Protocol of the Session on May 15, 2014

Dann machen wir das so. Herr Kollege Kruse, bitte schön.

Herr Minister Jäger, ich danke Ihnen, dass Sie die Frage zulassen. Würden Sie dem von mir zitierten Bericht aus der Arbeitsgruppe des LKA zustimmen, der ja verdeutlicht hat, dass innerhalb der einzelnen Behörden Datenbanken schlecht gepflegt, Kriminalakten vernachlässigt, erkennungsdienstliche Instrumente usw. nicht aktualisiert werden und dass es einen außerordentlich geringeren Verfolgungsdruck gibt? Das ist ja keine Erfindung der CDU-Fraktion, sondern das ist der Bericht aus einer Arbeitsgruppe des LKA, in Klammern: NRW-Innenministerium.

Zweite Frage – ich denke, Sie können die Doppelfrage verarbeiten –: Kann ich davon ausgehen, dass auch im nächsten Jahr von Ihnen noch der Hinweis kommt, dass für die vermeintlichen Fehlentwicklungen, für die gravierende Kriminalitätsstatistik in besonderer Weise die schwarz-gelbe Landesregierung von 2005 bis 2010 verantwortlich war und Sie die letzten 48 Jahre sozusagen in Gänze ausblenden?

Herr Minister Jäger, Herr Kollege Kruse hat ja selber festgestellt, dass das zwei Zwischenfragen waren. Ich stelle Ihnen anheim, die beide zu beantworten.

Herr Präsident, ich beantworte beide Fragen gerne.

Herr Kruse, Sie haben fünf Jahre lang Verantwortung getragen. Ich habe am 15. Juli 2010 von der Ministerpräsidentin meine Ernennungsurkunde bekommen. Wenige Tage später, also im Jahr 2010, ist mir der Altersstrukturbericht über die Polizei in Nordrhein-Westfalen aus dem Jahr 2006 in meinem Haus vorgelegt worden. Er ist vier Jahre unter Verschluss gehalten worden, weil darin eindeutig steht, was zur Vermeidung der demografischen Lücke eigentlich an Ausbildungsanstrengungen zu unternehmen wäre. Das hat die alte schwarz-gelbe Landesregierung unter Verschluss gehalten, Herr Kruse. Akzeptieren Sie das einfach mal! Sie kannten das Problem, haben weggeschaut und nichts Angemessenes getan.

Sie zitieren keinen Bericht, sondern einen Vermerk aus einer Arbeitsgruppe des LKA. Darin werden

vermeintliche oder tatsächliche Defizite bei der Bekämpfung der Einbruchskriminalität vorgestellt.

Hätten Sie etwas mit Ihrer Zwischenfrage gewartet, hätte ich Ihnen von alleine dargelegt, wie wir versuchen, dieser besonderen und sich dynamisch verändernden Kriminalitätsform konzeptionell zu begegnen: Wir haben seit August 2013 ein landesweites Fahndungs- und Ermittlungskonzept „MOTIV“ aufgelegt. Wir schauen dabei sehr genau auf die Profile dieser international agierenden Banden, die heute in Nordrhein-Westfalen, morgen in den Niederlanden und übermorgen in Niedersachsen sind.

Wir waren erfolgreich und haben seit Januar 374 Intensivtäter erfasst und davon 115 in Haft nehmen können, Herr Kruse.

Und wir haben Schwerpunktkommissariate gebildet.

Wenn Sie die Antwort auf Ihre Große Anfrage zur Polizei komplett gelesen hätten, wüssten Sie, dass ein Sachbearbeiter bei der Kriminalitätsbekämpfung pro Jahr 152 Fälle hat und damit 0,6 Fälle pro Tag bearbeitet. Ihm stehen zur Unterstützung zentrale Ermittlungskommissionen, aber auch das Kompetenzzentrum „Wohnungseinbruch“ im LKA zur Verfügung.

Warum habe ich diese Zahlen aufgeführt? – Es ist mir völlig schleierhaft, warum Ihr Generalsekretär, der ehemalige Kollege Löttgen, vor wenigen Tagen in einem Interview erklärt hat, der Polizei stünden nur zehn Minuten für die Bearbeitung eines Falles zur Verfügung. Schlimmer noch: Ihre Landtagskollegin Fasse erklärt in den Medien, die Zahl der Wohnungseinbrüche habe sich unter Rot-Grün in den letzten Jahren verfünffacht.

(Zuruf: Haben sie auch!)

Herr Kruse, ich stelle fest, dass diese von der täglichen Praxis keine Ahnung haben. Aber ich stelle auch fest: Sie fälschen Daten, um den Menschen in diesem Land Angst zu machen. Das ist politisch unanständig.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ich teile die Auffassung von Herrn Dahmen. Eine solche Strategie – Daten zu fälschen und Menschen Angst zu machen – ist eine politische Strategie von extremistischen Parteien, die Sie ganz offensichtlich inzwischen adaptieren.

(Zurufe)

Herr Kruse, ich sage Ihnen, diese Strategie wird nicht aufgehen. Nicht Sie werden durch Angstmachen bei den Menschen politische Gewinne erzielen, sondern es werden Parteien davon profitieren, die wir beide in diesem Parlament nicht sehen wollen.

(Beifall von der SPD – Zuruf von der CDU: Das ist unwürdig für den Innenminister!)

Sie haben sich auch über die Frage „Prävention und zu wenig Repression“ ausgelassen. Ich glaube, beides sind Seiten ein und derselben Medaille. Wir müssen repressiv insbesondere gegen diese international agierenden Banden vorgehen. Wir brauchen aber auch den Schulterschluss mit den Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land und eine Präventionsarbeit, die Taten verhindert, die Einbrüche verhindert und diese gar nicht erst geschehen lässt. Sie haben das gerade in Ihrer Rede wieder als Showveranstaltung diskreditiert.

(Zuruf: Na, na!)

Herr Kruse, ich hätte nicht geglaubt, das sagen zu müssen. Aber da sind Ihre Kolleginnen und Kollegen bei der CDU in Essen weiter. Sie werben in diesem Kommunalwahlkampf mit folgender Anzeige: „Prävention ist das beste Mittel gegen Einbruch“. – Bedauerlicherweise muss ich denen wirklich recht geben. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zu- ruf von Josef Hovenjürgen [CDU])

Vielen Dank, Herr Minister Jäger. – Ich darf das Hohe Haus darüber informieren, dass die Landesregierung ihre Redezeit um etwa zweieinhalb Minuten überzogen hat. – Ich sehe allerdings keine weiteren Wortmeldungen. Damit sind wir am Schluss der Aussprache und stimmen ab.

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags der Fraktion der CDU Drucksache 16/5760 an den Innenausschuss. Die abschließende Abstimmung soll dort in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer ist für diese Überweisungsempfehlung? – Ist jemand dagegen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist die Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen.

Wir kommen zu:

4 Zehntes Gesetz zur Änderung des Abgeord

netengesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen

Gesetzentwurf der Fraktion der PIRATEN Drucksache 16/5745

Entschließungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/5876

Entschließungsantrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 16/5882

erste Lesung

Ich eröffne die Aussprache. Für die antragstellende Fraktion spricht zunächst Herr Kollege Marsching.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer hier im Saal und zu Hause! Liebe Kollegin Beer, Herr Kollege Herter, herzlichen Glückwunsch: Zum ungefähr hundertsten Mal – genau gezählt habe ich es nicht – schaffen Sie es, einen Vorstoß der Piraten zuerst zu bekritteln, ihn dann umzudeuten, uns dann ein falsches Vorgehen zu unterstellen und am Ende mit einem eigenen Entschließungsantrag um die Ecke zu kommen. Chapeau! Dann doch lieber so tun, als hätte man es erfunden. Kausalzusammenhänge fallen dabei halt häufig unter den Tisch.

Vorbemerkung: Frau Beer, ja, wir erkennen an und freuen uns darüber, dass die Grünen seit Langem ihre Nebeneinkünfte genauso offenlegen wie wir es seit unserem Einzug hier tun. Außer Frage sollte aber stehen, dass eine freiwillige Lösung nicht das Ziel in diesem Landtag sein kann. Wir brauchen endlich eine interfraktionelle Verständigung auf verbindliche Regeln.

(Beifall von den PIRATEN)

Wir von den Piraten haben jetzt den Fuß aufs Gas gestellt. Sie stehen in der Boxengasse und rufen laut: Na ja, das machen wir doch schon lange. Das hätten wir auch ohne diesen Vorstoß gemacht! – Ihre gestrige Pressemitteilung suggeriert, die Piratenfraktion sei in unmöglicher Weise vorgeprescht, es sei alles viel zu früh und außerdem hätten wir uns jedem parlamentarischen Diskurs verweigert. Dem ist mitnichten so.

Ein kurzer Abriss der Geschichte: Wer erinnert sich? Der Kanzlerkandidat Steinbrück hat für einen Talk von den Stadtwerken Bochum 25.000 € bekommen. Wir waren alle empört und aufgeregt und haben gesagt: Mensch, wir müssen die Transparenz bei Nebentätigkeiten verbessern.

Wir haben einen Termin mit allen Fraktionen gemacht. Das war im Oktober 2012. Und wir haben uns auf ein öffentliches Hearing geeinigt. Jawohl, jetzt geht’s voran!

Im Januar 2013, vor 14 Monaten, haben wir die Experten angehört und aufgesogen: Was geht und was geht nicht? Kollegin Beer ließ damals verkünden, dass sie sich bestätigt fühle, es sei jetzt das Ziel – siehe Pressemitteilung –, schnell eine rechtssichere Regelung zu schaffen. Das war am 25.01.2013.

Dann passierte knapp zwölf Monate – nichts! Es gab keine interfraktionellen Treffen, wir haben keine Schreiben auf der Arbeitsebene ausgetauscht, noch nicht einmal leckere Kaffee zusammen getrunken. Im Bundestag wurde inzwischen eine neue Regelung verabschiedet. Die wollte man hier abwarten.

Man wollte sie analysieren. Aber geschehen ist einfach gar nichts.

Ab 14. Januar dieses Jahres erklärt Kollegin Beer dann in der „Rheinischen Post“, „RP Online“, dass sie wirklich jetzt kurz davor wären, eine Regelung zu schaffen, und zwar – Zitat – im ersten Quartal 2014. Man, was haben wir uns gefreut! Endlich kommt Bewegung in die Sache. Es hat ja lange genug gedauert. Wir haben unsere Lauscher aufgestellt, und wir haben gewartet – bis das erste Quartal vorbei war.

Am 24. April haben dann aufmerksame Journalisten wieder einmal nachgefragt, wieder die Kollegin Beer. Wieder kam die Antwort: Ja, ja, wir sind da dran. Wir machen das bald. Bis zum Sommer werden sich die Fraktionen auf eine neue Regelung verständigt haben. Glauben Sie mir, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Öffentlichkeit lässt sich lange an der Nase herumführen, anscheinend über ein Jahr. Aber irgendwann ist damit auch einmal Schluss!

(Beifall von den PIRATEN)

In Ihrem gemeinsamen Statement von gestern sagen Sie: Vor der Sommerpause wird es einen Gesetzentwurf geben. – Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD und den Grünen, Sie brauchen keinen eigenen Gesetzentwurf mehr einbringen, denn es gibt bereits einen. Er hat die Drucksachennummer 16/5745 vom 6. Mai 2014.

(Zuruf von Rainer Schmeltzer [SPD])

Er ist der Aufschlag, den Sie immer wollten. Er kommt aber nicht von den Abwarteparteien, sondern es ist ein Gesetzentwurf der Fraktion der Piraten.

(Beifall von den PIRATEN)

Darin steht: Der Bürger muss nachvollziehen können, ob ein Abgeordneter durch seine Nebentätigkeit in Gewissenskonflikte gerät. Wir fordern drei ganz einfache Dinge: Erstens Nebeneinkünfte auf Heller und Pfennig veröffentlichen, zweitens Nebentätigkeiten auch zeitlich veröffentlichen – denn auch ein Ehrenamt kann parlamentarische Entscheidungen beeinflussen –, und drittens berücksichtigen wir selbstverständlich die Rechte Dritter.