Protocol of the Session on June 20, 2013

Bis heute ist in der Bezirksregierung kein Planungsrecht hergestellt worden. Ohne Planungsrecht kann jedoch nicht saniert werden. Wenn es von der Bezirksregierung keinen Bescheid gibt, dann können die Deichverbände nicht ausschreiben und erst recht nicht bauen und Geld vom Land abrufen.

Wenn man sich vor Augen führt, dass eine ganze Reihe von Altdeichen in die Jahre gekommen ist und nicht den neuesten baulichen und wissenschaftlichen Erkenntnissen genügt, dann muss uns das allgegenwärtig zu denken geben. Wie gesagt, wir müssen über diese und weitere Fakten in aller gebotenen Sorgfalt reden und debattieren.

Ich finde, Folgendes haben uns die letzten Wochen gezeigt: Deichschutz ist Schutz an Menschen und schont am Ende, wenn man sich die Kosten anschaut, auch die öffentlichen Finanzen.

Ich glaube, dass es angesichts der Bilder der letzten Wochen auch eine Einmütigkeit gibt, dass der Hochwasserschutz keine Privatsache ist, sondern dass der Hochwasserschutz eine staatliche Aufgabe ist, weil er die einzelnen betroffenen Gebiete völlig überfordert. Deswegen reicht auch eine Aussa

ge, wie Herr Remmel sie noch in der Antwort auf eine Kleine Anfrage gemacht hat, für den Hochwasserschutz seien die Bürgerinnen und Bürger in aller erster Linie verantwortlich, nicht aus. Vielmehr haben uns diese Bilder sehr deutlich gezeigt, dass das eine wichtige staatliche Aufgabe sein muss.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Ich will einen weiteren Punkt ansprechen. Ich finde auch für meine Fraktion, dass als Ergebnis der Gespräche von gestern zwischen den Bundesländern und der Bundesregierung eine kluge Konzeption herausgekommen ist, mit dieser Problematik so umzugehen, dass wir das auch schultern können.

Ich glaube, dass es an dieser Stelle auch richtig ist zu sagen, dass der Bund in dieser Frage in einem großen Umfang seiner Verpflichtung für unser Land, auch mit Blick auf die Finanzsituation der Länder nachkommt.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Bei allen parteipolitischen Unterschieden, die es zwischen Landesregierung und Bundesregierung geben mag, kann man meiner Meinung nach auch einmal dieser Bundesregierung danke schön sagen, dass sie den Ländern in dieser Frage so entgegengekommen ist, wie sie entgegengekommen ist.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Im Übrigen sollte man nicht unerwähnt lassen, dem Bund war es wohl nur deshalb möglich, in dieser Situation so überzeugend zu helfen und überzeugende Konzepte mit zu erarbeiten, weil er sich durch eine kluge Konsolidierungspolitik Spielräume erarbeitet hat, mit solchen Katastrophen fertig zu werden.

(Beifall von der CDU und der FDP – Jochen Ott [SPD]: Wahrnehmungsstörungen!)

Mit den rund 40 Millionen, die wir 20 Jahre lang über unseren Landeshaushalt finanzieren müssen,

(Zuruf von Minister Dr. Norbert Walter- Borjans)

haben wir es mit einer Belastung zu tun, Herr Finanzminister, die eine Debatte über neue Steuern, um mit der Flutkatastrophe fertig zu werden, in keiner Art und Weise rechtfertigt.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Es ist sowieso schon ein bemerkenswerter Vorgang, wenn eine solche Katastrophe im Gange ist, vom nordrhein-westfälischen Finanzminister als Allererstes zu hören, welche Steuern man erhöhen könnte, um mit dieser Problematik fertigzuwerden.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Sie sollten sich einfach die Konsolidierungspolitik des Bundes als Vorbild nehmen und vielleicht auch diese Katastrophe und deren sichtbare finanzielle Folgen zum Anlass nehmen zu folgern: Es ist immer

richtig, sich in der Landespolitik – auch bei uns in Nordrhein-Westfalen – durch strukturelle Veränderungen Gestaltungsspielräume zu erarbeiten, um auf neue Situationen reagieren zu können.

Wir werden immer wieder den Vorwurf erheben: Diese Landesregierung ist deswegen in vielen Fragen handlungsunfähig – das sehen wir bei der Inklusion, bei den Lohnerhöhungen im öffentlichen Dienst –, weil sie zu Beginn ihrer Regierungstätigkeit Wahlgeschenke verteilt hat und strukturelle Veränderungen in diesem Land ablehnt.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Ohne strukturelle Veränderungen kann niemand auf eine solche Katastrophe so reagieren, wie es notwendig ist. Wir sehen in diesen Tagen, wie wichtig am Ende ein handlungsfähiger Staat für die Bürgerinnen und Bürger ist. – Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Laumann. – Für die SPD-Fraktion spricht Kollege Römer.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist gut, heute Gelegenheit zu haben, die vielen Bilder, die uns beeindruckt und betroffen gemacht haben, wieder aufleben zu lassen. Deshalb ist die Unterrichtung durch die Landesregierung eine gute Möglichkeit, darüber zu reden, welche Hilfe aus Nordrhein-Westfalen und durch den nordrheinwestfälischen Landtag geleistet werden kann. Ich bin der Ministerpräsidentin außerordentlich dankbar dafür, dass sie den nordrhein-westfälischen Landtag sehr zeitnah über die Ergebnisse der Verhandlungen über diese Hilfe mit dem Bund und den anderen Ländern informiert hat.

Herr Kollege Laumann, ich habe Ihnen zu Beginn Ihrer Rede mehrmals Beifall gespendet, weil ich den Eindruck gewinnen konnte, auch Ihnen würde es heute darum gehen, uns in dieser Debatte auf das Entscheidende zu konzentrieren, nämlich Hilfe zu leisten. Aber dann sind Sie doch den Verlockungen der vermeintlichen parteipolitischen Vorteilsnahme erlegen

(Karl-Josef Laumann [CDU] schüttelt mit dem Kopf.)

und in ein peinliches, parteipolitisches Klein-Klein abgerutscht.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Sie werden mir nachsehen, meine Damen und Herren, dass ich mich damit jetzt nicht beschäftigen werde. Es wird andere Gelegenheiten geben, auch welche, in denen wir uns hart auseinandersetzen können.

(Christian Lindner [FDP]: Amen!)

Ich will festhalten, die Ministerpräsidentin hat über ein gutes Ergebnis für die Menschen in den Hochwassergebieten berichtet, denen nun schnell geholfen werden soll und nach den noch ausstehenden Entscheidungen im Bundestag und im Bundesrat schnell geholfen wird. Es ist auch ein gutes Ergebnis, Frau Ministerpräsidentin, für Nordrhein

Westfalen. Denn ich gebe gerne zu, dass die finanziellen Belastungen – das hat Frau Ministerpräsidentin Kraft gerade ausgeführt – für unser Land, für den Landeshaushalt enorm hoch sein und uns vor weitere Herausforderungen im Zusammenhang mit der notwendigen weiteren Haushaltskonsolidierung stellen werden.

Die erfolgreichen Verhandlungen zwischen dem Bund und den Ländern haben dazu geführt – selbstverständlich müssen die Ländern im Interesse der Menschen in den Ländern mit dem Bund hart verhandeln –, dass die einmal ins Auge gefassten finanziellen Belastungen der Länder durch den Bund erheblich abgemildert werden konnten. Auch dafür danken wir Ihnen, Frau Ministerpräsidentin. Sie haben unsere Unterstützung.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ich will das gerne noch einmal aufnehmen, in einer solchen Situation braucht es schnelle Entscheidungen. Es muss in kurzer Zeit entschieden, aber selbstverständlich auch hart verhandelt werden. Es geht schließlich um viel Geld. Das hat die Ministerpräsidentin klar herausgestellt.

Aber eines ist doch auch deutlich geworden: Bei all dem, was an Interessen zwischen den Ländern und dem Bund da ist, steht und stand die schnelle Hilfe für die betroffenen Menschen im Vordergrund. Deshalb sage ich: Wir sind froh und dankbar für diese Entscheidung im Interesse der Opfer der Hochwasserkatastrophe. Wir wollen Solidarität beweisen. Wir wollen diese Hilfe, und wir werden die finanziellen Folgen dieser Hilfe hier im Landtag mittragen. Herr Kollege Laumann, ich hoffe, Sie sind auch mit dabei, wenn es darum geht, die Folgen dieser finanziellen Hilfe hier im Landtag mitzutragen.

(Beifall von der SPD, den GRÜNEN und den PIRATEN)

Die Ministerpräsidentin jedenfalls muss sicher sein, wenn sie in die entscheidende Sitzung des Bundesrates geht.

Ich sage in aller Deutlichkeit: Der Landtag, Frau Ministerpräsidentin, unterstützt Sie und unterstützt die Landesregierung dabei – am besten, meine Damen und Herren, geschlossen –, die anstehenden Entscheidungen im Bundesrat zu treffen. Sie müssen und Sie sollen sich auf die Solidarität der Fraktionen hier im Landtag verlassen können. Wir werden gleich sehen, ob das klappen kann. Auf die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen wie auch

auf die Piratenfraktion – ich werde gleich darauf zu sprechen kommen – ist in diesem Zusammenhang Verlass. Solidarität ist nicht nur ein schönes Stichwort für uns, sondern wir zeigen an diesem Punkt auch Solidarität für die Betroffenen in den Hochwassergebieten.

(Beifall von der SPD, den GRÜNEN und den PIRATEN)

Für uns hier in Nordrhein-Westfalen – Herr Kollege Laumann, Sie haben darauf hingewiesen, ich werde Sie beim Wort nehmen – war Solidarität immer selbstverständlich – innerhalb unseres Landes, aber auch innerhalb der Länderfamilie in Deutschland. Solidarität bleibt der Maßstab für unsere Verlässlichkeit.

Das haben wir übrigens von Beginn an als großer Nettozahler in den Länderfinanzausgleich bewiesen, und das beweisen wir immer noch als großer Einzahler aus dem Umsatzsteueraufkommen. Mehr als 2 Milliarden € – fast 2,5 Milliarden € – pro Jahr zahlt Nordrhein-Westfalen im Rahmen seines Umsatzsteueranteils in einen gemeinsamen Topf, was alle Länder brauchen. Wir bleiben da verlässlich. Wir sind verlässlich und wir werden in NordrheinWestfalen immer auch anderen Bundesländern, wenn es notwendig wird, unsere Solidarität beweisen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ich sage das gern: Gelebte Solidarität ist unsere Vorstellung einer Politik für das Land und auch für Deutschland. Wir jedenfalls haben eine klare Idee von diesem solidarischen Deutschland. Alle, egal, woher sie kommen, welches Geschlecht sie haben, welcher Religion sie angehören oder welche Hautfarbe sie haben, sollen und müssen die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben erhalten. Um das zu ermöglichen, wollen und müssen wir den Zusammenhalt und das Miteinander in unserer Gesellschaft immer wieder – immer wieder neu im Übrigen! – stärken.

Was sich jetzt ganz aktuell an Hilfsbereitschaft vieler, insbesondere junger Menschen bei der Flutkatastrophe zeigt – die Beispiele sind hier genannt worden –, macht den eigentlichen Reichtum unseres Landes aus. Solidarität wird gelebt. Gemeinsinn, Gemeinwohl steht vor Eigensinn. Das ist ganz entscheidend. Mir macht es Mut, uns macht es Mut, am Zusammenhalt unserer Gesellschaft weiter zu arbeiten, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)