Warum sollen die bestehenden Organisationen nicht von den Erkenntnissen aus dem Modellprojekt „Kompetenzzentrum selbstbestimmtes Leben“ lernen? Da kann ich Ihnen zustimmen, komme aber gleichzeitig schon zum Schluss und damit zum Anfang der Rede, wo wir die Gemeinsamkeiten betont haben.
Ich hätte mich eher auf eine intensive faire Diskussion im Ausschuss gefreut. Da Sie heute hier die finale Abstimmung haben wollen, werden wir uns enthalten. Im Ausschuss hätte es vielleicht anders ausgesehen. – Danke sehr.
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer – egal, ob mit oder ohne Behinderung! Der uns vorliegende Antrag der Regierungskoalition erscheint mir wie ein Eckpunkt eines nordrhein-westfälischen Bermudadreiecks im Bereich Soziales, in dem Haushaltsmittel spurlos verschwinden.
Dazu passt hervorragend, dass der berühmte Landesplan „Eine Gesellschaft für alle – NRW inklusiv“, auf den im Antrag so stark Bezug genommen wird und der vor etwa einem Jahr in diesem Haus diskutiert werden sollte, im letzten Moment von der Tagesordnung genommen worden war. Der ersatzweise eingefügte Tagesordnungspunkt zur Holzaffäre kann keine Entschuldigung sein, denn man hätte die damals abgesagte Unterrichtung in einer der folgenden Plenarsitzungen erneut aufrufen können.
Schon dieser Landesplan „Eine Gesellschaft für alle – NRW inklusiv“ liest sich wie ein Märchenbuch der Luftschlösser: Viele hübsche Bilder, kaum Absichtserklärungen, aber absolut keine konkreten Maßnahmen sind darin enthalten. Das ist sicherlich ein guter Grund, um eine öffentliche Diskussion zu vermeiden.
Mit diesem Antrag soll nun offenbar diese missliche Tradition fortgesetzt werden: nur keine öffentliche Debatte darüber, denn dann könnten die schwarzen Geldvernichtungslöcher bekannt werden, die flächendeckend gegraben werden.
Aber sehen wir uns die Dinge genauer an, und beginnen wir mit dem schönen Begriff „Kompetenzzentren“. Was soll das eigentlich heißen? Welche Kompetenzen diese Kompetenzzentren tatsächlich haben oder gar weitergeben sollen, ist nirgendwo definiert. Im vorliegenden Antrag werden zwei Einrichtungen genannt, die folgendermaßen bezeichnet werden – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten – :
„Als Anlaufstellen für Menschen mit Behinderung übernehmen sie verschiedene Aufgaben, wie Öffentlichkeitsarbeit, Interessenvertretung, Qualifizierung, leistungsträger- und anbieterunabhängige Beratung in besonderen Einzelfällen und die Vertretung der Interessen von Menschen mit Behinderung im Inklusionsbeirat des Landes NRW.“
Wunderbar, diese Einrichtungen leisten sicherlich gute und notwendige Arbeit. Das tun sie aber schon seit sehr langer Zeit mit den Mitteln, die sie bereits von Bund und Land NRW erhalten.
Was würde sich nun durch diesen Antrag ändern oder gar verbessern? Ist der Bedarf langsam oder auch plötzlich so sehr gestiegen, dass die bisherigen Fördermittel nicht mehr ausreichen? Haben diese Einrichtungen ihr Angebot so sehr erweitert,
dass sie mehr Fördermittel benötigen? Wollen sie ihr Angebot quantitativ oder qualitativ verbessern und benötigen deshalb mehr Fördermittel? Man weiß es nicht. Dazu gibt es keinerlei Informationen. Eine Debatte ist ja ganz offensichtlich hierzu nicht gewollt.
Im Landesplan gibt es dazu auf Seite 149 eine Zusammenfassung unter dem Titel „Ausbau und Finanzierung der Kompetenzzentren in NRW“, die wie der Antrag selbst darauf hinweist, dass die Rechte und Ansprüche der Menschen mit Behinderungen aus den Bundesmitteln des SGB gedeckt sind. Werden denn alle diese zur Verfügung stehenden Mittel auch tatsächlich abgerufen? Oder gibt es ähnliche Probleme, wie wir sie in anderen Bereichen kennen, zum Beispiel beim Bundesfernstraßenausbau?
Darüber hinaus Finanzmittel aus öffentlichen Kassen in Anspruch nehmen zu wollen, ohne die Notwendigkeit darzulegen und ein klares Konzept zu bieten, erscheint mir reichlich abenteuerlich.
Zurück zu den Kompetenzzentren: Ich habe mal grob überschlagen, was der Betrieb eines solchen Zentrums mit ungeklärten Kompetenzen denn jährlich so kosten könnte. Ich bin dabei auf 500.000 bis 600.000 € pro Jahr gekommen. Da ist alles mit dabei: von Miete und Nebenkosten über Personal bis hin zu Internetanschluss und Briefmarken.
Wie soll das finanziert werden? Sollen hierdurch möglicherweise andere notwendige Leistungen für Menschen mit Behinderungen gekürzt werden? Oder gibt es hier noch freie Mittel? Oder wird uns die Regierungskoalition hier einen entsprechend aufgestockten Haushaltsentwurf vorlegen?
Es wäre nun nicht nur schön, sondern zwingend notwendig, wenn man wüsste, was nun geschehen soll, auch wenn es „nur“ Steuergelder sind. Sie wissen schon, das leidige Thema „Transparenz“ und so. Das kennen Sie ja schon zur Genüge von uns Piraten. Trotzdem: Wir sehen das Konzept des Peer Counseling als dringend notwendig an. Wir ersehen es auch als notwendig an, hier in die Fläche zu gehen.
Wir hätten uns, wie gesagt, eine Beratung im Ausschuss gewünscht. Aber die antragstellenden Fraktionen wollten ja eine direkte Abstimmung. Vermutlich ging es hier um reines Wahlkampfgetöse. Wir werden uns daher der Stimme enthalten. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Fricke. – Für die Landesregierung hat jetzt Herr Minister Schneider das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung hat keinesfalls die Absicht – ich denke, das kann ich auch an dieser Stelle für die Regierungskoalition feststellen –, zusätzliche neue Strukturen, die mit überbordender Bürokratie verbunden sind, einzuführen. Nein, es geht um eine wirkungsvolle Behindertenpolitik in Nordrhein-Westfalen, um die Umsetzung letztendlich der Inklusion in allen Lebensbereichen.
Behindertenrechtskonvention, die schon jetzt geltendes Recht in Deutschland ist und die jetzt über unseren Plan „Eine Gesellschaft für alle – NRW inklusiv“ Schritt für Schritt umgesetzt wird.
Das kostet natürlich Geld. Wir haben wenig Geld. Deshalb werden wir auch jeden Cent dreimal umdrehen und erörtern, wo jeder Cent wirkungsvoll eingesetzt werden kann.
Wir werden natürlich laufend über den Fortgang der Umsetzung unseres Landesplanes informieren. Hierzu wird es Berichte im zuständigen Ausschuss geben, aber auch im Plenum. Die Diskussion im Plenum, die eben eingefordert worden ist, wird stattfinden, wenn wir einige Etappen bei der Umsetzung des Inklusionsplanes hinter uns gebracht haben. Dann macht eine umfassende Debatte auch wirklich Sinn.
Die Landesregierung begrüßt den Antrag von SPD und Grünen zu neuen zusätzlichen Kompetenzzentren. Unsere Erfahrungen mit den schon vorhandenen Kompetenzzentren – dies ist ja von allen Rednerinnen und Rednern bestätigt worden – sind sehr gut. Sowohl MOBILE – Selbstbestimmtes Leben Behinderter e. V. in Dortmund als auch das Zentrum für selbstbestimmtes Leben, An der Bottmühle in Köln, leisten ausgezeichnete Arbeit.
Hier geht es überhaupt nicht um eine Gegensätzlichkeit zwischen Profis und Selbsthilfe. Ich kann Ihnen sagen: Sehr viele Menschen in der Selbsthilfe sind absolute Profis.
Hier ist ja eben angesprochen worden, dass es im Behindertenrecht ein Dickicht gibt. Dort haben wir Menschen, die dieses Dickicht auch durchdringen können aufgrund ihrer profihaften Herangehensweise und ihres Wissens. Also ich sehe hier überhaupt keinen Widerspruch. Beides ist notwendig.
Wir wollen – das beinhaltet ja auch die Begrifflichkeit des selbstbestimmten Lebens – aus Menschen mit Beeinträchtigungen, die jetzt mehr oder weniger in einer Objektsituation sind, Menschen machen, die
Dazu gibt es auch Gremien. Ich erinnere an den Inklusionsbeirat, in dem sehr intensiv über den Fortgang der Inklusionspolitik in NRW, auch sehr kritisch gegenüber der Landesregierung, diskutiert wird.
Meine Damen und Herren, dass besondere Belange von Mädchen und Frauen mit Behinderungen sowie von Menschen mit Behinderungen, die auch einen Zuwanderungshintergrund haben, zunehmend auf der Tagesordnung stehen, ergibt sich eigentlich von selbst. Wir wollen ausgehend von den äußerst positiven Erfahrungen in Dortmund und in Köln in jedem Regierungsbezirk – nicht in jeder Region, aber in jedem Regierungsbezirk – Schritt für Schritt ein solches Zentrum realisieren. Wir wollen aus den Erfahrungen bei den schon bestehenden Zentren lernen. Dies wird uns in unserer Inklusionspolitik weiterbringen.
Insofern bitte auch ich um Zustimmung. Wir werden dem Plenum und den Ausschüssen des Landtags jederzeit über den Fortgang der sehr wichtigen Arbeiten in unserer Inklusionspolitik berichten. – Vielen Dank.
Dann können wir abstimmen. Die antragstellenden Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben direkte Abstimmung beantragt. Wir stimmen damit direkt über den Inhalt des Antrags Drucksache 16/5482 ab. Ich darf Sie fragen, wer für diesen Antrag stimmen möchte. – Die SPD-Fraktion und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Wer ist gegen den Antrag? – Die CDU-Fraktion ist gegen den Antrag. Wer enthält sich? – Die Piratenfraktion und die FDP-Fraktion enthalten sich. Damit ist der Antrag Drucksache 16/5482 entsprechend angenommen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die CDU und die Piraten haben die Veröffentlichung der Stellungnahmen zum LEP gefordert. Nach meinem aktuellen Kenntnisstand sind die letzten Veröffentlichungen bis heute, 14 Uhr, vom 14. März 2014. Mit der Transparenz oder mit der Fähigkeit der Staatskanzlei-Scanner ist es offensichtlich nicht weit her.
Man muss die Frage stellen: Was haben Sie eigentlich bei diesem Thema zu verbergen, Herr Duin? Warum geht es da eigentlich nicht weiter mit der Transparenz, die Sie sonst immer so hoch halten?
Wir haben den Verdacht, dass die jetzt schon eingestellten Stellungnahmen Ihnen reichen und Sie deshalb keine weiteren Stellungnahmen einstellen wollen.
Als Beispiel nehme ich einmal eine kleine Gemeinde, nämlich die Gemeinde Herscheid im Märkischen Kreis. Sie hat einen parteilosen Bürgermeister, ist also auch ein Stück weit unabhängig von den parteipolitischen Scharmützeln, die es hier gibt. In ihrer Stellungnahme steht, dass die raumordnerische Festlegung des LEP-Entwurfs insbesondere zum Siedlungsraum und zum Klimaschutz eine eigenverantwortliche und selbstbestimmte Entwicklung der Kommunen erheblich erschwere und ihre Planungshoheit in hohem Maße einschränke. Deshalb lehne die Gemeinde den LEP-Entwurf in vorliegender Fassung ab.