Protocol of the Session on June 19, 2013

Es geht Ihnen nicht darum, dass die Studierenden Geld bekommen. Es geht Ihnen um Effekthascherei. Das ist alles.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zu- rufe von der FDP)

Diejenigen, die laut sind, meinen, daraus Kapital schlagen zu können. SPD und Grüne haben festgelegt, beim LBV 60 Stellen mehr einzusetzen und dieses Problem nicht nur zu beobachten, sondern weiter anzugehen. Das unterscheidet uns an der Stelle von CDU und FDP.

Das, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Piraten, möchte ich Ihnen auch noch mal zurufen.

(Ralf Witzel [FDP]: Das LBV selbst spricht von einer einmaligen Fehlkoordination, die sich so nicht wiederholen soll! – Weitere Zu- rufe)

Das ist schon sehr anstrengend, Frau Präsidentin.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe die Diskussion eine ganze Weile laufen lassen. Bei einer sehr kontroversen Debatte, bei der man sich auch ereifern kann, und bei sehr hohen Temperaturen, schaut man als sitzungsleitende Präsidentin über manches hinweg. Es wäre aber doch schön – auch für diejenigen, die sich draußen oder auf den Zuschauerrängen für die Debatte interessieren –, wenn es dem Redner nicht unmöglich gemacht würde, sich zu konzentrieren. Ihre abweichenden Meinungen, Ihre Bewertungen können Sie ja in weiteren Redebeiträgen zu Gehör bringen.

(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])

Ein bisschen mehr Ruhe wäre also für alle angebracht. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Herr Kollege, wenn Sie glauben, dass die Zahlen nicht stimmen: Sie können sie sich ja vom Finanzminister noch mal geben lassen. 2005 hatten wir 860 Stellen beim LBV, 2010 waren es 847. Von diesen 847 Stellen sind 35 auch nur deswegen im LBV gewesen, weil Aufgaben hinzugekommen sind. Mithin sind beim LBV über 60 Stellen gestrichen worden. Jetzt sind wir wieder bei knapp 900 Stellen.

Was geschehen wäre, wenn CDU und FDP regiert hätten, will ich nicht weiter ausmalen. Wir haben in der letzten Legislaturperiode wohl dreimal im Jahr diskutiert, was bei der Beihilfebearbeitung für Probleme entstehen, weil zu wenig Personal da ist, und dass 150 Leute vorübergehend an Wochenenden und in sonstigen Zusatzschichten die Arbeit im LBV erledigt haben. All das nehmen Sie nicht zur Kenntnis, Sie haben damit nichts mehr zu tun. Und CDU und FDP übernehmen auch keine Verantwortung dafür, dass ihr Finanzminister und ihre Haushaltsgesetze jeweils weitere Stellenkürzungen vorgesehen haben.

Ich habe ein schlechtes Gewissen – das will ich klar sagen –, wenn ich darüber nachdenke, dass Studierende dieses Geld nicht bekommen haben. Wir haben aber politisch alles dafür getan – der Finanzminister wird sicher gleich seine Sicht der Dinge darstellen –, damit das in Zukunft nicht mehr vorkommt.

Wenn Sie jetzt hier so tun, als ob es unter Ihrer Regierung besser gelaufen wäre, finde ich das schlicht heuchlerisch. Sie haben bewiesen, dass Personal für Sie nicht wichtig ist. Sie wollen das immer als Sparbüchse für Ihre Haushaltsbeschlüsse herhalten lassen. Das ist die Situation. Deswegen muss die Landesregierung dieses Problem jetzt lösen. Das wird auch geschehen. Ich rate allen, nicht zu glauben, dass man durch Effekthascherei politisch Land gewinnen kann. – Danke schön.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Mostofizadeh. – Für die Piraten spricht Kollege Schulz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das war ein sehr erfrischender Auftakt dieser Debatte, die hier entgegen den Äußerungen, es sei bereits alles in den Ausschüssen ausdiskutiert worden, eröffnet wird.

Ja, es ist richtig: Wenn die Piratenfraktion das nicht vor mittlerweile zwei Monaten in den Ausschuss gebracht hätte, würde das Thema immer noch rumdümpeln.

(Beifall von den PIRATEN)

Es ist zwar dank vieler Medien und vor allen Dingen Hunderter Studenten, die sich laut zu Wort gemel

det haben, inzwischen so, dass die Angelegenheit „LBV und Bezahlung von Gehältern“ eine Öffentlichkeit erreicht hat, die den regierungstragenden Fraktionen, sicherlich auch dem Herrn Finanzminister und vielleicht auch Frau Schulze nicht so ganz recht ist. Aber damit müssen wir uns hier auseinandersetzen. Dafür stehen wir hier im Parlament – einerseits von Regierungs-, andererseits aber auch von Oppositionsseite.

Wenn uns oder auch der CDU oder der FDP Populismus vorgeworfen wird, dann ist das gut so. Populismus heißt nichts anderes als Volksnähe. Und die studentischen Hilfskräfte und die wissenschaftlichen Hilfskräfte gehören dazu.

(Beifall von den PIRATEN)

Wir werden – um bei diesem Thema zu bleiben – in diesen Tagen unter anderem über Hilfen für die Opfer von Hochwasser debattieren. Wir werden über Wahlversprechen und Steuergeschenke in Milliardenhöhe diskutieren. Großartig! Große Politik! Das aber ist alles davon abhängig, dass günstige Winde Geld in die Kassen des Landeshaushaltes und des Bundeshaushaltes spülen.

Hier und heute debattieren wir über konkrete Ansprüche von Arbeitnehmern, die bereits primäre Ansprüche gegenüber dem Land Nordrhein-Westfalen erworben haben und für die die Vergütungen etatisiert sind. Diese Hilfskräfte, diese Arbeitnehmer brauchen kein Hochwasser, denn ihnen steht das Wasser wegen der Versäumnisse einer Landesbehörde zum Teil bereits seit Monaten bis zum Hals.

(Beifall von den PIRATEN)

Es geht nicht um salbungsvolle Worte in Ausschüssen, es geht auch nicht um Sonntagsreden, sondern um Taten, um unverzügliche Zahlungsanweisungen und um Hilfestellungen, die einzig im Bereich von Anspruchserfüllung öffentlich-rechtlicher Schuldner anzusiedeln sind.

Mehrere Tausend studentische und wissenschaftliche Hilfskräfte an Universitäten in NordrheinWestfalen warten seit Monaten auf diese Erfüllung. Angaben, wie viele es nun tatsächlich genau sind, schwanken, sind nicht exakt ermittelt oder nicht exakt ermittelbar. Wir reden von irgendetwas zwischen 5.000 und 10.000 Zahlfällen. Wir warten immer noch auf genaue Zahlen. Wir haben Anfragen in den Ausschüssen gestellt. Auch im Ausschuss für Wissenschaft und Innovation ist eine entsprechende Frage gestellt worden. Es gibt diese Informationen nicht.

Ich frage mich: Was bitte soll noch passieren, damit eine Opposition, die die Landesregierung zu kontrollieren hat, entsprechende Auskünfte bekommt, um Politik in die richtige Richtung zu lenken – sei es durch Entschließungsanträge, sei es durch Eilanträge?

Man fragt sich darüber hinaus, was der größere Skandal aus Sicht dieses Parlaments ist: die Tatsache, dass wir bald täglich Hiobsbotschaften über finanzielle Schwierigkeiten von studentischen und wissenschaftlichen Hilfskräften im Radio hören bzw. im Fernsehen sehen müssen, oder dass das Finanzministerium die überwiegend prekären Arbeitsverhältnisse, egal ob studentisches Zubrot oder nicht, inzwischen seit mehreren Wochen unterschätzt oder dass das Finanzministerium in seiner Eigenschaft als Aufsichtsbehörde des Landesamtes für Besoldung und Versorgung die ihm unterstellte Behörde als das größte Lohnbüro Deutschlands schlicht und ergreifend nicht im Griff hat?

Die Piratenfraktion ist der Auffassung: Alle drei genannten Aspekte sind gleich bemerkenswert und insgesamt gleich schlecht gemanagt – genauso schlecht gemanagt wie die Verzögerungen, die jetzt als Begründung dafür hergenommen werden, dass die Hilfskräfte auf ihr Geld warten müssen.

All das ist seit vielen Monaten, schon bevor die ersten Zahlungsschwierigkeiten auftraten, bekannt. All das ist auch das Resultat einer verfehlten Politik im Hinblick auf die Unterstützung des LBV. Das LBV sagt: Per 31. März musste die Projektnachbearbeitung aus Kostengründen eingestellt werden. – SAPBerater wurden nicht über den 31. März hinaus verpflichtet.

All das, worüber wir heute reden, hätte möglicherweise vermieden werden können, wenn hier ein Management am Werk gewesen wäre, welches in der Lage gewesen wäre, den Informationsfluss zwischen LBV und Ministerium so weit aufrechtzuerhalten oder einzuführen, dass das Schlimmste hätte verhindert werden können. All das ist nicht geschehen. Das ist inakzeptabel und eines der wirtschaftsstärksten Bundesländer in Deutschland unwürdig. Es schadet dem Ansehen des Landes NordrheinWestfalen, und es schadet Nordrhein-Westfalen vor allem auch als Wissenschaftsstandort.

Ich möchte Sie ernsthaft fragen: Welche Hilfskraft will sich in diesem Land bewerben, an dessen Universitäten Arbeit ohne Bezahlung geleistet wird? Der Finanzminister sagt: Ja, das kann man alles abwiegeln. – Sie wiegeln das genauso ab, wie Sie sich hinstellen und sagen, das sei eine ärgerliche Situation. Wenn irgendwelche Hilfskräfte vielleicht Miete zahlen müssen, müsste man mal gucken, wie das läuft. – Nein! Zahlung jetzt in vollem Umfang, und zwar so, wie es machbar ist und aus den Akten, die dem LBV insgesamt vorliegen, ersichtlich ist.

Junge, wissbegierige, flexible und arbeitswillige Menschen werden durch Nichtzahlung ihrer Gehälter regelrecht beleidigt. Stattdessen fällt Ihnen, sehr geehrter Herr Finanzminister, nichts Besseres ein, als diesen Vorgang als ärgerlich abzutun und gebetsmühlenartig zu wiederholen, es würden Abschlagszahlungen geleistet. Warum sind dann heute immer noch fast 10.000 Abschlagszahlungen

nicht geleistet, wenn das schon seit zwei Monaten angekündigt wird? All das muss man fragen. Diese Fragen müssen Sie sich hier gefallen lassen.

Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Ein Ergebnis ist noch nicht in Sicht. Doch – möglicherweise im September!

Beim LBV selbst, dessen Mitarbeitern nicht irgendetwas angelastet werden kann, muss gefragt werden: Ist auf der Führungsebene irgendetwas im Argen? – Ich sage: Es muss so sein. Sie selbst, Herr Finanzminister, haben im Ausschuss ausgeführt, dass Sie vor zwei Jahren die Führungsspitze ausgewechselt haben. Es könnte sein, dass dies derzeit wieder der Fall sein muss, damit sich derartige Zustände nicht wiederholen. Diese wiederholen sich nämlich offensichtlich zu jedem Semesterwechsel. Man muss ganz klar sagen: Es fehlt irgendwie ein Konzept.

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Es wird doch jedes Mal davon berichtet, dass immer zum Semesterwechsel die Vertragszahlen steigen und eingepflegt werden müssen und es dann zu Verzögerungen kommt. Natürlich nicht in diesem gravierenden Maße; das ist ja zurückzuführen auf das Missmanagement im Zusammenhang mit der Einführung von SAP.

Ich komme zum Schluss meiner Ausführungen. Sehr verehrter Herr Minister, machen Sie bitte von Ihrem Weisungsrecht Gebrauch! Das haben Sie. Sorgen Sie dafür, dass die universitären Hilfskräfte unverzüglich durch an Vollständigkeit reichende Abschlagszahlungen bedient und damit die technischen Missstände beim LBV bis zur ordnungsgemäßen Abrechnung überbrückt werden.

(Das Ende der Redezeit wird angezeigt.)

Um die Sache abzukürzen, möchte ich an dieser Stelle auf unseren entsprechenden Entschließungsantrag verweisen. Ich könnte noch locker insbesondere auf das, was hier von den regierungstragenden Fraktionen vorgetragen worden ist, eingehen. Das werde ich jetzt nicht können, weil meine Redezeit beendet ist.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Schulz. Ich bitte Sie, künftig die Ausdrücke „Schluss“ und „Ende“ gleichzusetzen und nicht unterschiedlich zu werten. – Für die Landesregierung spricht jetzt Herr Minister Dr. Norbert WalterBorjans.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eines will ich hier vorweg erneut, also nicht zum ersten Mal sagen: Das Geld, das Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern für ihre Arbeit zusteht, muss in voller

Höhe und zum richtigen Zeitpunkt bezahlt werden. Daran gibt es keinen Zweifel. Das ist bei den in diesem Fall angesprochenen studentischen und wissenschaftlichen Hilfskräften, die zum Semesterbeginn in den Monaten April, Mai neu eingestellt oder wiedereingestellt worden sind, nicht passiert. Das ist nicht in Ordnung – damit überhaupt kein Zweifel an der Bewertung dieser Situation besteht.

(Beifall von der SPD)

Dass Ihnen dieser Fehler nicht ausreicht, um Ihre Gebetsmühle von guter Arbeit, die nicht honoriert wird, glaubhaft darzustellen, das merkt man daran, dass Sie all das, was Sie sagen, immer noch eine Nummer höher drehen müssen. Sie merken: Es reicht gar nicht.

Es ist hier überhaupt nicht die Rede davon – wie Herr Berger es gesagt hat –, dass die Landesregierung die Erwartung hätte, dass Hilfskräfte auf ihr Gehalt verzichten. Das ist barer Unsinn.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)