Protocol of the Session on July 3, 2014

In der Priorität steht der Schutz der Bevölkerung, also das Entfernen beschädigter Bäume an Wegen und Straßen, im Vordergrund und hat absolute Priorität. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal auf das bestehende Waldbetretungsverbot bis zum 7. Juli hinweisen. Die Erfahrung gerade bei solchen Schäden macht deutlich, dass die größten Personenschäden oft im Nachgang entstehen, weil man die aktuellen Gefahren nicht mehr im Blick hat – herunterfallende Äste, Bäume, die unter Spannung stehen. Deshalb bitte absolute Vorsicht!

Wir werden bei den Wiederaufforstungen im Schadensgebiet genauso agieren wie zu Zeiten von Kyrill. Das heißt, das Angebot, bei Wiederaufforstung zu helfen, auch finanziell zu fördern, wird zu den Konditionen laufen, wie das bei Kyrill der Fall war. Der Landesbetrieb wird die Förderanträge zügig bearbeiten.

Ich möchte an dieser Stelle noch hinweisen auf unsere Alleenförderrichtlinie, die unsere markanten Alleen in unseren Städten betrifft. Da gibt es ein bestehendes Förderinstrument, das auch auf zerstörte Alleen ausgerichtet ist, insbesondere auf innerstädtische Alleen. Hier geht es darum, wirklich geeigne

te Baumarten zu fördern und nicht erneut auf Exoten oder Zuchtformen zu setzen. Hier steht das Land mit Fördermitteln trotz Haushaltssperre zur Seite.

Bei allem Verständnis – auch darauf ist schon hingewiesen worden –, wir werden die Schäden bei den so lieb gewonnenen Stadtbäumen nicht eins zu eins ersetzen können. Wir werden auch nicht jeden Baum eins zu eins ersetzen können. Aber Stadtgrün ist wichtig, Stadtgrün erfüllt wichtige ökologische Funktionen, Stadtgrün hat auch einen hohen emotionalen Wert.

Deshalb unterstützt die Landesregierung vor allem bürgerschaftliches Engagement. Wir möchten die zivilgesellschaftlichen Ideen aufgreifen, Patenschaften zu übernehmen. Deshalb ist die Landesregierung bereit, aus den bestehenden Mitteln des Naturschutzetats jeden bürgerschaftlich gespendeten Euro für neue Stadtbäume mit einem Euro der Bürgerinnen und Bürger des Landes NordrheinWestfalen aus dem Landeshaushalt zu unterstützen im Rahmen der bestehenden Haushaltsmittel. Ich hoffe, dass Sie für diese Aktion „Bürgerinnen und Bürger für Stadtbäume“ werben. So können wir gemeinschaftlich als bürgerschaftliches Engagement in Nordrhein-Westfalen in den Gebieten, die erheblich betroffen sind, neue Stadtbäume pflanzen. Das hat vielleicht auch noch den Nebeneffekt, dass die Bürgerinnen und Bürger ihren eigenen Baum pflanzen und schützen und nicht ein anonymes Gartenamt.

In diesem Sinne wünsche ich uns allen gemeinsam Erfolg bei dieser Aktion. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister Remmel. – Nach der Unterrichtung steht diese jetzt zur Aussprache. Diese Aussprache eröffnet Herr Kollege Kufen für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch drei Wochen nach dem Sturmtief Ela gibt es in den betroffenen Städten an Rhein und Ruhr immer noch umgefallene und umgeknickte Bäume, umherliegende Äste, beschädigte Autos, Oberleitungen, Laternen, Straßenschilder, Plakatwände und Ampeln, eingedrückte Garagen, Lauben, gesperrte Parks, Straßen, Gehwege, Friedhöfe, Spielplätze und Schulhöfe.

Durch das Unwetter kamen in Düsseldorf, Essen, Köln und Krefeld sechs Menschen ums Leben. Das macht uns betroffen. Wir nehmen Anteil; ihren Angehörigen und Hinterbliebenen gehört unser Mitgefühl. Hinzu kommen viele Menschen, die sich infolge des Sturms oder bei der Schadensbeseitigung Verletzungen zugezogen haben.

Die Folgen des schweren Unwetters am Pfingstmontag sind in den betroffenen Städten immer noch sichtbar und gegenwärtig. Der Verlust vieler stadtbildprägender Bäume hat das Erscheinungsbild dieser Städte verändert. Viele Städte wurden von dem verheerenden Sturm Ela drei- bis viermal härter getroffen als durch den Orkan Kyrill im Jahre 2007. Das Sturmtief hinterließ eine Schneise der Verwüstung. Und anders als im Fall Kyrill im Winter 2007 wurden diesmal insbesondere die Bäume in voller Belaubung betroffen. Das hat zu den vielen Stamm- und Kronenbrüchen geführt.

Meine Damen und Herren, wir wollen alle hoffen, dass bei den weiteren Aufräumarbeiten in den Städten nicht noch weitere Menschen durch loses Astwerk und abgebrochene Bäume zu Schaden kommen. Viele Parks, viele Wälder und Friedhöfe sind nach wie vor zu Recht gesperrt. Angebrochene Äste und Bäume trocknen jetzt regelrecht aus. Sie stellen immer noch ein hohes Sicherheitsrisiko dar.

An dieser Frage zeigt sich übrigens auch, Herr Innenminister, dass Bevölkerungsschutz nur wirksam mit der Bevölkerung organisiert werden kann. Denn gleichzeitig sehen wir, dass sich viele Menschen doch recht sorglos verhalten und vorhandene Sperren überwinden, um sich selbst ein Bild zu machen. Vorsorge und Selbstschutz der Bevölkerung müssen uns weiter beschäftigen.

Die Aufräumarbeiten werden sich noch über Monate hinziehen – und das, obwohl mit der Schadensbeseitigung unmittelbar nach dem Sturm begonnen wurde. Zehntausende waren in den betroffenen Städten Tag für Tag unermüdlich im Einsatz, um die Funktionsfähigkeit der Städte wiederherzustellen. Die CDU-Fraktion – ich denke, auch im Namen aller Fraktionen – dankt den vielen Helferinnen und Helfern.

(Allgemeiner Beifall)

Schulen, Kindertageseinrichtungen waren tagelang geschlossen. Meine Heimatstadt Essen war zum Beispiel tagelang nicht mit der Deutschen Bahn zu erreichen, weil der Essener Hauptbahnhof gesperrt war.

Ich danke auch ausdrücklich den Einsatzkräften der Feuerwehren, der Polizei, des Technischen Hilfswerks, der Hilfsorganisationen, auch der Bundeswehr und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Städte für ihren tatkräftigen, mutigen Einsatz. Ohne die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer wäre der Katastrophenschutz in Nordrhein-Westfalen gar nicht handlungsfähig.

(Beifall von der CDU, der SPD und den GRÜNEN)

In den ersten Tagen waren in Essen 85 % der eingesetzten Kräfte Freiwillige. Der Dank gilt daher nicht nur den Freiwilligen, sondern auch den vielen Arbeitgebern und Unternehmen, die für Freistellun

gen gesorgt und damit den Einsatz der freiwilligen Feuerwehren erst ermöglicht haben.

(Beifall von der CDU und den GRÜNEN)

Zu den Einsatzkräften kamen viele Helferinnen und Helfer, die sich ehrenamtlich, in der Nachbarschaftshilfe in einer breiten Welle der Solidarität und der Hilfsbereitschaft engagiert haben. Wir hoffen, dass diese Welle weiter anhält.

Das zeigt aber auch, die Organisation solcher Hilfsaktionen über E-Mail, über Rundruf, über Facebook stellt auch den Katastrophenschutz vor neue Herausforderungen. Denn es entstehen die Frage: Wie bindet man so etwas ein? Man stellt auch die Frage nach dem Versicherungsschutz bei Verletzungen. Wie ist es bei diesen Fragen mit der Amtshaftung? Wie gehen wir mit Pflichtverletzungen um? All diese Fragen sind nicht trivial, sondern haben in den betroffenen Städten in der Praxis zu großen Unsicherheiten geführt.

Aktuell sehen wir die Hilfsbereitschaft an den vielen Spenden, an den Baumpatenschaften, an Aktionen von Vereinen und Verbänden, Parteien und Unternehmen. Alle wollen einen Beitrag zur Wiederaufforstung oder zur Schadensbeseitigung an Sportplätzen, Pfarrheimen oder Kindertageseinrichtungen leisten.

Das Geleistete kann uns stolz machen. Es kann uns mit Stolz erfüllen, dass die Menschen in diesem Land nicht warten, dass Stadt oder Staat hilft, sondern selber mit anpacken. Insofern auch hier ein herzliches Wort des Dankes.

Das Zusammenspiel der Einsatzkräfte in den betroffenen Kommunen wird durchweg positiv bewertet. Das hat auch der Innenminister im Ausschuss schon deutlich gemacht. Unterstützung erhielten die vielen Betroffenen aus weiten Teilen des Landes. Die Koordinierung erfolgte über die Bezirksregierung.

Hier ist noch einmal deutlich geworden, Herr Innenminister, dass wir immer noch kein landesweit einheitlich elektronisches Stabsführungssystem haben. Viele Kommunen haben nämlich im Alltag gezeigt, dass sie über eine viel präzisere Schadenslage verfügen und auch die Einsatzkräfte viel präziser über ihre elektronischen Karten abbilden können, als das auf der Ebene der Bezirksregierung, die vielfach noch händisch mit Karten arbeitet, technisch möglich war.

Neben den landesweit notwendigen Leitführungssystemen ist aus unserer Sicht auch ein Ausbau zentraler Ausbildungsmöglichkeiten für das kommunale Katastrophenmanagement weiter sinnvoll. Das könnte das Land über das Institut der Feuerwehr NRW in Münster tun. Hier besteht die Möglichkeit, die Qualität des Katastrophenmanagements des kommunal organisierten Katastrophenschutzes weiter zu verbessern.

Der genaue Schaden in den Städten lässt sich erst nach und nach beziffern. Mit der Wiedergabe von Zahlen bin auch ich vorsichtiger geworden. Am 15. Juni, als wir – der Fraktionsvorsitzende Armin Laschet zusammen mit Landtags- und Bundestagsabgeordneten – uns in Essen in der Einsatzzentrale ein Bild von der Lage gemacht haben, sprach die Stadtspitze der Stadt Essen noch von einem dreistelligen Millionenbetrag. Darüber reden wir heute nicht mehr. Das zeigt aber auch, dass wir jetzt in der Schadensermittlung präziser werden müssen, weil es den einheitlichen Standard zur Schadenserhebung nicht gibt. Insofern können wir noch nicht nachvollziehen, wie hoch der Schaden ist.

Wir können aber auch nicht nachvollziehen, warum sich die Grünen hier im Landtag schon jetzt einzelne Kommunen herauspicken und ihnen pauschal unterstellen, mit den Sturmschäden regelrecht Kasse machen zu wollen

(Beifall von der CDU, der FDP und Robert Stein [fraktionslos])

und maßlos unanständige Forderungen zu stellen. Herr Priggen, Sie sind sonst immer der Yoda der NRW-Grünen. Das haben Sie doch gar nicht nötig, pauschal die Kommunen vorzuführen und quasi den Elbers zu machen.

(Zurufe: Oh, oh!)

Seien Sie doch einfach im Ton und im Zeitpunkt Ihrer Kritik zurückhaltender, bis wir wissen, wie hoch die Schadenslage wirklich ist.

(Beifall von der CDU)

Fakt ist, die Kosten für die Neupflanzung eines Baumes einschließlich Herausfräsen des alten Wurzelwerks, Pflanzenkauf, Pflanzung und einer üblicherweise vom Land geforderten zweijährigen Fertigungspflege kann man mit mindestens 1.000 € beziffern.

Hinzu kommen natürlich die Kosten für Sicherung, Fällung der Bäume, Wegräumen der Baumteile, der Äste, Beseitigung von gebrochenen Ästen und Kronen. Alles das kostet Zeit und wird die Kommunen sicherlich weiter belasten.

Ich würde mir wünschen, dass die Landesregierung die Kommunen an dieser Stelle deutlicher vor der geäußerten Pauschalkritik in Schutz nimmt.

(Beifall von der CDU)

Gleichwohl ersetzt das nicht die Frage nach einheitlichen Bewertungskriterien, die wir in den Kommunen brauchen. Auch da wollen wir Sie gerne unterstützen.

Die höchste Schadensposition stellt nach der Beseitigung offensichtlich die Ersatzpflanzung von innerstädtischen Bäumen dar. In Düsseldorf soll von rund 69.000 Straßenbäumen ein Viertel zerstört sein.

Gleiches soll für Neuss gelten. In Essen soll jeder zehnte städtische Baum außerhalb der Wälder so stark beschädigt sein, dass die Standsicherheit nicht mehr gegeben ist und die Bäume beseitigt werden müssen.

Straßenbäume – darauf hat der Umweltminister schon dezent hingewiesen – sind wichtig für das innerstädtische Klima. Pflanzen sind für ein angenehmes Stadtklima das A und O. Eine herausragende Rolle spielen dabei die Straßenbäume, die durch Staubfilterung, Verdunstung und Sauerstoffproduktion die Stadtluft verbessern und durch Verschattung einer weiteren Aufheizung des Straßenraumes entgegenwirken. Das hat der NABU jüngst noch mal bestätigt.

Viele Kommunen sind allerdings in der Haushaltssicherung. Haushaltssanierungspläne, die auch mit dem Innenminister verabredet wurden, lassen keine weiteren Spielräume zu, um das Stadtbild mit Straßenbäumen nach dem verheerenden Sturm wiederherzustellen. Nichtsdestotrotz sind die Kommunen und die Bürgerinnen und Bürger bereit, ihren Beitrag zu leisten.

Gleichzeitig gibt es berechtigte Hoffnung, wie ich finde, wie wir finden, dass die Kommunen auch Forderungen ans Land stellen dürfen, dass jetzt Ähnliches gilt wie 2007 beim Orkan Kyrill, damals an die Regierung Rüttgers gerichtet, jetzt an die Regierung Kraft gerichtet.

Wir dürfen die Kassenlage der Kommunen hier nicht aus dem Blick lassen. Das heißt aber nicht, dass Wunschzettel abgegeben werden sollen; das ist doch völlig klar.

Zudem erwarten wir, dass die Landesregierung nicht nur ihren Verpflichtungen an dieser Stelle nachkommt, sondern sich auch selbst vor Ort über das Ausmaß der Schäden ein Bild macht und den Einsatz der vielen Helferinnen und Helfer würdigt. Auch da hätten wir als CDU uns eine schnellere Reaktion der Landesregierung gewünscht.

Herr Remmel, Sie begrüßen sonst jedes Windrad persönlich mit Handschlag. Wir hätten uns gewünscht, dass Sie sich auch in Essen über die Schadensfälle informieren, der Stadt, die mit am härtesten getroffen wurde.

(Beifall von der CDU)

Unser Antrag, meine Damen und Herren, nennt konkrete Punkte für ein Sofortmaßnahmenpaket. Diese Maßnahmenvorschläge zeigen auch, dass wir als CDU uns konstruktiv einbringen. Wir lassen dabei die Bundesregierung wie auch die europäische Ebene nicht außer Acht, wir sparen sie nicht aus. Auch sie wollen wir um Hilfe bitten für die sturmgeschädigten Städte.