Sie mich vorsorglich klarstellend darauf hinweisen, dass die Aufhebung der auf den früheren § 175 StGB gestützten Urteile und die Rehabilitierung von auf der Grundlage dieses Paragrafen verurteilten Homosexuellen der Bundeskompetenz unterliegen. Prüfung und Vollzug der Aufhebung von auf der Grundlage von Bundesrecht erfolgten Verurteilungen und die Schaffung der Voraussetzungen einer Rehabilitierung von Verurteilten obliegen der Bundesregierung und letztendlich dem Bundesgesetzgeber. So viel zur Verfassungskonformität.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung will in jedem Fall ihr Möglichstes dazu beitragen, dass dieses auch gelingen kann. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD, den GRÜNEN und den PIRATEN)

Auch Ihnen, Herr Minister, vielen Dank für den Redebeitrag. – Wir sind damit am Schluss der Beratung und kommen direkt zur Abstimmung.

Die antragstellenden Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben direkte Abstimmung über diesen Antrag beantragt. Wir kommen somit zur Abstimmung über den Inhalt des Antrags Drucksache 16/812. Ich darf Sie fragen, wer für diesen Antrag ist. – Wer ist dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Damit ist der Antrag mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Piraten bei Enthaltung der CDUFraktion angenommen.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt

11 Gesetz zur Errichtung einer Stiftung „Zoolo

gisches Forschungsmuseum Alexander Koenig – Leibniz-Institut für Biodiversität der Tiere“

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 16/175

erste Lesung

Es gibt hier eine interfraktionelle Vereinbarung, dass die Rede von Frau Ministerin Schulze zu Protokoll gegeben wird (siehe Anlage 1). Wenn ich das richtig verstanden habe, ansonsten ohne weitere Debatte über diesen Tagesordnungspunkt direkt abgestimmt wird. Wir sind damit dann auch am Schluss der Beratung zu diesem Gesetzentwurf.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs Drucksache 16/175 an den Ausschuss für Innovation, Wissenschaft und Forschung. Ich darf Sie fragen, wer für diese Überweisung ist. – Wer ist gegen diese Überweisung? – Gibt es Enthaltungen? – Damit ist die Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt

12 Gesetz über das Verbandsklagerecht und Mit

wirkungsrechte für Tierschutzvereine

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 16/177

erste Lesung

Ich eröffne die Beratung und erteile für die Landesregierung Herrn Minister Remmel das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Landesregierung stellt im Koalitionsvertrag eine schlichte, wie ich finde, aber folgenreiche Tatsache fest:

„Tiere sind Lebewesen und als solche zu respektieren. Das Staatsziel Tierschutz muss konsequent umgesetzt werden.“

(Beifall von den GRÜNEN)

Das ist der Kern unseres heutigen Gesetzentwurfes. Was wir in der letzten Legislaturperiode begonnen haben, werden wir deshalb weiter konsequent vorantreiben und auch zum Ziel führen. Das Verbandsklagerecht ist dazu ein wesentlicher Schritt. Dabei möchte ich zunächst feststellen: Durch ein landesrechtlicher Verbandsklagerecht im Bereich des Tierschutzes werden wir keine neuen Tierschutzstandards schaffen, sondern die in dem Gesetzentwurf geregelten Mitwirkungs- und Klagerechte knüpfen an bestehende tierschutzrechtliche Regelungen des Bundes und der Europäischen Union an. Das Verbandsklagerecht eröffnet damit nur die Möglichkeit, im Interesse der betroffenen Lebewesen, der Tiere, Tierschutzrechte einklagbar zu machen.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, bisher sind es nur die Tierhalterinnen und Tierhalter,

die ein Zuviel an Tierschutz beklagen können. Werden im Einzelfall tierschutzrechtliche Vorschriften zulasten der Tiere nicht ausreichend berücksichtigt, können die Tierrechte nicht eingeklagt werden. Erstmals wird es damit möglich, dass anerkannte Tierschutzorganisationen in solchen Fällen als Sachwalter der Tiere auftreten. Verwaltungsentscheidungen, die zum Teil gravierende Auswirkungen auf das Leben und die Lebensumstände unserer Mitgeschöpfe haben, können damit von unabhängigen Verwaltungsgerichten überprüft werden.

Wie Sie wissen, haben wir solche Regelungen bereits im Naturschutzrecht. Das heißt, dass Rechtsbestandteile unseres Rechtssystems wie Pflanzen und Tiere, die selber ihre Rechte nicht einklagen können und frei vorkommen bzw. freilebend sind, in bestimmten Fällen stellvertretend durch die Naturschutzverbände vertreten werden.

Auch damals gab es eine Debatte darüber, ob das eine Klagewelle zur Folge haben würde. Die Ergebnisse der Untersuchungen, die dazu gemacht worden sind, beweisen das Gegenteil: Es gab einige exemplarische Rechtsverfahren, die dann auch zu einer neuer Rechtsetzung geführt haben, aber insgesamt gab es sehr wenige Verfahren.