Protocol of the Session on June 9, 2016

vorbildlich für alle anderen Länder bezeichnet. Das war übrigens ein Sachverständiger, den weder die SPD benannt hat noch wir benannt haben. Er hat ihn als vorbildlich für die anderen Länder bezeichnet.

Das Gesetz geht deutlich über das hinaus, was der Bund in sein Gesetz geschrieben hat. Wir machen es da besser. Wir werden in Nordrhein-Westfalen auch deutlich schneller sein, was die elektronische Prozessoptimierung angeht.

Wir werden natürlich auch die E-Akte einführen. Was ist denn das für eine Forderung? Wir werden natürlich die E-Akte einführen. Und wir wissen jetzt schon, dass der Bund das in dem von ihm vorgegebenen Zeitraum nicht hinbekommen wird.

Wir lassen uns von Ihnen nicht sagen, wie Digitalisierung geht. Denn Sie sind offline, während wir den digitalen Wandel für Nordrhein-Westfalen schon längst gestalten. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Danke schön, Herr Bolte. – Für die FDP-Fraktion spricht nun Kollege Hafke.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor einigen Tagen hat die Landesregierung eine vierseitige Presseerklärung zum digitalen Wandel in NordrheinWestfalen veröffentlicht. Die Presseerklärung weist erstaunliche Parallelen zur ähnlich ambitions- und ideenlosen Regierungserklärung der Ministerpräsidentin von Anfang letzten Jahres auf. Die Landesregierung kündigt nämlich die gleichen Maßnahmen an und nutzt die gleichen Versatzstücke, die wir schon vor anderthalb Jahren vorgetragen bekommen haben.

Wir verstehen das also so: Die rot-grüne Landesregierung hat nach wie vor – offensichtlich trotz vieler Workshops und Arbeitsgruppen, Herr van den Berg – keine Ahnung, wie sie Nordrhein-Westfalen an die Spitze der digitalen Gesellschaft bringen soll.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Dass es zum Beispiel Hochschulen in NordrheinWestfalen gibt, die zum Thema „IT-Sicherheit“ forschen, ist eine Selbstverständlichkeit und keine Leistung dieser Landesregierung.

Im Januar 2015 hat die Ministerpräsidentin in ihrer Regierungserklärung außerdem darauf hingewiesen, dass Bildung der entscheidende Schlüssel zur Nutzung der digitalen Chancen sei. Jetzt, anderthalb Jahre später, kündigen Sie an, im Sommer – also jetzt – solle ein Leitbild „Digitales Lernen“ vom Kabinett verabschiedet werden. Verstehen wir das also

richtig? Das entscheidende Thema des 21. Jahrhunderts inspiriert Sie so sehr, dass Sie gerade mal ein Leitbild dazu vorlegen wollen? Da überkommt einen eine gewisse Fassungslosigkeit angesichts der 0.0Digitalpolitik dieser Landesregierung.

Weitere Dinge aus der Presseerklärung der Landesregierung vom 3. Juni 2016 fallen auf, nämlich diejenigen Punkte, die weggelassen wurden. Sie werden deshalb hier von der CDU-Fraktion zu Recht thematisiert.

So hat die Ministerpräsidentin Anfang 2015 angekündigt, ab 2016 sollten die Behörden den Bürgerinnen und Bürgern und den Unternehmen die Möglichkeit einer sicheren elektronischen Kommunikation anbieten. Nun ist mir nicht klar, ob die Ministerpräsidentin die Zeitangabe „ab 2016“ anders interpretiert als der Normalbürger. Fakt ist auf jeden Fall: Bis heute existiert in Nordrhein-Westfalen kein E-Government-Gesetz. In anderen Ländern ist ein solches Gesetz schon längst in Kraft getreten. Hier läuft NordrheinWestfalen mal wieder den Entwicklungen hinterher.

Das konnte die Ministerpräsidentin ja gerade auch selbst bei ihrer Reise ins Baltikum feststellen. Es ist ja offensichtlich Trend geworden, nach Estland zu reisen – was auch Sinn machen kann; denn Reisen bildet offensichtlich. Dann steht die Ministerpräsidentin staunend da und sieht, dass in Estland das Recht eines jeden Bürgers auf einen Internetzugang Verfassungsrang hat. Die Esten haben es verstanden. Internet ist ein Grundrecht.

Damit jeder Zugang zum schnellen Internet hat, muss die Landesregierung die richtigen Rahmenbedingungen setzen.

(Beifall von der CDU)

Ein flächendeckendes Angebot an Breitband wäre da ein Anfang. Aber in 393 von 396 Kommunen gibt es noch Handlungsbedarf. In über 86 % der Gewerbegebiete fehlt schnelles Internet.

Der hier vorliegende Antrag mahnt daher zutreffend eine Digitalstrategie der Landesregierung an. Diese fehlt bis heute.

Allerdings wäre es wünschenswert gewesen, wenn die Union die Forderung nach einer Strategie auch mit konkreten Vorschlägen ausgefüllt hätte. Wir haben in diesem Sinne bereits im vergangenen Sommer unseren Antrag „Nordrhein-Westfalen braucht eine Digitaloffensive“ in den Landtag eingebracht. Drei Kernpunkte möchte ich hier erneut betonen.

Erstens. Leistungsstarke digitale Infrastrukturen sind das zentrale Nervensystem moderner Gesellschaften. Wie die Presseerklärung der Landesregierung zeigt, ist die Versorgung des Landes mit schnellem Breitband seit der Regierungserklärung, also seit anderthalb Jahren, gerade mal um 5 % angestiegen.

Um ihr Versprechen eines flächendeckenden schnellen Breitbandes bis 2018 zu halten, müsste die Landesregierung die Ausbaugeschwindigkeit verdreifachen. Danach sieht es im Moment überhaupt nicht aus.

Deshalb brauchen wir eine neue Prioritätensetzung. Wir schlagen daher vor, den Auf- und Ausbau leistungsfähiger Infrastrukturen als Staatsziel in der Landesverfassung zu verankern.

Zweitens. Neben dem Nervensystem benötigt eine erfolgreiche digitale Gesellschaft auch leistungsstarke Gehirnzellen. Deshalb schlagen die Freien Demokraten ein Investitionspaket für digitale Bildung vor. Denn auf dem Weg zur besten Bildung der Welt brauchen wir eine umfassende Digitalisierung unserer Schulen. Wir brauchen eine stärkere Vermittlung digitaler Kompetenzen, wie es erst vor einigen Tagen auch vom Nationalen MINT Forum gefordert wurde.

(Beifall von der FDP)

Hier darf die Landesregierung nicht noch einmal anderthalb Jahre verstreichen lassen.

Ein dritter Kernpunkt auf dem Weg in die digitale Gesellschaft ist in der Tat eine leistungsstarke digitale Verwaltung. Hier war die rot-grüne Landesregierung ebenfalls sehr zögerlich und zu wenig mutig. So bleibt auch der Entwurf des E-Government-Gesetzes hinter unseren Erwartungen zurück. Dass nun allerdings das Zurückziehen des Gesetzentwurfs der richtige Weg ist, bezweifle ich.

Hier würde ich mir wünschen, dass wir diesen Gesetzentwurf im Parlamentsverfahren verbessern und dann zügig verabschieden. Ich glaube, das wäre dann für alle Beteiligten der beste Weg. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Hafke. – Für die Piratenfraktion spricht Herr Herrmann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer hier im Saal und zu Hause! In Ihrem Antrag „Nordrhein-Westfalen soll das Land des digitalen Aufbruchs in Deutschland werden: Landesregierung muss Digitalisierungsstrategie entwickeln“ haben Sie sich, liebe Kollegen von der CDU, wahrlich nicht sonderlich viel Mühe gegeben.

Da hat man den Ausflug nach Estland gemacht, das Bundeskabinett war in Klausur, und das E-Government-Gesetz Nordrhein-Westfalen ist hier zurzeit in Beratung. Irgendetwas sollte wohl dann dazu gemacht werden.

Schauen wir uns den Titel doch noch einmal genauer an: „Nordrhein-Westfalen soll das Land des digitalen Aufbruchs in Deutschland werden“. Ich frage wirklich: Ist das Ihr Ernst? Aufbruch ins Neuland im Jahre 2016? Wenn das Internet erst in diesem Jahr gebaut worden wäre, könnte man das ja noch nachvollziehen. Aber es ist mehr als 40 Jahre alt. Das World Wide Web hat vor zwei Jahren, glaube ich, den 20. Geburtstag gefeiert. Da kann man doch weder von Aufbruch noch von Neuland sprechen.

Und das Land des digitalen Aufbruchs? Da sieht die Bilanz der CDU nicht besser aus als die der SPD: Vertagen, aufschieben und E-Government als ein ITProblem abtun! – So funktioniert das nicht.

Meine Damen und Herren, zwischen Estland und Nordrhein-Westfalen liegen Welten. In Estland hat man frühzeitig und konsequent auf E-Government gesetzt. Das hätte man hier auch haben können. Aber Sie wissen ja selbst, wer daran schuld ist, dass nichts passiert ist: Die Regierungen der letzten Jahrzehnte haben alle geschlafen. Keiner hat sich da bisher mit Ruhm bekleckert.

Beim Beschlussteil könnten wir der CDU in einigen Punkten zustimmen; denn natürlich bietet Digitalisierung Möglichkeiten, natürlich braucht es eine Strategie zur Digitalisierung, natürlich braucht es Breitbandausbau, und natürlich bleibt der Gesetzesentwurf der Landesregierung zur elektronischen Verwaltung weit hinter den Möglichkeiten zurück. Aber in Ihrem Antrag – das wurde auch schon mehrfach gesagt – bleiben Sie unkonkret und vage.

Zum Breitbandausbau: Die Unternehmen und Menschen in Nordrhein-Westfalen brauchen leistungsfähige Infrastruktur und breitbandiges Internet – aber nicht 50 Mbit/s und nicht mit einer nicht definierten Lieferzeit wie in Ihrem Antrag, sondern zukunftsfähige Netze auf Glasfaserbasis.

Eine Glasfaserstrategie haben wir von den Piraten schon in mehreren Anträgen von der Landesregierung gefordert. Zwar haben SPD und Grüne das jeweils abgelehnt. Aber Sie haben doch im Kommunalausschuss sogar zugestimmt. Herr Nettelstroth – er ist gerade leider nicht da – hat das gemacht. Dann hätten Sie in Ihren Antrag auch einmal das Wort „Glasfaser“ hineinschreiben können. Fehlanzeige!

Zu der Forderung nach einer Digitalisierungsstrategie haben Sie keine weiteren Ideen – genauso wie im Bund, wo die CDU an gescheiterten Projekten wie dem elektronischen Personalausweis oder der DeMail festhält. Dann kann man wohl von Ihnen als Partei hier im Land auch nicht viel erwarten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU, Sie sollten sich auch noch einmal genau anschauen, was jetzt in der Drucksache steht. Wenn Sie schon im ersten Satz des Beschlussteils nicht wissen, wie

das E-Government-Gesetz für Nordrhein-Westfalen überhaupt heißt, dann zeigt das, wie oberflächlich Sie sich mit der ganzen Angelegenheit beschäftigt haben, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall von den PIRATEN und den GRÜNEN)

An der Anhörung im Innenausschuss hat, soweit ich mich erinnere, kein Mitglied der CDU-Fraktion aus dem Innenausschuss aktiv teilgenommen. Sie haben den Kollegen Stein geschickt, weil der ja mal irgendwas mit Digitalem zu tun hatte.

Alles das zeigt, dass auch Sie die Reform, die Digitalisierung und den Kulturwandel in der öffentlichen Verwaltung völlig unterschätzen. Es ist viel zu einfach, zu fordern, die Landesregierung solle den eingebrachten Entwurf zurückziehen, wenn man sich selbst nicht einmal ausreichend damit befasst hat.

Hier im Parlament haben wir die Möglichkeit, Gesetzentwürfe, die uns nicht gefallen, zu ändern und zu verbessern. Allerdings braucht es dazu neben Mehrheiten auch eine gewisse Beratungszeit, diesen Minimalentwurf von einem E-Government-Gesetz gemeinsam zu beraten.

(Dr. Joachim Paul [PIRATEN]: Keine Bera- tungsresistenz!)

Diese Zeit bekommen wir nach Auskunft der regierungstragenden Fraktionen nicht; denn das Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung in Nordrhein-Westfalen soll schon im nächsten Plenum durchgewunken werden – und das, obwohl im Ausschuss die Anhörung bis heute nicht ausgewertet und beraten wurde. Insofern teile ich die Kritik, dass der Gesetzentwurf hier im Eilverfahren durchgeschoben wird.

Statt zu fordern, das Gesetz zurückzuziehen, hätten Sie besser hier im Parlament die Forderung nach einer Terminverschiebung des Verfahrens erhoben. Sie können sicherlich nachvollziehen, dass ich meiner Fraktion empfehle, diesen Antrag abzulehnen. – Danke schön.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Herrmann. – Für die Landesregierung hat nun Herr Minister Jäger das Wort.

Herzlichen Dank, Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Stein, willkommen im 21. Jahrhundert! Ich finde, dieser Antrag ist nach der ernsten Debatte heute Morgen gut dazu geeignet, ein wenig Heiterkeit ins Parlament zu tragen.