Protocol of the Session on March 17, 2017

„Bei dem weit überwiegenden Anteil dieser Spuren handelt es sich um DNA-Spuren.“

In Ihrem Antrag steht dahinter ein Punkt. In der Antwort auf die Kleine Anfrage steht dahinter aber ein Komma. Das Komma haben Sie hier wohl geflissentlich übersehen, um es vorsichtig zu sagen. Denn nach dem Komma geht es weiter:

„… bei denen Gründe für eine vorrangige Untersuchung nicht bestehen und Vorprüfungen in den Kreispolizeibehörden zur Spurenqualität bzw. Tatrelevanz nicht in allen Fällen umfassend erfolgt sind.“

Das, sagen wir einmal vorsichtig, ist die halbe Wahrheit; die andere Hälfte hat man einfach weggelassen.

Die andere halbe Wahrheit, die Sie weggelassen haben, betrifft Ihren Vergleich mit 2011. Da sind es gleich zwei Dinge: 2011 ist nicht nur der Anteil der unbearbeiteten Spuren wesentlich höher gewesen – das lassen Sie geflissentlich weg –, sondern auch insgesamt sind sehr viel weniger Anträge eingegangen als jetzt.

Man kann sich die Wahrheit auch so reduziert herunterdeklinieren, dass dann nachher komplett falsche

Schlüsse gezogen werden. Ich sage einmal: Die andere Hälfte gehört auch zu einer redlichen Politik, Herr Rickfelder.

Sie verschweigen in Ihrem Antrag auch, wie es in der Antwort auf die Kleine Anfrage ausgeführt wird, dass man angesichts dieser Lage nicht einfach sagt: „Es ist alles in Ordnung“, sondern dass die Landesregierung reagiert und ein sogenanntes DNA

Priorisierungskonzept eingeführt hat. Auch diese Erläuterungen lassen Sie weg. Hier wurde schon gehandelt. Im Rahmen des Priorisierungskonzepts wird ein Prüfkriterium für die Kreispolizeibehörden entworfen, von denen dann noch einmal geprüft wird, ob die Spuren überhaupt weitergeleitet werden oder nicht.

Frau Kollegin Düker, haben Sie Zeit für eine Zwischenfrage?

Ich will gerade den Gedanken weiterführen. – Vielleicht am Ende, Herr Rickfelder.

Meine letzte Anmerkung zu Ihrem Antrag: Sie lassen ebenfalls die Analyse weg. Welchen Erfolg haben eigentlich unsere DNA-Analysen? Das Landeskriminalamt sagt ausweislich eines Artikels in der „WeLT“ vom 11. Januar 2017 – ich zitiere hier aus der Presseberichterstattung –:

„Bei der Untersuchung von DNA-Spuren sind die Kriminaltechniker in Nordrhein-Westfalen im vergangenen Jahr so erfolgreich gewesen wie noch nie. Mit 6548 Treffern sei ein neuer Rekord seit Einführung der DNA-Analysedatei 1998 erzielt worden, sagte ein Sprecher des Landeskriminalamts (LKA).

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Gute Leute!)

Das entsprach einer Steigerung von 37 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der bisherige Rekord war 2013 mit 6020 Treffern erzielt worden.“

Auch kann man nicht einfach sagen: Lassen wir mal die Hälfte weg, dann sieht das alles schon ganz anders aus. – Nicht nur die Zahlen gehören in einen solchen Antrag, sondern auch die Antwort auf die Frage: Warum machen wir das eigentlich, und welche Ergebnisse erzielen wir durch diese Arbeit? Die Ergebnisse lassen sich, wie gesagt, sehen. Die Treffer sind erheblich gesteigert worden, und es sind auch Maßnahmen eingeleitet worden, um den Rückstau und die Antragsflut zu kanalisieren, zu priorisieren. Insofern ist es euphemistisch ausgedrückt unredlich, so zu arbeiten. Aber ich bleibe einmal freundlich dabei. – Sie hatten noch eine Frage.

Herr Rickfelder hat am Ende Ihrer Rede jetzt noch eine Zwischenfrage. – Bitte schön, Herr Rickfelder.

Frau Düker, wenn Sie mir vorwerfen, dass ich so viel weglasse, und das dann als unredlich darstellen, frage ich Sie: Wie finden Sie es denn, dass Sie etwas hinzufügen? Ich habe von 2011 nämlich gar nicht gesprochen. Ich habe von 2010 und 2013 gesprochen, aber nicht von 2011. – Danke schön.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

2011? Ja, kann gut sein; da haben Sie recht. Aber der Rest war eigentlich auch genug, Herr Rickfelder, um den Vorwurf der Unredlichkeit aufrechtzuerhalten.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Düker. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Dr. Stamp.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Düker, Herr Kollege Bialas, angesichts der Zahlendreher, die wir in dieser Legislaturperiode aus dem Innenministerium erlebt haben, ist Ihre künstliche Aufregung bezüglich der Drucksachennummer hier, glaube ich, völlig unangebracht.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren, ich meine, dass die CDUFraktion hier ein berechtigtes Interesse vorgetragen hat. Wir werden das im Ausschuss weiter vertiefen. Deswegen stimmen wir der Überweisung zu. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der FDP und der CDU – Andreas Bialas [SPD]: Gute Rede!)

Vielen Dank, Herr Dr. Stamp. – Für die Piratenfraktion erhält das Wort nun Herr Herrmann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer im Saal – ein paar sind es ja – und zu Hause! Hätte nicht die Landesregierung vor einiger Zeit gesagt, dass sie DNA-Analysen zu einfachen Delikten, zum Beispiel bei Wohnungseinbruchsdiebstahl, auslagert, also an private Labore gibt, hätte es diesen Antrag der CDU wohl nicht gegeben. Ich glaube nämlich, es geht hier um Wirtschaftsförderung, um die Sicherung von Aufträgen für bestehende Labore.

Dabei hat der Landtag mit der Mehrheit der rot-grünen Fraktion schon mehrfach in den letzten Jahren den Ansatz für DNA-Analysen im Haushalt aufgestockt – und das, obwohl DNA-Spuren zum Beispiel beim Wohnungseinbruchsdiebstahl nur zu 2% zum Ermittlungserfolg beitragen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen der CDU, wir haben hier einige Anhörungen von Sachverständigen aufgrund Ihrer Anträge gerade zum Wohnungseinbruchsdiebstahl durchgeführt. Dabei ist klar geworden, dass Tatortspuren bei diesen Vergehenstatbeständen – das sind sie ja – eben nicht das entscheidende Mittel sind, von Einzelfällen immer abgesehen.

Drei Viertel der ermittelten Tatverdächtigen kamen aus dem lokalen Umfeld und wurden durch Zeugenaussagen, durch die Zuordnung von sichergestelltem Diebesgut usw. erkannt. Sie malen also wieder ein düsteres Bild an die Wand – das haben andere Kollegen auch schon gesagt –, dass wir ohne mehr Geld für die Labore im Verbrechenssumpf versinken. Das ist falsch.

Mir liegt es allerdings fern, das Ministerium zu verteidigen. Denn natürlich muss sichergestellt sein, dass für Verbrechenstatbestände eine DNA-Analyse auch ohne Wartezeit durchgeführt werden kann, wenn es notwendig ist. Dazu erwarten wir, dass die Landesregierung ihre Zusage einhält, dass das gewährleistet ist.

Die Polizei kann aber auch selbst dazu beitragen, den Bearbeitungsstau abzubauen, indem nicht bei jeder erkennungsdienstlichen Behandlung ein DNAAbgleich mit abgefragt oder freiwillig vom Verdächtigen eingeholt wird. DNA-Datenberge helfen uns nicht weiter. Es geht auch immer darum, die Ressourcen in der Kriminaltechnik smart und effizient einzusetzen.

(Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)

Die Vision der CDU für eine verbrechensfreie Welt ist bekannt: Videoüberwachung an jeder Ecke, ein fest zugeordnetes Smartphone pro Person in Deutschland mit Speicherung von Position, Kontakten und Inhalten für zwei Jahre, DNA-Daten von allen Verdächtigen, also von jedermann, gespeichert in Datenbanken mit Volltextsuche und dann womöglich noch der DNA-Schnelltest vor Ort, mobil auf dem Einsatzwagen.

Wenn wir technisch so weit sind, was möglicherweise nicht mehr so lange dauert, dann werden sich aber auch die Verbrecherprofis darauf eingestellt und gelernt haben, die eine oder andere falsche Fährte zu legen. So, wie schon lange Handschuhe benutzt werden oder das Smartphone beim geplanten Verbrechen heute zu Hause bleibt – wegen der Funkzellenabfragen natürlich –, werden in Zukunft vielleicht Fake-DNA-Partikel gestreut; vielleicht Ihre, Herr

Rickfelder, oder Ihre, Herr Dr. Stamp. Es wird dann spannend, wie man da als Verdächtiger wieder herauskommt.

In der Summe kann man sagen: weniger ist mehr, also weniger DNA-Proben, weniger DNA-Analysen, dafür gezielter. Weiteres besprechen wir am besten im Ausschuss. Der Überweisung stimmen wir natürlich zu. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Herrmann. – Nun spricht für die Landesregierung Herr Minister Jäger.

Herzlichen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Rickfelder, Sie machen es sich in Ihrem Antrag ein bisschen zu einfach. Sie vergleichen lediglich die Zahlen zweier Jahre miteinander und ziehen daraus den falschen Schluss. Sie gehen nicht der Frage nach, wie es zu diesen Zahlen kommt und was die logische Erklärung dafür ist.

Den Bearbeitungsstau, den wir noch 2011 hatten, konnten wir 2012 fast vollständig abbauen. Wir haben aber seit 2011 die Entwicklung, dass sich das Aufkommen gesicherter DNA-Spuren extrem gesteigert hat. Allein 2014 hatten wir doppelt so viele DNAUntersuchungsanträge wie 2011. Im letzten Jahr waren es sogar mehr als 40.000 Anträge mit mehr als 100.000 zu untersuchenden DNA-Spuren.

Das hängt mit einer deutlich intensivierten Spurensuche und -sicherung durch die Kreispolizeibehörden zusammen. Diese geht einher mit einer Initiative der Landesregierung, der sogenannten Qualitätsoffensive in der Kriminalitätsbekämpfung. Unser LKA hat für die Auswertung von DNA-Spuren ein klares Verfahren entwickelt.

Deshalb, Herr Rickfelder, nennen Sie bitte nicht den Bereich des Terrorismus und vermitteln, da würden DNA-Spuren nicht untersucht. Ganz im Gegenteil! Alle DNA-Spuren aus Verbrechen, also aus Delikten, die mit mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht sind, und andere ausgewählte Spuren werden sofort im LKA untersucht, und zwar ohne Bearbeitungsstau. Alle übrigen Spuren vergibt das LKA an Fremdinstitute. Spuren aus Wohnungseinbrüchen und Sexualdelikten werden dabei immer priorisiert behandelt und unmittelbar für die Untersuchung übersandt.

Meine Damen und Herren, meine Vorredner haben schon einiges gesagt. Ich glaube, dass wir in den Ausschussberatungen die Gelegenheit bekommen, darüber ausführlich zu diskutieren. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister Jäger. – Damit kommen wir zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 16/14398 an den Innenausschuss. Die abschließende Abstimmung soll dort in öffentlicher Sitzung erfolgen. Gibt es Gegenstimmen? – Nein. Enthaltungen? – Nein. Dann ist einstimmig so überwiesen.

Ich rufe auf:

8 Kinder brauchen smarte Lösungen für eine ge

rechte Zukunft. Kindergrundsicherung vorantreiben und Kinderarmut ein Ende setzen!

Antrag der Fraktion der PIRATEN Drucksache 16/14382