Protocol of the Session on July 5, 2012

(Allgemeiner Beifall)

Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst bei dem bisherigen Verkehrsminister und bei seinem parlamentarischen Staatssekretär für die hervorragende Vorarbeit zu diesem Gesetzentwurf, der uns hier heute vorliegt, bedanken. Mit diesem Gesetzentwurf zur Änderung des ÖPNVG NRW wird der gesetzliche Auftrag zur Neuverteilung der pauschalen Fördermittel bis Ende 2012 erfüllt, und zwar rechtzeitig.

Die seit 2008 geltende pauschalierte ÖPNVFörderung hat sich grundsätzlich bewährt. Als Problem wurde aber erkannt, dass die bisherige Schlüsselung der SPNV-Pauschale keine flexiblen Reaktionen auf kurzfristige Änderungen zuließ. Deshalb ist das, was der jetzige Minister erwähnt hat, auch im Grundsatz absolut richtig.

Ziel ist es, mit neuen Ansätzen Planungssicherheit für die Zeit ab 2013 zu schaffen. Die SPNVBetriebskostenpauschale soll von 800 Millionen auf mindestens 858 Millionen € jährlich erhöht werden. Das sind immerhin fast 60 Millionen €.

Die Ermittlung der Bedarfe für den SPNV basiert auf gutachterlichen Untersuchungen auf Grundlage der gültigen Verkehrsverträge. Es wäre positiv, wenn diese Mehrbedarfe gesenkt werden könnten, beispielsweise durch die Senkung der Trassen- und Stationsentgelte. Hier steht der Bund und sein Bundesunternehmen in der Pflicht. Bei faktisch gleichbleibenden Regionalisierungsmitteln infolge der Koch/Steinbrück-Vereinbarung sind die an das Bundesunternehmen DB zu zahlenden und nichttransparenten Trassen- und Stationspreise um rund 20 % gestiegen. Wenn man mehr Transparenz einfordert, dann ist es auch notwendig, einmal die Transparenz der Gebühren des Bundesunternehmens und seiner jeweiligen Töchter und Schwestern darzulegen.

Die durch diese Erhöhung notwendige Anhebung der SPNV-Betriebskostenpauschale macht eine Reduzierung der pauschalierten Investitionsförderung notwendig. Dies ist bitter, aber unverzichtbar, solange Berlin sich seiner Verantwortung entzieht.

Es steht außer Zweifel, dass in den kommenden Jahren erhebliche Bedarfe insbesondere für die Erhaltung und Erneuerung der Infrastruktur bestehen. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass der Bund die Mittel nach dem Entflechtungsgesetz entsprechend dem nachgewiesenen Bedarf anhebt oder zumindest allen ungekürzt weitergewährt.

(Beifall von den GRÜNEN)

Als Kompensation für die Senkung der pauschalierten Investitionsförderung soll der Höchstfördersatz von 85 auf 90 und im Einzelfall sogar auf 100 % erhöht werden. Das ermöglicht gerade den armen, den finanzschwächsten Kommunen im Lande, überhaupt investitionsmäßig tätig zu werden. Des

halb ist es zumindest ein Schritt in die richtige Richtung.

Wir wollen aber auch die anderen Punkte in dem Gesetzentwurf nicht unerwähnt lassen, zum Beispiel die Optimierung der Zusammenarbeit zwischen den Zweckverbänden und dem Land. Wir wissen alle, dass es dort durchaus Problemfelder gibt. Beispielsweise die Vertreter des Kreises Düren leiden noch heute darunter, dass die Übergänge zwischen dem AVV und dem VRS im Ticket- und Tarifbereich alles andere als optimal sind und freiwillige Leistungen bisher durchaus auch an Egoismen gescheitert sind.

Ich darf daran erinnern, dass die schwarz-gelbe Landesregierung unter dem Motto „Vereinfachung des Aufbaus“ nicht weniger Verbünde geschaffen hat, sondern mehr. Ich bleibe im südlichen Rheinland: Aus den zwei Verbünden AVV und VRS wurden auf einmal drei, und aus insgesamt drei Geschäftsführern wurden auf einmal sechs. Das war das, was Sie als damalige Regierung als Vereinfachung angesehen haben.

Notwendig ist es auch, die Gemeinschaftstarife aus Sicht der Kunden, aus Sicht der Nutzer möglichst zeitnah zu realisieren. Wenn es eine freiwillige Lösung nicht gibt, dann bietet uns dieses Gesetz noch die Möglichkeit, als Land innovativ tätig zu werden. Dies wird, hoffen wir, auch passieren.

Es werden auch infolge des demografischen Wandels Bedarfsverkehre wie Taxibusse erstmalig in das Gesetz aufgenommen.

Auch wenn es etwas skurril klingt: Es gibt jetzt auch den Vorschlag, Seilbahnen als ÖPNV-Verkehrsmittel aufzunehmen. Wir wissen alle, dass Nordrhein-Westfalen nicht in den Alpen liegt; aber beispielsweise befindet sich das große Uni-Klinikum in Bonn auf einem Berg – mit Zehntausenden von Arbeitsplätzen, mit Patienten, mit Besuchern. Somit sind selbst Seilbahnen durchaus ein Infrastrukturverkehrsmittel, das auch dem alltäglichen ÖPNV dienen kann und nicht nur dem Tourismus.

Vielen Dank. Ich glaube, ich habe meine Rede genau in den vorgegebenen fünf Minuten geschafft.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Herzlichen Dank. Glückwunsch zur ersten Rede! Das war auch eine zeitliche Punktlandung. Es sind sogar noch 13 Sekunden übrig. Aber die bringen Glück für die nächsten Reden.

Ich begrüße als nächsten Redner am Pult Herrn Kollegen Rasche für die FDP-Fraktion.

(Jochen Ott [SPD]: Jetzt kommt wieder was Böses!)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! – Lieber Kollege Ott, aus meinem Mund kann gar nichts Böses kommen.

(Martin Börschel [SPD]: Das sehen nicht alle so!)

Das vorweg.

Wir beraten heute erstmals das neue ÖPNV-Gesetz in Nordrhein-Westfalen. Es war lange angekündigt. Es ist auch kein Geheimnis, dass es mehrere und auch unterschiedliche Entwürfe gab.

Meine Damen und Herren, es geht in diesem Gesetz nicht um einen besseren ÖPNV in NordrheinWestfalen – auch darüber müssen wir in den nächsten Monaten dringend reden –, es geht auch nicht um neue Zuständigkeiten – das haben wir in der Vergangenheit abgearbeitet –, sondern es geht um die Aktualisierung der Finanzierung. Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen benötigen dringend eine gesicherte und verlässliche Planungs- und Finanzierungsgrundlage.

Wir werden uns – das wurde gerade schon vom Kollegen Schemmer angekündigt – sicherlich in einer Anhörung und in mehreren Beratungen in den Ausschüssen mit diesem Gesetzentwurf beschäftigen. Deshalb spreche ich hier heute nur vier kleine Punkte an, zwei positive und zwei negative.

Zuerst die positiven:

Erstens. Die vorgesehene Ausbildungsverkehrspauschale sichert den Schülerverkehr und zahlreiche Linien im ländlichen Raum. Das ist gut.

Zweitens. Ebenso begrüßen wir das Ziel eines einheitlichen Tarifes. Ich glaube, das machen alle Fraktionen in diesem Haus.

Zu den beiden negativen Punkten:

Erstens. Die Absenkung der pauschalierten Investitionsförderung um 20 %, also von 150 Millionen € auf 120 Millionen €, wird den ÖPNV in NordrheinWestfalen deutlich schwächen. Vielleicht können wir darüber noch einmal reden.

Der zweite negative Punkt wiegt aus Sicht der FDPFraktion schwer. Bisher war es so, dass das Parlament über die Verwendung der Betriebskostenförderung entschieden hat. Hierbei geht es immerhin um ca. 900 Millionen €. Ich appelliere an das Selbstverständnis dieses Hohen Hauses, darüber nachzudenken, ob das nicht eine Aufgabe des Parlamentes bleiben sollte. Der Gesetzentwurf sieht leider vor, dieses in Zukunft mit einer Rechtsverordnung zu regeln und zu organisieren. Das mag in dem einen oder anderen Fall etwas schneller gehen. Aber so wie ich mich an die letzten zwölf Jahre erinnern kann, hat es dieses Hohe Haus immer geschafft, wenn es eilbedürftig war, notwendige Entscheidungen zu treffen. Das sollten sich die Kolle

gen Abgeordneten in diesem Haus nicht nehmen lassen.

Sie höhlen mit diesem Gesetzentwurf die Rechte des Parlaments in einem Maße aus, wie ich es noch nicht erlebt habe. Gerade Sie von der SPD-Fraktion sollten noch einmal überlegen, ob das der richtige Schritt ist.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Ich kann mich noch gut an die Rede des Kollegen Jochen Ott erinnern, als er zur Einsetzung der Enquetekommission „Logistik-Vision Nordrhein

Westfalen 2030“ sprach. Damals hat er an diesem Rednerpult ausdrücklich gefordert: Endlich mehr Rechte und mehr Einfluss des Parlaments in der Verkehrspolitik gegenüber dem Ministerium! – Das waren die Worte von Jochen Ott. – Heute in dem Gesetz wird genau das Gegenteil gemacht.

(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Gerhard Papke)

Gestern beim Nichtraucherschutzgesetz kündigte die SPD an, kein Gesetz verlasse dieses Hohe Haus so, wie es eingebracht worden sei. Hoffentlich wird das beim ÖPNV-Gesetz ebenfalls so sein. – Danke schön.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Rasche. – Für die Piratenfraktion erteile ich jetzt Herrn Kollegen Bayer das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Zuschauer auf der Tribüne, am Stream und auf diversen Videoplattformen! Vielen Dank übrigens auch fürs Hochladen.

Lebenswerte Städte, die mehr als Parkraum bieten, Mobilität für alle Menschen, unabhängig von ihrer räumlichen, finanziellen und gesundheitlichen Situation, viele ökologische, ökonomische und soziale Ziele in NRW – das alles erreichen wir nur durch eine Weiterentwicklung des Verkehrs mit dem öffentlichen Personenverkehr im Mittelpunkt.

Wie Sie wissen, wollen wir Piraten darauf hinarbeiten, dass NRW als Vorbild frühzeitig auf diese Herausforderungen reagiert. Der Verkehr wird sich so oder so wandeln. Wir können das passieren lassen oder gestalten. Ja, ich meine auch unseren Vorschlag – ich erwähne das hier nur kurz –, in einem Modellversuch festzustellen, wie sich Nutzung und städtisches Leben ändern, wenn Bus und Bahn jederzeit und flexibel ohne Fahrschein genutzt werden können. Wir rechnen da langfristig mit einem Gewinn für Gesellschaft und Wirtschaft.

Auf dem Weg dorthin – vorübergehend – wären einheitlichere Tarifstrukturen für viele Menschen in

NRW ein großer Gewinn, ein richtiges NRW-Ticket zum Beispiel, das zeitlich auch von Minden bis Aachen funktioniert.

Schön, dass das Gesetz einheitliche Gemeinschaftstarife forcieren und konstruktiv voranbringen will. Es sieht auch Sanktionen vor. Allerdings ist nicht konkret genug definiert, in welchem Fall diese Kürzungen genau erfolgen sollen. Auch sinnvoll im vorliegenden Gesetzentwurf ist, den RRX, den Rhein-Ruhr-Express, zu verankern, um den überfälligen Ausbau der Eisenbahninfrastruktur an den derzeitigen Schwachstellen voranzutreiben.

Herr Abgeordneter, entschuldigen Sie, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Sie hatten sich gerade noch einmal für den ticketlosen Nahverkehr ausgesprochen. Ich hätte gerne von Ihnen gewusst, wie hoch die Aufwendungen des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr sind. Vielleicht können Sie uns das mitteilen und einen Vorschlag machen, wie Sie das gegenfinanzieren wollen.

Wir haben in NRW zum Beispiel das Semester-Ticket. Das funktioniert umlagefinanziert. Das heißt, insgesamt würden auf jeden Bürger in NRW ungefähr 13,00 € – einmal ganz grob geschätzt – zukommen. Man kann natürlich auch noch andere Gegenfinanzierungen herauskramen. Man kann dafür City-Maut-Mittel einsetzen, man kann die Verkehrswendedividende, also freie Parkflächen und so weiter, einbeziehen. Wir sehen das ja in anderen Städten wie Tübingen, wo der Bürgermeister von den Grünen genau das machen möchte,