Protocol of the Session on March 16, 2017

Ich sage schon vorab: Wir werden keine Anhörung von Sachverständigen beantragen. Das liegt nicht nur an den engen Zeitvorgaben, die das schwer möglich machen. Denn ich glaube auch, dass wir diese drei Dinge hier im Ausschuss mit unserem eigenen Sachverstand besprochen bekommen.

Ich freue mich auf die Beratung und auf Ihre Meinung zu diesem Gesetzentwurf. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Herrmann. – Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege van den Berg.

Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Herrmann, dass in dieser Wahlperiode beim Thema „Open Data – Open Government“ nichts passiert, ist eine Wahrnehmung, die niemand hier im Saal haben kann, glaube ich – gerade dann nicht, wenn man bei einigen der Veranstaltungen gewesen ist und zum Schluss noch gesehen hat, wie auch Kommunen eingebunden worden sind. Bei allem Verständnis dafür, dass Wahltermine anstehen, habe ich die herzliche Bitte, eine solche Pauschalisierung sein zu lassen.

Sie versuchen jetzt, in einem Aufschlag ein OpenData-Gesetz schaffen, und meinen, das mit drei textlichen Änderungen im Informationsfreiheitsgesetz NRW hinzubekommen.

Zu Ihrem ersten Änderungsvorschlag in Art. 1 Nr. 1, der Ausweitung des Kreises der Antragsteller auf juristische Personen, schreiben Sie in Ihrem Antrag, im Augenblick sei das alles unzureichend, und zwar aus folgendem Grund: „Dadurch werden potenzielle Nutzer, zum Beispiel „Medienhäuser“, aber auch Vereine und Bürgerinitiativen von dem Zugang zu Informationen und Akten der öffentlichen Hand „abgeschnitten“.

Ich vermute, dass Sie sich diesbezüglich wenig mit der Praxis beschäftigt haben; denn sowohl die vorhin von Ihnen zitierte Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, die in diesem Zusammenhang die Aufsichtsbehörde nach § 13 IFG ist, als auch alle Rechtsprechungen von Verwaltungsgerichten haben bislang regelmäßig und in allen Fällen dies für zulässig erachtet. Dass wir an dieser Stelle ein riesiges Problem haben, sagen also weder die Aufsichtsbehörde noch die Verwaltungsgerichte.

Das IFG – das ist Ihre grundfalsche Annahme – ist kein Open-Data-Gesetz, sondern verfolgt im Kern einen bürgerschaftlichen Ansatz.

Herr Kollege van den Berg, Entschuldigung, dass ich unterbreche. Herr Kollege Hermann von den Piraten möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen.

Vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Mich hat das, was Sie sagen, gerade ein bisschen irritiert. Warum kommen Sie zu der Annahme, dass Verwaltungsgerichte Medienhäusern jetzt regelmäßig ein Antragsrecht auf Informationsfreiheit in Nordrhein-Westfalen gewährt haben? Das ist ausdrücklich ausgeschlossen, weil nur natürliche Personen antragsberechtigt sind. Das sagt der Gesetzestext ganz klar.

Ich selbst prozessiere gerade gegen die Landesregierung, weil ich als Abgeordneter nicht als natürliche Person gelte, sondern als juristische Person angesehen werde. Ich bekomme auch keine Auskunft nach IFG. Wie kommen Sie zu dieser eben gemachten Aussage?

Ich habe Ihnen ja gesagt, dass die Formulierung aus Ihrem eigenen Antrag stammt. Sie haben gesagt, sie seien „abgeschnitten“. Ich habe Ihnen dargestellt, wie die Aufsichtsbehörde – das ist in diesem Fall die Landesdatenschutzbeauftragte, die Sie selbst zitiert haben – dies im Augenblick einschätzt. Sie sagt sehr deutlich, dass bis jetzt regelmäßig auch Anfragen von juristischen Personen als zulässig beurteilt wurden. Daher

gibt es das Regelungsproblem in der Praxis einfach nicht.

Ich sehe das Kernproblem, dass Sie nicht anerkennen, dass das IFG im Kern eigentlich einen anderen Zweck verfolgt. Es hat einen bürgerschaftlichen Ansatz. Es geht darum, nicht Auskunftsrechte von Institutionen zu stärken, sondern die Auskunftsrechte ganz normaler Bürgerinnen und Bürger. Diese Auskunftsersuchen und Veröffentlichungspflichten nach § 12 IFG drehen sich im Kern und in der Praxis um Dokumente und nicht um offene Datensätze.

Die Frage, wie man damit umgeht, wollen Sie in Art. 1 Nr. 2 Ihres Änderungsantrags aufgreifen. Sie sagen: Jetzt brauchen wir ein Recht auf elektronische, maschinenlesbare Dateien.

Meine Damen und Herren, § 5 Abs. 1 Satz 5 des IFG gewährt schon heute dem Antragsteller das Recht, gewünschte Informationen auch in elektronischer Form zu erhalten. Sie haben vorhin selbst eingeräumt, das sei heute irgendwie auch schon möglich. Man muss aber hier noch einmal betonen: Im Kern geht es an dieser Stelle um Dokumente und maschinenlesbare Bereitstellung von Dateien.

(Frank Herrmann [PIRATEN]: Vorhandene! Nur vorhandene!)

Die maschinenlesbare Bereitstellung von Daten der öffentlichen Verwaltung wird grundsätzlich nach § 16 des E-Government-Gesetzes behandelt und näher bestimmt. Man kann natürlich darüber diskutieren, dass hier noch keine umfassenden Bereitstellungspflichten vorhanden sind. Aber wir alle wissen, dass gerade das intensiv mit Bund und Ländern diskutiert wird. Gerade im Rahmen der Open-GovernmentStrategie befindet sich dies in der Diskussion.

Meine Damen und Herren, der dritte Punkt betrifft Art. 1 Nr. 3 Ihres Antrags. Er sagt, dass wir hier eine nicht zeitgemäße und bürokratische Schriftform hätten. Lieber Herr Herrmann, ich glaube, diese Formulierung und auch der Hinweis, das sei eine unnötige Belastung der öffentlichen Verwaltung, verkennen im Kern, dass es eben nicht nur darum geht, wie E-Mails bearbeitet werden; denn in der öffentlichen Verwaltung geht es vor allen Dingen auch darum, Rechtssicherheit herzustellen.

Bei einer Eingabe, die per E-Mail kommt, ist es ganz häufig so – das erzählen uns die Leute aus der Praxis –, dass eben nicht zweifelsfrei zu identifizieren ist, wer eigentlich der Petent ist. Gerade wenn es um einen negativen Bescheid geht, hat die öffentliche Verwaltung ein hohes Interesse, dass sie einen Bescheid ausstellen kann, in dem zweifelsfrei die Person identifiziert ist und die Rechtsbehelfe usw. zweifelsfrei ihren Empfänger finden, damit Klagen vor Verwaltungsgerichten etc. in richtiger Form behandelt werden können.

Meine Damen und Herren, ich verstehe ja, dass man wenige Monate vor einer Landtagswahl in der Bredouille steckt, noch schnell etwas vorweisen zu müssen. Aber dass man glaubt, ein Open-Data-Gesetz im Hopplahopp-Verfahren durchbringen zu können, löst bei uns viele Fragezeichen aus.

Natürlich ist es kollegialer Brauch, einen solchen Antrag an den zuständigen Fachausschuss zu überweisen. Aber auch Ihre Ankündigung, dass wir dafür keinen externen Sachverstand benötigen, sondern es einfach so beraten, hat mich überrascht.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Wir betreuen das Thema „Open Data – Open Government“ jetzt seit fünf Jahren in diesem Land sehr intensiv. Ich habe Ihnen dargestellt, wie die Strategie entstanden ist und wie es vorangegangen ist. Jetzt zu sagen: Das interessiert uns alles nicht, ist völlig kontraproduktiv zu diesem Prozess.

Insofern werden Sie sich auf die sachliche Auseinandersetzung im Ausschuss einstellen und gefasst machen müssen. Anders kann man mit diesem Gesetzentwurf nicht umgehen. – Vielen Dank.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr van den Berg. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Stein.

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer! Die Möglichkeit, staatliches Handeln kontrollieren zu können, gehört natürlich zu den wesentlichen Merkmalen eines Rechtsstaates. Es ist wahrscheinlich auch eines der wichtigsten Bürgerrechte, Entscheidungsprozesse in Staat und Verwaltung informativ, kritisch und konstruktiv hinterfragen zu können.

Um in diesem Zusammenhang dann die Transparenz im Zuge der Verwaltungsmodernisierung zu stärken, ist am 1. Januar 2002 das Gesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Nordrhein-Westfalen in Kraft getreten.

Wie Sie auch in Ihrem Antrag erwähnt haben, Herr Herrmann, hat sich das Informationsfreiheitsgesetz für unser Bundesland bereits bewährt und etabliert.

Ihr Gesetzentwurf sieht jetzt drei Veränderungen für Open Data vor, die wir sehr gerne ausführlich inhaltlich mit Ihnen besprochen hätten. Da muss ich mich jetzt der Kritik meines Vorredners anschließen. Üblicherweise finden zu Gesetzentwürfen auch Anhörungen mit Experten im Ausschuss statt. Eine Anhörung zu diesem Gesetzentwurf ist leider wohl nicht mehr möglich, da der Innenausschuss nur noch einmal in dieser Legislaturperiode tagen wird und in der

letzten Sitzung des Innenausschusses bereits eine Beschlussempfehlung abgegeben werden muss. Eine Auswertung der Anhörung kann also nicht mehr seriös erfolgen.

Hätten Sie bei diesem durchaus sehr wichtigen Thema – das ist ja unstrittig – ernsthaft eine gesetzliche Regelung schaffen wollen, hätten Sie deutlich früher aktiv werden müssen. Was Sie letzten Endes daran gehindert hat, ist für uns nicht nachvollziehbar,

(Zuruf von Frank Herrmann [PIRATEN])

zumal es sich hier doch um eines Ihrer Kernthemen handeln sollte.

Ein geordnetes parlamentarisches Verfahren ist so leider nicht mehr möglich. Das hat mein Vorredner festgestellt, und das stelle ich hier fest.

Ich schließe mich auch den Worten meines Vorredners an: Natürlich stimmen wir der Überweisung an den Innenausschuss der Form halber zu, weil es gute Gepflogenheit ist. Ich glaube aber nicht, dass dort wirklich eine konstruktive und vielversprechende Beratung stattfinden kann.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. Zeit ist wertvoll, und mehr muss man dazu nicht sagen.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Stein. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Kollege Bolte.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich tue heute zwei ungewöhnliche Dinge: Ich beschäftige mich nämlich erstens ausschließlich mit dem Gesetzentwurf und zweitens versuche ich mich kurzzufassen.

Lieber Kollege Herrmann, in Ihrem Antrag stellen Sie unter dem ersten Punkt die Frage nach natürlichen versus juristischen Personen als Antragsberechtigte im IFG. Mir ist ehrlich gesagt die Praxisrelevanz nicht wirklich klar geworden, weil es letzten Endes beispielsweise dem Vorsitzenden eines Vereins zuzumuten ist, in seiner Eigenschaft als natürliche Person einen IFG-Antrag zu stellen. Warum es einen Mehrwert bringt, dass er in Person des Vereins einen solchen IFG-Antrag stellt, hat sich mir nicht erschlossen.

(Frank Herrmann [PIRATEN]: Weil man den Bedarf einklagen kann! Das ist der Mehrwert!)

Lieber Kollege Herrmann, dass Sie behaupten, Sie dürften als Abgeordneter keine IFG-Anfragen stellen, stimmt nicht. Sie dürfen als Frank Herrmann – der Sie neben ihrer Existenz als Abgeordneter auch noch sind – natürlich jede IFG-Anfrage stellen, die Sie stellen möchten.

Zu dem zweiten Punkt, den Daten, die in maschinenlesbarer Form vorliegen. Sofern Daten vorliegen – Sie beziehen sich ja ausschließlich auf vorliegende Daten –,

(Frank Herrmann [PIRATEN]: Wie das IFG, ja!)

ist der Antragsteller bzw. die Antragstellerin frei darin, zu wählen, in welcher Form er/sie die Daten abfragen möchte. Kollege van den Berg hat ausführlich dargestellt, wie der Rechtsrahmen in Nordrhein-Westfalen durch das auch bundesweit vorbildliche E-Government-Gesetz gestaltet ist. Ergänzend dazu sorgen wir mit der Open.NRW-Strategie dafür, dass es in Zukunft noch mehr maschinenlesbare Daten geben wird.

In Bezug auf den dritten Punkt habe ich mich gewundert, warum das aus Ihrer Sicht ein Thema ist. Ich habe diese Regelung immer so verstanden, dass es eigentlich eher einen Schutz für die Betroffenen darstellen soll, im Zweifelsfall zu klagen. Warum man diese Schutzfunktion abbauen soll – so habe ich das verstanden –, kann man in der Ausschussdebatte noch klären.

(Frank Herrmann [PIRATEN]: Nein, das ist eine Auswahlmöglichkeit!)