Ich denke, wir sollten uns bemühen, an dem einen oder anderen Punkt vernünftiger miteinander umzugehen. Sie haben Herrn Abel an zwei Stellen zum Beispiel nicht richtig zitiert. Schauen Sie sich vielleicht noch einmal an, was er gesagt hat.
Gemeldet habe ich mich aber wegen eines anderen Punkts, den ich nicht so stehen lassen möchte, Herr Schulz. Sie haben hier gesagt, alle aufrechten Demokraten müssten den Vorschlägen zur Videoüberwachung entgegentreten. Ich kann wohl für viele Kolleginnen und Kollegen im Haus unabhängig von der inhaltlichen Position dazu sagen: Das ist anmaßend, und das steht Ihnen nicht zu.
Diejenigen, die sich möglicherweise für die Videoüberwachung aussprechen, als Nichtdemokraten zu bezeichnen, kann ich sicherlich fraktionsübergreifend für viele Kolleginnen und Kollegen zurückweisen, und zwar in aller Deutlichkeit. Das wäre ja so, als ob ich Ihnen und Ihrer Fraktion vorwerfen würde, Sie hätten kein Interesse an der Aufklärung von Straftaten. Das tue ich ausdrücklich nicht. Deswegen bitte ich Sie darum, es zukünftig zu unterlassen, Kolleginnen und Kollegen in diesem Haus als undemokratisch zu bezeichnen.
Vielen Dank, Herr Kollege Zimkeit. – Jetzt liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Dann schließe ich an dieser Stelle die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs Drucksache 16/11250 an den Haushalts- und Finanzausschuss – federführend – und zur Mitberatung an den Innenausschuss und den Unterausschuss Personal. Möchte jemand gegen diese Überweisung stimmen? – Das ist nicht der Fall. Möchte sich jemand enthalten? – Auch nicht. Dann haben wir so überwiesen.
leiten – Zukunftschancen für den Produktionsstandort Nordrhein-Westfalen sichern, Wohlstand und Wachstum stärken, Ausbildungs- und Arbeitsplätze schaffen
Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat für die antragstellende Fraktion der CDU Herr Kollege Dr. Bergmann das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Wie wir vorhin schon gemerkt haben, klingelten Rot-Grün letzte Woche die Ohren. Der aktuelle Bericht zur Armutsentwicklung in Deutschland offenbart mit entlarvender Härte das Regierungsversagen in Nordrhein-Westfalen – auch auf dem Gebiet der Wirtschaftspolitik.
Der für den Bericht verantwortliche Paritätische Wohlfahrtsverband steht sicher nicht im Verdacht übergroßer Nähe zur Union. Daher muss Sie das als regierungstragende Kräfte besonders treffen. Denn die unmittelbare Wechselwirkung von hoher Arbeitslosigkeit und Kinderarmut auch und gerade in Nordrhein-Westfalen wird dort explizit nachgewiesen.
Trotz des seit sechs Jahren immer wieder vorgetragenen Postulats der Landesregierung „Kein Kind zurücklassen!“ hat Rot-Grün selbst in diesem eigens ausgewählten zentralen Politikfeld offensichtlich nichts bewirkt. Im Gegenteil: Die Kinderarmut hat in den letzten Jahren gegen den Bundestrend zugenommen. Laut einer aktuellen Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung lebte 2014 jedes vierte Kind – das sind 23,6 % gegenüber bundesweit 19 % – in einem Haushalt, der von Einkommensarmut betroffen ist; das waren 2,7 Prozentpunkte mehr als 2010.
Bei der Armutsquote liegt Nordrhein-Westfalen 2 % über dem Bundesdurchschnitt und hat in zehn Jahren um 3 Prozentpunkte auf jetzt 17,5 % zugelegt. So etwas nennt man wohl Versagen bei der angeblichen Kernkompetenz.
Die Landesregierung stellt als Reaktion die nötige Bekämpfung der Arbeitslosigkeit als Armutsursache Nummer eins heraus. Nur, das Handeln passt dann nicht zu dieser Aussage. Denn sie packt den Unternehmen immer mehr Steine in den Rucksack und wundert sich nicht einmal, dass die Wirtschaft nicht so in Fahrt kommt wie in anderen Bundesländern.
Die Zeit des Schönredens ist damit also vorbei. Handeln ist endlich angesagt. Also tun Sie endlich etwas, das von der Wirtschaft und den vielen Akteuren überhaupt erst einmal als handfestes und positives Signal wahrgenommen wird.
Dabei haben viele Experten Defizite aufgezeigt und Lösungswege vorgeschlagen. Sie nehmen das leider nur immer wieder nicht an, und das, obgleich viele Wissenschaftler und Experten Alarm schlagen. Bereits 2014 diagnostizierte das Institut der deutschen
wächst die Wirtschaft hier seit 1991 im Vergleich zu den westdeutschen Bundesländern unterdurchschnittlich.
Seit 1991 hat sich das Wachstumsdefizit gegenüber den westdeutschen Ländern laut IT.NRW auf über 10 % summiert. Daten der Hauptverwaltung NRW der Deutschen Bundesbank sowie wiederum von IT.NRW zeigen zudem, dass sich allein von 2010 bis zum zweiten Halbjahr 2015 eine kumulierte Wachstumslücke von 4 Prozentpunkten im Vergleich zum deutschen Durchschnitt aufgetürmt hat. Diese Lücke kostet Land und Kommunen heute jährlich 3 Milliarden € Steuern. Außerdem gäbe es im Arbeitsmarkt von Nordrhein-Westfalen heute dann 300.000 sozialversicherungspflichtige Mitarbeiter mehr und dementsprechend weniger Arbeitslose.
Zuletzt hat der Arbeitgeberverband der Metall- und Elektroindustrie in Nordrhein-Westfalen auf die sehr ernste Situation der Produktionsbedingungen in unserem Land hingewiesen. So steigt die Verlagerung von Produktionsaktivitäten ins Ausland in dieser Branche – und die macht rund 50 % der industriellen Arbeitsplätze und 50 % der Umsätze im verarbeitenden Gewerbe in Nordrhein-Westfalen aus – rapide an.
Analog verhält es sich mit den Investitionen in Produktionsaktivitäten. Sie fließen im Bereich der Metall- und Elektroindustrie bereits jetzt zu 40 % ins Ausland. In fünf Jahren sollen es nach den Berechnungen schon 50 % sein. Meine Damen und Herren, das ist Deindustrialisierung durch Desinvestitionen,
und das führt in Nordrhein-Westfalen seit 2010 dazu, dass laut IT.NRW fast 3.500 ha Industrie- und Gewerbefläche ersatzlos verloren gingen.
Die Folgen der wirtschaftlichen Defizite in NordrheinWestfalen sind nicht zuletzt geringere Zukunftschancen und mangelnde Perspektiven für die Menschen unseres Landes. Deshalb benötigt das Land Impulse für Investitionen sowie für den Erhalt und den Ausbau von Produktion und Wertschöpfung. Dafür sind eine Entlastungs- und eine Zukunftsoffensive notwendig, die den Standort Nordrhein-Westfalen für etablierte kleinere, mittlere und große Unternehmen gleichermaßen wieder attraktiver machen, neue Betriebe und Investitionen anziehen und das Entstehen erfolgreicher Start-ups befördern.
Daher unser Appell: Lösen Sie die ideologischen Bremsen, und geben Sie endlich Vollgas. Die Entlastungsoffensive für Unternehmen muss ein ganzes Bündel an Maßnahmen umfassen. Vorschläge en masse dazu finden Sie in unserem Antrag.
Dazu gehört natürlich auch wieder, bevor wir irgendwelchen Erwartungshaltungen nicht entsprechen, unsere Forderung nach sofortiger Abschaffung des verfehlten Tariftreue- und Vergabegesetzes Nordrhein-Westfalen, da nicht nur, aber auch die inzwischen bundesweit gültigen Regelungen dieses Bürokratiemonster obsolet gemacht haben.
Wir benötigen darüber hinaus eine Zukunftsoffensive, insbesondere einen digitalen Strukturwandel mit flächendeckendem Breitbandausbau. Nutzen Sie doch die 300 Millionen € frei werdende Steinkohlesubventionen in den nächsten drei Jahren dafür. – Herr Duin, das Geld muss zu Ihnen fließen und nicht wieder zu Herrn Remmel.
Dass unser Bundesland bei Erhebungen ständig auf den hinteren Tabellenplätzen landet, liegt nicht daran, dass Institute und Demoskopen uns etwas Böses wollen, sondern das ist das Ergebnis verfehlter Politik. Die heutige Bilanz hat nichts mit Schlechtreden, sondern mit schlecht gemacht zu tun. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. Zur Information: Das war eine Überziehung der Redezeit um eine Minute. – Herr Kollege Brockes spricht für die FDP-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor exakt einem Jahr hat der Wirtschaftsminister dieses Landes eine wirtschaftspolitische Wende angekündigt. Ohne Umschweife – so Minister Duin in der „WAZ“– solle es zu einigen wirtschaftsfreundlichen Kurskorrekturen kommen. Er attestierte seiner eigenen Landesregierung gleichzeitig, dass sie funktionierende Unternehmen zu vertreiben drohe. Recht hatte er damals.
Tatsächlich zu sehen ist von dieser wirtschaftlichen Wende bis heute allerdings nichts. Funktionierende Unternehmen werden weiterhin vertrieben. Das zeigen die alarmierenden Zahlen von METALL NRW, die vor einigen Tagen vorgestellt wurden.
In den vergangenen fünf Jahren ist der Anteil der inländischen Produktionsaktivitäten dieser Branche demnach von 71 auf 62 % zurückgegangen. In fünf Jahren werden es nur noch 54 % sein. Gleichzeitig ist der Anteil der Investitionen, die im Ausland getätigt werden, von 32 auf 40 % gestiegen. In fünf Jahren wird dieser Wert voraussichtlich bei 47 % liegen. Ich wiederhole diese Zahlen, die der Kollege Bergmann eben auch schon genannt hat, weil wir hier nicht über einen kleinen Nischenbereich unserer Wirtschaft reden. Nein, die Metall- und Elektroindustrie erwirtschaftet die Hälfte der industriellen Umsätze in Nordrhein-Westfalen und stellt die Hälfte aller industriellen Arbeitsplätze bereit. Wir haben es mit einem gefährlichen Deindustrialisierungstrend zu tun.
Wir beobachten einen massiven Verlust an wirtschaftlicher Substanz in unserem Bundesland. Deshalb muss dringend gegengesteuert werden.
Wir Antragsteller sind davon überzeugt, dass das Gegensteuern aus Nordrhein-Westfalen heraus gelingen kann und muss; denn es ist ein hausgemachtes Problem. Das zeigt ein Vergleich mit den anderen großen westdeutschen Flächenländern, also mit Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen und Hessen. Nordrhein-Westfalen hat sich als Investitions- und Wachstumsstandort seit Jahren deutlich negativer entwickelt als diese Länder. Das betrifft leider ganz besonders den produzierenden Sektor. Aber auch gesamtwirtschaftlich wird Nordrhein-Westfalen immer weiter abgehängt. Das haben nicht zuletzt die ernüchternden Wachstumszahlen des RWI für 2015 gezeigt.
SPD und Grüne in Nordrhein-Westfalen müssen daher endlich erkennen, dass eine Politik, die insbesondere aus Abkassieren, Bürokratisieren und Umverteilen besteht, keine Zukunft für die Menschen und für die Betriebe in Nordrhein-Westfalen bietet,
dass ein wirkungsloses Tariftreue- und Vergabegesetz, ein industriefeindlicher Landesentwicklungsplan, neue zusätzliche Hürden durch Klimaschutz- und Naturschutzgesetz oder ein geradezu gieriger Griff in die Taschen jungen Familien durch die Erhöhung der Grunderwerbsteuer das Land weiter auf das Abstellgleis führen, meine Damen und Herren.