Zweitens. Das US-Verteidigungsministerium unterstützt Grundlagenforschung wie bei uns in Deutschland zum Beispiel die Deutsche Forschungsgemeinschaft. Kollege Schultheis hat gerade darauf
hingewiesen. Angesichts des ganzen Popanz um die privaten Interessen bei Drittmitteln will ich nur darauf hinweisen: Hier handelt es sich nach den mir vorliegenden Informationen um einen öffentlichen Auftraggeber.
Allerdings wird die Forschungs- und Wissenschaftsfreiheit auch im Falle unmittelbar auf militärisch nutzbare Verfahren oder Produkte hinauslaufende Forschung nicht zu beschränken sein, da das Grundgesetz in den Art. 87 a und b ausdrücklich auch den militärischen Verteidigungsauftrag enthält. Wenn also Forschung im Rahmen des Verteidigungsauftrags des deutschen Verteidigungsministeriums und der Bundeswehr die Forschungsfreiheit nicht beschränken kann und damit auch darf, dann bleibt die Frage, ob sich eine andere Bewertung daraus ergibt, wenn es sich um das US-Verteidigungsministerium handelt.
Ich persönlich halte es da eher mit Prof. Klapötke von der im anderen Zusammenhang schon angesprochenen Universität in München, der sinngemäß dazu anmerkte: Wenn man das NATO-Bündnis und dessen Einsätze und Ziele mit dem Grundgesetz für vereinbar hält, dann ist es auch nicht verwerflich, für gute Materialien und Ausrüstungen der einzelnen Bündnispartner zu forschen.
Die FDP bekennt sich zum NATO-Bündnis. Gleichwohl bietet die heutige Diskussion auch eine Gelegenheit, auf das Zivilklauseldiktat im Referentenentwurf zur Hochschulgesetznovelle einzugehen, an der Debatte vom 20. März 2013 zu unserem Antrag mit der Drucksache 16/2289 anzuknüpfen und uns erneut mit der Verantwortung aus der Wissenschafts- und Forschungsfreiheit zu befassen.
Ich will nur kurz erwähnen, dass Frau Kollegin Preuß-Buchholz seinerzeit für die SPD klargestellt hatte, einer gesetzlichen Grundlage bedürfe es nicht. Da meine Kollegin meiner damaligen Rede offensichtlich nicht ganz folgen konnte, wir aber inhaltlich gar keinen Dissens hatten, will ich heute gerne wiederholen: Forschungsfreiheit heißt nicht Verantwortungslosigkeit. Ein gesellschaftlicher Diskurs über und mit Forschung und Wissenschaft ist grundsätzlich zu begrüßen. Dieser kann gegebenenfalls auch durch die Aufnahme von Transparenzregeln für aus Steuergeldern finanzierte Forschung in den Förderbewilligungen ermöglicht werden. Auf die sich aus der Forderung nach grenzenloser Transparenz ergebenden Diskussionsansätze möchte ich aber erneut hinweisen.
Es kann gewichtige Gründe geben, nicht oder zumindest nicht sofort die Einzelheiten bezüglich jeglicher wissenschaftlicher Forschung offenzulegen. Die Verantwortung von Forschung kann eben gerade dafür sprechen, dass wissenschaftliche Erkenntnisse nicht publik gemacht werden, zum Beispiel
wenn sie potenziell eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellen können. Hier seien nur die Stichworte „Influenzavirus H5N1“ und die Diskussionen darum genannt.
Der wichtigste Punkt ist aber doch wohl, dass wir – das gilt insbesondere für die Grundlagenforschung – eine Zweckunterscheidung in der Praxis kaum werden vornehmen können. Das Stichwort „Dual Use“ ist schon gefallen. Es geht um Forschung, die sowohl in zivil als auch militärisch einsetzbaren Wissenschaftsprodukten oder Technologien münden können. Es gehört eben gerade zu der Dual-Use-Problematik, dass beispielsweise Ergebnisse der Traumaforschung oder der Friedens- und Konfliktforschung auch militärisch nutzbar sein können.
Andersherum gilt häufig: Forschungen, die mit der Absicht angestellt werden, militärisch nutzbares Wissen oder entsprechende Technologien zu entwickeln, können im zivilen Bereich Anwendung finden. Das Stichwort „Internet“ wurde gerade schon genannt.
In vielen Bereichen, etwa der Materialforschung, ist eine Unterscheidung schon gar nicht möglich. Diesen Zwiespalt müssen wir aushalten. Es darf nicht sein, dass der Staat diktiert, was gute und was schlechte Forschung ist.
Einige letzte Anmerkungen noch zum Stichwort „Drittmittel“: Sie sind im Referentenentwurf der Landesregierung offensichtlich im Grundsatz nicht mehr gewollt. Denn wenn die Hochschulen pauschal über alle Inhalte und Auftraggeber bzw. private Projektpartner sprechen müssten, würde das die Hochschulen am Markt der Auftragsforschung erheblich schwächen, Innovationen – gerade im Mittelstand – verhindern und Arbeitsplätze gefährden.
Ein Verhaltenskodex sollte Anforderungen an Drittmitteltransparenz sehr spezifisch und nicht pauschal festlegen. Denkbar wären zum Beispiel ein Anzeigegebot zum Beispiel für Militärforschung oder Kooperationen mit Partnern außerhalb des NATOBündnisses.
Hier lohnt eine ausführlichere Diskussion. Ich stimme dem Kollegen Schultheis insoweit zu. Wir werden sie in der Tat auch in der gebotenen Sachlichkeit und Ernsthaftigkeit führen – mehr jedenfalls, als es im Rahmen dieser Aktuellen Stunde möglich ist.
Meine Damen und Herren, wir müssen unsere Forscher ermutigen, ihre Verantwortung aus der Forschungsfreiheit anzunehmen. Dazu gehört auch die Abwägung im Zusammenhang mit der Einwerbung von Drittmitteln.
Wir müssen den Diskurs über Forschung und Wissenschaft in der Gesellschaft suchen und unterstützen. Dabei haben wir noch viel zu tun. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben hier erst vorgestern über die finanzielle Ausstattung der Hochschulen für das kommende Jahr debattiert. Sie alle wissen noch: Der Vorschlag der Landesregierung sieht vor, dass es 7,9 Milliarden € für Hochschulen, Wissenschaft und Forschung gibt.
Um es in Erinnerung zu rufen, möchte ich noch einmal Folgendes betonen, Herr Berger: Ihre Fraktion hat vorgeschlagen, Forschungsgelder zu streichen und 249 Millionen € weniger an die Hochschulen zu geben. Ich bin sehr froh, dass wir andere Mehrheiten haben, die dieses Geld in den Hochschulen halten.
Heute debattieren wir aber darüber, ob die mit Steuergeld finanzierte Infrastruktur der Hochschulen dazu genutzt wurde, im Auftrag des US-Militärs zu forschen. Man muss ehrlicherweise sagen: Wir alle sind genauso schlau wie die Leser der „Süddeutschen Zeitung“, die das gemeinsam mit dem Norddeutschen Rundfunk aufgedeckt hat.
Die Hochschulen sind nicht verpflichtet, das Parlament, die Landesregierung oder die Öffentlichkeit zu informieren, in wessen Auftrag sie forschen und an welchen Projekten sie arbeiten. Das geltende Hochschulgesetz sieht so etwas nicht vor. Wir sind darauf angewiesen, dass Journalistinnen und Journalisten recherchieren. Wir sind auf den guten Willen der Hochschulen angewiesen oder auch auf die Homepage der US-Regierung, auf der man nachlesen kann, welche Mittel von der US-Regierung kommen.
Anders würden wir nicht erfahren, ob Hochschulen im Auftrag des Pentagon forschen oder nicht. Allein schon diese Debatte zeigt: Wir brauchen mehr Transparenz. Wir müssen darüber sprechen, an welchen Punkten diskutiert wird. Deswegen ist es gut, dass wir den Referentenentwurf für das neue Hochschulzukunftsgesetz auf den Weg gebracht
Wir wollen, dass die Hochschulen über Drittelmittelprojekte informieren. Das sollen sie natürlich in geeigneter Weise tun. Denn wir wissen, dass die Hochschulen Drittmittel brauchen. Das ist übrigens zum größten Teil öffentliches Geld der EU, des Bundes und des Landes. Deswegen ist es eine sinnvolle Initiative, dass die Hochschulen über den Auftraggeber, den finanziellen Umfang und das Thema des Projektes informieren. Wo öffentliches Geld involviert ist, hat die Öffentlichkeit ein Anrecht auf Transparenz, was dort passiert.
Ich bin fest davon überzeugt, dass wir erst auf dieser Grundlage wirklich eine offene Debatte führen können und dass diese an den jeweiligen Hochschulen möglich ist. Eine solche Debatte zu führen, ist wichtig. Es ist ganz wichtig, sie nicht schwarz oder weiß zu führen. Manche Fälle sind nicht ganz eindeutig: Ist eine Traumatherapie abzulehnen, weil sie auch Kriegsveteranen helfen kann? Wollen wir Fortschritte auf dem Gebiet der Minenräumung verhindern, weil neben spielenden Kindern auch Soldaten gerettet werden können?
Nahezu unmöglich ist eine Abgrenzung zwischen militärischer und ziviler Nutzung in der Grundlagenforschung zum Beispiel bei den Materialwissenschaften oder in der Medizin.
Weil es so schwierig ist und weil das Grenzfragen sind, ist es ganz zentral, diese Fragen in der Hochschule zu diskutieren. Wir müssen die Voraussetzungen für die Transparenz schaffen. Denn Transparenz schützt die Hochschulen vor Debatten, die sich aus Unwissenheit speisen oder die Verschwörungstheorien nach oben fördern. Das ist im Interesse aller und vor allen Dingen im Interesse der Hochschulen.
Meine Damen und Herren, neben den Grenzfragen des Dual Use gibt es auch eindeutige Fälle: Die Entwicklung moderner Sprengköpfe oder neuartiger Munition hat keinen anderen Zweck als das Töten von Menschen. Hier stößt die verfassungsrechtlich garantierte Forschungsfreiheit an ihre ethischen Grenzen.
Diese Grenzen müssen von den Hochschulen sowie von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern diskutiert und definiert werden. Das Grundgesetz schützt die Forschungsfreiheit, aber es setzt gleichzeitig auf die Verantwortung der einzelnen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.
Deswegen wollen wir mit dem neuen Hochschulzukunftsgesetz die Hochschulen bei diesem Prozess unterstützen und die notwendige Debatte vorantrei
„Die Hochschulen entwickeln ihren Beitrag zu einer nachhaltigen und friedlichen Welt. Sie sind friedlichen Zielen verpflichtet …“
Sie können zwar darauf hinweisen, das stehe schon im Grundgesetz. Aber für mich ist es sinnvoll, das auch im Hochschulgesetz noch einmal deutlich zu machen, um die Hochschulen an diesen Auftrag zu erinnern. Erste Hochschulen haben das schon in ihrer Grundordnung verankert. Dieser Prozess ist für alle Hochschulen sinnvoll.
Wir werden das alles ausführlich im Gesetzgebungsverfahren diskutieren. Wir sollten einen Fehler aber nicht machen: Wir sollten die Relationen nicht aus den Augen verlieren.
Wie es aussieht, hat es seit dem Jahre 2000 insgesamt an 22 Einrichtungen in Deutschland Mittel in Höhe von 7,4 Millionen € gegeben. Der Presse können wir entnehmen, dass die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen 150.000 € bekommen haben. Das sind nur drei Hochschulen. Schauen Sie sich diese Dimension an – 7,8 Milliarden € gegenüber 150.000 € –, ist das, was die einzelne Hochschule im Verhältnis zum Gesamtetat bekommen hat, nahezu mikroskopisch.
Ich halte es daher nicht für hilfreich von „amerikanischer Militärforschung im großen Stil“ zu sprechen, wie es im Antrag der Piraten für die Aktuelle Stunde der Fall ist. Wir diskutieren wirklich über Ausnahmefälle, nicht aber über die Regel.
Meine Damen und Herren, ich bin trotzdem dankbar für die Debatte, und zwar dann, wenn wir sie ohne Übertreibung und Alarmismus führen. Wir brauchen Transparenz in der Forschung. Wir brauchen auch die gesellschaftliche Debatte darüber.
Wir werden mit dem Referentenentwurf und dem Hochschulzukunftsgesetz wichtige Schritte in diese Richtung gehen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „USMilitärforschung an NRW-Hochschulen aufklären“ ist der Antrag der Piraten für diese Aktuelle Stunde überschrieben. Wie meine Vorrednerinnen und Vorredner – zuletzt war es Frau Ministerin – zum größten Teil festgestellt haben, sind diese Titulierung und der Inhalt des Antrags maßlos überzogen.
selber gelobt. Es ging um Grundlagenforschung, nämlich um die Mittel zur Optimierung von Messmethoden.