Protocol of the Session on November 30, 2012

einer drastischen Aushöhlung des Sonn- und Feiertagsschutzes nachweisbar geführt haben.“

Wie stehen Sie zu dieser Stellungnahme, und wie ist das mit Ihren Äußerungen zur Haltung der Religionsgemeinschaften zum Sonntagsschutz vereinbar?

Es kommt gleich noch eine Äußerung zum Sonntagsschutz. Das Bundesverfassungsgericht hat sich dazu ja auch geäußert. Das Argument für den Sonntagsschutz werde ich also gleich noch bringen.

Bitte schön, Frau Beer.

Ich danke Ihnen, Herr Kollege Marsching. Mir geht es um die Beschäftigten. Wie sehen Sie denn da den Interessensausgleich? Was bedeutet die Möglichkeit, rund um die Uhr einzukaufen, für Frauen und deren Familien, die als Verkäuferinnen in den Geschäften diese Zeiten auszuhalten haben?

Vielleicht hätte ich doch keine Zwischenfragen zulassen und diese erst am Ende ermöglichen sollen. Denn auch das kommt nämlich gleich noch.

Ich habe ja gesagt, dass wir Argumente gesammelt haben. Im Moment bin ich bei der einen Seite. Ich komme gleich zu den Argumenten für die andere Seite. Danke dennoch für diesen Hinweis, Frau Kollegin Beer!

Mit der bestehenden Regelung können Sie ganz gemütlich am Feierabend einkaufen, was Ihnen fehlt, oder Sie können an einigen Sonntagen mit Ihrer Familie irgendwo einkaufen gehen. Die Öffnungszeiten sind länger als ehedem und haben sich den neuen gesellschaftlichen Verhältnissen angepasst.

Bei aller Sympathie für die Beibehaltung eines liberalen Ordnungsrahmens, nehmen wir aber auch zur Kenntnis, dass die Novelle der Landesregierung nur wenige Eingriffe in das bestehende Gesetz vornimmt. Dabei gilt es, sich mehr als ein oder zwei Minuten Zeit zu nehmen und auch dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Thema „Sonntagsöffnung“ Rechnung zu tragen.

Eine Novellierung des Gesetzes ist unabhängig von der eigenen politischen Meinung notwendig. Bei der Beurteilung tut es Not, wenn man sich zum Schutz der Arbeitnehmer auch mit dem Arbeitsrecht beschäftigt und sich nicht nur auf der Seite der Konsumenten aufhält. An dieser Stelle gibt es wirklich massiven Änderungsbedarf.

Sie sehen, Polemik und ein „Du, du, du!“ ist fehl am Platz. Wer hier einseitig polemisiert und nicht den

Schritt zurück macht, um das große Ganze zu sehen, der ist nicht weniger als ein Winkeladvokat für seine Sache.

(Beifall von den PIRATEN)

Letztendlich müssen wir beim Ladenöffnungsgesetz zu einer vernünftigen Abwägung kommen, bei der alle Interessen berücksichtigt werden müssen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Ich gehe gleich einkaufen.

(Beifall von den PIRATEN)

Zur Beruhigung aller Zuhörerinnen und Zuhörer: Er wird das natürlich erst dann tun, wenn das Parlament seine Sitzung geschlossen hat, nehme ich an, Herr Marsching.

(Michele Marsching [PIRATEN]: Natürlich!)

Aber dann viel Spaß beim Einkaufen!

(Heiterkeit)

Nun spricht als Nächster für die Landesregierung Herr Wirtschaftsminister Duin.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei einigen Wortbeiträgen hatte ich den Eindruck, als ob es um die Abschaffung sämtlicher Ladenöffnungszeiten geht und nicht um eine Reform – die wir vorschlagen –, die mit großem Augenmaß vorgenommen werden soll.

Es ist im Übrigen so – Kollege Spiecker, wir sehen Ihnen das nach, weil das heute Ihre erste Rede hier war –, dass es ein völlig übliches Verfahren ist, dass zunächst im Kabinett eine Phase der Anhörung der kommunalen Spitzenverbände eingeleitet wird und das Kabinett erst danach zu einer endgültigen Beschlussfassung kommt. Die ist inzwischen erfolgt. Der Gesetzentwurf zur Änderung des LÖG ist der Präsidentin des Landtages zugeleitet und wird ganz normal in das Verfahren kommen. Ihre Vorwürfe, es sei ein nicht ordentliches Verfahren gewählt worden, gehen also ins Leere.

Ich will ganz grundsätzlich beginnen. Wenn die FDP und andere über den Begriff der Freiheit sprechen, schließe ich mich der Debatte gerne an. Es geht dabei darum, wie wir das im Einzelnen definieren und wie wir das in politisches Handeln umsetzen. Denn eines ist klar: Sie haben sicher keinen Alleinvertretungsanspruch bei der Interpretation des Freiheitsbegriffes. Wir wollen aber gerne darüber reden, ob es nicht mit dazugehört, dass wir völlig klaglos akzeptieren, wenn Menschen am Karfreitag Spanferkel essen oder grillen. Die meisten Menschen in unserem Land würden das mit ihrem Verständnis der Kultur nicht in Einklang sehen.

Ich erlebe, dass viele Menschen sehr irritiert sind, dass Weihnachtsmärkte vor dem Totensonntag öffnen,

(Zuruf von den PIRATEN: Sehr richtig!)

nicht nur vor dem ersten Advent, sondern schon in der Woche der Stille und der Besinnung. Das hat noch gar nicht mal etwas damit zu tun, ob man Angehöriger einer Religionsgemeinschaft ist oder nicht, sondern dass hat etwas mit kulturellem Erbe zu tun, das sich natürlich in der Tat ganz besonders auf das Christentum bezieht, das aber nicht mehr alleine ausschlaggebend ist.

Indem wir eine moderate Änderung des Ladenöffnungsgesetzes vornehmen, wollen wir der völligen Entgrenzung, die wir in vielen Bereichen erleben, eine Ordnung geben. Das geschieht dadurch, dass wir die Möglichkeit, an Sonntagen zu öffnen, auf zwölf plus eins im Advent beschränken und zur Vorbereitung auf die Sonntagsruhe die Ladenöffnungszeit am Samstag auf 22 Uhr reduzieren.

Damit werden wir den Grundsätzen – das ist schon mehrfach angesprochen worden –, die uns das Bundesverfassungsgericht mit auf den Weg gegeben hat, gerecht. Sinngemäß fordert das Gericht, dass ein bloß wirtschaftliches Umsatzinteresse der Verkaufsstellen – das ist gerade schon gesagt worden – genauso wenig wie das Erwerbsinteresse potenzieller Käuferinnen und Käufer ausreicht, um Ausnahmen von dem verfassungsunmittelbar verankerten Schutz der Arbeitsruhe und der Möglichkeit zur seelischen Erhebung zu rechtfertigen.

Bei uns in Nordrhein-Westfalen steht etwas Ähnliches in Art. 25 der Landesverfassung. Dort ist die Rede von der seelischen Erhebung, der körperlichen Erholung und der Arbeitsruhe.

Deswegen geht es nicht darum – ich wiederhole das –, ob man Mitglied einer Glaubensgemeinschaft ist. Es geht einfach darum, dass wir diesen Grundsätzen gerecht werden.

(Minister Guntram Schneider: Sehr richtig!)

Es kann mir niemand sagen, dass wir die Freiheit in diesem Land unter Berücksichtigung dieser

Grundsätze maßgeblich einschränken, wenn künftig immer noch an einem Viertel der Sonntage die Möglichkeit gegeben wird, einzukaufen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zu- ruf von Dietmar Brockes [FDP])

Das hat nichts mit Freiheitsbeschränkung zu tun. Es handelt sich einfach nur um eine Ordnung.

Und wir nehmen eben auch den Anlassbezug wieder mit hinein. Wir sind uns ziemlich sicher, dass es der Kollege Laumann gewesen ist, der einen ganz wunderbaren Satz geprägt hat, dass es nämlich nicht ausreicht, einen Kartoffelsack in die Ecke zu stellen und das Kartoffelfest auszurufen, nur damit die Geschäfte öffnen dürfen.

(Minister Guntram Schneider: Richtig!)

Es muss einen wirklichen Anlass geben, auf den man sich bezieht, wie zum Beispiel in meiner neuen Heimatstadt Essen. Wenn dort im November die Stadt der Lichter ausgerufen wird, ist an dem Sonntag verkaufsoffen. Darauf kann man sich einstellen. Das ist auch völlig legitim. Daran wird sich auch nichts ändern. Und das wird nicht in irgendeiner Weise überbürokratisch.

Lassen Sie mich deswegen zu diesem Antrag nur noch sagen, dass ich verstehen kann, wenn die Mehrheit des Hauses ihm am Ende nicht folgen wird. Denn das Gesetz, das wir vorlegen, bringt wirklich einen vernünftigen Interessensausgleich mit sich.

Nur noch ein Gedanke für die grundsätzliche Debatte zum Abschluss. Mein Haus und ich selbst werden im nächsten Jahr die Fortsetzung des ohnehin schon stattfindenden intensiven Dialogs mit dem Handel organisieren, um uns einmal den wirklichen Fragestellungen, die weit über das LÖG hinausgehen, zuzuwenden: Welche Entwicklung nehmen unsere Innenstädte? Welche Entwicklung nehmen unsere Stadtteile?

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zu- ruf von Dietmar Brockes [FDP])

Welche Auswirkung hat zum Beispiel der verstärkte Onlinehandel? Welche Auswirkungen hat es, dass entsprechende Transporte stattfinden – von wem auch immer: DHL, UPS usw. –, die dann in der zweiten Parkreihe stehen?

Diese Dinge wollen wir nicht getrennt voneinander betrachten, sondern wir führen die unterschiedlichen Interessen, die es gibt, in einem vernünftigen Prozess zusammen. Das tun wir auf der Grundlage eines modifizierten und nicht in seinen Grundfesten erschütterten Ladenöffnungsgesetzes. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Herzlichen Dank, Herr Minister Duin. –

Wir sind am Ende der Beratung und kommen zur Abstimmung.

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags der Fraktion der FDP Drucksache 16/1471 an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk. Die Fraktionen haben sich mittlerweile darauf verständigt, den Antrag zur Mitberatung auch an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales zu überweisen. Das hat Sinn. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer stimmt dem Verfahren zu? – Gibt es Gegenstimmen? – Nein. Gibt

es Enthaltungen? – Nein. Damit ist der Antrag einstimmig überwiesen.

Wir kommen zu:

4 Zum Schutz der Vertraulichkeit und Anonymi

tät der Telekommunikation