Es geht nicht darum, dass Arbeit ohne Gehalt geleistet werden soll. Es geht auch nicht darum, dass Menschen in ihrer Existenz bedroht sind. Sie merken an dieser ständigen Wiederholung doch, dass Ihnen das selbst nicht ausreicht, was Sie hier ausgegraben haben und dass Sie irgendetwas daraus machen müssen. Aber das wird Ihnen so nicht gelingen.
Ich sage das im Übrigen alles nicht erst heute. Wir haben auch überhaupt nichts verschwiegen. Wir haben in all den Ausschüssen, über die Herr Mostofizadeh eben gesprochen hat, immer über dieses Thema geredet.
Ich brauche da, ehrlich gesagt, Ihre Krokodilstränen nicht. Ich finde, wenn Sie von Peinlichkeit reden, dann ist das wirklich die Spitze der Peinlichkeit, die Sie bei diesem Thema hier präsentieren.
Diese durchsichtige Empörungsaufführung – dazu gehört auch, was Sie jetzt hier wieder machen – hilft auch nicht. Ich war in meinem Leben selber mal studentische Hilfskraft. Ich kenne das. Ich war studentische Hilfskraft aus nicht reichem Elternhaus. Ich konnte es mir nicht leisten, mehrere Monate kein Gehalt zu bekommen. Aber es ist auch damals passiert. Ich kann mich daran gut erinnern. Ich weiß auch, dass studentische Hilfskräfte – das wird sich nicht sehr geändert haben – nicht zu denen gehören, die verschämt verhungern, weil sie sich nicht trauen, zu sagen: Da ist was schiefgelaufen. – Sie zeichnen hier ein Bild von einer Berufsgruppe, das verzerrt ist, damit Sie Ihre Nachricht besonders gut rüberkriegen.
Es gibt nun mal Fälle – die sind hier eingetreten –, in denen technische Probleme und eine saisonale
Konzentration, ein saisonaler Schub zusammenfallen. Und wir hatten in der Tat ein besonderes technisches Problem, und wir hatten auch einen besonderen saisonalen Schub. Man wird weder mir noch der Leitung des Landesamts für Besoldung und Versorgung nicht vorwerfen können, dass das nicht vorhergesehen worden sei. Es war völlig klar, dass diese Umstellung auf SAP auch Probleme bringen würde.
Wir hatten in Nordrhein-Westfalen sehr früh eine gut ausgebaute IT-Infrastruktur auch für die Abwicklung von Besoldungs- und Versorgungsfällen. Erst als andere nachkamen, kam die Standardisierung, kam SAP. Nordrhein-Westfalen lief praktisch alleine immer weiter weg von diesem Punkt und musste irgendwann umstellen.
Ich bin weit davon entfernt, alles auf Schwarz-Gelb und die schwarz-gelbe Vorgängerregierung abzuschieben. Aber an diese Migration von der alten Software auf SAP haben Sie sich nicht herangewagt. Sie haben sie weggeschoben. Und das hat nicht dazu geführt, dass die Probleme kleiner geworden sind.
Darauf ist dann reagiert worden. Darauf habe ich gegenüber dem LBV auch Wert gelegt. Wir haben deutlich gemacht – das LBV hat mir das auch zugesichert –, dass alle studentischen Hilfskräfte, die auf ihren Fall aufmerksam gemacht haben, die sich gegebenenfalls auch bei ihrer Hochschule gemeldet haben, einen Abschlag bekommen. Jetzt die Zahl von angeblich 10.000 Betroffenen zu nennen und zu sagen, alle 10.000 hätten keinen Abschlag bekommen, alle 10.000 müssten jetzt darben, ist deswegen absolut übertrieben und vollkommen unzutreffend.
Es ist allerdings so gewesen – das mache ich jetzt mit Bezug auf meine eigene Vergangenheit als studentische Hilfskraft deutlich –: Es haben sich viele in der Tat gar nicht gemeldet. Die sind praktisch erst mal in der Routine hängengeblieben und erst dann dabei, wenn das nach und nach abgearbeitet wird – es sei denn, sie machen auf ihren Fall aufmerksam. Ich habe immer wieder darauf hingewiesen und darum gebeten, dass auch die Universitäten an dieser Stelle helfen, unbürokratisch über diesen Punkt hinwegzukommen.
Jetzt will ich noch etwas zum LBV sagen. Die Einschätzung von Herrn Witzel ist zynisch. Das LBV schreibt auf seiner Webseite, dass es diese außergewöhnliche Häufung von Neu- und Wiedereinstellungen nur jetzt beim doppelten Abiturjahrgang gegeben habe, dass wir jetzt fast die doppelte Zahl an Neu- und Wiedereinstellungen hätten – in zwei Monaten 23.000, die praktisch neu in das LBV hinzugekommen sind. Das stimmt.
man doch nicht schließen, das LBV brauche nicht mehr Personal. CDU und FDP haben über Jahre ein großes Lohnbüro ausgetrocknet. Sie waren sich nicht mal zu schade, für den Haushalt 2013 den Antrag zu stellen, das Personal weiter um 2 % zu kürzen, weil sich das schon durch den Produktivitätsfortschritt ausbügeln werde.
„Jährlich sollen 2 % der Ausgaben für Personal eingespart werden. Die jährliche Produktivitätssteigerung der Mitarbeiter reicht aus, um die Qualität der Leistungserbringung konstant zu halten.“
Jetzt will ich Ihnen sagen, wie das gewesen ist: 2005 waren 447.000 Menschen entweder als Beamte oder als Tarifbeschäftigte auf der Payroll des LBV. 2010 waren es 469.000. Wir hatten 152.000 Pensionäre, 2010 waren es 165.000 Pensionäre. Wir hatten 655.000 Beihilfeanträge. Im Jahr 2010 waren das 936.000. Von 655.000 auf 936.000! Und da sagen Sie: Wir können 2 % kürzen. Die Produktivität wird das schon alles machen.
Ich will mich hier nicht hinstellen und sagen, dass das, was jetzt passiert, alles ein Fehler von Schwarz-Gelb ist. Aber Sie können sich nicht davon freisprechen, dass Sie dieses Problem in dieser Zeit nicht erkannt, nicht angepackt, sondern vor sich hergeschoben haben; denn Sie haben aus der Ecke immer noch Sparpotenzial rausgepresst. Das werden wir mit den nächsten Haushalten reparieren. – Herzlichen Dank.
Herr Minister, Herr Kollege Mostofizadeh, auch hier gilt: Sie tragen wieder einmal nicht ganz Richtiges vor – also Falsches. Es hat – entgegen dem, was der Kollege eben vorgetragen hat – den dramatischen Stellenabbau unter Schwarz-Gelb gar nicht gegeben.
Schauen wir uns die Zahlen im LBV 2004/2005 an. Da gab es im Haushaltsplan 546 Beamtenstellen und 308 Stellen für Angestellte, zusammen also 854. 2008 – das können Sie in den Haushaltsplänen alles nachlesen – gab es beim LBV 580 Beam
tenstellen und 300 Stellen für Angestellte, zusammen also 880. Komischerweise waren es bei Ihnen im Haushalt 2011 aber nur noch 843. Und jetzt bauen Sie wieder auf. Gleichzeitig bauen Sie die Zahl der Auszubildenden aber von 49 auf 29 ab. Dies ist so im Haushaltsplan 2012 nachlesbar.
So richtig es ist, was Sie zu der Zahl der Beihilfeanträge gesagt haben, die allein deshalb dramatisch steigt, weil wir immer mehr Versorgungsempfänger haben – wir freuen uns ja auch, dass die Menschen älter werden, allerdings haben diese natürlich auch einen höheren Krankenstand und stellen mehr Beihilfeanträge –, so sehr haben Sie hier versucht – auch Herr Kollege Hahnen – ein Zerrbild dessen zu erzeugen, was in der schwarz-gelben Regierungszeit geschehen ist.
Und Sie haben es wieder einmal getan. Es ist überhaupt kein Zeichen von Gestaltungswillen und auch nicht von Verantwortungsbereitschaft, hier drei Jahre nach dem Amtsantritt der Regierung Kraft minutenlang über die Vorgängerregierung zu philosophieren. Sie wissen nicht, was Sie mit Ihrer eigenen Regierungsmehrheit machen wollen. Jedenfalls sind Sie nicht bereit, Verantwortung für die konkreten Probleme zu übernehmen, die in diesem Land zu lösen sind. Das sehen wir heute in dieser Debatte zu diesem Thema.
Es ist höchste Zeit, dass Sie Ihre Ausreden gegenüber den Betroffenen beenden. Warum können Sie denn nicht einfach mal sagen: „Es tut mir leid“, und nicht nur: „Ja, das sind unglückliche Umstände“, Herr Hahnen? Nein! Es könnte auch so sein, dass man den Leuten einfach mal sagt: „Hier ist was schiefgelaufen. Es tut uns leid. Wir werden alles dafür tun, dass es sich ändert.“ Das habe ich bisher noch nicht gehört.
Worte und Taten fallen bei Ihnen weit auseinander. Sie haben hier alle mit sehr vielen Worten versucht, zu übertünchen, dass Sie im Grunde genommen nicht bereit sind, das zur Chefsache zu machen und es wirklich konkret zu lösen.
Sie tragen wieder – wie schon zu der Zeit, als der jetzige Minister wissenschaftliche Hilfskraft war – Verantwortung in Nordrhein-Westfalen. Dass es damals beim LBV nicht gelaufen ist, hatte auch ein roter Finanzminister zu verantworten. Insofern hat sich ja nichts geändert.
Sie hätten ganz konkret Vorsorge dafür treffen können und müssen, dass es bei der Einführung der neuen Programme, die über Jahre vorbereitet worden sind – das ist ja alles nicht vom Himmel gefallen –, keine solch schwerwiegenden Probleme gibt.
Sie wissen ganz konkret: Wir haben einen doppelten Abiturjahrgang – der ist nicht vom Himmel gefallen –, wir haben höhere Studierendenzahlen, wir haben mehr Menschen, die diese Leute betreuen sollen. – Das hätten Sie alles im intensiven Austausch mit dem Wissenschaftsministerium herausfinden können. Darauf hätte man sich einstellen können. Die Wahrheit ist aber: Diese Regierung hat sich darum nicht ausreichend gekümmert. Ich weiß nicht, ob es Ihnen egal war, aber Sie haben es jedenfalls nicht ganz oben auf der Agenda gehabt.
Dann haben Sie in den letzten Wochen, Herr Minister, an vielen Stellen vieles gesagt – ja, aber erst, nachdem Sie von dem Parlament an mehreren Stellen, von den Studenten an mehreren Stellen und von der Öffentlichkeit an vielen Stellen dazu aufgefordert worden sind. Sie haben es nicht von sich aus gemacht. Erst, als Sie die Probleme nicht mehr kleinreden konnten, sind Sie hingegangen und haben gesagt: Jetzt müssen wir möglichst viel darüber reden. Ob wir das Problem gelöst bekommen, wissen wir noch nicht. Das kann bis Herbst oder Winter dauern. Aber jedenfalls haben wir darüber geredet.
Sie übernehmen eben keine Verantwortung. Sie übernehmen sie nur rhetorisch. Sie machen das Problem und seine Lösung nicht zur Chefsache. Und warum? Das liegt doch auf der Hand: Für die Lösung dieses Problems bekommen Sie nämlich keinen Schönheitspreis. Sie bekommen auch keine schönen Schlagzeilen. Sie würden einfach nur Ihre Pflicht erfüllen. Es ist deshalb nicht hinnehmbar, dass Sie das nicht auf die Agenda setzen. Die Menschen erwarten zu Recht, dass Sie sich dieser Verantwortung stellen – gerade, wenn es um ganz konkrete Probleme von Menschen in diesem Land geht. Das ist doch auch das, was Sie in Ihrem Regierungsprogramm auf vielen Seiten geschrieben haben. Aber auch da: Worte, Worte – keine Taten.
Gerade wenn es um solche Probleme geht, wenn es um Zahlungen an diejenigen geht, die nicht auf Rosen gebettet sind, wie Sie es eben selbst schön beschrieben haben, dann gilt, Herr Minister: Nicht wegducken, auch wenn Sie mit dem LBV nicht ins Schweizer Fernsehen kommen! Handeln Sie endlich! Mit den Betroffenen kann ich hier nur sagen: Es ist höchste Zeit.
Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie müssen aus meiner Sicht verbal abrüsten. Darum kann ich Sie nur bitten. Das gilt auch für einige Ihrer anderen Anträge, die uns im Laufe dieses Tages noch erreichen werden. Begriffe wie „Skandal“ oder „Katastrophe“ verbrauchen sich. Wenn wirkliche Katastrophen oder Skandale eintreten, werden Ihnen sonst die Worte fehlen. Ich verstehe, dass Sie meinen, die politische Trittbrettfahrerei, die Sie veranstalten, könnte den einen oder anderen Profilierungspunkt bringen. Das bezweifle ich zwar; aber der Versuch ist ja nicht strafbar. Rüsten Sie verbal ab! Das wäre für eine sinnvolle und gute Debatte in diesem Hause eine große Hilfe.
Herr Dr. Berger, noch einmal – der Finanzminister hat es schon deutlich gemacht –: Es geht nicht um eine simple Überweisung, sondern es geht um eine Systemumstellung. Es geht auch nicht um einen Verzicht auf Gehalt. Die Gehälter werden gezahlt.