Protocol of the Session on March 21, 2013

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Das ist eine himmelschreiende, familienfeindliche Situation, meine Damen und Herren.

Die gleiche Schieflage haben wir übrigens beim Kindergeld. Das ist immer noch zu wenig bekannt. Arme Familien – die ärmsten, die Hartz-IVFamilien – profitieren mit keinem Cent vom Kindergeld, wohingegen die Einkommensempfänger von mehr als einer halben Million Euro im Jahr im Vergleich zu mittleren Einkommensgruppen 100 € im Monat mehr haben, weil sie nämlich von der Günstigerprüfung profitieren.

(Christian Lindner [FDP]: Und wer hat es ge- macht?)

Das ist die soziale Schieflage der familienpolitischen Leistungen in der Bundesrepublik.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zu- rufe von der CDU)

Wir Grüne haben konkrete Konzepte, wie man das ändern kann. Wir wollen den Systemwechsel im Familienlastenleistungsausgleich. Wir wollen das Abschmelzen des Ehegattensplittings und die Überführung der Ressourcen gemeinsam mit dem Kindergeld in eine Kindergrundsicherung. Damit bekämpfen wir konkret die Kinderarmut – die SPD hat ein ähnliches Konzept – und verteilen die Mittel gerecht. So erreichen wir Familien, die das Geld tatsächlich brauchen.

Aber statt uns auf diesem sinnvollen Weg zu folgen, führt die Bundesregierung unsinnige neue Geldleistungen ein. Statt einmal Ordnung in diesen Dschungel zu bringen, gibt es jetzt noch das Betreuungsgeld; 1,2 Milliarden € werden zusätzlich obendrauf gelegt. Das ist Ihre Politik auf Bundesebene.

Kommen Sie bitte zum Schluss, Frau Abgeordnete; Ihre Redezeit ist abgelaufen.

So wirft man 1,2 Milliarden € aus dem Fenster und schafft Raum dafür, dass viele Familien die Kinderkrippenplätze nicht nutzen, die wir mit viel Geld ausbauen und zur Verfügung stellen.

Der Antrag geht in die falsche Richtung. Wir haben unseren Garten gut bestellt. Sorgen Sie von Schwarz-Gelb dafür, dass der Dschungel auf Bundesebene endlich einmal gelichtet wird.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Asch. – Für die Piratenfraktion erteile ich nunmehr Herrn Kollegen Düngel das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Wir haben schon eine ganze Menge gehört, vor allen Dingen über Punkte, die gar nicht in dem Antrag stehen. In dem Antrag steht im Grunde – an dieser Stelle unterstützen wir ihn selbstverständlich –: Wir wollen von der Landesregierung eine Art Auflistung bestehender familienpolitischer Leistungen seitens des Landes.

Das tragen wir mit; das kann nicht schaden. Ich muss jedoch in Richtung der antragstellenden Fraktion sagen: Lieber Marcel Hafke, aber auch lieber Herr Tenhumberg, wir haben vorhin schon etwas gehört über den Bericht der Bundesregierung. Bitte wirken Sie auf die Bundesregierung ein, dass uns dieser Abschlussbericht relativ zeitnah zur Verfügung gestellt wird.

(Beifall von den GRÜNEN)

Denn nur dann wird ein Schuh daraus. Wenn wir uns als Land familienpolitisch als Insel wahrnehmen, dann brauchen wir an dieser Stelle gar nicht weiterzumachen. Das Ganze kann nur Hand in Hand mit dem Bund funktionieren.

Der Familienbericht, den die Bundesregierung angestoßen hat, ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Die politische Wertung – auch der Auflistung, die wir von der Landesregierung zu bekommen haben, falls dem Antrag zugestimmt wird – ist dann der zweite Schritt.

Wir als Piraten sehen einige Dinge anders. Marcel Hafke hat vorhin vom beitragsfreien Kindergartenjahr gesprochen. Hier kommen wir nicht zusammen. Wir Piraten sehen das ganz anders – das wissen Sie –; wir fordern sowieso generell die kostenfreie Bildung, schon von Beginn an. Dass das nicht von jetzt auf gleich zu realisieren ist, ist ganz klar.

Über diese Punkte müssen wir uns unterhalten und eine politische Wertung vornehmen. Wir unterstützen den Antrag insoweit, als er verlangt, dass zunächst die Fakten aufgezeigt werden. Nochmals die Bitte an Schwarz-Gelb: Wirken Sie darauf ein, dass

die Bundesregierung endlich aus dem Quark kommt und uns Ergebnisse präsentiert.

Ein bisschen Sorgen machen mir in dem Antrag der FDP solche Begriffe wie „Synergieeffekte“ usw. Ich hoffe, dass das am Ende nicht bedeutet, dass an landespolitischen Maßnahmen gespart werden soll. Das ist der falsche Weg. Wenn Synergieeffekte irgendwo zu nutzen sind, dann sollte man dies tun. Das Geld sollte dann aber aus dem familienpolitischen System nicht herausgezogen, sondern dort eingesetzt werden, wo es tatsächlich sinnvoll ist.

Ich halte die Frist in dem Antrag – den 30. Juni – für ziemlich knapp bemessen. Wir beraten den Antrag im Ausschuss frühestens bei der nächsten Sitzung am 18. April. Hierzu wird uns Frau Ministerin Schäfer gleich bestimmt etwas mehr erzählen.

Ich bin gespannt und freue mich auf die weitere Beratung im Ausschuss. Wir werden sicherlich gemeinsam etwas Konstruktives hinbekommen. – In diesem Sinne vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Düngel. – Für die Landesregierung erteile ich Frau Ministerin Schäfer das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Dass wir ein familienfreundliches Land sein wollen, darüber sind wir uns alle ganz schnell einig. Dass wir Familien früher und gezielter fördern wollen, darüber können wir auch ganz schnell Einigkeit erzielen.

Was mich allerdings wundert, Herr Tenhumberg und Herr Hafke, ist, dass Sie uns vorwerfen wollen, wir würden eine wenig familienfreundliche Politik machen und Familien nicht unterstützen. Ich kann mich noch daran erinnern, dass unter Ihrer Regierungsverantwortung die Bereiche Familienbildung, Familienberatung und Familienhilfe um 4,6 Millionen € gekürzt worden sind. Warum haben Sie das denn gemacht?

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zu- rufe von der CDU)

Vielleicht können Sie das noch einmal erläutern.

Insofern haben wir Ihre familienunfreundliche Politik korrigiert, Herr Kern – lieber Walter –,

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

und haben diesen Betrag wieder heraufgesetzt. Im Übrigen haben wir trotz der Konsolidierung des Haushaltes in diesem Jahr an keiner Stelle bei Prävention, bei der Förderung von Familien, Kindern und Jugendlichen gekürzt – an keiner einzigen Stelle!

Es ist uns wichtig, dass wir nahe dran sind an den tatsächlichen Bedürfnissen der Familien und die Mittel so einsetzen, dass sie bei den Kindern, bei den Jugendlichen und bei ihren Eltern ankommen. Ich bin Herrn Tenhumberg außerordentlich dankbar, dass er deutlich gemacht hat, wie informativ die Internetseiten des Ministeriums sind.

(Bernhard Tenhumberg [CDU]: Bitte schön!)

Danke schön, Herr Tenhumberg. – Im Übrigen weise ich noch einmal darauf hin, dass wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben, in dieser Legislaturperiode einen Familienbericht zu erstellen. Dieser Bericht ist jetzt in der Vorbereitung und wird uns mit Sicherheit einen Schritt weiter bringen, auch im Dialog mit den Familien in unserem Land.

Ich weise außerdem darauf hin, dass wir das Modellvorhaben „Kein Kind zurücklassen! Kommunen in NRW beugen vor“ auf die Schiene gesetzt haben, mit dem noch einmal ausgelotet werden soll, wie man die bestehenden Kooperations-, Förder- und Angebotsstrukturen noch weiter optimieren kann. Dass Optimierungsbedarf besteht, darüber sind wir uns alle einig.

Man darf Familienpolitik nicht in Säulen und nicht in Schubladen denken. Das ist wichtig. Man muss sie ganzheitlich betrachten. Insofern bin ich Herrn Tenhumberg noch einmal dankbar dafür, weil er gesagt hat: Der größte Teil der Familienpolitik in Deutschland wird durch die Bundesregierung wahrgenommen. – Das geschieht über einen Anteil von 200 Milliarden €, von denen unsere 2 Milliarden € respektive 200 Millionen € für die Familienpolitik ein nur kleiner Anteil sind.

Deswegen ist es umso dramatischer, dass diese Bundesregierung ihre Versprechen nicht umgesetzt hat. Sie hatte in ihrem Koalitionsvertrag versprochen, dass sie die Familienpolitik evaluieren wolle und diese Evaluation in der jetzt noch laufenden Legislaturperiode schrittweise umsetzen wolle.

Wo ist diese Evaluation? – Fehlanzeige! Es liegt noch gar nichts auf dem Tisch, auf dessen Grundlage man schrittweise eine Optimierung vornehmen könnte. Im Gegenteil: Zu den 154 familienpolitischen Bundesmaßnahmen sind zwei weitere dazugekommen, die ich als absolut unsinnig erachte. Das eine ist das Betreuungsgeld, das drei Viertel aller Menschen in diesem Land überhaupt nicht wollen, das aber die Bundesregierung trotzdem umsetzt, um der CSU einen Gefallen zu tun. Das andere ist das Bürokratiemonster „Beratungs- und Teilhabepaket“, das sie den Eltern, Verbänden und anderen beschert hat.

Das heißt: Die familienpolitischen Leistungen der Bundesregierung lassen tatsächlich sehr zu wünschen übrig. Das hat der „Spiegel“ treffend mit der Überschrift „Der 200-Milliarden-Irrtum“ übertitelt.

Ich möchte einen weiteren Punkt ansprechen, den Sie auch in Ihrem Antrag aufwerfen. Dabei geht es um die Frage der Doppelförderung. Die Abstimmung landespolitischer Maßnahmen auf die bundespolitischen Maßnahmen ist nicht das Problem. Wir müssen uns aber anschauen, was der Bund mit seinen Programmen macht, ohne sich mit den Ländern abzusprechen. Das ist das Problem.

Dazu habe ich Frau Schröder bereits geschrieben. Sie hat mir zurückgeschrieben: Dass Programme auf lediglich drei Jahre angelegt seien – das kennen wir ja – liege an der „Anregungskompetenz des Bundes“ So hat sie das betitelt.

Ich weise nur auf Folgendes hin: Die Programme bei den Mehrgenerationenhäusern werden für zeitlich befristete Maßnahmen eingesetzt. Dann ist Schluss! – Aber wer soll das weiter übernehmen? – Oder das EFI-Programm, Erfahrungswissen für Initiativen, Schulung von Älteren. Das sind Beispiele dafür, die belegen, wie unkoordiniert und an den Ländern vorbei die Bundesregierung ihre Familienpolitik betreibt.

An der Stelle müssen wir Verbesserungen erzielen. Das sollten Sie vielleicht einmal mit in Ihre Fraktionen auf Bundesebene nehmen. Dann wird daraus ein Schuh. Dann können wir das mit der Evaluation auf Länderebene auch gemeinsam abstimmen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Für die FDP-Fraktion hat sich noch einmal Herr Kollege Hafke zu Wort gemeldet.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen, es ist schon hochinteressant: Sie haben die Begabung, bei einer landespolitischen Debatte nur nach Berlin zu rufen. Es wäre doch Ihre Aufgabe, zuerst einmal Ihre Hausaufgaben in Nordrhein-Westfalen zu machen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Sie können nicht immer nur nach Berlin rufen. Frau Asch, Sie haben davon gesprochen, Sie hätten den Garten so schön bestellt. Wenn Sie den Garten so schön bestellt haben, dann können Sie dem Parlament ja auch belegen, für welche familienpolitischen Leistungen Mittel ausgegeben werden, wofür sie verwendet werden und ob diese Leistungen im Ergebnis auch bei den Familien ankommen.

(Beifall von der FDP und der CDU)