Unwidersprochen ließ seine Sprecherin hingegen, dass er den Berg aus alten Landesschulden im Volumen von 130 Milliarden € als nicht dramatisch bezeichnet hatte. – Frau Ministerpräsidentin, die Landesregierung ist hier im Landtag zu Gast. Seien Sie vorsichtig bei ehrabschneidenden Unterstellungen gegenüber Abgeordneten. Das verbitte ich mir.
Drittens. Ich finde es außerordentlich gut, was Sie uns über die angebliche Verständigung zwischen Sozialdemokraten und Grünen mit Blick auf die Stromsteuer haben wissen lassen. Dass das möglicherweise mit der Bundesregierung zusammengebracht werden kann, finde ich vorzüglich. Nur, Frau Ministerpräsidentin: Herr Priggen hat noch vor Kur
zem gesagt, wenn die SPD mit der FDP gemeinsam für die Abschaffung der Stromsteuer sei, dann befände sich die SPD in schlechter Gesellschaft. Ich finde es gut, dass Sie sich gegen diese Position der Grünen haben durchsetzen können.
Meine Redezeit geht schon zu Ende. Daher ein letzter Satz mit Erlaubnis des Präsidenten – ich komme zum Schluss der kurzen Intervention –
Was ist denn Peer Steinbrück für ein Diplomat? In der Sache muss die Auseinandersetzung geführt werden. Das Problem ist doch nicht, dass wir diese Partei nicht verbieten lassen wollten. Wir haben aber Befürchtungen, was die Rechtssicherheit des Verfahrens angeht. Wenn Sie jetzt einen Verbotsantrag stellen und der vor dem Verfassungsgericht scheitert, oder er wird auf dem Wege des verfassungsgerichtlichen Verfahrens zwar bestätigt, dann aber von europäischen Gerichten verworfen,
was ist dann für ein Schaden für die Demokratie entstanden? Dann bekommt die NPD sogar noch das Siegel „verfassungskonform“. Das hätten Sie dann zu verantworten. Wir wollen diese Verantwortung nicht übernehmen.
Vielen Dank, Herr Kollege Lindner. – Jetzt spricht Herr Kollege Priggen für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich möchte auf das, was Herr Laschet eben gesagt hat, reagieren.
Herr Laschet, Sie haben den maßlosen Ausbau der Erneuerbaren angesprochen. Ich verstehe überhaupt nicht, wie man sich – wenn man in der Bundesregierung seit Jahren die Verantwortung für das EEG hat und wenn man ein derart dilettantisches Arbeiten, wie es Röttgen und Altmaier mit Rösler gemacht haben, wenn man wirklich dafür verantwortlich ist, dass Sachen ein Stück weit aus dem Ruder laufen – dann hierhin stellen und darüber beschweren kann. Wenn es irgendwo eine klare Verantwortung gibt, dann in Berlin.
Sie können doch nun wirklich nachvollziehen, was passiert, wenn ich ankündige, die Fotovoltaikförderung in drei, vier, fünf Monaten um 30 oder 40 % zu kürzen. Was passiert dann? Normalerweise fahren die Firmen dann Überstunden bis zum Gehtnichtmehr. Wenn ich mir dann in der Bundesregierung nicht einig bin und im Bundesrat keine Mehrheit bekomme, weil eigene, CDU-regierte Länder das nicht mitmachen, weil sie es als unausgegoren, als falsch ansehen, dann erzeuge ich eine solche Welle, dass wir, seitdem diese drei genannten Herren dafür verantwortlich sind, wirklich Runde um Runde Rekordausbauzahlen haben. Dann haben wir nicht das, was vernünftig ist, nämlich eine Degression, die man immer wieder anpassen kann.
Wir Grüne schlagen schon seit Langem – ich bin ja zusammen mit Hermann Scheer im Vorstand der EUROSOLAR gewesen – die Diskussion um einen sogenannten „atmenden Deckel“ vor: Jeden Monat 1,5 % Absenkung, damit man nicht genau diese hohe Dynamik bekommt, dass zum Jahresende alles ans Netz muss.
Die Bundesregierung hat dilettantisch agiert. Entschuldigen Sie bitte, aber Ihre Bundeskanzlerin hat schon in der Großen Koalition mit richtigen Klimaschutzzielen seitens der Bundesregierung angefangen, hat dann mit der FDP ihre Ziele fortgesetzt und den Ausbau der Erneuerbaren zu einem der Leitziele erklärt. Insofern sind wir noch weit unter dem, was Ihre Bundesregierung als Ziel hat. Das passt doch alles nicht, was Sie da erzählen.
Ich muss als Grüner gar nicht ambitioniert jedes Mal 10 % auf das Ziel der Bundesregierung drauflegen. Ich müsste nur sagen: Setzt es um – mit allen Effekten, mit dem Aufbau neuer wirtschaftlich starker industrieller Bereiche bei uns. Wir haben über 400.000 Arbeitsplätze im Bereich der Erneuerbaren; das ist sehr stark mittelständisch. Wir haben eine der leistungsfähigsten Industrien im Bereich Windkraft, im Bereich Energieeffizienz. Wir exportieren die Technik. Wir machen diesen Bereich durch so ein dilettantisches Vorgehen kaputt.
Doch, Herr Laschet, genau das machen wir. Wir machen es kaputt. In dem Moment, in dem Ihre Regierung nicht vernünftig, mit Maß den Prozess steuert, sondern über rein radikale Ankündigungen Kürzungen von 40 % in den Raum stellt, bricht etwas zusammen. Sie sind es doch gewesen, der Herrn Lindner hinterhergelaufen ist, als Sie in Ihrer neuen Rolle angefangen haben, sich für Energiepolitik zu interessieren.
Da hat er nach draußen geblasen, es müsse ein Moratorium für Offshore geben. Dann sind Sie zusammen an die Presse gegangen. Dann mussten Sie lernen: Ein Moratorium für Offshore – Offshore ist die teuerste Art, Windstrom zu machen – heißt, dass die Firmen, die im Vertrauen auf Bundesgesetze Investitionen gemacht haben, diese komplett abschreiben können.
Ein Moratorium heißt zum Beispiel für unsere Trianel in Aachen: 800 Millionen Investitionen vor Borkum beschlossen, 350 Millionen in die Hand genommen – vorbei, abgebrochen.
Das ist bei RWE das Gleiche. Ich bin nun kein Freund von RWE. Aber wenn ich Firmen sage: „Geht raus auf das Meer, probiert das aus, weil das ein Beitrag zum Klimaschutz sein kann“, dann muss ich die Bedingungen doch auch fairerweise einhalten, dann kann ich doch nicht nachträglich die Konditionen ändern.
Ich will das ganz klar sagen: Es gibt viele Diskussionen darüber, ob es sinnvoll ist, weiter offensiv draußen auf dem Meer auszubauen. Man kann sehr wohl darüber diskutieren, wenn die Kilowattstunde da vorne 15, 16 Cent kostet, an der Küste 5 bis 6 Cent und bei uns im Binnenland an guten Standorten mittlerweile 8 bis 9 Cent bei 4.000 Stunden im Jahr. Das hätten wir vor Jahren nicht geschafft. Die Anlagen sind besser geworden, weil sie höher geworden sind, weil wir in der Bundesrepublik eine Technik herstellen, die im Binnenland die gleiche Volllaststundenzahl fährt wie draußen auf dem Meer. Dann kann ich nach vorne diskutieren und sagen: Diejenigen, die investiert haben, die geplant haben, die baureife Projekte haben, bekommen das verlässlicherweise zu den alten Konditionen. Und das, was neu kommt, machen wir lieber im Binnenland, damit der Netzausbau dort etwas weniger Belastungen erzeugt: in Bayern, in Baden-Württemberg und auch bei uns. Nach vorne kann ich das diskutieren, aber doch nicht mit Wortbruch.
Dann sind Sie einer derjenigen, die durch das Fordern maßlosen Ausbaus nicht mithelfen, einen Industriebereich, der mit über 400.000 Beschäftigten sehr, sehr leistungsstark ist, angesichts der Herausforderungen, die da sind, vernünftig zu steuern. Sie fahren ihn leichtfertig und unsinnigerweise vor die Wand, ohne zu wissen, was Sie als Alternative wollen. Das ist doch das Hauptproblem. Es gibt so viel zu tun im Energiebereich: die Kapazitätsmärkte, die hergestellt werden müssen, die ganzen Parameter, der ständige Ausbau der Erneuerbaren in Kombination mit Zuverlässigkeit, mit Versorgungssicherheit, sodass das eine zum anderen passt.
Das, worauf wir uns in zwei Koalitionsverhandlungen verständigt haben, was unser Markenzeichen ist, sind der Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung, der Ausbau von Nah- und Fernwärmenetzen, so wie er
hier in Düsseldorf passiert, wie er in Köln passiert, wie er in Krefeld kommen soll, wie er über die STEAG und über die Stadtwerke im Ruhrgebiet kommen soll. Das ist das, was gemacht werden muss. Das alles untergraben Sie, ohne dass Sie wissen, wo Sie hinwollen. Das ist energiepolitische Geisterfahrt statt verantwortungsvollem Regieren in Berlin.
Lassen Sie mich als Letztes sagen: Bei allen Differenzen, die wir mit den Sozialdemokraten immer wieder haben mögen – Sigmar Gabriel ist nicht mein engster Freund –, haben wir einen wesentlich vernünftigeren Ansatz hier, das zu machen, was für das Land notwendig ist. Wir brauchen uns nicht auf solche Spiegelfechtereien zu konzentrieren.
Das, was in Berlin zu verhandeln ist, wird zu geeigneter Zeit in Berlin vernünftig verhandelt werden. Aber das, was Sie machen, nämlich in Berlin Verantwortung tragen und hier energiepolitisch mit dem Kopf vor die Wand fahren, ist gegenüber denen, die da arbeiten, nicht zu verantworten.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer im Saal!
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer oben auf der Tribüne und zu Hause am Stream! Ich hoffe, das ist laut genug.
Wir müssen gar nicht so laut sein. Heute war es hier ja schon sehr laut. Folgendes habe ich zum Verständnis der Bürgerinnen und Bürger, die auch oben auf den Tribünen sitzen, ganz klar festgestellt: Ich habe meine Zweifel, dass alle verstanden haben, was in diesem Hohen Hause bei einer dritten Lesung zum Haushalt teilweise abläuft.
Normalerweise würden wir jetzt, wenn wir auf einer Veranstaltung der Piraten wären, ein Meinungsbild dazu einholen. Leider deckt sich das nicht mit der Geschäftsordnung dieses Hauses.
Ich greife das auf, was Herr Kollege Priggen eben als einen Vorwurf der Showveranstaltung formulierte; ich glaube, das war auf die CDU gemünzt. Er hat dazu das Beispiel des Taumelkäfers gewählt. Dem wollte, glaube ich, Herr Kollege Lindner einen Ring, eine Auszeichnung für künstlerische Darbietung, verpassen. Ich meine, da nimmt sich hier im Saal niemand etwas,
(Hans-Willi Körfges [SPD]: Das müssen Sie gerade sagen! – Marc Herter [SPD]: Der Ring ist schon weg! – Weitere Zurufe)