Wer verhandelt diese Fahrpreise? Das sind in der Regel die Aufsichtsräte, zumeist Vertreter der Kommunalparlamente, die in die Aufsichtsräte entsandt werden. Dort wird wirklich gerungen um vernünftige Tarifsteigerungen, aber auch die Verantwortung für Wirtschaftlichkeit, Bezahlbarkeit und für den Modal Split, also für mehr Fahrgäste, wird wahrgenommen. Das ist demokratisch und transparent und eine gute Praxis und sollte meines Erachtens so bleiben.
Der fahrscheinlose Nahverkehr – ich habe das auch als einen Kernpunkt Ihres Antrages ausgemacht – bleibt nach wie vor eine fixe Idee.
Wir haben bei den Nahverkehrsbetrieben in Deutschland Kosten von 12 Milliarden €, aber nur 9 Milliarden € an Fahrgeldeinnahmen. Sie müssen mir einmal erklären, woher die Fahrgeldeinnahmen von 9 Milliarden € kommen sollen. Wenn Sie das als Umlage für alle Bürger machen wollen, dann erklären Sie einmal dem Bürger in Bad Salzuflen, dass er den 10-Minuten-Takt der Gelsenkirchener U-Bahn bezahlen soll. Das funktioniert nicht.
Mit einem kostenlosen Nahverkehr machen Sie vor allem auch deutlich, dass die Arbeit der Mitarbeiter in den Verkehrsbetrieben nicht wertgeschätzt wird. Der Preis ist ein Korrektiv für Angebot und Nachfrage. Der angemessene Preis für die Benutzung des Nahverkehrs stärkt auch das Gerechtigkeitsgefühl der Leute. Sie kennen das ja alle: Watt nix kost‘, is auch nix wert.
Herr Abgeordneter, würden Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Sommer von der Piratenfraktion zulassen?
Vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen, Herr Kollege. Sie sagten gerade, man sollte dem Bürger in Gelsenkirchen das dann mit dem ÖPNV erklären.
Gut, in Bad Salzuflen. Ich hätte gern von Ihnen gewusst: Wie erklären Sie dann den Bürgern in Minden-Lübbecke den Ausbau der A3 um Köln?
Es hilft wirklich nicht weiter, wenn wir die Verkehrsträger gegeneinander ausspielen. Wir müssen vernetzter denken. Ich glaube, Sie sind eigentlich in der richtigen Fraktion; da wird ja auch immer vernetzt gedacht. Lassen Sie uns wirklich die Verkehrsträger nicht gegeneinander ausspielen, sondern wir sollten überlegen, wie wir optimal alles voranbringen können.
Barrierefreiheit ist auch uns im Nahverkehr sehr wichtig. Barrierefreiheit müssen wir Bahnsteig für Bahnsteig vorantreiben. Die Kürzungen der Investitionsmittel müssen allerdings wieder zurückgenommen werden. Für die ausgewogenen Fahr
ticketlos – brauchen wir nicht. Der hilft bei der Barrierefreiheit nicht weiter und stützt auch nicht die Angebotsqualität. Es ist doch nicht zu viel verlangt, wenn die Leute, die den ÖPNV, Bus und Bahn, nutzen, sich mit ihrem Fahrpreis an dessen Kosten beteiligen. Wie gesagt: Watt nix kost‘, is auch nix wert.
Wir stimmen der Überweisung Ihres Antrages zu. Wir schlagen allerdings vor, dass wir die Verbünde und Verkehrsunternehmen schriftlich anhören.
Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erhält Herr Kollege Beu das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe den Antrag eben noch zweimal gelesen und nicht verstanden, was die Piraten eigentlich damit beantragen wollen.
Barrierefreiheit ist zwar eigentlich das Thema, aber zu einem großen Teil verstecken sich in dem Antrag Allgemeinplätze, die zu 99 % alle unterschreiben würden. Die Vermutung ist trotzdem nahe liegend, dass sich dahinter ihre alte Zielsetzung des ticketlosen Nahverkehrs verbirgt. Die Diskussion darüber, warum das nicht geht, können wir gern im Ausschuss führen. Deswegen werden wir auch der Überweisung zustimmen.
Barrierefreiheit ist natürlich ein Thema. Ich kann auch sagen, die erwähnten „Husmann-Sperren“ finden wir natürlich obskur, weil sie behindertenfeindlich sind und letztlich zusätzliche Barrieren wie Treppen und Stufen schaffen, die wir ansonsten abbauen wollen, die aber immer noch in vielen Städten Standard sind.
Es gibt natürlich auch andere Faktoren, die für die Barrierefreiheit hinderlich sind. Beispielsweise haben viele lokale Verkehrsunternehmen in ihren Bussen einen vorgeschriebenen Vordereinstieg. Der führt natürlich nicht nur zu einer Behinderung der Fahrgäste, sondern unterminiert letztendlich auch die eigentliche Behindertenfreundlichkeit.
Was gehört eigentlich zur Attraktivität des öffentlichen Nahverkehrs? Außer der Behindertenfreundlichkeit die Preisgestaltung, die Takthäufigkeit, die Zuverlässigkeit, die Pünktlichkeit, die Sauberkeit und die Freundlichkeit des Personals. Das Fahrpersonal muss deshalb auch ausreichend bezahlt werden, um die Motivation für die Freundlichkeit tatsächlich zu begründen.
Dass aber Unternehmen kein Interesse an ihren Fahrgastzahlen und damit an höheren Einnahmen haben, wie die Antragsteller erklären, verstehen wir nun überhaupt nicht. Denn es ist tatsächlich so, dass die großen lokalen Verkehrsunternehmen defizitär sind und ihre Verluste durch steigende Fahrgasteinnahmen finanziell minimiert werden, was nicht nur im Interesse der jeweiligen Kämmerer, sondern auch im Interesse der jeweiligen Verkehrsunternehmen ist.
Deshalb ist das im Prinzip natürlich alles nicht nachvollziehbar. Aber wir können die Diskussion gerne im Ausschuss fortführen. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die im Antrag genannte Bekämpfung von Schwarzfahren an Verkehrsknotenpunkten durch Zugangssperren in der Nähe der Bahnsteige, ähnlich wie in Paris, wird von der FDP nicht unterstützt. In diesem Punkt denken wir genauso wie die Piraten.
Ebenso wenig unterstützen wir die im Antrag erneut genannte ticket- und kostenfreie Nutzung des ÖPNV. Sie ist nicht finanzierbar. Deshalb denken die Piraten vielleicht an die Lösung: Schwarzfahren für alle.
Wenn es aber darum geht, ÖPNV und SPNV in Nordrhein-Westfalen zu verbessern, sind wir dabei. Da gibt es wirklich viel Luft nach oben. Stichworte sind Transparenz, Effizienz, fairer Wettbewerb, weniger Bürokratie, Verlässlichkeit und natürlich auch die Barrierefreiheit.
Auf die Diskussion im Ausschuss freuen wir uns deshalb ganz besonders. Wir stimmen natürlich der Überweisung in den Ausschuss zu. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Rasche. – Für die Landesregierung spricht nun in Vertretung für den zuständigen Minister Groschek der Innenminister, Herr Jäger. Sie haben das Wort, Herr Minister.
Herzlichen Dank für die Worterteilung, Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fraktion der Piraten will den ÖPNV neu erfinden und ihn komplett kosten- und ticketlos machen.
Das ist im Grunde genommen der Kern Ihres Antrags. Das meinen Sie, wenn Sie davon reden, Zugangshürden abzubauen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion der Piraten, ich möchte Ihnen mit einem Zitat antworten: Man muss nicht nur mehr Ideen haben als andere, sondern auch die Fähigkeit besitzen, zu entscheiden, welche dieser Ideen gut sind.
Dazu gehören auch die Fragen – die Antworten darauf sind Sie schuldig geblieben –: Wie soll das organisiert werden? Wie soll sich das rechnen? Wie soll das vor allem finanziert werden?