Vielen Dank, Frau Kollegin. – Für die FDP-Fraktion spricht als nächster Redner der von Frau Kollegin Velte bereits angesprochene Kollege Hafke. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Familienpolitik offenbaren sich derzeit schwierig zu beantwortende persönliche Fragen unserer Zeit: Wie bekommen wir Arbeit, Familie und auch Freizeit miteinander vereinbart? Ist Familiengründung nur auf Kosten von Arbeitszeit und Freizeit möglich? Welche materiellen Folgen hat die Gründung einer Familie?
Wir Liberalen wollen allen Menschen die persönliche Entscheidungsfreiheit darüber geben, ob und wann sie eine Familie gründen. Die Familienpolitik muss daher genau auf dieses Prinzip der Entscheidungsfreiheit ausgerichtet werden. Jedes Lebensmodell ist legitim – darüber hat die Politik nicht zu urteilen.
Die Gründung einer Familie ist in vielen Fällen allerdings nicht ohne staatliche Entlastung möglich. Eine gute Familienpolitik lässt sich dabei aus meiner Sicht anhand von fünf Kriterien messen.
Erstens. Gute Familienpolitik ermöglicht wirtschaftliche Stabilität. Familien benötigen ein ausreichendes Familieneinkommen, das auch nach Eintritt in das Rentenalters soziale Teilhabe ermöglicht.
Wirtschaftliche Stabilität ist die Grundvoraussetzung, damit alle Familienmitglieder die Möglichkeit zu guter Bildung haben, gesund leben können, sozial vernetzt sind und damit eine Wohnung in einem adäquaten Wohnumfeld bezogen werden kann.
Auch die im Antrag hervorgehobene Familienzeit ist von der wirtschaftlichen Stabilität abhängig. Es ist sicherlich die größte Herausforderung der Familienpolitik, Familien so zu entlasten, dass dies alles möglich ist. Das erfordert auch eine gewisse Flexibilität, denn die angesprochenen Unterpunkte werden
Damit einher geht aus meiner Sicht das zweite Kriterium für eine gute Familienpolitik: die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Dieser Punkt betrifft nach wie vor besonders Mütter; denn noch immer wirkt sich das Mutterwerden sehr nachteilig auf den beruflichen Werdegang aus. Die Ursachen für diese Benachteiligung von Frauen müssen endlich beseitigt werden.
Aber nicht nur Mütter, sondern auch ganze Familienformen erleiden Nachteile. Alleinerziehende, Familien mit kleinen Kindern und Familien mit mehreren Kindern sind vor sehr große Herausforderungen gestellt. Gute Familienpolitik ist also drittens so ausgestaltet, dass diese Nachteile ausgeglichen werden.
In der Frühphase des Lebens werden die Weichen für die komplette weitere Biografie gestellt. Kinder müssen daher unabhängig von ihrer sozialen Herkunft die gleichen Chancen auf die beste Bildung haben. Gute Familienpolitik zeichnet sich viertens durch eine frühe und gute Förderung der Kinder aus.
Das letzte Kriterium einer guten Familienpolitik ist die Fertilitätsquote. Der Kinderwunsch ist bei vielen Menschen in Nordrhein-Westfalen vorhanden, wird aber nicht realisiert, weil eine der genannten Bedingungen zu ungünstig ist. Sobald wir in diesem Land endlich Familienpolitik machen, die unsere Familien wirklich entlastet, werden wir auch wieder mehr Kinder in Deutschland, in Nordrhein-Westfalen haben.
Eine milieuorientierte Bestandsaufnahme, wie Familien ihre Zeit verwenden, ist daher eine sinnvolle Grundvoraussetzung für eine gute Familienpolitik. Die ebenfalls sehr wichtige Prüfung, welche familienpolitischen Förderinstrumente auf Landesebene sich für eine gute Familienpolitik eignen, könnte aber schon längst in Arbeit sein.
Diese Evaluation der familienpolitischen Leistungen ist eine Forderung der FDP, die Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen, noch Anfang dieses Jahres abgelehnt haben.
Es ist es schade, dass damals diese Chance vertan wurde. Eine solche Evaluation wäre für die Enquetekommission eine hervorragende Grundlage gewesen. Wir plädieren nach wie vor dafür, die Wirksamkeit der familienpolitischen Leistungen in Nordrhein-Westfalen von unabhängigen Gutachtern überprüfen zu lassen.
Genau solch eine Evaluation der familienpolitischen Leistungen hat auf Bundesebene bekanntlich schon
stattgefunden. Die Ergebnisse wurden aber von Bundesfamilienministerin Schwesig nicht weiter berücksichtigt. Wir sind daher sehr gespannt, welche Maßnahmen die Enquetekommission vorschlagen wird, und wie die Landesregierung mit den Ergebnissen umgehen wird.
Die FDP-Fraktion wird selbstverständlich und sehr gerne diesem Enquetevorschlag zustimmen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Hafke. – Für die Piratenfraktion erteile ich Herrn Kollegen Düngel das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten über die Einrichtung einer Enquetekommission zum Thema „Zukunft der Familienpolitik in Nordrhein-Westfalen“. Zunächst geht mein Dank an Frau Kollegin Altenkamp bzw. an die gesamte SPDFraktion für die Einbringung dieses Enquetevorschlags.
Wir sind – da spreche ich auch für meine Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Fraktionen –, erst einmal dankbar dafür, dass diesem – Frau Altenkamp, ich glaube, Sie nannten es eingangs auch schon so – „Nischenthema“ hier eine gewisse Bedeutung zukommt, die ihm übrigens auch zusteht. Das wissen wir als Familienpolitiker selber ganz genau, und die Ministerin natürlich auch.
Einige Fragestellungen sind hier schon aufgegriffen worden; ich will jetzt nicht noch einmal auf alles eingehen. Wir werden ja in der Enquetekommission viel Zeit miteinander verbringen und diese Themen dort diskutieren. Dennoch möchte ich auf den einen oder anderen Punkt zu sprechen kommen.
Ich denke, wir müssen in der Enquetekommission erst einmal über den Familienbegriff an sich reden; darauf ist schon ein paar Mal hingewiesen worden. Reden wir über den klassischen Familienbegriff, der Mutter, Vater, Kind oder mehrere Kinder meint? Reden wir – Frau Velte hatte das eben schon gesagt – dann auch über Regenbogenfamilien etc.? Wir müssen über Alleinerziehende reden. Das steht alles auch im Einsetzungsauftrag dieser Enquetekommission.
Wir Piraten halten dies natürlich für sehr wichtig. Wir setzen uns für eine gleichwertige Anerkennung von Lebensmodellen ein, in denen Menschen füreinander Verantwortung übernehmen. Dies tun wir unabhängig vom gewählten Lebensmodell. Wir wollen die Familien fördern und den Familienbegriff erweitern. Er soll überall da gelten, wo Menschen füreinander da sind, wo Kinder aufwachsen oder wo schwache Menschen versorgt werden müssen.
Wir werden diese Fragen in der Enquetekommission hoffentlich offen behandeln, auch wenn in den unterschiedlichen Parteifarben vielleicht unter
schiedliche Interessenlagen vorliegen. Ich bin sehr gespannt, inwieweit wir da zu konsensualen Ergebnissen kommen.
Ein paar Mal erwähnt worden ist hier schon die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Ich glaube, unter den Rahmenbedingungen, wie wir sie derzeit in Deutschland und in Nordrhein-Westfalen vorfinden, gibt es keine 100%-ige Vereinbarung von Familie und Beruf. Wir haben die Situation, dass beide Ehepartner oder beide Elternteile arbeiten gehen müssen. Da wird es tatsächlich schwierig mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, insbesondere dann, wenn ich vielleicht einen Arbeitgeber habe, der auf die entsprechenden Rahmenbedingungen nicht ganz so flexibel reagiert oder reagieren kann.
Wir als Piraten werden auch noch einen anderen Ansatz mit einbringen. Sie wissen, dass wir uns programmatisch auch für ein bedingungsloses Grundeinkommen einsetzen. Dieses bedingungslose Grundeinkommen würde diese Vereinbarkeit von Familie und Beruf zumindest teilweise entspannen können und wäre vielleicht sogar ein Lösungsansatz.
Freiräume sind ebenfalls angesprochen worden. Wir haben hier im Land die Aktionen des Landesjugendrings. Das wissen wir als Familien- und Jugendpolitiker ebenfalls alle. Da bin ich ebenfalls sehr gespannt, wie wir die Sichtweise der Kinder und Jugendlichen in diese Enquetekommission einbeziehen können. Neben dem Schwerpunkt „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ ist es wichtig, auch den Aspekt der Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen einzubringen. Es wäre sicherlich spannend, wenn dann auch die Kinder und Jugendlichen in dieser Enquetekommission zu Wort kommen könnten. Da müssen wir schauen, wie wir das hinbekommen.
Die vergangenen Enquetekommissionen sind ebenfalls angesprochen worden, ebenso die laufende Enquetekommission. Ich bin gespannt, wie diese Ergebnisse in die tatsächliche Politik einfließen werden. Es bringt uns nichts, eine Enquetekommission einzurichten, bei der wir am Schluss ein schönes Buch fertig haben mit Ergebnissen, die dann aber nicht in die Politik einfließen. Dies zu vermeiden, ist ein wichtiger Punkt.
Ein Wort noch zum Schluss: Mir ist vorhin beim Durchlesen etwas aufgefallen; und zwar geht es um § 57. § 57 ist jedoch für die Einsetzung einer Enquetekommission nach der alten Geschäftsordnung maßgebend; nach der neuen Geschäftsordnung wäre es § 61. Ich bin Pirat, und ich kann mir diesen Hinweis auf das Formale leider nicht entgehen lassen. Nun weiß ich nicht, wie wir das heilen können.
Ich danke Ihnen jedenfalls. Ich freue mich auf die Arbeit in der Enquetekommission und bin gespannt auf die Ergebnisse. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Titel für die Enquetekommission „Zukunft der Familienpolitik in Nordrhein-Westfalen“ im vorliegenden Antrag drückt etwas sehr Wichtiges aus: Familienpolitik hat Zukunft, denn sie gestaltet Zukunft. Angesichts des demografischen Wandels trägt der bekannte Satz von Konrad Adenauer, den ich einmal zitieren möchte, leider nicht mehr. Er hat seinerzeit gesagt: Kinder kriegen die Leute immer.
Aber Familienwunsch und Familiengründung fallen häufig auseinander. Es kommt jetzt darauf an, Rahmenbedingungen zu schaffen, unter denen die Familie wieder verstärkt zu einem attraktiven Lebensmodell wird. Wir müssen jungen Menschen Mut machen, ihre Kinderwünsche zu verwirklichen.
Die Lebensrealität von Familien hat sich in den letzten Jahrzehnten jedoch grundlegend verändert, und es ist wichtig, dass Familienpolitik mit diesen Veränderungen Schritt hält. Denn sie kann nur dann wirkungsvoll sein, wenn sie die Veränderungen erkennt, reflektiert und gegebenenfalls Neujustierungen vornimmt.
Deshalb begrüße ich den Antrag der SPD-Fraktion sehr. Die Enquetekommission wird einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass Familienpolitik nahe an den Bedürfnissen von Familien dranbleibt.
Meine Vorredner und Vorrednerinnen haben schon gesagt, dass der Schwerpunkt die Zeit sein soll: Zeit für Familie. Tatsächlich trifft dieses Thema einen wunden Punkt. Fast drei Viertel der Mütter und Väter von Kindern unter 16 Jahren wünschen sich mehr Zeit für ihre Familie. Zeitstress kann krank machen. Die Eltern, die über gesundheitliche Probleme klagen, geben als häufigste Ursache zeitliche Belastungen an.
Dabei liegen die Ursachen oft auch in der beruflichen Sphäre begründet. Denn in der Arbeitswelt werden Arbeitskräfte bevorzugt, die rund um die Uhr verfügbar sind. Das gilt nicht nur für Fach- und Führungskräfte, sondern das gilt im Einzelhandel, im Pflegebereich, in der Logistik und in vielen anderen Bereichen. Durch die Arbeitsverdichtung und ge