Protocol of the Session on December 18, 2014

(Beifall von der SPD)

Jetzt zu Herrn Farthmann: Ich glaube, bei Herrn Farthmann muss man deutlich nachfragen, ob denn seine juristische, private und jagdliche Nähe zur Familie Underberg zu einem ganz bestimmten Konsumverhalten führt, denn inzwischen jagt er seine eigenen politischen Positionen. Das, was er heute zur Steinkohle sagt, ist jedenfalls diametral das Gegenteil dessen, was er hier am Pult zur Steinkohle gesagt hat.

(Beifall von der SPD)

Deshalb frage ich mich, ob dieser Jagdinstinkt – der politische, meine ich – nicht verlorengegangen ist.

Jetzt zu unserem wunderbaren Gesetzentwurf. Zunächst: der Freiraum. Freiraum ist zu schützen – das war 1960 die gemeinsame Überzeugung, als das Bundesbaugesetz auf den Weg gebracht wurde. Heute haben wir über viele lobbyistische Einflussnahmen aus dem Bundesbaugesetz eine Privilegierungsbibel gemacht,

(Erhebliche Unruhe – Glocke)

weil § 35 für alles und jedes Ausnahmegenehmigungen zugesteht.

Das heißt, wir müssen uns hüten, willfährig weitere Ausnahmegenehmigungen zu liefern, obwohl wir aus gutem Grund bei einigen auch als Land mitgewirkt haben: beispielsweise bei der sehr sinnigen Nutzung von Windenergie im Außenbereich, beispielsweise aktuell mitgewirkt haben bei der ebenfalls sehr sinnigen vorübergehenden Errichtungsoption für Flüchtlingsunterkünfte. Sie sehen, es gibt Tatbestände, die Ausnahmezustände rechtfertigen. Es gibt aber auch viele, die sehr vorgeschoben in Wirklichkeit nur individuell wirtschaftliche Interessen bemänteln.

Jetzt zur Sieben-Jahres-Frist bei den landwirtschaftlichen Gebäuden: In der Tat war das Anhörungsergebnis eindeutig. Die Universität Münster war einerseits – andererseits; aber das war 9,5 zu 0,5 und bedeutete damit eine klare Positionierung. Deshalb ist es auch gut, dass im Grunde gleich eine Aussetzung – wenn auch offensichtlich eine zeitlich befristete – beschlossen wird und so durch Gründlichkeit eine Evaluierungsoption ermöglicht wird.

Diese Evaluierung sollten wir dann auch nutzen. Wir wissen aus der Anhörung und aus eigenen Erkenntnissen, dass keine große Entsiegelungsoption besteht. Wir wissen auch, dass allenfalls noch eine Leerstandsproblematik drohen könnte, wenn wir zu engstirnig handeln würden. Deshalb ist die Aussetzung eine Chance, das Ganze dann so zu verlängern, dann man weit über vier Jahre hinausblicken kann. Die Aussetzung heute zu beschließen, wäre auf jeden Fall ein Stück Fortschritt. Und fortschrittlich sollten wir in Nordrhein-Westfalen gemeinsam sein.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister Groschek. – Ich muss Sie allerdings im Hinblick auf den Kollegen Schemmer korrigieren. Die CDU-Fraktion hat noch neun Sekunden Redezeit. Die würde Herr Kollege Schemmer jetzt gerne wahrnehmen.

(Zurufe)

Dann ist wahrscheinlich sein letzter Sprecherauftritt für dieses Jahr.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Satz, den eine Dame gestern gesagt hat, lautete: Wem unser Land am Herzen liegt, eiert nicht herum. – Was wir in dem halben Jahr des Gesetzgebungsverfahrens an Herumgeeiere von Rot und Grün gesehen haben, ist ein Spitzenwert in ganz Deutschland. Eiern Sie ruhig weiter so rum – 2017 ist das Rumeiern zu Ende!

(Beifall von der CDU – Jochen Ott [SPD]: Das ist Ostern! Wir sind bei Weihnachten! Feste vertauscht!)

Zweite Anmerkung von mir:

Ihre Redezeit, Herr Kollege Schemmer!

20 Jahre haben wir die Umnutzung, 20 Jahre evaluieren Sie! Wenn Sie noch vier Jahre brauchen, um noch einmal zu evaluieren, zeigt das, dass Sie das ganze Problem nicht verstanden haben. – Schönen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Dann schließe ich an dieser Stelle jetzt die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung, und zwar erstens über den Änderungsantrag der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 16/7642. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind SPD und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Wer stimmt dagegen? – Das sind CDU, FDP und die Piraten. Möchte sich jemand enthalten? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Änderungsantrag Drucksache 16/7642 mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis angenommen.

Wir kommen zweitens zur Abstimmung über den Gesetzentwurf Drucksache 16/6131 in der Fassung des Neudrucks. Der Ausschuss für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr empfiehlt in Drucksache 16/7561, den Gesetzentwurf abzulehnen. Wir stimmen somit ab über den Gesetzentwurf Drucksache 16/6131 unter Berücksichtigung der eben angenommenen Änderung. Wer diesem Gesetzentwurf jetzt mit der Änderung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen von SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und die Piraten. Wer stimmt dagegen? – Niemand. Möchte sich jemand enthalten? – Das ist auch nicht der Fall. Dann ist mit diesem festgestellten Abstimmungsergebnis der geänderte Gesetzentwurf Drucksache 16/6131 – Neudruck – einstimmig angenommen. Ich schließe somit den Tagesordnungspunkt 5.

Ich rufe auf:

6 Werra- und Weserversalzung: nachhaltige

Lösung zum Schutz der Umwelt

Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Fraktion der FDP

Drucksache 16/7546 – Neudruck

Entschließungsantrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der PIRATEN Drucksache 16/7628

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner Herrn Kollegen Berghahn für die SPDFraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste auf der Tribüne. Seit über 100 Jahren wird in Hessen und Thüringen Kalisalz zur Düngemittelproduktion abgebaut. Mit dem Abbau dieser Kalisalze ist der Name K+S als Aktienunternehmen verbunden. Über 14.400 Mitarbeiter weltweit und etwa 5.000 davon in Hessen und Thüringen erwirtschafteten 2013 über 4 Milliarden € Umsatz mit einem Ergebnis vor Steuern von 656 Millionen €.

Beeindruckende Zahlen, die, nimmt man die Umweltbilanz mit dem Umgang der Abbaureste hinzu, sich schnell relativieren. So rühmt sich das Unternehmen in dem Vier-Phasen-Plan, dass es mit der hessischen Landesregierung in einem Vertrag abschließen will – ich zitiere mit der Erlaubnis der Präsidentin –, den Naturraum Werra und Weser weiter zu entlasten.

Was die tatsächliche Entlastung der Weser anbelangt, ist es schon eine Dreistigkeit von K+S, hier von einer Entlastung zu sprechen. Steht doch in dem gleichen Vier-Phasen-Plan, dass man sich der Produktionsabfälle, sprich der Salzlaugen, durch eine Pipeline in die Weser entledigen will. Und zwar soll die Einleiterstelle dieser Pipeline kurz vor der NRW-Grenze liegen. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: Man entsorgt den Müll, indem man ihn dem Nachbarn über den Zaun schmeißt!

Bereits im Jahr 2006 hat die EU ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland zur Einhaltung der Wasserrahmenrichtlinie eingeleitet. Da werden die Ziele – nämlich ein guter chemisch-ökologischer Zustand der Wasserqualität in Werra und Weser – wegen der Salzeinleitung durch K+S deutlich verfehlt.

Mit dem vorgenannten Vier-Phasen-Plan werden wir die Ziele auch in Zukunft nicht erreichen können. Es ist also damit zu rechnen, dass gegen die Bundesrepublik Deutschland eine empfindliche Vertragsstrafe ausgesprochen wird, sodass die Zeche dieser hessischen Umweltpolitik vermutlich der deutsche Steuerzahler zahlen wird.

(Kai Abruszat [FDP]: So ist es!)

Kolleginnen und Kollegen, wir sind uns sicher einig, dass hier das Verursacherprinzip gilt und somit K+S als Produzent der Düngemittel verpflichtet ist, wirk

lich alles zu tun, um seine Produktionsrückstände und die Salzlauge ordnungsgemäß zu entsorgen.

(Beifall von der SPD und Kai Abruszat [FDP])

Das Unternehmen K+S muss sich generell fragen lassen, ob es mit seinem Vorgehen den heute gültigen Standards von Unternehmensverantwortung gerecht wird. Die kürzlich gestartete Klagewelle zeigt zudem, dass der Dialog nicht zu den Stärken des Unternehmens gehört. Sicher sind wir uns auch einig, dass wir die vorgeschlagene Oberweserpipeline vehement ablehnen.

(Beifall von der SPD, Kai Abruszat [FDP] und Hubertus Fehring [CDU])

Alles andere wäre eine Katastrophe für die Wasserqualität und die Lebewesen in der Weser.

Was ist also zu tun? – Im März nächsten Jahres werden sich die zuständigen Umweltminister auf einen neuen Bewirtschaftungsplan verständigen müssen, mit dem eine gute Wasserqualität für Werra und Weser erreicht werden soll, und der bei Akzeptanz durch die EU das Vertragsverletzungsverfahren und die damit verbundene Geldstrafe abwenden kann.

Die Anhörung hier im Landtag hat gezeigt, dass eine ganzheitliche Betrachtung wichtig ist und dass man ein ganzes Bündel von Maßnahmen umsetzen muss, um den guten ökologischen Zustand von Werra und Weser erreichen zu können. Hierzu gehört nach unserer Meinung ein Haldenmanagement, was den Namen auch verdient. Ohne jede Verzögerung müssen die Abraumhalden komplett abgedeckt werden, damit keine weiteren Ausspülungen durch den Regen erfolgen können.

Ein Bündel technischer und chemischer Maßnahmen muss dazu führen, dass aus der Salzlauge die bisher ungenutzten Rohstoffe herausgewonnen und wirtschaftlich genutzt werden können. Daran sollte auch K+S ein großes Interesse haben, geht es doch schließlich um den Erhalt der Arbeitsplätze.

Die verbleibenden Reststoffe sind durch geeignete Klärverfahren zu reinigen und dann einer fachgerechten Entsorgung zuzuführen.

Wir müssen uns aber auch darüber im Klaren sein, dass K+S und das Land Hessen von diesem Maßnahmenpaket nicht begeistert sein werden. Aus diesem Grund ist es auch notwendig, die bisher gefassten Beschlüsse zu der Nordseepipeline aufrechtzuerhalten. Es macht einen großen Unterschied, ob man ein Salzgewässer wie die Nordsee mit Salzlauge belastet oder diese in einen Süßwasserfluss wie die Weser einleitet.

In diesem Zusammenhang ist es wichtig, Gutachten und Untersuchung zusammenzutragen und eventuell neue Gutachten zu beauftragen, die untersuchen, welche Auswirkungen die Salzlaugeeinleitung und deren Bestandteile auf unser Grundwasser so

wie die Trinkwasser- und Mineralwasserbrunnen entlang der Weser und die Weser selbst haben.

Die Redezeit.

Abschließend möchte ich noch darauf hinweisen, dass der Regionalrat Detmold in seiner Sitzung vom Montag dieser Woche folgenden Beschluss gefasst hat – mit Erlaubnis der Präsidentin lese ich diesen einmal vor – …