Protocol of the Session on July 3, 2014

Unser Antrag, meine Damen und Herren, nennt konkrete Punkte für ein Sofortmaßnahmenpaket. Diese Maßnahmenvorschläge zeigen auch, dass wir als CDU uns konstruktiv einbringen. Wir lassen dabei die Bundesregierung wie auch die europäische Ebene nicht außer Acht, wir sparen sie nicht aus. Auch sie wollen wir um Hilfe bitten für die sturmgeschädigten Städte.

Meine Damen und Herren, ein deutsches Sprichwort sagt: Nichts auf der Welt ist so schlecht, dass es nicht auch etwas Gutes in sich hat. Und kein Un

glück ist so groß, dass es nicht noch ein kleines Stückchen Glück enthalten könnte. – Da ist es nur folgerichtig, dass der Innenminister, wie er angekündigt hat, die Abläufe der landesweiten Hilfen des nordrhein-westfälischen Feuer- und Katastrophenschutzes jetzt auch anhand der Erfahrungen mit dem Sturmtief Ela überprüfen will. Aus Sicht der Landesregierung hat er ja schon festgestellt: Es gibt keine besonderen Auffälligkeiten an der Struktur und der Koordinierung der Hilfen.

Fakt ist aber auch, dass wir uns immer stärker und immer häufiger mit klimabedingten Extremwetterereignissen werden auseinandersetzen müssen. Der heutige Katastrophenschutz ist, Herr Innenminister, in erster Linie ereignisorientiert. Es geht prinzipiell weniger darum, den Schutz davor als vielmehr die Hilfe danach zu organisieren. Das macht eine gut durchdachte Strategie für moderne Warnmittel und die kurzfristige Folgenbeseitigung immer wichtiger. Dabei müssen die Kommunen unterstützt werden. Das ist Aufgabe der Landesregierung. Dazu müssen Sie Ihren Beitrag leisten.

Anders als beim Orkan Kyrill war das Sturmtief Ela besonders verheerend in großstädtischen Ballungsräumen. Die Allianz Deutschland AG stellte schon im Jahr 2008 den Katastrophenschutz in Deutschland auf den Prüfstand und machte in einer Studie auf verschiedene Trends wie zum Beispiel den zunehmenden ökonomischen Druck auf die Infrastruktur und auf deren Abhängigkeit aufmerksam. Heraus kam zum Beispiel, dass die Verstädterung, die zunehmende Singularisierung, die Überalterung, das geänderte Konsumverhalten oder die Abhängigkeit von Informationstechnologien die Leistungsfähigkeit des Katastrophenschutzes vor neue Herausforderungen stellen wird.

Auch deshalb fordern wir als CDU, dass Sie das in Ihrer Nachbetrachtung mitbedenken und diese Aspekte mitaufnehmen, damit wir gemeinsam die Lehren für die Zukunft aus dem Pfingstunwetter vom 9. Juni 2014 ziehen können. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und Robert Stein [frakti- onslos])

Vielen Dank, Kollege Kufen. – Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Hübner.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat werden wir hier heute eine Debatte führen, bei der wir weitgehende Einigkeit erzielen werden – Einigkeit über das, was die Landesregierung vorgetragen hat, an das sich auch die SPD-Fraktion anschließen wird.

Natürlich gilt auch unser Dank – genauso wie seitens der CDU-Fraktion – allen Helfern, allen Betroffenen, die die Aufräumarbeiten nach Ela unterstützt haben. Wir wollen uns sehr dafür bedanken.

Natürlich gilt die Anteilnahme auch den Angehörigen der Menschen, die durch den Sturm Ela zu Tode kamen, sowie den Verletzten, die dabei zu Schaden gekommen sind und die in der Folge vielleicht auch noch zu Schaden kommen werden.

Meine Damen und Herren, ich will mit der Schilderung meines Eindrucks beginnen, den ich gewonnen habe, als ich Ela und Kyrill verglichen habe. Das ist auch schon in der Rede von Herrn Kufen deutlich geworden.

Kyrill war mehr oder weniger planbar. Das war auch vor Ort stärker planbar. Ela war weniger stark planbar.

Das musste ich auch ganz persönlich erleben. Ich habe mir an dem Tag das Wetterradar angeguckt und war wirklich erschrocken, dass der Sturm so plötzlich auf Gladbeck zugekommen ist; das war gar nicht zu erwarten. Man hatte nur wenige Stunden lang die Chance, sich darauf vorzubereiten.

Außerdem hat Kyrill eine ganze Nacht lang gewirkt. Ela dauerte eine Stunde, dann war der Sturm vorbei bzw. ist weitergezogen. Es gab nach einer Stunde – im Vergleich zu Kyrill, auf den man sich besser vorbereiten konnte – eine ganz erhebliche Schadensbilanz. Das war sehr erschreckend.

Kollege Kufen hat gerade deutlich gemacht, dass es sehr wohl einen Unterschied macht, ob es sich um einen Wintersturm oder um einen Sommersturm handelt. Im Sommer ist die Laubsituation an den Bäumen natürlich eine ganz andere als im Winter. Das Laub bietet eine viel größere Auffangfläche. Silberlinden waren – um über eine bestimmte Baumart zu sprechen – gerade in der Blüte und von daher besonders behangen. Silberlinden gehören zumindest in meiner Heimatstadt Gladbeck zu den besonders betroffenen Bäumen. Sie sind sehr schnell umgefallen, haben Aufrisse in den Straßen produziert und somit im Straßenraum entsprechende Spuren hinterlassen.

Die vorläufige Gesamtschadenssumme, die Ralf Jäger, unser Innenminister, gerade genannt hat, ist in der Tat beeindruckend.

Aber auch die Anstrengungen der Landesregierung, über die gerade berichtet wurde, sind aus unserer Sicht beeindruckend. Hannelore Kraft hat mit ihrem Kabinett relativ kurzfristig einen Beschluss herbeigeführt, dass – entsprechend zu Kyrill – ein Hilfsfonds aufgelegt wird. Zur Art und Umfang dieses Hilfsfonds lassen sich naturgemäß noch keine Ausführungen im Detail machen.

Die vorläufige Schadenssumme in Höhe von 220 Millionen €, die Ralf Jäger gerade genannt hat, ist in der Tat beeindruckend. Sie ist umso beeindruckender, wenn man sich vor Augen führt, dass die Städte und Gemeinden im Prinzip nur jeweils eine Stunde betroffen waren.

Ich halte das für eine zügige und angemessene Reaktion der Landesregierung. Da ist, glaube ich, im Prinzip keine Kritik zu äußern. Von daher verstehe ich die leichten Andeutungen von Herrn Kufen in der Richtung als leichtes Oppositionsgehabe. Nichtsdestotrotz ist das eine schnelle und angemessene Reaktion der Landesregierung. Da hilft auch nicht, dass Sie Herrn Remmel heute auffordern, er möge in Essen mal den Zustand des Straßenbegleitgrüns beobachten. Das hilft letztlich nicht weiter. Das ist eine eher destruktive als eine konstruktive Kritik. Die Landesregierung hat zügig reagiert.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ich möchte auch eingehen – dazu hat Ralf Jäger schon vorgetragen – auf die Erfassung der Daten seitens der Städte. Erst einmal, Herr Jäger, sage ich herzlichen Dank dafür, dass Sie bereits am 20. Juni die Vertreter der Städte und die Landräte der betroffenen Gebiete eingeladen und mit ihnen diskutiert haben.

Wir haben zuletzt auch interessante Diskussionen darüber geführt, ob ein Baum 2.000 € kostet oder auch nicht. Das hängt natürlich auch damit zusammen, was die Städte unter „Baumkosten“ subsummieren. Ich habe eben schon die Silberlinde in die Diskussion eingeführt. An den Straßenrändern stehen ganz unterschiedliche Baumtypen.

Meine Heimatstadt Gladbeck hat Gartenstadtcharakter. Das müsste Herrn Remmel eigentlich freuen. Wir haben fast ausschließlich Alleen. Auf 34 km2 befinden sich bei uns 16.000 Bäume. Das ist – wenn Sie das mit der gerade genannten Zahl aus Düsseldorf vergleichen – eine beachtlich hohe Zahl. Nichtsdestotrotz gilt es aber zu unterscheiden, ob es sich um eine Robinie, eine Buche oder um irgendeinen anderen Baumtyp handelt. Die verschiedenen Baumtypen haben nämlich unterschiedliche Beschaffungspreise. Die Stadt Gladbeck kalkuliert im Durchschnitt mit etwa 900 € pro Baum für Wiederbeschaffungs- und Einpflanzkosten – egal, um welchen Baum es sich handelt.

Hinzugerechnet werden muss natürlich – deshalb weichen die Zahlen in den einzelnen Städten ab –, dass es in den Bereichen, wo die Bäume standen, Aufbrüche gibt, dass Fahrradwege und Straßen teilweise nicht mehr nutzbar sind. Es gibt auch Beschädigungen bis in Kanäle hinein. Das alles muss noch bewertet werden. Die Städte kennen die Zahlen zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Auch die Landesregierung kann das zum derzeitigen Zeitpunkt natürlich nicht wissen.

In Parkanlagen sieht die Situation natürlich anders aus. Bei einer Neubepflanzung muss die Baumlücke nicht ausgefräst werden. Da würden wir mit geringeren Kosten kalkulieren. Genauso machen wir das in den betroffenen Waldbereichen. Ich habe in den letzten Tagen etwas über

Setzlinge in den Zeitungen gelesen. Man könnte in den Wäldern in der Tat mit Setzlingen arbeiten. Im Straßenbegleitraum geht das aber natürlich nicht; denn ein Setzling wäre relativ zügig weg – egal, ob in Essen oder in Gladbeck.

Ich habe eine sehr differenzierte Herangehensweise erläutert, mit der ich aufzeigen will, dass sehr viel Aufwand erforderlich ist, um für die Städte zu einheitlichen Kriterien – so, wie Ralf Jäger das vorgetragen hat – zu kommen und eine Vergleichbarkeit der Kosten zu erzielen. Auch wir wollen nicht, dass die Landesregierung sozusagen einen Blankoscheck an die Städte ausstellt, um ihnen zu helfen. Wir müssen in Bezug auf die Anforderungen, welche die Städte an das Land stellen, eine Vergleichbarkeit erreichen. Das halte ich für absolut notwendig.

In meiner Heimatstadt Gladbeck hat der Eigenbetrieb, der die Grünanlagen pflegt, ganz kurzfristig zusätzliches Personal eingestellt – und das in einer Haushaltssanierungsplankommune. Wir haben in Gladbeck auch immer noch – das werden die Kollegen in Essen bestätigen – ein oder zwei gesperrte Straßen. Der Stadtwald ist weiterhin gesperrt, voraussichtlich bis zum 7. Juli, wahrscheinlich wird das aber noch länger dauern. In Gladbeck müssen Baumkronen beschnitten werden – das weiß ich auch aus Datteln –, damit die braunen Stellen, von denen der Kollege Kufen gerade gesprochen hat, entfernt werden. Das ist erforderlich, damit die Menschen wieder Sicherheit haben.

Ich möchte mich dem Appell von Minister Remmel ausdrücklich anschließen: Wer aktuell verniedlicht und meint, dass man den Wald schon wieder betreten kann, der agiert absolut fahrlässig. Es ist überraschend, wie viele Leute man derzeit aus Wäldern kommen sieht. Von daher bitte ich darum, sich an das Betretungsverbot zu halten, denn auch ein paar Tage nach einem solchen Sturm können sich immer wieder Äste lösen.

Wir haben neue Mitarbeiter eingestellt – mit Zeitverträgen zugegebenermaßen –, um die gesamten Schäden in den Griff zu bekommen. Wir müssen ganze Maschinenparks ausleihen. Und das ist – wenn sich die Kolleginnen und Kollegen damit einmal vertieft auseinandersetzen wollen – gar nicht so einfach, weil zum Beispiel Hubsteiger sehr vergriffen sind; denn natürlich will auch der Landesbetrieb die gerne haben. Von daher ist das alles nicht ganz einfach. Auch werden die Preise bei erhöhter Nachfrage bekanntlich nicht fallen.

Alles in allem gehen wir in Gladbeck von einer Schadenssumme von aktuell etwa 1 Million € aus. Das ist natürlich eine viel, viel geringere Zahl als in Essen. Aber das hat vielleicht auch damit zu tun, dass unser Stadtgebiet nicht ganz so groß ist und dass nur ein Teil unseres Stadtgebietes betroffen war, nämlich der südliche Teil von Gladbeck.

Vergleichbare Größenordnungen kenne ich aus Datteln, wo es auch etwa eine Schadenssumme von 1 Million € geben wird, und zwar in der gleichen Systematik: Es fallen zusätzliche Personalkosten an, Mitarbeiter müssen Überstunden machen, Kronen müssen nachbehandelt werden, um die Sicherheit wieder herzustellen, und natürlich wird es bis zum Ende des Jahres auch einen erhöhten Kontrollaufwand geben. Deshalb sind zum derzeitigen Zeitpunkt alle Kostenschätzungen schwierig.

Lieber Herr Innenminister, ich hoffe, dass es eine kurzfristige Einigung mit den betroffenen Kommunen gibt, wie man den Schaden zu begreifen hat, und dass den betroffenen Kommunen kurzfristig Hilfestellung gegeben werden kann, die in etwa das abmildert, was sie mit dem Sturm Ela erlebt haben.

Insofern bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche der weiteren Debatte einen guten Verlauf.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Hübner. – Für die FDP-Fraktion hat Herr Kollege Dr. Orth das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hätte mir nie vorstellen können, einmal in meiner Heimatstadt Düsseldorf ein solches Bild der Verwüstung zu sehen, wie ich das erleben musste. Das hat mich wirklich nachhaltig erschüttert.

Ich möchte auch im Namen meiner Fraktion allen danken, die auch unter Einsatz ihres Lebens, bei Gefahr für ihr Leben gearbeitet haben, um die Schäden zu beseitigen, und denen mein Beileid aussprechen, die Familienangehörige verloren haben. Ich wünsche mir, dass nicht noch weiteres passiert.

(Beifall von der FDP, der SPD, der CDU und den PIRATEN)

Aber weil ich das alles so hautnah erlebt und gesehen habe, bin ich von der Unterrichtung der Landesregierung enttäuscht. Wir haben viele Worte gehört. Aber wir haben keine konkrete Hilfestellung vernommen. Es heißt: Wir wissen noch nicht, wie viel Geld wir geben. Wir wissen noch nicht, unter welchen Voraussetzungen wir was geben. – Sie sagen nicht einmal klar, ob Sie die beschädigten Bäume ersetzen oder nicht, meine Damen und Herren.

Ist ein Baum ein Teil der Infrastruktur oder ist er nice to have, meine Damen und Herren? In meinen Augen ist ein Baum in einer Straße ein Teil der Infrastruktur. Ich hätte gerne von der Landesregierung gewusst, ob sie das auch so sieht, ob die 20.000 Bäume, die wir in meiner Heimatstadt verloren haben, nun Teil der Hilfsmaßnahmen sind oder nicht.

Ich hätte auch gern vom Kollegen Remmel gehört, ob er mit seiner 1-€-Strategie meint, dass jemand, der eine kleine einjährige Krüppelkiefer für 1 € im Baumarkt kauft, auch noch 1 € von der Landesregierung dazubekommt. Oder wie darf ich das verstehen?

Wir reden hier doch nicht von irgendeinem kleinen Gestrüpp. Wir reden von Bäumen, die 100 oder 200 Jahre alt sind und ersetzt werden müssen. Der ganze Hofgarten in Düsseldorf, der vor Jahrhunderten angepflanzt wurde, ist zerstört. Der Grafenberger Wald ist in weiten Teilen nicht mehr existent. Ich sehe auf einmal Teile meiner Stadt von unten, die ich von dort noch nie sehen konnte, weil der Wald dort nicht mehr existiert. Und dann höre ich, der Wald sei kaum zu Schaden gekommen, meine Damen und Herren.

Das sind Aussagen, die mich als Düsseldorfer frustrieren. Ich hätte erwartet, dass Sie hier konkreter werden, dass Sie uns konkret sagen, was wir von Ihnen zu erwarten haben, meine Damen und Herren.

(Beifall von der FDP)

Im Gegensatz dazu hat die seinerzeitige Landesregierung von Schwarz-Gelb, als Kyrill über uns hereingebrochen war, sehr rasch gesagt, dass sie 100 Millionen zur Verfügung stellt. Und diese 100 Millionen hat man nicht erst zur Verfügung gestellt, als man sich die Refinanzierung angeschaut hatte. Nein, man hat gesagt: Das brauchen wir jetzt. Um die Finanzierung kümmern wir uns im Nachgang. – Das ist Krisenbewältigung. Die hätte ich von Ihnen auch erwartet, meine Damen und Herren.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Herr Kollege

Dr. Orth, Entschuldigung, dass ich Sie unterbreche. Kollege Engstfeld würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen.

Danke, wir brauchen heute keine Zwischenfragen. Ich habe auch eben der Landesregierung lange gelauscht und möchte nun meine Meinung dazu kundtun.