Die kommunalen Aufgaben erfordern außerdem ein zunehmendes Maß an Fortbildungsbereitschaft. Man kann nicht erwarten, dass diese Fortbildungen ausschließlich in der Freizeit stattfinden. Der Gesetzentwurf sieht hier acht Tage in fünf Jahren vor. Das sind nicht einmal zwei Tage im Jahr. Das wird auf lange Sicht nicht ausreichen.
Im Blick behalten muss man auch die zusätzlichen finanziellen Belastungen der Kommunen. Durch den Ausgleich der Einkommensausfälle entstehen
enorme Kosten. Diese müssen sicherlich von den Kommunen übernommen werden. Viele Kommunen befinden sich jedoch am Rande ihrer Belastbarkeit; einige haben diese Grenze längst überschritten.
Das Gesetz bürdet den Kommunen weitere finanzielle Belastungen auf. Die Umsetzung muss durch weitere Anstrengungen der Landesregierung auch realisierbar sein. Der Aktionsplan Kommunalfinanzen und der Stärkungspakt Stadtfinanzen sind dazu ein erster Schritt. Weitere Schritte sollten folgen.
Bei meinen Recherchen wurde aber auch eines sehr schnell deutlich: Vielen Bürgern ist überhaupt nicht bewusst, dass auf kommunaler Ebene viele Aufgaben im Ehrenamt liegen und gar nicht bezahlt werden. Hier gibt es ein deutliches Informationsdefizit.
Liebe Kollegen und Kolleginnen der Regierungskoalition, in Ihrem Koalitionsvertrag betonen Sie immer wieder, Bürgerbeteiligung verbessern zu wollen. Sie wollen Bürgerengagement fördern. Der vorliegende
Vor der Bürgerbeteiligung steht jedoch die Bürgerinformation. Frau Kraft hat erklärt, dass Informationen aus Betroffenen Beteiligte machen. Dem stimme ich umfassend zu. Die Bürger erwarten von den kommunal- und landespolitischen Gremien mehr Transparenz und Offenheit. Damit meine ich allgemein zugängliche Informationen. Das kommunale Ratsinformationssystem ist an der Stelle völlig ungeeignet. Wer das nicht glaubt, hat das Problem noch gar nicht begriffen. Es geht nicht um einen möglichst großen Hürdenlauf auf der Suche nach Information; es geht um einen möglichst barrierefreien Zugang zu allen relevanten Daten – sowohl auf kommunaler als auch auf Landesebene.
Im Koalitionspapier finden sich einige Ansätze zum Thema Bürgerinformation. Hier nehmen wir Sie bei Wort: Sie wollen die Bürger umfassend über politische Prozesse und Entscheidungen informieren. Sie wollen die Voraussetzungen für Beteiligung schaffen. Dann sollten Sie die von Ihnen benannten Ziele Open Data und Open Government zügig in die Tat umsetzen. Schauen Sie einmal in die USA oder nach England. Da haben wir hier noch einen enormen Nachholbedarf.
Es geht um zwei Ansätze: Erstens brauchen wir eine bessere Informationspolitik, um mehr Menschen für ein Ehrenamt zu begeistern. Nur so werden sich mehr Menschen in NRW aktiv an politischen Prozessen beteiligen.
Zweitens – das finde ich genauso wichtig –: Es geht darum, alle Bürger so gut zu informieren, dass das kommunale Ehrenamt mehr Zustimmung und Respekt erfährt.
Jetzt können Sie zeigen, wie ernst Sie Bürgerinformation nehmen. Wir alle hier im Saal leben und streben nach Demokratie. Dafür brauchen wir das kommunale Ehrenamt, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir müssen die Politik in NRW so gestalten und kommunizieren, dass sich die Menschen auf solche Ämter wieder einlassen und sie mit Leben füllen. Hierfür ist das vorliegende Gesetz ein erster Schritt.
Wir sind aber auch sehr gespannt, wie ernst es Ihnen mit der angekündigten konstruktiven Zusammenarbeit ist. Open Data ist sicherlich unsere Zukunft. Open Data ist aber auch Piratenkompetenz. Wir beraten Sie da sehr gerne. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Pieper. Auch Ihnen herzlichen Glückwunsch zu Ihrer ersten Parlamentsrede. – Für die Landesregierung erteile ich nun Herrn Minister Jäger das Wort. Bitte schön.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kommunales Ehrenamt, bürgerschaftliches Engagement sind kein Selbstzweck und im Übrigen auch keine Selbstläufer. Und damit Menschen in diesem Land in ausreichendem Maße und ohne zusätzliche Belastungen für Familie und Freizeit diesem Amt nachgehen können, bedarf es eines staatlichen Schutzes.
Die Landesregierung begrüßt ausdrücklich den Gesetzentwurf der Fraktionen, der in einem so breiten Konsens zustande gekommen ist. Er stärkt das bürgerschaftliche Engagement. Er stärkt die ehrenamtliche Mandatswahrnehmung. Er stärkt damit die Demokratie in diesem Land.
Wenn die Landesregierung den Fraktionen Hilfestellung bei der Ausformulierung möglicher Ergänzungen zu diesem Gesetzentwurf im weiteren parlamentarischen Verfahren leisten kann, wird sie dies gerne tun. Ansonsten freue ich mich auf die Beratungen. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Wir sind damit am Ende der Beratung.
Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs Drucksache 16/48 – Neudruck – an den Ausschuss für Kommunalpolitik. Wer möchte dieser Überweisungsempfehlung folgen? Gibt es Gegenstimmen? Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist diese Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen.
rung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspielän- derungsstaatsvertrag – Erster GlüÄndStV)
Ich eröffne die Beratung und erteile zunächst für die Landesregierung Herrn Minister Jäger das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 31. Dezember 2011 ist der Glücksspielstaatsvertrag außer Kraft getreten. Bis zu einer Neuregelung gilt er nach nordrhein-westfälischem Landesrecht natürlich weiter.
Das Ergebnis einer Evaluierung und die Rechtsprechung des EuGH haben eine Neuregelung des Glücksspielrechts in ganz Deutschland erforderlich gemacht. Mit dem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag wurde der entsprechende rechtliche Rahmen neu geschaffen. Ich will versuchen, möglichst kurz auf die Eckpunkte des Änderungsstaatsvertrages einzugehen:
Verankert sind dort die Ziele des Staatsvertrages wie beispielsweise die Bekämpfung der Spielsucht und des Schwarzmarkts. Die Stärkung des Jugend- und Spielerschutzes stehen künftig gleichrangig nebeneinander. Neu ist das Ziel, Gefahren für die Integrität des sportlichen Wettbewerbs bei der Veranstaltung und der Vermittlung von Sportwetten vorzubeugen.
Meine Damen und Herren, die Lotterien unterliegen auch zukünftig einem staatlichen Veranstaltungsmonopol.
Und unter dem Aspekt der Schwarzmarktbekämpfung wird das bisherige Internetverbot gelockert. Künftig können unter strengen Voraussetzungen Lotterien, Sport- und Pferdewetten im Internet veranstaltet und vermittelt werden. Damit öffnen wir das Internet als Vertriebsweg. Das ist wichtig für erlaubte Lotterie- und Sportwettenangebote.
Der Sportwettenbereich wird liberalisiert. Im Rahmen einer zeitlich befristeten Experimentierklausel sollen 20 Konzessionen an private Sportwettenanbieter vergeben werden.
Wegen des besonders hohen Suchtpotenzials bleibt es für Casinospiele einschließlich Poker bei der strengen Begrenzung des Angebotes auf staatliche Spielbanken.
Für zahlreiche Erlaubnisse sind ländereinheitliche Verfahren vorgesehen. Hierfür wird ein Glücksspielkollegium geschaffen, das mit qualifizierter Mehrheit für die Länder entscheidet. Danach erteilt NRW für alle Länder Ausnahmeerlaubnisse für Internet- und Fernsehwerbung für Lotterien und Sportwetten.
Für die Umsetzung der Ziele des Staatsvertrages in unserem Land sieht das Ausführungsgesetz unter anderem Regelungen vor zum Erlaubnisverfahren für Veranstalter und Vermittler, zur Begrenzung der Anzahl der Annahmestellen für gewerbliche Spielvermittlung, zur Suchtprävention und Suchthilfe sowie zur Suchtforschung und letztendlich zu Sportwetten und Sportwettvermittlungsstellen sowie zu Spielhallen.
Die Bezirksregierung Düsseldorf soll im ländereinheitlichen Verfahren die Erlaubnisse für Internet- und Fernsehwerbung für alle Anbieter erteilen.
Die Neubekanntmachung des Spielbankgesetzes in Art. 3 dient dazu, notwendige redaktionelle Anpassungen vorzunehmen.
Ich habe wirklich versucht, kurz darzustellen, welche Ziele dieses Gesetz verfolgt, und verbinde dies mit einer eindringlichen Bitte an das Parlament: Eigentlich sollte dieses Gesetz am 1. Juli 2012 bundesweit in Kraft treten. In 14 Bundesländern ist es bereits ratifiziert. Alle warten auf NordrheinWestfalen. Die Ratifizierung dieses Gesetzes war aufgrund der Auflösung und Neuwahlen zum Landesparlament nicht möglich. Deshalb die eindringliche Bitte der Landesregierung an das Parlament, dieses Gesetz im anschließenden Beratungsverfahren möglichst zügig zu behandeln. Die Landesregierung steht für Unterstützung gerne zur Verfügung. Es geht darum, dass Lotteriegesellschaften in Nordrhein-Westfalen durch die ausstehende Ratifizierung keine Nachteile erlangen und dieses Gesetz möglichst schnell und zügig in den anderen Bundesländern Wirkung entfalten kann.
Ich freue mich auf die weiteren Beratungen im Ausschuss und verbinde das noch einmal mit der eindringlichen Bitte an das Parlament, einen möglichst zügigen Parlamentsberatungsverlauf zu gewährleisten. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Minister. – Für die SPD-Fraktion erteile ich nun Herrn Kollegen Töns das Wort. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wie eingangs von der Landesregierung bereits erläutert, gibt es vielerlei Gründe für die nun vorgelegte Novelle des Glücksspielstaatsvertrages.
Ziel dieses neuen Staatsvertrages sind unter anderem, das Entstehen von Glücksspiel- und Wettsucht zu verhindern, Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen, das Spielverhalten in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken, der Entwicklung unerlaubten Glücksspiels in
Schwarzmärkten entgegenzuwirken, den Jugend- und Spielerschutz zu gewährleisten, sicherzustellen, dass Glücksspiel ordnungsgemäß durchgeführt wird und Manipulationsmöglichkeiten abgewehrt werden, Gefahren für die Integrität des sportlichen Wettbewerbs beim Veranstalten und Vermitteln von Sportwetten vorzubeugen – das ist ein ganz wichtiger Aspekt –, die Kanalisierung illegalen Spiels sowie die Kriminalitäts- und Betrugsverminderung. Verbraucherschutz und Suchtbekämpfung stehen in der Diskussion nun gleichberechtigt nebeneinander.
Meine Damen und Herren, um diese Ziele zu erreichen, sind differenzierte Maßnahmen für die einzelnen Glücksspielformen vorgesehen. Das dazugehörige Ausführungsgesetz soll den uns verbleibenden
Gestaltungsspielraum für landesspezifische Regelungen geben, und zwar insbesondere hinsichtlich der Regelungen zu Spielhallen, aber auch zu Sportwetten.
Lassen Sie mich an dieser Stelle an den ersten Glücksspielstaatsvertrag erinnern: Am 1. Januar 2008 trat er in Kraft. Am 8. Oktober 2010 scheiterte er vor dem Europäischen Gerichtshof, also knapp drei Jahre nach seinem Inkrafttreten.