Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der Fraktion der FDP und der Fraktion der PIRATEN Drucksache 16/5968 – Neudruck
Ich eröffne die Aussprache und erteile für die antragstellende SPD-Fraktion Herrn Kollegen Bischoff das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Jugend trainiert für Olympia“ und „Jugend trainiert für Paralympics“ sind großartige und tolle Veranstaltungen. 800.000 Schülerinnen und Schüler nehmen jährlich an den Qualifikationsmaßnahmen teil. 8.500 erreichen das Bundesfinale in Berlin. Es ist die weltweit größte schulpolitische Veranstaltung. Seit 1969 wird sie durchgeführt. Finanziert wird das Finale in Berlin vom Bund.
Jetzt erreicht uns vom Bund – völlig ohne Vorbereitung und ohne dass wir es hätten erwarten können – die Mitteilung, dass er seine Zuschüsse über zwei Jahre gestaffelt einstellen wird. Damit wäre das Finale von „Jugend trainiert für Olympia“ am Ende, wenn das denn so umgesetzt würde.
Man hätte die Situation, dass man nur noch Qualifikationsspiele machen kann. Man stelle sich vor: Die Fußballweltmeisterschaft in Brasilien nächste Woche wird abgesagt, aber die Qualifikationsspiele werden trotzdem gemacht. Das ist sportpolitisch und sportlich betrachtet eine völlig unsinnige und irrsinnige Situation. Wir halten die Kürzungsabsicht des Bundes für verfehlt, unangebracht und grundfalsch. „Jugend trainiert für Olympia“ ist eine großartige Veranstaltung und muss weiter gefördert werden.
Deswegen unterstützen wir in unserem Antrag die Bundesratsinitiative, die am 23. Mai seitens der Bundesländer beschlossen und von NRW getragen worden ist.
Zum politischen Hintergrund: Wir kennen die Farbenlehre in Berlin und wissen, dass die Große Koalition regiert. Wir als Sozialdemokraten sagen ganz klar: Landesinteresse geht vor Parteiinteresse. NRW hat diese Bundesratsinitiative zu Recht gestartet. Es interessiert uns nicht, ob die SPD in der Großen Koalition vertreten ist, sondern ich sage hier an diesem Redepult ganz deutlich: Wir halten diese Entscheidung für falsch, und wir wollen, dass sie zurückgenommen wird.
Wir freuen uns, dass auf unsere, also die rot-grüne Initiative hin die FDP und die Piraten dem Antrag beigetreten sind. Ich schaue jetzt zu Herrn Müller. Sie reden als Übernächster. Die Frage ist, ob auch die CDU-Fraktion im Landtag Nordrhein-Westfalen den Mut hat, Landesinteresse vor Parteiinteresse zu stellen. Das, was Sie gleich ausführen werden, wird spannend sein. Es wird mich – das kann ich Ihnen jetzt schon versprechen – sehr interessieren, Herr Müller. Ich höre allen Rednerinnen und Rednern mit Interesse zu – Ihnen heute ganz besonders.
Es wäre wichtig, dass wir ein Signal der Geschlossenheit nach Berlin senden. Auch wäre es wichtig, wenn gerade die CDU, die ebenfalls Bestandteil der Großen Koalition ist – das Haus, welches uns die Bescheide gesandt hat, das Bundesinnenministerium, ist ja ein CDU-geführtes Haus –, hinter uns stehen und das Landesinteresse NRWs hier ebenso vertreten würde wie alle anderen im Landtag vertretenen Parteien. Wie gesagt: Ich werde gleich sehr gespannt sein.
Ich will noch hinzufügen: Wir führen auch Gespräche mit den sozialdemokratischen Bundespolitikern, die im Bereich „Sport“ unterwegs sind und sind nicht ohne Zuversicht, dass da – auf dieser informellen Ebene – noch etwas gelingen könnte. Aber auch da wäre es hilfreich, wenn die CDU als Bestandteil der Großen Koalition möglicherweise ähnliche Gespräche führen würde. Herr Müller, auch auf die Ausführungen, die Sie gleich dazu machen werden, bin ich gespannt.
Wir brauchen „Jugend trainiert für Olympia“. Wir brauchen es, dass das Landesinteresse vor dem Parteiinteresse steht. Wir brauchen die Unterstützung aller Fraktionen dieses Hauses. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Bischoff. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Kollegin Paul.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich finde es ein bisschen bedauerlich, dass ich nach Herrn Bischoff sprechen muss und nicht nach Herrn Müller sprechen darf; denn auch ich bin natürlich sehr gespannt darauf, wie Sie sich da positionieren werden und warum Sie diesem Antrag heute leider nicht zustimmen können.
Ich glaube, dass eigentlich in diesem Haus auch über die Sportfraktionen hinweg große Einigkeit besteht, dass die Projekte „Jugend trainiert für Olympia“ und „Jugend trainiert für Paralympics“ sinnvolle sportliche Wettbewerbe sind. Das sind tolle Wettbewerbe für Jugendliche, die sie weiter motivieren sollen, vielleicht die Leistungssportlaufbahn einzuschlagen.
Ich glaube, dass wir in dieser viel beschworenen Sportfraktion gut daran getan hätten, uns zu einigen; denn wir sind uns auch immer einig darin gewesen, dass wir das wichtigste Sportland und eines der erfolgreichsten Sportländer in Deutschland sind. Dazu gehört natürlich auch, dass wir miteinander verantwortlich den Nachwuchsleistungssport fördern. Auch gehört dazu, dass wir unseren Athletinnen und Athleten die Chance geben, an dem Bundesfinale in Berlin teilzunehmen.
Rainer Bischoff hat schon ausgeführt, dass es dieses Bundesfinale seit 1969 gibt. 800.000 Schülerinnen und Schüler sind jedes Jahr – von den Vorqualifikationen bis hin zum Bundesfinale in Berlin mit einer Teilnehmerzahl von 8.500 – mit dabei. Für die ist das, glaube ich, eine ganz tolle Erfahrung.
Ich finde es – im Sinne der Inklusion, über die wir auch und gerade im Bereich des Sportes vielfach diskutiert haben – besonders schön, dass seit 2013 ein inklusives Finale stattfindet. Die Bundesfinals von „Jugend trainiert für Olympia“ und „Jugend trainiert für Paralympics“ finden parallel statt. Es wäre sehr schade, wenn wegen einer so geringen Summe – damit kann man, darüber sind wir uns, glaube ich, alle einig, den Bundeshaushalt nicht sanieren – diese tolle Gelegenheit, Inklusivsport zu treiben und ein wichtiges Signal zu setzen, einfach so aufgegeben werden würde.
Ich glaube, wir sind uns auch einig, dass die Einstellung der Finanzierung durch den Bund dazu führen würde, dass die Konsequenzen eintreten, wie sie Herr Bischoff gerade ein bisschen drastisch beschrieben hat: Wir würden die Qualifikation durchführen, aber die WM fiele aus, weil sie niemand mehr bezahlen will. Im Falle der WM mit ihren horrenden Kosten könnte man feststellen, dass es unter fiskalischen Aspekten vielleicht sogar sinnvoll wäre, zu sagen: Das machen wir diesmal nicht. Dafür können wir in Brasilien Schulen bauen. – Aber bei dieser Maßnahme, die sich an Kinder und Jugendliche richtet und auch gar nicht so viel Geld kostet, ist das ein völlig verfehlter Sparansatz.
Wir sind deswegen sehr froh, dass sich die Fraktionen der FDP und der Piraten unserem Antrag angeschlossen haben. Das zeigt, dass es sich hierbei in der Tat nicht um eine Frage der politischen Farbenlehre handelt, sondern darum, dass wir dazu stehen, dass Bund und Länder gemeinsam die Verantwortung für den Nachwuchsleistungssport in Deutschland tragen. Dem wollen wir auch gerecht werden. Das zeigt auch die Bundesratsinitiative, die nicht nur von Nordrhein-Westfalen ausging, sondern der sich auch andere Länder angeschlossen haben. Es geht hier nicht um die Frage, ob Rot, Grün, Gelb, Orange oder Schwarz, sondern darum, ob wir daran festhalten wollen, gemeinsam mit Bund und Ländern den Nachwuchsleistungssport in Deutschland zu fördern und einen Beitrag dazu zu leisten.
Ich weiß, Herr Müller, dass es Ihnen ganz besonders wichtig ist, dass wir auch weiterhin gute Athletinnen und Athleten haben, die fähig sind, vielleicht auch Medaillen nach Deutschland zu holen. Dafür brauchen wir aber eben auch den Nachwuchsleistungssport, und wir brauchen dafür auch dieses Bundesfinale.
Es wäre sehr schade, wenn das jetzt gestrichen werden würde. Ich bin sehr gespannt darauf, wie Sie begründen werden, warum Sie dem nicht zustimmen können. Das ist, glaube ich, eigentlich etwas, was auch Ihnen am Herzen liegt. Schade, dass Sie sich nicht dazu durchringen konnten, den Antrag irgendwie mitzutragen. Vielleicht können Sie sich noch zu einer Zustimmung durchringen. Das wäre sehr schön und im Interesse des Sportlandes NRW. – Danke.
Ich grüße die Präsidentin. Ich grüße natürlich auch die Kolleginnen und Kollegen sowie die Zuschauerinnen und Zuschauer. – Ich bin völlig verschüchtert: Ich habe noch kein Wort gesagt, und alle sind gespannt.
Wir benutzen hier große pathetische Worte: „Jugend trainiert für Olympia“ bricht zusammen. Dabei reden wir über einen Betrag von 75.000 €. Nächstes Jahr sind es 150.000 €. Das sind 0,0001 % des Bildungsetats, der das natürlich übernehmen könnte. Warum tun Sie das denn nicht?
Wir sprechen hier also über eine finanzielle Marginalie. Wenn Sie den Landeshaushalt retten bzw. das Interesse des Landes wahren wollen, Herr Kollege Bischoff, betrachten Sie die Neuverschuldung von 3 Milliarden €. Da können Sie richtig was herausholen – aber nicht bei diesen Minibeträgen.
Ich bin begeisterter Kommunalpolitiker. Bei 75.000 € fangen wir im Kreistag an zu überlegen, ob wir nachdenken sollen.
Sie bauen hier einen Popanz auf. Das ist nicht nachvollziehbar. Sie haben sich nur auf die eine Maßnahme beschränkt. Das ist aber – Sie wissen das ganz genau – im Zusammenhang zu sehen. Es geht dabei auch um die Verstärkung der Mittel im Bundeshaushalt für die Bekämpfung des Dopings. Das war während Ihrer Oppositionszeit ein heiliges Thema der SPD-Fraktion.
Das Geld wird nicht sinnlos gestrichen. Das wird dort eingesetzt, wo es hingehört, nämlich für die Dopingbekämpfung, wo die Länder ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen sind, Anteile zu übernehmen – mit einer Ausnahme übrigens, nämlich Baden-Württemberg. Dann stelle ich nur fest: Bei Grün-Rot klappt das anscheinend besser als bei Rot-Grün,
Noch eine Bemerkung: „Das Landesinteresse geht vor Parteiinteresse.“ – Herr Bischoff, wenn Rot-Grün das immer so sähe, wäre ich höchstglücklich.
Wenn Sie das zum heiligen Grundsatz Ihrer Politik erklären würden, dass ab sofort nur noch das Landesinteresse vor dem Parteiinteresse gilt, dann ändere ich meine Meinung und stimme dem Antrag zu.
Sie reden hier so und da so. Dass die Piraten und die FDP zustimmen, wundert mich nicht. Das hätte ich an deren Stelle auch getan.