Protocol of the Session on July 8, 2016

Richtig ist, dass Mieter in Gegenden mit besonders angespannten Wohnungsmärkten noch mehr – das hat jetzt auch der erste Rückblick gezeigt – über die ihnen zustehenden Rechte informiert werden müssen.

Richtig ist auch, dass sich einige skrupellose Vermieter von Wohnungen in begehrten Lagen offenbar nicht an Recht und Gesetz halten. Da müssen wir mehr Transparenz schaffen. Da müssen wir die Mieter offensichtlich mehr über ihre Rechte informieren.

Aber die Antwort kann ausdrücklich nicht sein, die Mietpreisbremse deswegen einfach abzuschaffen. Der umgekehrte Weg ist richtig. Wir müssen alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen. Gleichzeitig brauchen wir mehr Transparenz, damit die Mieter ihre Rechte wahrnehmen.

Wir haben auch immer gesagt – darüber sind wir uns auch einig –: Die Mietpreisbremse ist nicht das alleinige Instrument, das da funktioniert, sondern es ist ein Zusammenspiel aus verschiedenen Instrumenten.

Deswegen – Sie haben es auch angesprochen – ist es so wichtig, dass wir auch bei der Wohnraumförderung tätig geworden sind. Da sprechen die Zahlen für sich. Wir haben über die Aufstockung von 800 Millionen € jetzt auf 1,1 Milliarden € gesprochen.

Der Bund wird uns helfen. Da ist gestern eine Einigung erzielt worden. Daher können wir hier in Nordrhein-Westfalen auch noch einmal auf Bundesmittel hoffen. Das wird das Ganze noch einmal verstetigen und weiter auf den richtigen Weg bringen.

Insofern ist die Wohnungsbauoffensive der rot-grünen Landesregierung sehr wichtig, um dann auch neuen Wohnraum schaffen zu können.

Liebe Kollegin, würden Sie eine Zwischenfragen von Herrn Kollegen Ellerbrock zulassen?

Ja, bitte.

Schönen Dank, Frau Philipp. – Sie zeichnen ja ein sehr positives Bild. Wenn es so wäre, wäre das schön. Ihnen müsste aber bekannt sein, dass nach einer Veröffentlichung der Landesregierung – nicht von uns oder Haus & Grund, sondern der Landesregierung selber – im letzten

Jahr 12,1 % Wohnungen weniger fertiggestellt wurden als in dem Jahr davor.

Vor diesem Hintergrund müssten doch auch bei Ihnen die Alarmglocken läuten, dass da irgendetwas nicht stimmt. Das ist die andere Seite der Darstellung, die Sie gegeben haben: im letzten Jahr 12,1 % Wohnungen weniger als in dem Jahr davor.

Erstens. Ich habe gerade unter anderem über die Baugenehmigungen gesprochen. Baugenehmigung heißt: Es ist noch nicht gebaut.

(Holger Ellerbrock [FDP]: Fertiggestellt!)

Zweitens: Die entsprechenden Maßnahmen haben wir in den letzten Monaten auf den Weg gebracht. Diese Trendwende ist ja noch sehr aktuell. Das heißt: Diese Trendwende wurde geschaffen. Bis sich das in Wohnungen, also in Steinen, niederschlägt, müssen wir noch ein paar Monate warten. Wenn wir im nächsten Jahr oder in einem halben Jahr zusammensitzen, können wir über andere Zahlen reden. Da bin ich mir ganz sicher.

Um noch einmal zu Ihrer These zurückzukommen: Würde die Mietpreisbremse tatsächlich, wie Sie behaupten, Investitionen im Wohnungsbau abwürgen, wäre es unerklärlich, wie wir heute zu diesen Zahlen kommen, die ich hier gerade aufgezeigt habe.

In dem Antrag wird versucht, die Mietpreisbremse, die die Mieter schützen soll, als planwirtschaftliches Instrument darzustellen, was ich unangemessen finde und was auch nicht zutreffend ist. Das ist ausgemachter Quatsch. Deswegen sind wir auch der festen Überzeugung, dass diese Mietpreisbremse noch wirken wird.

Das neoliberale „Jeder gegen jeden“ auf dem Wohnungsmarkt wird so, wie Sie das immer darstellen, nicht funktionieren. Angebot und Nachfrage auf unseren Wohnungsmärkten sind nun einmal aus den Fugen geraten. Das müssen Sie einfach zur Kenntnis nehmen.

Kollege Ellerbrock, wir sind ja vor einigen Wochen gemeinsam in der Schweiz gewesen und haben uns dort viele interessante Dinge aus dem Bereich Wohnen und Verkehr angeschaut. Eine Sache habe ich mitgenommen, weil ich sie sehr schön fand, und zwar die Präambel der Schweizer Verfassung. Daraus möchte ich zum Schluss gerne zitieren. Dort heißt es nämlich:

„… und dass sich die Stärke des Volkes am Wohl der Schwachen misst.“

Das möchte ich Ihnen gerne mit auf den Weg geben. Das finde ich gut. Daran sollten wir uns halten. – Ganz herzlichen Dank.

Vielen Dank, Frau Kollegin Philipp. – Für die CDU-Fraktion erteile ich als nächstem Redner Herrn Kollegen Hausmann das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Philipp, Sie haben gerade ausgeführt, dass Sie glauben, dass die Mietpreisbremse ihre Wirkungen noch entfalten wird. Glauben ist in der Politik ja eine wichtige Sache. Ich finde es gut, dass die FDP den Antrag gestellt hat. Wenn wir darüber im Ausschuss reden können, werden wir es vielleicht wissen. Möglicherweise bekommen wir dann von der Landesregierung Zahlen und Fakten, die darüber Auskunft geben, ob die Mietpreisbremse ihre Wirkung entfaltet.

Meine Damen und Herren, der Bund hat den Ländern mit der Mietpreisverordnung ein Instrument zur Schaffung bezahlbaren Wohnraums an die Hand gegeben.

Die Forderung der Bundesregierung an die Länder ging dabei aber über die Mietpreisbremse hinaus. Es ging darum, dass die Länder auch aufgefordert waren, aktiv Initiativen und Maßnahmen zu ergreifen, um zusammen mit dem Bund – denn wir verwalten hier ja auch in einem gewaltigen Maß Bundesmittel – dafür zu sorgen, dass wir neuen, bezahlbaren Wohnraum bekommen und dass dieser Wohnraum auch so am Markt zur Verfügung gestellt wird, dass er bei den Mietern in angemessener und bezahlbarer Form ankommt.

Aber wir fragen uns schon: Was ist denn von diesem Appell des Bundes geblieben? Umgesetzt wurde hier die Mietpreisbremse; umgesetzt wurde hier die Kappungsgrenzenverordnung. Aber wo ist der eigene konzeptionelle Beitrag dieser Landesregierung in Nordrhein-Westfalen zu bezahlbarem Wohnraum? Wo ist der eigene konzeptionelle Beitrag zum viel gepriesenen Bündnis für Wohnen? Ich sehe diesen Beitrag bisher nicht.

Meine Damen und Herren, die rot-grüne Landesregierung kann sich nicht alleine auf die Mietpreisbremse zurückziehen. Sie ist nur ein flankierendes Instrument und nicht das alleinige Instrument der Wahl.

Wir haben bereits ein anderes Instrument gehabt, das auch vom Bund eingeführt wurde. Das ist die Kappungsgrenzenverordnung. Hier haben Sie Bereiche festgelegt, bei denen die Mängel dermaßen offensichtlich sind. Das heißt: Wir haben Kappungsgrenzen für zwölf Gemeinden in Nordrhein-Westfalen, die Wohnungsleerstandsquoten von 3 % bis unter 4 % haben. Das gilt zum Beispiel auch für Bottrop und Wesseling.

Sie haben es nicht geschafft, auch diese Kappungsgrenzenverordnung in Nordrhein-Westfalen so anzuwenden, dass sie vernünftig eine Wirkung auf dem Wohnungsmarkt entfaltet.

Wenn ich schon beim Thema „Bremsen“ bin: Wir können ja einmal darüber philosophieren, welche Arten von Bremsen wir denn in der Politik mittlerweile kennengelernt haben.

Beispielsweise haben wir die Schuldenbremse. Die Schuldengrenze ist in der ganzen Bundesrepublik bekannt. Bei Ihnen hier ist sie allerdings sehr schwer einzusetzen. Sie verpflichtet zu Ausgabendisziplin und zum Haushalten, auch im Hinblick auf die zukünftigen Generationen.

Ich kann mir neben der Mietpreisbremse auch noch andere Bremsen vorstellen. Zum Beispiel könnten wir uns einmal über eine Nebenkostenbremse unterhalten; denn in vielen Städten steigen die durch die öffentliche Hand mit verursachten Nebenkosten für die Mieter weitaus schneller als die Mieten selber.

Auch hier müsste man einmal überlegen, was man tun kann, damit man verantwortungsvoll für die Zukunft diese Nebenkosten in den Griff bekommt und somit nicht die zweite Miete zum sozialen Ausschlusskriterium für Wohnraum wird.

Wir können uns auch einmal über eine Bürokratiebremse unterhalten. Hier wäre ebenfalls eine Initiative des Landes gefordert. Wir haben eine neue Landesbauordnung, die sich fast darum herumschlängelt, wenn es darum geht, Bürokratie, Verteuerung und Schwierigkeiten für den Wohnungsbau abzubauen. Das wäre ein Betätigungsfeld, bei dem wir auf jeden Fall mehr Initiative erwarten, weil wir eine solche Bürokratiebremse brauchen.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

Schließlich und endlich brauchen wir auch eine Baukostenbremse. Das wird für den Wohnungsmarkt ebenfalls eine Wohltat sein; denn die Baukosten, die ständig steigen, werden auch von der Politik immer noch weiter mit angeheizt.

Ich will jetzt nicht alles aufzählen – das haben wir schon in der gestrigen Debatte lang und breit getan –, was Sie in Nordrhein-Westfalen dazu beigetragen haben, dass die Baukosten steigen. Aber einen Punkt möchte ich noch einmal herausgreifen, der mir ganz besonders am Herzen liegt, nämlich die EnEV, weil Minister Groschek auch hier immer wieder einsteigt.

Das ist nicht das Werk von Rösler und anderen, wie damals und gestern ausgeführt, sondern es ist das Werk von Gabriel und Hendricks, von zwei SPDMinistern im Kabinett in Berlin, die uns diese Sache einbrocken und sich dagegen verweigern, dass diese

Sache evaluiert wird, bei der wir nämlich eine Kostensteigerung von über 14 % haben, die auf den Wohnungsmarkt durchschlagen wird.

Wenn Sie einmal betrachten, wie diese Kostensteigerungen auf die Mieten weitergegeben werden, dann verstehen Sie auch, wenn ich sage, dass eine Baukostenbremse viel wirksamer sein kann als vielleicht die Ausführung einer Mietbremse.

Hier gibt es ganz viel zu tun. Ich bin der FDP dankbar dafür, dass wir das im Ausschuss einmal in Ruhe debattieren können; denn die Wirkungsweisen der verschiedenen Engagements, der verschiedenen Bremsen, würden mich schon interessieren. Die Mietpreisbremse ist nicht das Allheilmittel. Sie ist ein flankierendes Instrument, das man dann anwenden kann, wenn man alle anderen Hausaufgaben gemacht hat.

Das sehen wir aber zurzeit nicht. Deshalb müssen wir über die ganze Bandbreite an Themen sprechen, die den Wohnungsbau und die Wohnungsmieten in Nordrhein-Westfalen jetzt zu Ihrer Regierungszeit massiv verteuern. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Hausmann. – Für Bündnis 90/Die Grünen erteile ich Frau Kollegin Dr. Beisheim das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe Herrn Ellerbrock versprochen, mich zu bemühen, dass ich mich auf den Antrag beziehe und sachlich bleibe, obwohl es mir – das muss ich gestehen – bei dem Thema ein wenig schwerfällt, weil ich glaube, dass Sie als FDP-Fraktion die Sorgen, die die Menschen um bezahlbaren Wohnraum haben, nicht ernst genug nehmen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Zum Kollegen Haußmann: Wir waren ja – das hat Kollegin Philipp auch gesagt – in der Schweiz. Dort haben wir uns auch Wohnungen angeschaut. Es ging da auch um ein Projekt im Bereich des bezahlten Wohnungsbaus. Da waren Energieeinsparung und andere Dinge wie Rollstuhlgerechtigkeit und Barrierefreiheit überhaupt kein Thema. Es ist selbstverständlich, dass in der Schweiz so gebaut wird. Auch bei uns sind diese Standards in dieser Größenordnung sinnvoll und richtig.

Diese Beispiele in der Schweiz haben uns gezeigt, dass man nicht nur kostengünstig, sondern auch unter Einhaltung ausreichender Standards im Bereich der Energie und im Bereich der Barrierefreiheit bauen kann.

Ich will die Aussage der Kollegin Philipp noch einmal unterstreichen: Die Einführung der Mietpreisbremse

hatte keine negativen Auswirkungen auf die Investitionstätigkeiten. Solche Auswirkungen sind nicht erkennbar.

Eine zeitlich befristete Mietpreisbremse ist dann gerechtfertigt, wenn sie so ausgestaltet wird, dass sie die Anreize für den Wohnungsbau nicht beschneidet. Genau diesem Aspekt wurde mit der Einführung der Mietpreisbremse Rechnung getragen. Der Neubau und die umfassende Modernisierung wurden extra ausgenommen, um Investitionsanreize im Wohnungsbau zu erhalten.