Protocol of the Session on October 17, 2013

Das ist genau das, was die Menschen vor Ort jetzt am wenigsten brauchen können. Insofern lassen Sie uns gemeinsam deutlich machen, dass wir eine Perspektive für das rheinische Revier brauchen, dass wir für Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit einstehen, dass wir auch auf Vertragstreue beim Unternehmen RWE drängen werden.

Meine Erfahrung – da unterscheide ich mich auch von der Kollegin Zentis – ist insbesondere im Zusammenhang mit dem RWE-Unternehmen in der Vergangenheit eine andere gewesen. Sie haben ein Zerrbild gezeichnet. Ich habe den Anspruch, ich habe auch die Erwartung und ich habe die Sicht auf diese Dinge, dass das Unternehmen RWE seinerseits die entsprechenden Verabredungen einhalten wird, ja einhalten muss im Interesse der Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU] und Karl-Josef Laumann [CDU])

Deshalb ist das nicht nur irgendeine Zeitungsmeldung, sondern schon die Frage, wie wir als Politik damit umgehen. In diesem Landtag gibt es eine klare Mehrheit für Deutlichkeit, was den Energiemix mit einem Anteil der Braunkohle angeht. Es gibt eine klare Perspektive, dass die Verträge eingehalten werden müssen, weil wir sonst als Politik das größe

re Ziel nicht erreichen werden, nämlich die Energiewende, bei der es nicht nur um Klimaschutz geht, sondern auch um Bezahlbarkeit oder um Versorgungssicherheit. Mit Blick auf die Versorgungssicherheit können wir insbesondere auf die Braunkohle nicht verzichten.

Herr Minister, das ist genau das, was wir als Nordrhein-Westfalen in die Gespräche bei einer neuen Bundesregierung zum Thema Energiepolitik einbringen müssen. Auch da würde ich mir von Ihrer Seite einen stärkeren Akzent wünschen, was denn unsere eigenen Ansprüche an eine Energiewende sind, statt immer nur in einer Ping-Pong-Manier zu schauen: Was machen die Nordländer? Was machen die Südländer? Nein, es geht für die nordrhein-westfälische Landesregierung darum zu formulieren, was unsere eigenen Ansprüche für ein Gelingen der Energiewende sind.

(Beifall von der CDU)

Herr Kufen, Sie haben jetzt noch eine Minute.

Ich stelle fest: Bis auf Formelkompromisse und schöne Interviews ist bisher noch wenig Handeln zu sehen. Wir haben in dieser Wahlperiode noch ein bisschen Zeit. Wir werden das gemeinsam hinbekommen. Ich wünsche der Frau Ministerpräsidentin aktuell ein schönes Sondieren mit gutem Ausgang. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Kufen. – Für die SPD-Fraktion spricht der Kollege Thiel. Auch bei Ihnen schlägt die Technik zu. Sie wird Ihnen fünf Minuten Redezeit anzeigen, Sie haben aber sieben Minuten Redezeit.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man die letzten Reden verfolgt hat, insbesondere wenn man Herrn Kufen und vorher Herrn

Dr. Hachen gehört hat, fragt man sich: Wer hat jetzt für die CDU gesprochen?

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wenn beide für die CDU gesprochen haben, dann gilt wohl auch, dass hier leichte Zweifel an der Zukunft des Bergbaus von Dr. Hachen gesät werden. Die Frage, ob die CDU sich ein Hintertürchen aufhält, um hinterher mit dabei zu sein, das ist eine Frage, die offen in den Raum gestellt worden ist.

(Beifall von der CDU)

Die CDU macht den Versuch, der Landesregierung ein Bonbon anzukleben, was gar nicht an diese Jacke gehört.

Garzweiler II ist mal wieder im Gerede. Das ist nichts Neues. Manch einer sehnt auch das Ende des Tagesbaus geradezu herbei. Je weiter weg vom Geschehen, umso klarer und einfacher scheint die Meinungsbildung dazu zu sein.

Schon vor 20 Jahren kannten wir das. Damals wurde das Aus von Garzweiler II gerne diskutiert. Es kam aber anders. Jetzt, nachdem der Tagebau in vollem Gange ist, wäre das Aus von Garzweiler II kein später Sieg derjenigen, die schon immer dagegen waren, meine Damen und Herren. Der Stopp des laufenden Tagebaus Garzweiler II wäre eine Katastrophe für die ganze Region und hätte unabsehbare Folgen.

(Beifall von Thomas Kufen [CDU])

Der seit Jahrzehnten stattfindende Braunkohletagebau im Rheinischen Revier beruht auf einem Versprechen, das den Menschen unserer Region gegeben wurde. Dieses Versprechen lautet: Der Tagebau ist notwendig, weil der Strom für die Energieversorgung in Deutschland gebraucht wird. Ein nationales Interesse! Der Tagebau wird auf klarer rechtlicher Grundlage ordentlich durchgeführt. Die Betroffenen werden beteiligt. Nach dem Tagebau wird die Landschaft wiederhergestellt, ordentlich rekultiviert, ein Restsee angelegt, und es werden neue Perspektiven eröffnet.

Das ist die Grundlage für die Akzeptanz dessen, was im Rheinischen Revier passiert. Wer das infrage stellt, der begeht Vertrauensbruch den Menschen gegenüber, die dort leben und Verunsicherungen, Ängsten und Zweifeln ausgesetzt sind. Es ist eine Zumutung, in solch existenziellen Fragen Spielball öffentlicher Spekulationen zu sein.

(Vorsitz: Vizepräsident Eckhard Uhlenberg)

Wer denkt an die Menschen, die von Umsiedlung betroffen sind, sich seit vielen Jahren damit auseinandersetzen, gerade eine Heimat neu planen und nun regelrecht mit der Frage gequält werden, ob das noch Sinn hat? Wer denkt an die Arbeitnehmer und ihre Familien, die Angst um ihre Zukunft haben und jetzt gute Arbeit – gute Arbeit, die wir alle wollen – mit ordentlichen Tarifverträgen, guten Arbeitsbedingungen und guten Ausbildungsplätzen haben? Über 40.000 Menschen in ganz Deutschland leben letztendlich vom Rheinischen Revier.

Wer denkt an den örtlichen Einzelhandel? Der Vorsitzende des Werberings Grevenbroich drückt das wie folgt aus:

„Tagebau und Kraftwerke sind ein Wirtschaftsfaktor für die Stadt … Ein Ausstieg wäre von existenzieller Bedeutung.“

Damit hat er recht.

Schauen wir uns einmal die Fakten an. Die direkte Nachfrage, die durch rheinische Braunkohle ausgelöst wird, beträgt 1,9 Milliarden €. Bundesweit löst

dies weitere 3,7 Milliarden € aus. Das meiste bleibt in Nordrhein-Westfalen, nämlich 2,6 Milliarden €, davon gut 1 Milliarde € im Rheinischen Revier.

Damit hat die Energieindustrie im Rheinischen Revier einen guten Beitrag geleistet, dass Deutschland besser durch die Finanzkrise gekommen ist als andere Länder. In vielen Reden wird auch honoriert, dass diese Industrie ihren Beitrag zu Wohlstand, Beschäftigung und wirtschaftlicher Stabilität leistet.

In Blickweite des Tagebaus und der Kraftwerke – es geht hier nicht nur um Erkelenz, sondern um das ganze Revier, möchte ich noch einmal betonen – befinden sich weitere Industrien: der CHEMPARK, Aluminiumwerke, Maschinenbau, Dienstleister und andere Branchen. Für sie ist Versorgungssicherheit, also ständige Verfügbarkeit von Strom, ein wichtiger Standortfaktor. Nur eine Sekunde Stromausfall bedeutet für prozessorientierte Produktion und automatisierte Verfahren ein großes Risiko. Das kann richtig ins Geld gehen.

Wir haben eine Verantwortung für unseren Industriestandort in Nordrhein-Westfalen und vor allen Dingen im Rheinischen Revier. Wir wollen die Energiewende auch im Rheinischen Revier. Wir verstehen uns als Partner. Wir wissen, dass Braunkohle nicht unendlich ist und dass sie auch nicht ewig gebraucht wird. Darum kümmern wir uns schon jetzt um eine vorausschauende Strukturpolitik. Rot-Grün hat die Innovationsregion Rheinisches Revier ins Leben gerufen. Damit wir Erfolg haben können, brauchen wir verlässliche Rahmenbedingungen. Das gilt für den Tagebau genauso wie für die Kraftwerkserneuerung.

Wir begrüßen, dass der Vorstandsvorsitzende der RWE AG, Peter Terium, sehr schnell klargestellt hat, dass der Tagebau unverändert fortgeführt wird und fester Bestandteil der Zukunftsplanung des Unternehmens ist. Wir begrüßen auch, dass die RWE AG der Stadt Erkelenz ausdrücklich schriftlich erklärt hat, dass es weitergeht, sodass man sich dort darauf einstellen kann.

In Berlin müssen die Rahmenbedingungen in Ordnung gebracht werden. Hier im Rheinischen Revier versteht niemand,

dass Strom immer teurer wird und die Kraftwer

ke immer unrentabler werden,

dass diese Kraftwerke Versorgungssicherheit bei

der Energiewende gewährleisten sollen, aber als Dreckschleudern diffamiert werden,

dass jedes Bundesland seine eigene Energie

wende betreibt, aber niemand weiß, wie das zusammenpasst.

Gerade wir im Rheinischen Revier brauchen Klarheit. Wir wollen endlich den Masterplan zur Energiewende.

Meine Damen und Herren, es gibt nichts Gutes, außer man tut es. In diesem Sinne sage ich diesem Hause „Glück auf!“ und den Menschen zu Hause im Revier „Passt auf!“

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Thiel. – Für die FDP-Fraktion spricht der Abgeordnete Ellerbrock.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich mit einer Bemerkung beginnen. Kollege Schmalenbach, Sie haben hier gesagt, das Emissionshandelssystem sei gescheitert, weil nicht genug Geld hereinkomme. Nein! Der Erfolg des mengensteuernden Emissionshandelssystems zeigt sich darin, dass wir niedrige Zertifikatspreise haben; denn europaweit ist die Emission gedeckelt. Wenn man das Emissionshandelssystem aufgrund des niedrigen Zertifikatspreises als gescheitert bezeichnen müsste, wäre es dazu missbraucht worden, unter Vorwand umweltpolitischer Gründe Finanzmittel zu generieren. Und das wäre schlimm.

Herr Minister Duin, mir wäre es lieber gewesen, wenn Sie Ihre Worte etwas klarer gefasst hätten. Ich habe Sie – vielleicht liegt das an meiner Vergangenheit als Verwaltungsmann – wie folgt verstanden: Ja zur Braunkohle. Wir werden das aber bei der nächsten Umsiedlungsentscheidung Schritt für Schritt überprüfen, wie es im Gesetz vorgesehen ist. Unter heutigen Gesichtspunkten ist Braunkohle aber nach wie vor auf lange Dauer für die Energieversorgung im Sinne der Versorgungssicherheit notwendig.

(Beifall von der FDP)

Diese Aussage hätte ich mir etwas deutlicher gewünscht. Ich habe Sie aber so verstanden. Vielleicht ist das ja einem gewissen Spannungsfeld innerhalb der Koalition geschuldet. Sie haben aber nicht als Wirtschaftsminister gesprochen, sondern als Vertreter der Ministerpräsidentin, die die Leitlinien der Politik vorgibt. So verstehe ich das jetzt erst einmal.

Meine Damen und Herren, ich war selbst einmal im Bereich der Braunkohlenplanung beschäftigt. Ich weiß, dass die ethische Frage, was wir Menschen zugunsten des Allgemeinwohls zumuten können, die Verwaltung und die Politik umgetrieben hat. Das galt für die damaligen Kollegen Maatz und Wittmann; das galt für die Staatssekretäre Ritter und Adamowitsch; das galt für die Minister Höhn und Matthiesen. Die Frage, was man den Menschen zumuten kann, hat sie nicht beschäftigt; diese Frage hat sie umgetrieben, und zwar auf breiter Basis.

Letztendlich sind wir zu der Entscheidung gekommen: Jawohl, Garzweiler II, das ist zumutbar; das ist notwendig.

Sämtliche Klagen – 1987 ist das Verfahren begonnen worden – sind gescheitert, bis auf die jetzige Klage des BUND und einer Privatperson vor dem Bundesverfassungsgericht. Das ist ausdiskutiert. Es ist also verantwortbar, es ist gerechtfertigt.