Protocol of the Session on June 8, 2016

Vielen Dank, Herr Dr. Wolf. – Für die SPD-Fraktion spricht nun Herr Kollege Krick.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Gebäude und technische Bauwerke haben in Deutschland hohe Sicherheitsanforderungen. Das gilt nicht nur für den normalen Nutzungsfall, sondern auch für Extremsituationen, wie es zum Beispiel ein Brandfall darstellt.

Auch in dieser Extremsituation verhalten sich Gebäude vorausschaubar. Das ist ganz wichtig für die Brandbekämpfung und auch für die dort tätigen Feuerwehrleute. Zu dieser hohen Sicherheit von Gebäuden und baulichen Anlagen tragen ganz wesentlich unsere Bausachverständigen bei.

Die Arbeit, die Tätigkeit, der Prüfumfang und auch die Zulassung von Bausachverständigen sind in den einzelnen Bundesländern durch Verordnung geregelt, bei uns in Nordrhein-Westfalen durch die Verordnung über staatlich anerkannte Sachverständige nach der Landesbauordnung, SV-VO.

Insofern lässt sich eigentlich in der Summierung der Argumente sagen: Diese Verordnungen haben sich bisher bewährt.

(Karlheinz Busen [FDP]: 30 Jahre alt!)

Ist 30 Jahre alt, hat sich über 30 Jahre bewährt.

In der SV-VO ist auch geregelt, dass für die drei Tätigkeitsbereiche der Standsicherheit, des Brandschutzes und des Erd- und Grundbaus die Zulassung mit der Vollendung des 68. Lebensjahres automatisch erlischt. Gegen dieses Erlöschen wendet sich die FDP in ihrem Antrag und schlägt stattdessen eine flexible Belastbarkeits- und Fähigkeitsgrenze vor, bzw. alternativ zumindest die Altersgrenze anzuheben.

Um es direkt zu sagen: Wir Sozialdemokraten sind gegen eine generelle Aufhebung der Altersgrenze, und wir sind auch gegen ein Prüfszenario mit Belastbarkeits- und Fähigkeitstests, wie es im Antrag angeregt wird. Wir denken, dass dies die bisherige Prüftätigkeit erheblich verkomplizieren wird.

Die Prüftätigkeit von Bausachverständigen in den drei Tätigkeitsbereichen Baustatik, Brandschutz sowie Erd- und Grundbau dient im Besonderen der Gebäudesicherheit und damit auch dem Schutz, dem Leben und der Gesundheit der Gebäudenutzer und deren Bewohner.

Der Verordnungsgeber hat diesen Sicherheitsaspekt besonders im Auge gehabt. Die Sachverständigentätigkeit behandelt ja eben nicht nur die Prüfung von

Berechnungen, sondern explizit auch die Bauausführung vor Ort. Und da, Herr Kollege Dr. Wolf, werden natürlich auch Anforderung an die körperlichen Fähigkeiten gestellt; denn der Prüfstatiker oder der Bausachverständige muss in oft komplexen und großflächigen Gebäuden vom Gerüst aus im Rohbau oder auch auf der Schalung beurteilen, ob die Bauausführung tatsächlich so erfolgt ist, wie er es in seiner Forderung dargestellt hat.

Der Verordnungsgeber ist bisher davon ausgegangen – und ich meine, das ist auch zu Recht so gewesen –, dass im fortgeschrittenen Alter mit zugleich abnehmenden körperlichen Fähigkeiten diese für die Gesundheit vieler Menschen wichtige Prüftätigkeit nicht mehr im vollen Umfang wahrgenommen werden kann.

Deshalb ist bewusst in allen Landesverordnungen eine Altersgrenze für diese Prüftätigkeit eingefügt worden. Bei den Sachverständigen für den Schall- und Wärmeschutz ist das in der Verordnung nicht explizit geregelt; auch deshalb, weil diese Tätigkeiten für den Schall- und Wärmeschutz keine Gefährdungspotenziale haben. Dort werden bei Fehlleistungen keine Menschen in Gefahr gebracht.

Es ist auch so, dass Fehler beim Schall- und Wärmeschutz direkt auffallen, während zum Beispiel Fehler bei der Ausführung des Brandschutzes erst dann auffallen, wenn der Brandfall eintritt. Das heißt, beim 30 Jahre alten Gebäude muss sich der Feuerwehrmann auch darauf verlassen können, dass ein Gebäude, das auf 60 oder 90 Minuten Standfestigkeit im Brandfall ausgerichtet ist, diese Leistungen tatsächlich erfüllt und das Gebäude nicht vorzeitig einstürzt.

Aus diesem Grunde halten wir es für sinnvoll, diese Regelung einer Altersbegrenzung auch weiterhin vorzuhalten. Wir sehen es daher als gerechtfertigt an, dass der Verordnungsgeber hier bewusst Unterscheidungen vorgenommen hat.

Sicher kann man jetzt argumentieren, dass es aber auch noch Personen gibt, die mit 75 Jahren fit sind wie der sprichwörtliche Turnschuh. Aber das können nicht, wie es bisher erfolgt ist, die Prüfkammern der Architekten- oder Ingenieurkammern überprüfen, sondern das müsste durch externe Prüfungen in einem verkomplizierten Verfahren erfolgen. Dagegen sprechen wir uns bisher aus.

Gegen eine moderate Anhebung der Altersgrenze, wie es die Landesregierung in der Antwort auf die Kleine Anfrage von Herrn Dr. Wolf schon ausgeführt hat, bestehen auch auf unserer Seite keine Bedenken. Aber auch hier ist keine Eile geboten, sondern es ist sinnvoll, dass wir uns die Verordnung gründlich ansehen. Ich denke da zum Beispiel auch an den Bereich der Vergütung; auch dieser bedürfte einer Überarbeitung.

Insofern werden wir der Überweisung an die zuständigen Ausschüsse zustimmen und freuen uns auf die weitere Diskussion. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Krick. – Nun spricht für die CDU-Fraktion Herr Hausmann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Papst Franziskus wurde im Alter von 76 Jahren zum Oberhaupt der Kirche gewählt, Konrad Adenauer war beim Amtsantritt 73 Jahre alt. Joachim Gauck war bei seiner Vereidigung als Bundespräsident bereits 72 Jahre alt, und Udo Lindenberg rockt mit 70 Jahren noch jede Bühne.

(Beifall von der CDU und der FDP und von Arndt Klocke [GRÜNE])

Ohne einen der eben Genannten miteinander zu vergleichen, möchte ich betonen: Alle sind bis heute fit, und alle leisten, jeder auf seine Art, sehr viel – trotz fortgeschrittenen Alters. Niemand darf aufgrund seines Alters benachteiligt werden. Das legt schon die Charta der Grundrechte der Europäischen Union fest. In Deutschland steht dieses Recht zwar nicht im Grundgesetz, aber das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz – AGG – nennt Alter neben ethnischer Herkunft, Geschlecht, Weltanschauung, Religion, Behinderung und sexueller Identität ausdrücklich als Merkmal, das nicht zur Diskriminierung führen darf.

Altersgrenzen scheinen heute nicht mehr zeitgemäß, ja geradezu diskriminierend. Die Altersgrenze von 68 Jahren für Bausachverständige erscheint auch nicht mehr zeitgemäß in einer Gesellschaft, in der individuelle Fähigkeiten mehr zählen als formale Kriterien.

(Vereinzelt Beifall von der CDU und von Karl- heinz Busen [FDP])

Diese Altersgrenze ist mittlerweile selbst in die Jahre gekommen.

Worum geht es uns heute? – Es geht darum, die Altersgrenze für staatlich anerkannte Bausachverständige von 68 auf 70 Jahre moderat anzuheben. Damit würden wir schon heute dem hessischen Vorbild folgen. In der hessischen Bauordnung wird die Sicherheit größerer, öffentlich zugänglicher Gebäude durch anerkannte Sachverständige überprüft. Das gilt etwa für Hochhäuser, Krankhäuser, Schulen sowie für größere Veranstaltungshallen, Gaststätten, Geschäfte und Einkaufszentren. Die Anerkennung der hierfür zuständigen Prüfsachverständigen erlischt automatisch mit dem 70. Geburtstag.

Meine Damen und Herren, wir stehen dem sehr positiv gegenüber und freuen uns auf die weiteren Beratungen im Ausschuss. Das, was der Kollege Krick gerade hier angesprochen hat – er hat versucht, zu differenzieren –, sollte im Ausschuss eingehend thematisiert werden. Denn wir wissen, dass sehr viele Sachverständige, gerade wenn sie noch jünger sind, oft auf die Kenntnisse der Älteren Kollegen zurückgreifen, wenn es um die Beurteilung von Umbauten älterer Gebäude geht, die sie selbst aus ihrer eigenen Berufspraxis gar nicht mehr erlebt haben oder die Bauweise gar nicht mehr kennen.

Deshalb sprechen wir uns dafür aus, dass das Ganze hier noch einmal fachlich genau und sehr differenziert dargestellt wird, und dass wir damit erreichen, dass wir die Älteren nicht diskriminieren, es aber trotzdem schaffen, ihren besonderen Sachverstand mit einzubeziehen. Ich denke, das wäre ein guter Weg, den man hier gehen könnte.

Der Überweisung an den Ausschuss stimmen wir in Erwartung einer guten Diskussion daher gerne zu.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Hausmann. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun Herr Klocke.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Vorredner, meines Erachtens hätte es dieser Debatte nicht bedurft. Man kann sie natürlich trotzdem führen. Selbstverständlich ist es jeder Fraktion anheimgestellt, hier Anträge zu stellen.

Ich will auch begründen, warum ich dieser Auffassung bin, und würde mit Erlaubnis des Präsidenten gerne aus der Beantwortung einer Kleinen Anfrage von April 2016 – jetzt haben wir ja Anfang Juni 2016 – zitieren. Die Anfrage war von der FDPFraktion gestellt worden. Es geht um den gleichen Sachverhalt, den wir jetzt mit diesem Antrag vorliegen haben. Direkt die erste Frage, nämlich die Frage zur Anhebung der Altersgrenze und dazu, ob die Landesregierung diese Problematik sieht und gegebenenfalls hier auch handeln möchte, wird seitens des Ministeriums, seitens der Landesregierung, wie folgt beantwortet – jetzt zitiere ich –:

Es ist beabsichtigt, unmittelbar nach Verabschiedung des Gesetzentwurfes der Landesregierung zur Novellierung der Landesbauordnung – das haben wir jetzt anstehen; wir haben eben in der Obleuterunde des Ausschusses intensiv über den Terminplan geredet, sodass wir das in den nächsten Wochen und Monaten auch abschließen werden –

„unter anderem damit zu beginnen, die Verordnung über staatlich anerkannte Sachverständige zu novellieren. Auch die Regelung über die Al

tersgrenze von staatlich anerkannten Sachverständigen für die Prüfung der Standsicherheit, für die Prüfung des Brandschutzes und für Erd- und Grundbau soll überarbeitet werden. Dabei ist es nicht ausgeschlossen, dass die Altersgrenze auf 70 Jahre angehoben wird.“

Das ist die Antwort seitens der Landesregierung. Was die FDP hier beantragt, hat die Landesregierung also vor sechs Wochen klar beantwortet und deutlich gesagt: Wir sind dran; wir prüfen das.

(Dr. Joachim Stamp [FDP]: Sagt Stromberg immer!)

“Positiv, läuft“, hätte man vielleicht auch sagen können; genau, Herr Kollege. – Das Ganze ist also auf dem Weg.

Vonseiten der Grünen kann ich nur unterstreichen, dass es gut wäre, daran unter den Aspekten heranzugehen, die Kollege Hausmann eben auch genannt hat, es nämlich genau zu prüfen – natürlich auch mit Blick auf das Alter. Selbstverständlich ist ein Punkt, den Sachverstand zu nutzen und ihn auch entsprechend weiterzugeben. Aber natürlich muss von Sachverständigen auch erwartet und vorausgesetzt werden, dass man sich immer den neuesten technischen Entwicklungen im Baubereich stellt, sich dort fortbildet und sich entsprechend anpasst.

(Karlheinz Busen [FDP]: Das ist doch normal! Das ist doch logisch!)

Das heißt: Bei der Altersfrage ist nicht nur der Sachverstand, den man sich über Jahre aufgebaut hat, relevant, sondern auch, dass man immer up to date ist und die Gebäude nach den neuesten Verordnungen und nach den neuesten Gegebenheiten entsprechend prüft.

Wenn das auf den Weg gebracht wird, dann ist es gut. Wir stimmen der Überweisung natürlich zu. Aber wir sind sicher, dass die Landesregierung und das Ministerium in dieser Angelegenheit entsprechend tätig werden. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Danke schön, Herr Klocke. – Für die Piratenfraktion spricht nun Herr Bayer.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe StreamZuschauer! Manchmal muss man eine Debatte ja auch führen, weil es gar nicht mehr um das Ob in Bezug auf das generelle Thema geht, sondern um das Wie, hier also darum, wie hoch die Altersgrenze ist.

Das können wir dann im Ausschuss bestimmt noch einmal besprechen – und auch die Frage, ab wann

eine Änderung gelten soll. Zwar hat die Landesregierung jetzt etwas vorgegeben. Vielleicht gibt es da aber unterschiedliche Vorstellungen. Wenn man tatsächlich davon betroffen ist, ist das Wann manchmal sehr wichtig. Wenn jemand bereits das 68. Lebensjahr erreicht hat, wird ihm wahrscheinlich der Verweis auf „nächstes Jahr“ nicht reichen.

Ich freue mich jedenfalls darüber, dass die FDP hier einen meiner Meinung nach tatsächlich relevanten Punkt aufgreift, den wir dann zu beraten haben. Diese starre Altersgrenze gilt. Mit Vollendung des 68. Lebensjahres erlischt in NRW die staatliche Anerkennung pauschal, sodass man die Dienstleistung dann gar nicht mehr anbieten kann. Insofern ist eine zeitgemäße Lösung entsprechend der gesteigerten Leistungsfähigkeit älterer Menschen wichtig. Mindestens sollte eine höhere Altersgrenze gefunden werden, vielleicht auch eine flexiblere Lösung.