Es reicht deshalb haushaltspolitisch nicht aus, lediglich Fördermittel des Bundes und der EU durchzuleiten oder zusätzliche verfügbare Mittel aufgrund steigender oder neuer Fördertöpfe aus Berlin und Brüssel als Erfolg der eigenen Politik zu verkaufen. Wir sehen ja anhand der nackten Zahlen, dass Nordrhein-Westfalen mehr politisches Engagement der Landesregierung benötigt.
Hier hilft nur noch ein vollständiger wirtschaftspolitischer Kurswechsel. Alle Studien zur wirtschaftlichen Lage des Landes haben eines gezeigt: Natürlich durchlebt Nordrhein-Westfalen nach wie vor einen strukturellen Wandel. Dieser Wandel vollzieht sich überall, natürlich auch in Nordrhein-Westfalen. Natürlich ist die Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen auch von globalen Faktoren abhängig, aber das sind auch andere Bundesländer. Die Studien zeigen jedoch auch, dass die wirtschaftliche Situation sehr stark von der Wirtschaftspolitik hier in unserem Lande abhängig ist, und diese ist nun einmal schlecht. Ich möchte Ihnen dies an zwei Beispielen verdeutlichen.
Erstens. Es ist unbestritten, dass für NordrheinWestfalen herausragende Chancen in der Digitalisierung liegen. Mit unseren Spitzenclustern, exzellent aufgestellten Unternehmen, innovativen Start-ups und gut ausgebildeten Menschen haben wir eine gute Ausgangsbasis. Wir müssen allerdings auch mit den rasend schnellen technologischen Entwicklungen mithalten. Wir benötigen die Infrastruktur, um digitalen Fortschritt und digitale Wertschöpfung zu ermöglichen. Das heißt, wir brauchen flächendeckend Glasfaser.
Das jedoch hat diese Landesregierung verschlafen. Der Ausbau einer gigabitfähigen digitalen Infrastruktur ist eine zentrale Voraussetzung für eine erfolgreiche Wirtschaft 4.0. Ein Impuls aus Haushaltsmitteln des Landes zur Förderung dieses Ausbaus fehlt jedoch völlig. Zwar wurde der Ansatz der Kofinanzierungsmittel insbesondere aufgrund der Breitbandförderprogramme des Bundes recht ordentlich erhöht; es zeigt sich jedoch, dass diese Fördermittel in Nordrhein-Westfalen nicht ankommen. Sie gehen an uns vorbei, Herr Kollege.
Gleichzeitig sieht diese Landesregierung tatenlos dabei zu, wie die Bundesregierung die Remonopolisierung veralteter Kupferkabelleitungen vorantreibt – und das, obwohl die Voraussetzungen für Nordrhein
Westfalen vor dem Hintergrund der vorhandenen Kabelnetze hervorragend wären. Wir könnten Spitzenland beim Glasfaserausbau sein. Stattdessen vergraben wir Investitionen und Zukunft unter veralteter Technik. Das wird unser Land leider auf Jahre zurückwerfen. Unsere Industrie, unser Mittelstand, unser Handwerk werden dadurch von der notwendigen Entwicklung abgeschnitten. Das müssen wir endlich verhindern.
Zweitens. Während Minister Duin und seine Kollegen noch über die „duchgrünte Gesellschaft“ herzogen, stellte der grüne Umweltminister Herr Remmel seine Hygiene-Ampel vor, einen weiteren Baustein für die Überreglementierung und Überbürokratisierung unseres Mittelstands.
Auch der wirtschaftsfeindliche rot-grüne Landesentwicklungsplan nimmt dem Mittelstand Entwicklungschancen für die Zukunft. Hier haben wir doch alle den Hilferuf aus Ostwestfalen gehört, auch von Teilen der Landesregierung. Selbst die Bezirksregierung hat moniert, was in Ihrem Entwicklungsplan steht. Wo bleibt da die Stimme des Wirtschaftsministers, der dies aufgreift und dafür sorgt, dass das Ganze im LEP geändert wird?
Auch das völlig überflüssige und wirkungslose Tariftreue- und Vergabegesetz treibt Vergabestellen und Handwerksbetriebe gleichermaßen in den Wahnsinn. Das Landeswassergesetz belastet die Grundstoffindustrie enorm, also genau die Branche, deren schwierige Lage von der Landesregierung selbst problematisiert wird. Aber statt ihr zu helfen, schadet sie ihr noch zusätzlich.
Vor allem stützt sich diese Landesregierung auf eine völlig irrationale Energiepolitik, die mit ihrer Übersubventionierung einiger Technologien und ihrer Kostenspirale Nordrhein-Westfalen ganz besonders schadet.
Für die FDP-Fraktion ist daher klar: Nordrhein-Westfalen benötigt dringend mehr wirtschaftliche Freiheit und weniger Bürokratie. Statt Gelder in wirkungslose Gesetze wie das Tariftreue- und Vergabegesetz, das in den letzten Jahren alleine 20 Millionen € gekostet hat, zu stecken, wäre es richtig, diese Gelder zum Beispiel in überbetriebliche Ausbildungsstätten und in eine Digitalisierungsoffensive zu investieren. Leider bleiben aber Prioritätensetzungen oder wichtige Vorgaben seitens des Wirtschaftsministers aus. Er fährt weiterhin den Kurs, nichts verändern zu wollen, und sorgt dafür, dass Nordrhein-Westfalen noch weiter zurückfällt. Deshalb werden wir diesen Haushalt ablehnen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Brockes. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erteile ich Herrn Kollegen Bolte das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Nordrhein-Westfalen ist ein starkes Stück Deutschland. – So hat es die Bundeskanzlerin beim Festakt für „70 Jahre Nordrhein-Westfalen“ gesagt. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie aufmerksame Beobachter da bemerkten, dass diese Komplimente bei Herrn Laschet und bei Herrn Lindner überhaupt nicht gut ankamen, weil es nicht in ihre Agenda passt, wenn Nordrhein-Westfalen gut dasteht.
Seit Jahren erleben wir ein ums andere Mal, dass jeder Erfolg in diesem Land kleingeredet wird, dass Sie erst zufrieden sind, wenn unser Land schlechtgeredet ist. Herr Brockes, Sie haben gerade gezeigt, dass das gerne auch mal postfaktisch geschehen kann. Sie haben gesagt, wir seien bei der Breitbandversorgung Mittelmaß. Das stimmt nicht: Wir sind Spitzenreiter unter den Flächenländern.
In dieser grundsätzlichen Frage „Wie verstehen wir die Lage in unserem Land?“ zeigen sich schon die Unterschiede. Unsere Politik stärkt diejenigen, die unser Land wirtschaftlich voranbringen, und wir stellen uns den Herausforderungen unserer Zeit. Das ist die wirtschaftspolitische Substanz dieser Landesregierung und der sie tragenden Koalition – eine Substanz, die Ihr ewiges Gejammer – mal mehr über das Ladenöffnungsgesetz, mal mehr über das Tariftreue- und Vergabegesetz und heute mal wieder mehr über den Landesentwicklungsplan – eben nicht zum Inhalt hat. Zu dem ewigen Schwadronieren der FDP von angeblichen Entfesselungsimpulsen möchte ich lieber schweigen.
In diesem Haushalt unterstützen wir die tragenden Säulen unserer Wirtschaft. 99,5% der Betriebe in NRW sind kleine oder mittlere Unternehmen, bei denen rund 80% der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten arbeiten. Deshalb ist es richtig, den Schwerpunkt der Mittel des Wirtschaftshaushalts erneut auf diesen Bereich zu legen. 568 Millionen € im Jahre 2017 sind eine beeindruckende Summe und gut angelegtes Geld.
Wir fördern daraus zum Beispiel die Handwerksinitiative. Wir führen erfolgreiche Programme zur Existenzgründung – etwa mit dem STARTERCENTER NRW – fort. Auch da, lieber Kollege Brockes, sind wir viel besser aufgestellt, als Sie das eben dargestellt
Wir zeigen auch, wohin die Reise gehen wird. In den letzten Jahren haben wir die Förderung der Digitalisierung massiv verstärkt, die deutlich an Fahrt aufgenommen hat. Allein den Ansatz im Bereich DWNRW stocken wir erneut auf knapp 5,9 Millionen € auf.
Für uns ist klar: Der Mittelstand als tragende Säule unserer Wirtschaft muss im digitalen Wandel unterstützt werden, weil es immer noch viel zu viele Unternehmen gibt, die sich diesen Herausforderungen noch nicht gestellt haben. Die werden wir unterstützen. Wir bringen den Mittelstand zusammen mit Innovationen aus Start-ups, die wir nach Kräften und mit großem Erfolg unterstützen.
Auch in den Bereichen, in denen die Digitalisierung nicht immer nur mit Chancen verknüpft wird, haben wir uns klar aufgestellt. Wir fördern innovative Projekte im Einzelhandel. Auf unseren ersten Projektaufruf hin gab es mehr als das Dreifache an Bewerbungen aus den Kommunen. Deshalb legen wir auch in diesem Bereich noch mal deutlich nach. Denn das zeigt, wie viel Kraft bei den engagierten Einzelhändlerinnen und Einzelhändlern steckt und dass es für sie darum geht, zukunftsfähige Lösungen zu finden und nicht weiterhin das ewig gleiche Lied von den 24/7-Ladenöffnungszeiten zu singen.
Digitalisierung braucht gute Infrastruktur. Wir investieren bis 2018 insgesamt eine halbe Milliarde Euro ins schnelle Netz. Wir haben eine Strategie für Glasfaser bis zur Mitte des nächsten Jahrzehnts. Ich bin sehr stolz, an dieser Stelle sagen zu können: Keine Landesregierung zuvor hat so viel für den Netzausbau getan wie Rot-Grün.
Herr Wüst, Sie haben eben bei Ihren Prognosen zur Realität im Jahr 2018 in eine sehr trübe Glaskugel geschaut. Sie müssen uns nicht für das loben, was wir machen,
aber Sie müssen wenigstens mal zur Kenntnis nehmen, dass bei uns die Mittel fließen, die es bei Ihnen nie gab. Das Thema „Netzausbau“ rangierte bei Ihnen immer unter „ferner liefen“.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Kanzlerin hat auch gesagt, der Strukturwandel sei noch nicht geschafft. Damit sind große Herausforderungen verbunden. Auch darüber bestand in den letzten Debatten nicht immer Einigkeit. Wir sind jedoch bereit, die Herausforderungen anzuerkennen. Ich sage aber
auch ganz klar: Wir haben den richtigen Weg eingeschlagen, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Wir stellen uns ihnen, weil wir wissen, dass unser Land stark ist. Das ist es, was die Leute im nächsten Jahr honorieren werden. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Zuschauer! Früher hatten die Wirtschaftsminister den superschönsten, besten Job der Welt. Die Wirtschaft brummte, die Minister übergaben Förderschecks und Preise an dankbare Unternehmer und strahlten in die Fernsehkameras.
Wo ist diese Gemütlichkeit geblieben? Heute ist der Putz abgeplatzt, die Brücken bröckeln, das Internet lahmt, und der Wirtschaft geht die Puste aus. Den Menschen im Land wird klar: So kann es nicht weitergehen. – Das erleben wir auch in der heutigen Debatte. Die Verunsicherung ist längst da, der Motor läuft nicht mehr rund, und die rot-grüne Wirtschaftspolitik ist im Krisenmodus angekommen.
Wenn man ganz ehrlich ist, spielt es keine entscheidende Rolle, ob die Wirtschaftszahlen in einem Halbjahr mal etwas besser oder schlechter sind. Das Besorgniserregende ist der langfristige Trend, der leider in die falsche Richtung zeigt. Umso wichtiger wird ein klarer, mutiger Kurs in der Wirtschaftspolitik. Davon ist aber leider wenig zu sehen.
Ich möchte deutlich machen, was in diesem Haushalt und in der Wirtschaftspolitik in Nordrhein-Westfalen falsch läuft:
Erstens. Das Land greift eigentlich nur noch Förderprogramme von Bund und EU ab und kofinanziert diese. Das ist allgemein für eine strukturbildende Wirtschaftspolitik ein bedenklicher Zustand. Dadurch wird alles bürokratischer, der Förderdschungel wächst, und der Gestaltungsspielraum auch für eigene Ideen schrumpft.
Wenn einzelne Schwerpunkte durch die externen Förderprogramme nicht abgedeckt werden, werden sie auch nicht umgesetzt. – Das ist aus unserer Sicht der falsche Weg. Eine einheitliche Wirtschaftspolitik, eine Wirtschaftspolitik aus einem Guss muss völlig anders aussehen.
Zweitens. Wie stark wurde die Wirtschaftspolitik auf die Chancen und Risiken der Digitalisierung vorbereitet? – Einige Projekte kann man durchaus mit Sympathie begleiten; aber das ist nicht genug. Wir
brauchen eine konsequente Ausrichtung auf die Kreativ- und Digitalwirtschaft. Dazu sind die nötigen Mittel bereitzustellen.