Protocol of the Session on March 20, 2013

Sie können sich heute natürlich einfach so darüber hinwegsetzen – das können Sie ja alles machen –, aber dieses Darüberhinwegsetzen und Nichteingehen auf die Argumente der anderen Seite, was das für die Schulen bedeutet, ist an Kaltschnäuzigkeit nicht zu überbieten.

(Beifall von der CDU)

Wenn ich sehe, was Sie gedenken, beim Denkmalschutz anzurichten, wenn ich das bei der Kultur sehe, meine Damen und Herren, dann kann ich nur sagen: Sie sind jetzt in der Situation, nicht mehr gestalten zu können, weil Sie das Geld am Anfang der Wahlperiode verplempert haben. Jetzt müssen Sie wie wild durch den Haushalt schießen. Sie lehnen Strukturveränderungen ab. Und weil Sie das ablehnen, hat Ihr ganzes Konzept keine Hand und keinen Fuß. Das ist Ihr grundlegendes Problem.

(Beifall von der CDU)

Gestern haben Sie, Frau Löhrmann, Ihren Gesetzentwurf zur Inklusion vorgelegt. Im Dezember 2010 gab es die gemeinsame Erklärung aller Fraktionen zur Inklusion. 2012 haben Sie dann einen Referentenentwurf zur Inklusion vorgelegt. Den haben Sie dann später einkassiert. Sie haben das damit begründet, dass Sie eine stärkere Bürgerbeteiligung wollen, dass Sie alles das, was aus der Szene vorgeschlagen wird, ernst nehmen wollen. Das ist ja alles in Ordnung.

Aber ich kann Ihnen nur sagen: Wenn man sich jetzt Ihren Gesetzentwurf anschaut, den Sie gestern vorgestellt haben, dann können Sie diesen Dialog mit der Szene nicht ernst gemeint haben. Denn Ihr Gesetzentwurf enthält ja kaum Änderungen gegenüber dem ersten, den Sie vorgelegt haben. Also ist es doch in Wahrheit in dieser Zeit nur um eines gegangen, was ich auch verstehe und Ihnen nicht einmal vorwerfe: Sie haben während dieser Zeit nach Möglichkeiten gesucht, die Finanzierung der Inklusion hinzukriegen, weil Sie nicht wussten, wie Sie sie bezahlen sollen.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Das Ergebnis ist: Über die Bezirksregierungen ist eine Menge passiert, um die Gemeinden zu zwingen, jetzt schon für dieses Jahr viel in dieser Inklusionsgeschichte zu machen, ohne dass es dafür eine finanzielle Grundlage gibt.

Auch wie Sie jetzt diesen Gesetzentwurf mit Ressourcen ausstatten, macht doch deutlich, dass wir gegenüber dem, wie wir uns Inklusion hier gemeinsam vorgestellt haben, in Wahrheit unser Tempo von Inklusion an der Knappheit der Ressourcen ausrichten müssen. Das will ich hier noch nicht einmal als etwas Falsches darstellen. Aber was mich in dieser Stunde am meisten bewegt, ist: Ich glaube, dass es hier im Landtag keine Kollegin und keinen Kollegen gibt, der nicht sagen würde, dass die Kinder, die einen besonderen Förderbedarf haben, oh

ne Frage die Kinder sind von den vielen Kindern, die Gott sei Dank unser Land hat, um die wir uns am meisten kümmern müssen.

Aber dass wir jetzt feststellen, dass wir aufgrund Ihrer Verschuldungspolitik, aufgrund der Bezahlung Ihrer Wahlgeschenke nicht mehr in der Lage sind, Inklusion so zu machen, wie wir es uns hier einmal gemeinsam vorgestellt haben, macht doch deutlich, wo Verschuldungspolitik immer endet, nämlich bei Leistungskürzungen für diejenigen, die die Leistungen am nötigsten brauchen. Deswegen ist Verschuldungspolitik unsoziale Politik.

(Beifall von der CDU)

Es gibt eine weitere Baustelle, die in Ihrer Argumentation bei den Haushaltsberatungen zurzeit eine große Rolle spielt. In der zweiten Lesung ist mir aufgefallen, dass es keine Ministerin und keinen Minister gab, der in seinen Beiträgen zum Haushalt nicht am Ende auf das Thema kam: Dass wir nicht mehr machen können, liegt nicht an uns, sondern an Berlin. Wir haben eine Bundesregierung – so wird es von der Landesregierung versucht darzustellen –, die anscheinend nur von einer Frage beseelt ist: Nordrhein-Westfalen zu benachteiligen. – Manche Minister kamen mir in der letzten Debatte hier am Rednerpult so vor wie beim Spielen im Sandkasten – daran erinnere ich mich aus meiner Kindheit –, wenn man jemandem das Förmchen weggenommen hat.

Meine Damen und Herren, ob wir uns in NordrheinWestfalen einen Gefallen tun mit einer Landesregierung, die nur noch klagt, die selber sagt: „Ich kann nicht mehr gestalten, das böse Berlin macht uns jede Gestaltung kaputt“, soll jeder für sich selber entscheiden. Wir müssen uns mit den Realitäten auseinandersetzen, und das möchte ich jetzt gerne anhand von ein paar Beispielen machen.

Sie haben in Ihrem Koalitionsvertrag behauptet, durch die Politik der Bundesregierung seien in NRW jährliche Einnahmeverluste von 5 Milliarden € eingetreten. Tatsache ist, dass Nordrhein-Westfalen im Jahre 2012 Zahlungen aus dem Bundeshaushalt in Höhe von fast 7 Milliarden € erhalten hat. Selbst bezogen auf Einwohner bekommt Nordrhein-Westfalen Zuweisungen, die denen anderer Flächenländer wie Bayern, Baden-Württemberg, Hessen oder Niedersachsen entsprechen; denn die Bundesrepublik mit ihrem Haushalt ist keine Bananenrepublik. Auch die Zuweisungen an Länder erfolgen nach Recht und Gesetz und nicht frei Schnauze, wie Sie es deutlich machen wollen.

Sie behaupten, Nordrhein-Westfalen werde im Verkehrsbereich besonders benachteiligt, weil keine Verteilung der Bundesmittel über den Königsteiner Schlüssel erfolge. Das ist falsch. NordrheinWestfalen erhält rund 25 % der Mittel des GVFGProgramms. In Nordrhein-Westfalen werden derzeit Bauvorhaben mit einem Volumen von rund

2,5 Milliarden € realisiert. Übrigens ist der Königsteiner Schlüssel völlig ungeeignet, die Mittel für Verkehrsinvestitionen zu verteilen. Die Mittel müssen nach Bedarf zugewiesen werden und nicht nach einer starren Quote.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Sie verteilen die Mittel gern nach Bayern!)

Sie behaupten, Nordrhein-Westfalen erhalte je Studienanfänger nur 20.000 €, während die ostdeutschen Bundesländer 26.000 € bekommen würden. Sie sind nicht richtig informiert. Alle Länder erhalten vom Bund für jeden zusätzlichen Studienanfänger einen Betrag von 13.000 €. Die Länder selbst legen zu diesem Bundesanteil noch einmal den gleichen Betrag drauf. Lediglich 5 % des Bundesanteils leiten die alten Länder an die ostdeutschen Länder weiter.

Sie behaupten, Rheinland-Pfalz bekomme höhere Bundeserstattungen für die Kosten der Unterkunft. Ja, das ist richtig. Aber daran war Herr Steinbrück schuld, der damals als Bundesfinanzminister

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Der allein entscheiden durfte!)

Rheinland-Pfalz und Ministerpräsident Beck einen Sonderstatus bei den Verhandlungen eingeräumt hat. Ich selber war damals als Minister auf der anderen Seite beteiligt.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Auch diese Nummer also, dass Ihr Elend damit zu tun habe, dass der Bund Nordrhein-Westfalen benachteiligt, stimmt nicht. Ihr Elend haben Sie selber durch die Finanzierung Ihrer Wahlgeschenke angerichtet.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Im Bundestagswahlkampf wollen Sie jetzt natürlich sagen: Wir brauchen mehr Einnahmen. – Sie schlagen die Erhöhung des Spitzensteuersatzes vor, Sie wollen wieder eine Vermögensteuer einführen.

(Beifall von Volker Münchow [SPD])

Wie wollen Sie es hinbekommen, dass wir die Immobilien aufgrund der Verfassungsgerichtsauflage zeitnah im Verkehrswert bemessen müssen? Bei der Durchführung wünsche ich Ihnen noch viel Spaß.

Sie wollen eine höhere Erbschaftsteuer, eine höhere Abgeltungsteuer für Zinsen, die Abschaffung des Ehegattensplittings und was Sie sonst noch alles erklären. Ich kann Ihnen nur sagen: Wenn Rot-Grün im Bund dieselbe Finanzpolitik machen würde wie Sie in Nordrhein-Westfalen, dann würde am Ende die Facharbeiterschaft des Landes die Steuererhöhungen bezahlen müssen;

(Armin Laschet [CDU]: Oh je!)

denn so viel Geld ist allein bei den sogenannten Besserverdienenden nicht zu holen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Deswegen kann ich nur jeden davor warnen, sich auf das Ergebnis einzulassen.

Meine Damen und Herren, wir haben Ihnen zum Haushalt 2013 ein umfangreiches Sanierungskonzept mit 84 Änderungsanträgen vorgeschlagen. Sie haben alle Vorschläge abgelehnt. Damit habe ich gerechnet, weil die Spielregeln oft so sind. In dieser Wahlperiode wird es eben so sein, dass Sie jeden Antrag, der den Briefkopf der CDU trägt, ablehnen. Selbst wenn wir das Grundsatzprogramm der SPD als Antrag einbringen würden, würden Sie es ablehnen, weil es dann unseren Briefkopf hat.

(Beifall von der CDU und Kai Abruszat [FDP] – Marc Herter [SPD]: Käme auf einen Versuch an, Herr Laumann!)

Es wird spannend, wie Sie die nächsten vier Jahre Ihrer Regierungszeit gestalten wollen. Ich sage Ihnen voraus: Wenn Sie keine strukturellen Veränderungen vornehmen, dann werden Sie sich durchwurschteln und nichts mehr gestalten können. Dann wird das, was wir diese Woche an Wortbruch gegenüber PTAs erlebt haben, was Sie dem öffentlichen Dienst zugemutet haben, weiter fortgeführt, weil es keine Ressourcen zur Gestaltung im Land mehr gibt.

Wenn Sie tatsächlich zu Strukturveränderungen kommen wollen – so stark kann sich eine Opposition gar nicht irren –, dann sollten Sie einen Teil unserer Vorschläge ernsthaft prüfen. Wir machen Ihnen auch keine Vorwürfe, wenn Sie sie abschreiben. Um diese Strukturveränderungen werden Sie nicht herumkommen. Diejenigen, die heute noch Mitglied der Grünen-Fraktion sind – Herr Kollege Priggen, Sie können sich daran erinnern, welche Vorschläge Ihre Fraktion 2007 zur strukturellen Veränderung des Landeshaushalts in NordrheinWestfalen gemacht hat –, wissen, dass Sie heute auf einem anderen finanzpolitischen Dampfer sind als damals.

(Armin Laschet [CDU]: Das waren Zeiten!)

Ich habe immer noch die Hoffnung, dass Sie dahin zurückkehren.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wir werden Ihnen auf jeden Fall in der dritten Lesung noch einmal die Möglichkeit geben, über unsere Änderungsanträge abzustimmen, denn wir werden sie alle wieder einbringen. Wir werden Ihnen diese Abstimmungen heute nicht ersparen können. Ich kündige hier auch schon an, dass wir über die PTA-Schulen selbstverständlich eine namentliche Abstimmung durchführen lassen, damit die Schülerinnen und Schüler wissen, wem sie es zu verdanken haben, wenn sie demnächst ihren Schulbesuch alleine bezahlen müssen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Ich persönlich bin der festen Überzeugung, dass wir in dieser Wahlperiode – ich will es noch einmal sagen – zu Strukturveränderungen kommen müssen. Wir haben Vorschläge zu diesen Strukturveränderungen gemacht.

Eine Wahrheit in diesem Land ist auch: Wir werden die demografischen Entwicklungen, die wir nun einmal haben, angehen müssen. Es kann nicht sein, dass das Volk kleiner und der öffentliche Dienst größer wird. Das ist nicht zu finanzieren. Wenn wir im öffentlichen Bereich neue Aufgaben sehen, müssen wir sie mit bestehendem Personal bewältigen, wie wir das auch in den fünf Jahren von Schwarz-Gelb bewiesen haben. Das, was wir damals in PEM, in der Transfergesellschaft, gemacht haben, war eine Politik, diese Strukturen zu verändern, und sie ist gelungen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wir haben in diesem Land 8.000 Lehrer zusätzlich eingestellt, ohne das Gesamtbudget des öffentlichen Dienstes anzuheben. Sie wissen nicht mehr – das spüren die Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes –, wie Sie den öffentlichen Dienst an einer angemessenen Einkommensentwicklung unseres Landes beteiligen sollen. Die glauben Ihnen auch nicht, dass das in zwei Jahren von Ihnen gemacht wird. Denn wenn Sie jetzt bei den höchsten Steuereinnahmen dafür kein Geld haben, haben Sie dafür in zwei Jahren auch kein Geld. Wo soll es denn herkommen? Oder Sie machen diese Strukturveränderungen, von denen ich heute gesprochen habe, die die CDUFraktion auch konstruktiv begleiten würde.

Ich hoffe, dass Sie die Lehren aus Ihrem jetzigen finanzpolitischen Desaster ziehen und endlich Ihre Verantwortung für eine verändernde Politik in Nordrhein-Westfalen wahrnehmen. – Schönen Dank.

(Langanhaltender Beifall von der CDU – Bei- fall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Laumann. – Für die SPD-Fraktion hat Herr Kollege Römer das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Laumann, ich muss es Ihnen eingestehen: Sie haben alle meine Erwartungen noch übertroffen.