selber gelobt. Es ging um Grundlagenforschung, nämlich um die Mittel zur Optimierung von Messmethoden.
Wuppertal, die zweite Universität! Dort ging es um ein mathematisches Symposium. Konkret hat man die Verteilung von Wärme eines Heizkörpers im Raum berechnet. – Tolle Militärforschung!
Das sind zwei von drei Universitäten in NordrheinWestfalen. Das bringt uns zunächst einmal zu der Frage: Was ist eigentlich Militärforschung? – Das ist doch die eigentlich spannende Frage, bevor man das Thema hier so „aufbauscht“. Was ist Militärforschung? – Definieren sich Forschung und der Inhalt von Forschung nach der Frage, wer die Forschung bezahlt? Dann ist das Militärforschung gewesen. Dann ist in der Tat über das Pentagon bei der Universität Wuppertal Geld angekommen, um mathematische Grundlagenforschung zu betreiben. Konkret wurde – ich habe es bereits gesagt – die Verteilung von Heizwärme, ausgehend von einem Heizkörper im Raum, berechnet. Das wäre – definiert man es nach der Frage, wer das Geld gibt – Militärforschung.
Für uns vielleicht etwas ungewöhnlich, aber vom Kollegen Schultheis schon erwähnt: In den USA ist es eben durchaus üblich, dass staatliche Stellen und das Militär Grundlagenforschung in Bereichen betreiben, die eigentlich überhaupt keinen militärischen Nutzen haben, es sei denn, es ist von militärischem Nutzen, dass es Generäle schneller warm haben, weil der Heizkörper im Raum richtig platziert ist.
Also: Im Grunde bleibt von einer etwas aufgeregten Debatte, die durch einen etwas aufgeregten Zeitungsartikel ausgelöst worden ist, jedenfalls für NRW am Ende des Tages nicht viel übrig. Denn auch die Journalisten haben sich zunächst einmal an der Frage orientiert, wer denn der Geldgeber ist. Das aber kann nicht die Frage sein, sondern wenn überhaupt dann kann die Frage allenfalls lauten: Was ist denn der Inhalt der Forschung?
Damit kommen wir zu der Frage zurück: Was ist eigentlich Militärforschung? – Ich denke, wir werden uns an der Stelle ganz schnell einig: Dort, wo – wie es Frau Ministerin gesagt hat – an der Optimierung eines Sprengkopfes geforscht wird oder es den klaren Auftrag gibt, beispielsweise die Qualität einer Glattrohrkanone, wie wir sie im Leopard 2 verwenden, zu verbessern, handelt es sich um Militärforschung. Ob das zulässige Forschung ist oder nicht, ist ein ganz anderes Thema. Auch die ist meines Erachtens zulässig.
Nehmen wir das Beispiel Universität München! Dort hat man es „Ökosprengstoff“ genannt. Über die Begrifflichkeit kann man ein bisschen streiten. Aber schon bei der Sprengstoffentwicklung muss man die Frage stellen: Ist das wirklich ausschließlich Militärforschung?
Die Forscher selbst gehen übrigens davon aus, dass ein nicht unerheblicher Teil dieses Sprengstoffs zivil eingesetzt wird. Das Problem war ja nicht die Optimierung eines Sprengstoffs im Hinblick auf die Sprengwirkung, sondern dass die allermeisten konventionellen Sprengstoffe für Rückstände sorgen, die umweltschädlich sind. Diese Rückstände sollten beseitigt werden, und zwar nicht mit der Zielrichtung auf den eigentlichen militärischen Einsatz, sondern damit die Truppenübungsplätze nicht verseucht werden und – jetzt sind wir bei dem Aspekt der zivilen Nutzung – im Bergbau, bei Abbruchfirmen keine umweltschädlichen Rückstände verbleiben, wenn man den Sprengstoff zivil einsetzt. Ist das noch Militärforschung?
Es geht noch weiter. Funktionskleidung kennen Sie alle: wasserabweisend, wärmend und trotzdem von innen Wasserdampf herauslassend, wenn man schwitzt. Ist solche Funktionskleidung und die Forschung an solcher Funktionskleidung Militärforschung?
Geht man nach den Journalisten, so ist es dann Militärforschung, wenn die Bundeswehr den Auftrag erteilt. Aber wenn irgendeine zivile Behörde den Auftrag erteilt, ist es keine Militärforschung. – Meine Damen und Herren, das kann beim besten Willen nicht das Kriterium sein.
Lassen Sie mich noch ein paar Worte zu den Themen „Drittmittelforschung“ und „Beseitigungsgesetz zum Hochschulfreiheitsgesetz“ – so will ich das einmal nennen – sagen:
Frau Ministerin, Sie haben gesagt, es solle „in geeigneter Weise“ über Auftragsforschung unterrichtet werden. Meine Frage: Was ist „in geeigneter Weise“? Heißt das, dass ich Auftraggeber und Forschungsgebiet benennen muss? – Ich kann Ihnen auf Anhieb – auch aus meiner Heimatstadt – Firmen nennen, die dann keine Aufträge mehr an Universitäten vergeben würden, weil sie in ihrem Bereich Weltmarkführer sind, weil sie insbesondere bei der Verbesserung von Werkstoffen – bevor der Werkstoff abschließend entwickelt, marktfähig und patentierfähig ist – niemanden wissen lassen wollen, dass sie in diese Richtung forschen. Das heißt: Mit der Forderung, Universitäten müssen über solche Auftragsforschung unterrichten – das macht nur Sinn, wenn man dann Auftraggeber und Inhalt des Forschungsgebietes nennt –, legen Sie die Axt an die Drittmittelforschung, gerade im mittelständischen Bereich.
Frau Ministerin, das tun Sie letztendlich sehenden Auges. Wir werden das nicht mitmachen. Wir freuen uns auf die weitere Debatte zum Hochschulentmündigungsgesetz und werden Sie dann darauf
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Es lohnt, die Debatte zu versachlichen, wie es einige meiner Vorredner getan haben. Ich mache das zu Beginn in der Funktion als Wuppertaler Abgeordneter.
Hier ist geäußert worden, dass drei nordrheinwestfälische Universitäten militärische Auftragsforschung durchgeführt hätten. Vorsicht bei diesen Aussagen. Ich glaube, sie sind nicht sachgerecht. Ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin aus einer Antwort des Leiters der Hochschulkommunikation, Johannes Bunsch, an die regionale Presse:
Zu keiner Zeit gab es Leistungen an das Militär. Allerdings sind zwei Projekte mit augenscheinlich zivilem Inhalt verfahrenstechnisch über Verwaltungsstellen der US-Airforce abgerechnet worden.
Der Grund ist banal, kann sogar missverstanden werden, erklärt Bunsch auf Nachfrage des „Tageblatt“. So sei etwa eine internationale Konferenz zur mathematischen Grundlagenforschung, die von Professorin Birgit Jacob im Jahr 2011 veranstaltet wurde, mit knapp 5.000 € vom Air Force Office of Scientific Research abgewickelt worden. Nachzulesen ist das im Federal Procurement Data System, einer Datenbank, die US-Aufträge ab einer bestimmten vierstelligen Summe auflistet.
Das hat mit der Frage militärischer Auftragsforschung aus meiner Sicht nichts zu tun. Die Frage, welche Titel wir uns für unsere Hochschulen über Pressearbeit und Öffentlichkeitsarbeit anziehen lassen, sollten wir miteinander kritisch bewerten. Das relativiert auch die Aufgeregtheit des hier eingebrachten Antrags, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Es ist immer wieder eine große Freude, nach Dr. Berger zu reden. Das muss ich wirklich sagen. Diese Chance zu bekommen, ist wirklich richtig klasse. Man muss erst einmal darauf kommen, bei einem Antrag über die militärische Forschung wider den Parforceritt zur Frage des neuen Hochschulgesetzes zu behaupten, die Grundlagenfinanzierung sei nicht ausreichend und das sei der Grund dafür, warum an nordrhein-westfälischen Universitäten militärische Forschung stattfinde.
Ihr Parteikollege hat gerade relativ deutlich gemacht, was von diesem Ansatz zu halten ist. Sie sagten darüber hinaus, die ideologische Prägung der Ministerin hätte dazu geführt, dass das Internet nicht entstanden wäre und damit auch die Piraten nicht, wenn sie frei hätte handeln können und von Ihnen als Abgeordnetem nicht ausgebremst worden wäre. Herr Dr. Berger, ich will Ihnen deutlich sagen, dieser Gedankengang war echt eine Bewerbungsrede für die „Heute Show“.
Ich empfehle wirklich, auch in der Debatte über das neue Hochschulzukunftsgesetz verbal ein bisschen abzurüsten. Frau Freimuth, ich habe die sehr ruhige und sachliche Diktion Ihrer Rede aufgenommen. Aber Sie sprachen von einem Zivilklauseldiktat. Eine verbale Abrüstung tut an bestimmten Punkten durchaus not.
Wir werden uns der Debatte über die Frage, wie wir mehr gesellschaftspolitisch gewünschte Transparenz herstellen können, ohne die Forschungsbeauftragung an unsere Universitäten zu gefährden, nicht entziehen.
In Richtung der christdemokratischen Freunde will ich sagen, dass die Amerikaner ihre entsprechende Drittmittelforschung im Internet vollständig zur Verfügung stellen, weist nicht zwingend darauf hin, dass die Axt an die Drittmittelforschung gelegt wird, wenn man mehr Transparenz einfordert. Wir werden uns jedenfalls einer sachlichen Debatte nicht entziehen. Ich freue mich auf die Debatte und darauf, weiterhin nach Herrn Dr. Berger reden zu können. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema ist ohne Frage sehr sensibel. Wir sollten daher sehr sachlich und ruhig diskutieren. Das ist verschiedentlich schon gesagt worden.
Ich halte die von den Piraten vorgenommene Verknüpfung für problematisch. Ich sehe keinen Zusammenhang zwischen der NSA-Affäre und den
Forschungsprojekten, um die es hier geht. Wir dürfen das Thema auch nicht auf die USA verengen. Es geht grundsätzlich darum, wie unsere Hochschulen erstens generell mit Forschungsaufträgen umgehen und wie sie zweitens mit militärisch relevanten Forschungsaufträgen umgehen. Man kann höchstens Unterschiede zwischen NATO-Partnern und Nicht-NATO-Partnern ziehen.
Wie ich eingangs sagte, sind wir uns alle darüber einig, dass militärisch relevante Forschung sensibel ist. Die Wissenschaftler tragen in erster Linie eine ethische Verantwortung. Es ist vollkommen klar, wir haben die Erwartung, dass sie mit dieser Verantwortung vernünftig umgehen. Wir können darüber sprechen, mit einem Verhaltenskodex allgemeine Normen zu vereinbaren. Vor allem aber sollten wir einen Diskurs mit den Hochschulen und den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern führen. Wir als FDP wollen diesen Diskurs ausdrücklich.
Im Moment haben wir ein paar Presseberichte, einige Bestätigungen, aber auch Dementis. Wir brauchen zuerst einmal eine vernünftige Datengrundlage. Damit verbietet es sich aus meiner Sicht erst recht, nach weitreichenden gesetzlichen Regelungen zu rufen.
Ich erinnere noch einmal daran, dass die Forschungs- und Wissensfreiheit ein hohes Gut ist. Eingriffe – auch wenn sie gut gemeint sind – dürfen allenfalls sehr behutsam passieren. Zivilklauseln sind nicht der richtige Weg. Sie schränken genau diese Freiheit zu stark ein. Hier wird versucht, sensible Einzelfälle durch allgemeine Vorschriften zu regeln. Damit gefährdet man aber auch viele unproblematische oder letztlich zivil nutzbare Projekte. Dann sind sie offenbar auch noch unwirksam. Beispielsweise hat die Universität Bremen, die ja ebenfalls als Auftragnehmer benannt ist, eine Zivilklausel. Von daher bringt die Zivilklausel an dieser Stelle überhaupt nichts.
Also lassen Sie uns diesen Diskurs führen. Lassen Sie uns die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in diesem Dialog stärken, damit sie ihre Verantwortung sensibel wahrnehmen können. Das Thema eignet sich ausdrücklich nicht als Kronzeuge für die Absicht, die Freiheit der Hochschulen abzuschaffen.
Diese Verknüpfung ist auch unzulässig. Die Steuerungsfreunde von SPD, Grünen und Piraten haben ihre Regulierungslust schon oft unabhängig von diesem aktuellen Bezug ausgedrückt. Stellen Sie hier also bitte keinen Bezug her. Das wird dem sensiblen Thema, das wir heute diskutieren, nicht gerecht. Die Freiheit der Hochschulen bleibt eine Erfolgsgeschichte. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Hafke. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Kollegin Dr. Seidl.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Stichwort „Zivilklausel-Diktat“, Frau Freimuth, hat mich dazu bewegt, noch mal hier vorne in die Rede einzusteigen und etwas zu dem Thema „Zivilklausel“ zu sagen.
Die Frage, ob Forschung und Lehre an den Hochschulen auf friedliche Zwecke begrenzt werden soll, etwa mithilfe einer solchen Zivilklausel in der Grundordnung, wird zurzeit an sehr vielen Hochschulen diskutiert. Wir haben viele Einladungen der NRW-Hochschullandschaft bekommen, darüber
zum Beispiel mit den Studierenden zu diskutieren. Und das ist nicht nur hier so, sondern das ist bundesweit so.