Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich nenne ein Beispiel zur Fragestellung: Brauchen wir heute noch Quoten? Setzen sich leistungsstarke Frauen nicht ohnedies durch? Sollte eine moderne Gesellschaft des Jahres 2016 nicht ohne Quote auskommen?
Da reicht doch ein Blick ins Rund. Ein Beispiel aus meiner Fraktion: Die Fraktion der Grünen und die Grünen insgesamt haben seit ihrem Bestehen eine 50-%-Quote, eine feste und starre Quote. Deswegen ist unser Frauenanteil auch der höchste hier im Haus. Ihre Partei und Ihre Fraktion haben keine Quote, kein Quorum, kein Quötchen, gar nichts. Deshalb haben Sie einen Frauenanteil von unter 20 %. Ungefähr diesen Frauenanteil gab es schon in der Nationalversammlung von 1919.
So viel auch zu Ihrer These, Herr Stamp! Wir haben darüber beim WDR gesprochen. Sie sagten, dieses Problem werde sich mit der Zeit von alleine lösen. Nein, ohne Quote löst sich gar nichts von alleine! Deshalb ist dieser Weg richtig. Er ist auch verfassungskonform.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer hier im Saal und zu Hause an den Empfangsgeräten! Als zweites, in diesem Fall aber lediglich stellvertretendes Mitglied des
Gleichstellungsausschusses würde ich in dieser Angelegenheit gerne ein paar Aspekte erweiternd aufgreifen, die Frau Paul gerade schon genannt hat. Reden wir doch von vornherein von den sogenannten Beurteilungsprinzipien, um die es hier geht.
Wir Piraten orientieren uns gleichstellungspolitisch sehr gerne auch in diesem Fall an dem bundesweiten Sachverstand des Deutschen Juristinnenbundes und gehen daher in der Rechtssystematik davon aus, dass gerade in diesem Fall nicht die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf, sondern letztlich das Bundesverfassungsgericht das Spannungsverhältnis zwischen Art. 33 Abs. 2 GG und Art. 3 Abs. 2 GG abschließend klären wird.
Nun ja, liebe FDP, die Überlegung, eine Verfassungsklage anzustreben, ist das eine. Lediglich das Leistungsprinzip als völlig veraltetes, nicht zukunftsorientiertes System, wie es momentan existiert, als Grundlage zu nehmen, ist aber nicht ausreichend und nicht zielführend. Denn wer beurteilt die zu Beurteilenden überhaupt?
Nehmen wir mal ein paar Beispiele. Wer hat mich denn hier im Vorfeld beurteilt? Das waren die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes. Letztlich war niemand dafür zuständig, dass ich zum Beispiel in die Position des Parlamentarischen Geschäftsführers gekommen bin – außer meiner eigenen Fraktion.
Letztlich geht es dann auch um die Fortbildung. Wie messen wir die Leistung? Rein quantitativ? Rein qualitativ? Das hatten wir gerade schon. Orientieren wir uns daran, wer wie viele Aktenberge durchhechelt? Wer schult denn die Beurteiler?
In diesem Zusammenhang hatten wir auch schon eine Anhörung. Hier spielt diese Verfassungsklage eine entscheidende Rolle. Auch das hat Kollege Stotko gerade schon gesagt. Wenn wir das jetzt alles wieder revidieren und komplett auf null setzen, bis eine Entscheidung gefallen ist, muss, wie bereits gesagt wurde, eine neue Anhörung stattfinden. Denn der Verfassungsgerichtshof in Münster wird nicht ausreichend sein, sondern es wird das Bundesverfassungsgericht angerufen werden. Damit herrscht in diesem Land in der gesamten Angelegenheit kompletter Stillstand.
Zu dem CDU-Antrag kann ich rein inhaltlich nur sagen: Nein, auch dieser Antrag ist nicht zukunftsweisend. Wir können ihn ablehnen. Bei dem Antrag der FDP mit dieser Begründung können wir uns lediglich enthalten. – Daher wünsche ich Ihnen noch einen schönen Tag.
Herzlichen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Witzel, lieber Herr Lohn, meine Vorredner haben schon ausführlich darauf hingewiesen, dass Sie ganz offensichtlich
unsere Regelungen, die wir hier getroffen haben, bewusst missverstehen wollen und völlig falsch verstanden haben. Sie suggerieren nämlich, dass die schlechtere Frau dem besseren Mann vorgezogen wird.
Die Frauenförderung gilt erst ab dem Gleichstand von zwei Bewerberinnen und Bewerbern. Das wollen Sie offensichtlich nicht hören, weil es Ihnen grundsätzlich nicht in den Kram passt, dass wir den Frauen im öffentlichen Dienst die gleichen Chancen einräumen wollen wie den Männern. Das ist Ihre Motivation dabei.
Sie können sich schon mal für die Kurzinterventionen und die Nachfragen einloggen. – Woran kann ich das erkennen, lieber Herr Lohn? Ich erkenne es daran, dass Sie die wahre Situation von Chancengleichheit im öffentlichen Dienst überhaupt nicht wahrhaben wollen. Tatsache ist, dass Frauen im gleichen Eingangsamt wie Männer einsteigen und nach fünf, zehn oder 20 Jahren im öffentlichen Dienst von einer beruflichen Entwicklung abgehängt sind. Das ist die Realität. Das ist Fakt. Zu diesem Zustand sagen Sie hier kein einziges Wort. Kein einziges Wort!
Ich muss Herrn Witzel auch sogar loben. Irgendwo in seinem Antrag gibt es zwischen den Zeilen tatsächlich einen Hinweis darauf, dass die FDP dieses Problem auch erkennt – aber wiederum keine Lösungsvorschläge, meine Damen und Herren. Sie räumen zwar ein, dass wir eine qualifizierte Frauenförderung brauchen – aber bitte ohne Quote.
Die Realität ist doch, dass im öffentlichen Dienst Frauen bei gleicher Qualität benachteiligt werden. Sie sind im öffentlichen Dienst von Führungspositionen abgehangen.
Ich sage Ihnen mal ganz ehrlich: Wenn es Ihnen hier um die Sache ginge, dann hätten Sie den Mumm gehabt, diesen Antrag nicht zur direkten Abstimmung zu stellen, sondern fachliche Diskussionen in den Ausschüssen zuzulassen. Da Sie aber keinerlei Vorschlag haben, keinerlei Lösungsansatz haben, verstecken Sie sich heute in einer direkten Abstimmung, statt mit uns gemeinsam darüber zu reden, wie man Frauen im öffentlichen Dienst so fördern kann, dass sie tatsächlich die gleichen Chancen haben wie Männer.
Ich möchte auf die vorgebliche Verfassungswidrigkeit eingehen. Ein Verwaltungsgericht hat in einem Eilverfahren im vorläufigen Rechtsschutz entschieden. Ein Verwaltungsgericht hat keine Normverwerfungskompetenz, Herr Lohn. Das heißt: Dieses Gesetz gilt weiter.
Dieses Gesetz werden wir auch weiterhin anwenden, weil wir davon überzeugt sind, dass dieses Gesetz verfassungskonform ist. Wir werden jeden Weg wählen, der juristisch notwendig ist, um die Verfassungsgemäßheit auch feststellen zu lassen, Herr Lohn. Das werden wir tun, weil es uns im Gegensatz zu Ihnen um das Ziel und um die Sache geht. Das unterscheidet uns. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Minister Jäger. – Da habe ich was angerichtet! Es gibt jetzt zwei Kurzinterventionen auf einen Redebeitrag, so wie es in unserer Geschäftsordnung vorgesehen ist, und zwar auf Ihren Beitrag, Herr Minister. Bitte kommen Sie ans Pult zurück. Die dritte Kurzintervention, die zu diesem Thema angemeldet wurde, und gleichzeitig die erste zu Ihrer Rede ist von Herrn Witzel von der FDP. Danach gibt es eine zweite Kurzintervention, von der CDU angemeldet, von Herrn Lohn. Herr Minister, das bedeutet für Sie, dass zunächst Herr Witzel seine Kurzintervention startet. – Bitte schön.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Innenminister Jäger, Sie sind leider nur an der Oberfläche geblieben und haben zu wesentlichen Punkten, die wir hier angesprochen haben, nicht Stellung bezogen.
Erstens. Im Polizeipräsidium Köln hatten wir eine Situation, die lokal so entschieden wurde, dass eine Frau mit 21 Bewertungspunkten einem Mann mit 24 Bewertungspunkten vorgezogen wurde. Sicher darf
ich Ihnen unterstellen, dass Sie das Beurteilungssystem der Polizei nicht für Willkür halten, weil Sie es sonst in den letzten Jahren Ihrer Amtszeit bestimmt mal geändert hätten. Was sagen Sie dann einer Frau in einem benachbarten Polizeipräsidium, das § 19 Abs. 6 Landesbeamtengesetz nicht auf diese Weise auslegt, die Sie sagt: Was ist das für eine Sauerei! Meine Kollegin in Köln bekommt drei Punkte Differenz geschenkt und ich hier vor Ort sehr viel weniger!
Zweitens. Was sagen Sie einem männlichen Bewerber, der seit Jahren in Abstimmung mit seinem Dienstvorgesetzten alle Punkte seiner persönlichen Zielvereinbarung erfüllt, dessen Leistung auch heute nicht schlechter ist, als sie es bis zum 30. Juni 2016 war, der nichts anders macht als vorher – und der nun über Nacht 50 Plätze in der Beförderungsrangliste nach unten gefallen ist? Es gibt einen einzigen Grund, warum dieser Bewerber nicht befördert wird, und das ist sein männliches Geschlecht.
Drittens. Ich frage Sie als Minister dieser Landesregierung, der die Aufgabe hat, dafür zu sorgen, dass wir einen qualifizierten öffentlichen Dienst haben: Was heißt es für Sie, für die staatliche Handlungsfähigkeit, wenn zukünftig für die hoheitliche Aufgabenerledigung nicht ausschließlich die leistungsbesten Kandidaten eingestellt und befördert werden, sondern diejenigen, die den Frauenkriterien genügen?
(Beifall von der FDP – Stefan Zimkeit [SPD]: Die Beförderung von Frauen gefährdet die Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes!)
Also, wenn ich Ihre letzte Bemerkung richtig verstanden habe, dann zeichnen Sie jetzt gerade folgendes Bild an die Wand: Wenn wir für Chancengleichheit im öffentlichen Dienst sorgen, dann ist der Staat in seiner Funktion bedroht. – Das ist doch völliger Quatsch!